Arbeitsmarkt und Diskriminierung

Aus Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

Diskriminierung ist immer noch eine gravierende Problemerscheinung in unserer Gesellschaft.[1] In vielen Bereichen des alltäglichen Lebens können Menschen Diskriminierung erfahren. Vor allem am Arbeitsmarkt sind Diskriminierungstendenzen zu beobachten. Im Prozess der Personalbeschaffung, die einen Teilbereich des Arbeitsmarktes ausmacht, kann es zu Diskriminierung in den Bereichen Stellenbeschreibung, Stellenausschreibung und Bewerbungsgespräch kommen.[2] Es ist zu beobachten, dass Arbeitsmarktchancen in Deutschland ungleich verteilt sind. Dies ist daran erkennbar, dass Frauen im Schnitt weniger verdienen als Männer, Menschen mit Migrationshintergrund und Behinderung erschwerte Bedingungen im Berufsfindungsprozess haben. Erschwerte Arbeitsmarktchancen besitzen auch Menschen aus bestimmten Altersgruppen, Religionen und sexuellen Identitäten.[3]
Das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz unterbindet die Diskriminierung von Menschen auf dem Arbeitsmarkt. Jedoch findet diese nach wie vor statt. Im schulischen Kontext sollte man sich aus diesem Grund, umso mehr mit der Prävention von Diskriminierung beschäftigen, da hier schon der Grundstein für Gleichberechtigung und Gleichbehandlung der zukünftigen Arbeitgeberinnen und Arbeitgeber, sowie Arbeitnehmerinnen und Arbeitnehmer gelegt werden müssen.  

Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)

Um solch eine Diskriminierung und Benachteiligung am Arbeitsmarkt zu verhindern und zu beseitigen, wurde das Allgemeine Gleichbehandlungsgesetz (AGG) verabschiedet. Beim allgemeinen Gleichbehandlungsgesetz (auch Antidiskriminierungsgesetz) handelt es sich um ein deutsches Bundesgesetz, welches am 14.8.2006 beschlossen und am 18.8.2006 in Kraft getreten ist. [4]
„Ziel des Gesetzes ist, Benachteiligungen aus Gründen der Rasse oder wegen der ethnischen Herkunft, des Geschlechts, der Religion oder Weltanschauung, einer Behinderung, des Alters oder der sexuellen Identität zu verhindern oder zu beseitigen.“[5]
Das Gesetz bezieht sich auf die Bereiche der Einstellung von Bewerbern (Bewerbungsverfahren), Beschäftigungs- und Arbeitsbedingungen, Berufs- und Weiterbildung, Sozialschutz und soziale Vergünstigungen sowie Bildung. [6]   Auch in diesem Gesetz gelten Ausnahmen. Zum Beispiel besteht keine Ungleichbehandlung, wenn für einen bestimmten Beruf bevorzugt Behinderte ausgewählt werden, da diese in den meisten Fällen sowieso schwierigere Einstellungschancen besitzen.
Zudem kann Ungleichbehandlung erlaubt sein, wenn wesentliche beruflichen Gründe dies erfordern. Falls besondere sprachliche Kenntnisse im Bereich Export/Import erforderlich sind, oder volle Sehkraft und Gehör für Piloten und Pilotinnen, dann kann diese Art der Stellenausschreibung in den meisten Fällen nicht angefochten werden. [7]  

Diskriminierung

Allgemein versteht man unter Diskriminierung die Benachteiligung oder Herabwürdigung von einzelnen Personen oder Gruppen, aufgrund ihrer persönlichen Merkmale.[8] Im rechtlichen Sinne versteht man unter Diskriminierung eine Ungleichbehandlung einer Person aufgrund von einer oder mehreren rechtlich geschützten Diskriminierungskategorien (siehe AGG) ohne einen sachlichen Grund.[9] Im ökonomischen Sinn spricht man von Diskriminierung, wenn die Arbeitskraft anhand von Merkmalen, die nicht im Zusammenhang mit der Produktivität stehen, bewertet wird.[10]  

Formen der Diskriminierung

Ethnische Diskriminierung

Als ethnische Diskriminierung bezeichnet man eine Ungleichbehandlung auf Grundlage der ethnischen Herkunft, Sprache, Dialekt, Hautfarbe, Abstammung oder des nationalen Ursprungs. [11] Jedem kann ethnische Diskriminierung begegnen, wenngleich Migranten davon am stärksten betroffen sind. Wenn Migranten am Arbeitsmarkt keinen Erfolg haben, wird dies oft mit fehlenden Bildungsabschlüssen und mangelnden Sprachkenntnissen begründet. Dies stellt aber keine Diskriminierung dar. In der Forschung ist man sich einig, dass ethnische Diskriminierung stattfindet, allerdings ist unklar, wieso Arbeitgeber und Arbeitgeberinnen dies tun.  Damit diese Frage beantwortet werden kann, unterscheidet man in der Forschung zwei Ansätze, und zwar die Theorie der präferenzbasierten und der statistischen Diskriminierung. Präferenzbasierte Diskriminierung ist die klassische Diskriminierung aufgrund persönlicher Abneigungen gegen Personen bestimmter Gruppen. Ökonomisch gesehen ist diese Art der Diskriminierung sinnlos, da hierbei womöglich gute Bewerberinnen und Bewerber aufgrund der Hautfarbe oder Nationalität abgelehnt werden.
Bei der statistischen Diskriminierung handelt es sich um Diskriminierung, die auf Annahmen der durchschnittlichen Leistungsfähigkeit von Gruppen beruhen kann. Da Migrantinnen und Migranten üblicherweise über geringere Qualifikationen verfügen, könnten Arbeitgeberinnen und Arbeitsgeber dies statistisch begründen und somit auf alle Migrantinnen und Migranten schließen. [12]  

Geschlecht

Diskriminierung aufgrund des Geschlechts kann sich auf Männer und Frauen sowie auf Inter- und Transsexuelle Menschen beziehen. Am meisten werden immer noch Frauen aufgrund ihres Geschlechts diskriminiert. Auf dem Arbeitsmarkt macht sich dies durch schlechtere Bezahlung erkennbar. Dies wird damit begründet, dass dem Arbeitgeber höhere Kosten durch die Einstellung einer Frau anfallen. [13] Frauen werden oftmals nur Teilzeitbeschäftigungen angeboten, wenngleich dies auch viele bevorzugen. Damit verbunden sind dann aber auch geringere Teilnahmemöglichkeiten an Weiterbildungen, sowie mangelnde Aufstiegs- und Karrierechancen. Begründet wird dies dadurch, dass Frauen aufgrund ihrer Rolle weniger Zeit für die Arbeit zur Verfügung haben. [14]  

Alter

„Ageism“ beschreibt die soziale Struktur, in der negative Altersstereotypen diskriminierende Folgen bewirken, also die Diskriminierung einer Person aufgrund ihres Alters. Dabei ist irrelevant, ob die die Diskriminierung aufgrund des jungen oder des hohen Alters der Person passiert. Das Phänomen der Einbettung und des Ausschlusses beschreibt „die willkürliche Unterscheidung nach Geburtsjahren, die sich nachteilig für entsprechende Personengruppen in verschiedenen Lebensbereichen zeigen kann“ [15]. Besonders prävalent ist Altersdiskriminierung im Bereich des Arbeitsmarkts. Dabei sind unterschiedliche Berufe unterschiedlich stark davon betroffen. Trotz der, seit 1990 durch den demographischen Wandel bedingt, wachsenden Zahl an älteren Arbeitenden war 2007 das Alter mit 36% aller Fälle der häufigste Diskriminierungsgrund. [16] Diese Diskriminierung vor allem gegenüber älteren wird gerechtfertigt, da ältere Arbeitende „in der Regel als weniger leistungsfähig, erkrankungsanfälliger, geringer oder unzeitgemäß qualifiziert, weiterbildungsresistent und konfliktscheu“ [17] gelten. Ein Beispiel hierfür ist die sogenannte alterssegmentierte Aufgabenzuweisung, bei der älteren Arbeitenden weniger oder andere Aufgaben zugeteilt werden, also der Ausschluss aus bestimmten Aufgabenfeldern. Diese Altersdiskriminierung kann sich zum Beispiel durch Geringschätzung, Herabsetzung oder Unterdrückung verdeutlichen. [18] Obwohl sich einige Studien auf die Diskriminierung Älterer beschränken, ist auch die Altersdiskriminierung Jüngerer möglich. Diese können trotz gleichen Voraussetzungen weniger Gehalt, Urlaubstage oder Beförderungen erhalten. [19]  

Corona-Maßnahmen als Diskriminierungsansätze

3G: Geimpft, Genesen oder Getestet

Gilt die 3G-Regelung für Arbeitnehmer*innen, so werden diese in zwei Gruppen unterteilt. Die erste Gruppe besteht aus den Geimpften oder Genesenen, welche einmalig ihren Impfnachweis oder ihre Positiv-Bescheinigung vorzeigen müssen und sonst keine weitere Leistung vor Arbeitsbeginn erbringen müssen. Die Genesung gilt für sechs Monate. Die zweite Gruppe, bestehend aus den Getesteten, muss wöchentlich eine bestimmte Anzahl an negativen Tests vorweisen. Der Zugang zur Arbeit wird Ungeimpften also erschwert. Da Ziel dieser Regelungen die „Steigerung der Impfquote durch Maßnahmen wie Anreize oder Impfprivilegien“ [20] ist, werden weder die Zeit, die zum Testen verwendet wird bezahlt, noch die Kosten dieser Tests übernommen. Der Staat kommt hier seiner Aufgabe nach den Menschen vor einer Infektion zu schützen, schränkt jedoch die Freiheit des Menschen ein. Diese Regelungen entsprechen einer „Diskriminierung für Ungeimpfte, die aber aus einer ethischen Sicht gerechtfertigt“ [21] ist.

2G: Geimpft oder Genesen

Gilt die 2G-Regelung für Arbeitnehmer*innen, so haben Ungeimpfte keine Möglichkeit diese Tätigkeit vor Ort auszuführen. In diesem Fall ist nicht nur der Zugang zur Arbeit erschwert, sondern auch Verdienstmöglichkeiten einer ungeimpften Person können eingeschränkt sein. Dies entspricht einer starken Diskriminierung für Ungeimpfte, welche aus ethischer Sicht nur teilweise gerechtfertigt werden kann. [22]


Studie zur Diskriminierung

Anhand der folgenden Studie wird die Diskriminierungserfahrung in Deutschland aufgezeigt. Die Grundlage der Studie bilden die Ergebnisse zweier Befragungen, die von der Antidiskriminierungsstelle des Bundes im Jahr 2015 durchgeführt wurden. Im Vordergrund stehen die Untersuchungen zu den Diskriminierungserfahrungen, die die Befragten in den letzten 24 Monate gemacht haben. Die Befragten wurden zu den im AGG geschützten Merkmalen gefragt und darüber hinaus zu Merkmalen, die nicht im AGG stehen. [23]

Allgemeines Diskriminierungsrisiko

Laut der Studie sind Diskriminierungserfahrungen weit verbreitet. Knapp ein Drittel der Befragten berichten, dass sie in den letzten 24 Monaten vor der Befragung Diskriminierung aufgrund einer oder mehrerer im AGG genannten Merkmale erfahren haben. Wenn hierzu noch die Diskriminierungserfahrungen hinzugezählt, die nicht im AGG miteinbezogen sind, so steigt der Wert auf 35,6 %. Offensichtlich hat die Mehrheit keine Diskriminierung erlebt, dennoch muss Diskriminierung bei diesem Wert als gesamtgesellschaftliches Phänomen ernst genommen werden. [24]

Einzelnachweise

  1. o.V.: „Diskriminierung von Bewerbern „Bitte keine Araber““, unter: https://www.faz.net/aktuell/karriere-hochschule/buero-co/deutscher-arbeitsmarkt-diskriminierung-weit-verbreitet-16585691.html, abgerufen am 06.12.21
  2. o.V.: „Personalbeschaffung: Gezielt offene Stellen besetzen“, unter: https://prescreen.io/de/glossar/personalbeschaffung/, angerufen am 06.12.21
  3. Hipp, Lena: „Arbeitsmarkt und Diskriminierung“, unter: https://www.bpb.de/apuz/221588/ungleichheiten-und-diskriminierung-auf-dem-arbeitsmarkt, abgerufen am 06.12.21
  4. o.V.: „Allgemeines Gleichbehandlungsgesetz (AGG)“, S.6, unter: https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/AGG/agg_gleichbehandlungsgesetz.pdf?__blob=publicationFile, abgerufen am 19.11.21
  5. o.V.: „§1 AGG“, S. 6, unter: https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/AGG/agg_gleichbehandlungsgesetz.pdf?__blob=publicationFile, abgerufen am 19.11.21
  6. o.V.: „§2 AGG“, S. 6f., unter: https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/AGG/agg_gleichbehandlungsgesetz.pdf?__blob=publicationFile, abgerufen am 19.11.21
  7. Scheibig, Beate; Börner, Falko: „AGG bei Stellenausschreibungen und Bewerbungsverfahren“, unter: https://www.ihk-wiesbaden.de/recht/rechtsberatung/personal/auswirkungen-des-gleichbehandlungsgesetzes-agg-auf-stellenaussc-1255690, abgerufen am 26.11.21
  8. o.V.: „Was versteht man unter Diskriminierung?“, unter: https://www.wien.gv.at/verwaltung/antidiskriminierung/definition/index.html, abgerufen am 25.11.21
  9. o. V.: „II: Was ist rechtlich eine Diskriminierung?“, S.1, unter: https://www.antidiskriminierungsstelle.de/SharedDocs/downloads/DE/publikationen/Handbuch_Diskriminierungsschutz/Kapitel_2.pdf?__blob=publicationFile&v=3, abgerufen am 30.11.21
  10. Granato, Nadia: Ethnische Ungleichheit auf dem deutschen Arbeitsmarkt. Schriftenreihe des Bundesinstituts für Bevölkerungsforschung, Bd. 33, Opladen, 2003, S. 30
  11. o.V.: „Diskriminierungsmerkmale: Schutz durch das AGG“, unter: https://sozialministerium.baden-wuerttemberg.de/de/ministerium/antidiskriminierungsstelle-des-landes-baden-wuerttemberg/merkmale-von-diskriminierung/, abgerufen am 25.11.21
  12. Wagner, Gerald: „Rational diskriminieren“, unter:  https://www.faz.net/aktuell/wissen/geist-soziales/migranten-auf-dem-arbeitsmarkt-rational-diskriminieren-15723062.html, abgerufen am 01.12.21
  13. Binder, Nicole: Zwischen Selbstselektion und Diskriminierung, Sozialwissenschaftliche Schriften, Heft 43, Berlin, 2006, S. 36f.
  14. Binder, Nicole: Zwischen Selbstselektion und Diskriminierung, Sozialwissenschaftliche Schriften, Heft 43, Berlin, 2006, S. 210f.
  15. Clemens, W. (Hrsg.): Zu alt? – „Ageism“ und Altersdiskriminierung auf Arbeitsmärkten, Wiesbaden, 2010, S. 9.
  16. Clemens, W. (Hrsg.): Zu alt? – „Ageism“ und Altersdiskriminierung auf Arbeitsmärkten, Wiesbaden, 2010, S. 8f.
  17. Clemens, W. (Hrsg.): Zu alt? – „Ageism“ und Altersdiskriminierung auf Arbeitsmärkten, Wiesbaden, 2010, S. 10.
  18. Clemens, W. (Hrsg.): Zu alt? – „Ageism“ und Altersdiskriminierung auf Arbeitsmärkten, Wiesbaden, 2010, S. 8f.
  19. Antidiskriminierungsstelle des Bundes: Alter, online unter: https://www.antidiskriminierungsstelle.de/DE/ueber-diskriminierung/diskriminierungsmerkmale/alter/alter-node.html (Zugriff am 30.11.2021).
  20. Zeit Online: Eine Diskriminierung von Ungeimpften ist ethisch gerechtfertigt, online unter: https://www.zeit.de/gesellschaft/2021-07/corona-impfung-pflicht-ethik-massnahmengrundrechte/seite2?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.zeit.de%2Fzustimmung%3Furl%3Dhttps%253A%252F%252Fwww.zeit.de%252Fgesellschaft%252F2021-07%252Fcorona-impfung-pflicht-ethik-massnahmen-grundrechte%252Fseite-2 (Zugriff am 29.11.2021).
  21. Zeit Online: Eine Diskriminierung von Ungeimpften ist ethisch gerechtfertigt, online unter: https://www.zeit.de/gesellschaft/2021-07/corona-impfung-pflicht-ethik-massnahmengrundrechte/seite2?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.zeit.de%2Fzustimmung%3Furl%3Dhttps%253A%252F%252Fwww.zeit.de%252Fgesellschaft%252F2021-07%252Fcorona-impfung-pflicht-ethik-massnahmen-grundrechte%252Fseite-2 (Zugriff am 29.11.2021).
  22. Zeit Online: Eine Diskriminierung von Ungeimpften ist ethisch gerechtfertigt, online unter: https://www.zeit.de/gesellschaft/2021-07/corona-impfung-pflicht-ethik-massnahmengrundrechte/seite2?utm_referrer=https%3A%2F%2Fwww.zeit.de%2Fzustimmung%3Furl%3Dhttps%253A%252F%252Fwww.zeit.de%252Fgesellschaft%252F2021-07%252Fcorona-impfung-pflicht-ethik-massnahmen-grundrechte%252Fseite-2 (Zugriff am 29.11.2021).
  23. Antidiskriminierungsstelle des Bundes: „Diskriminierung in Deutschland“, S. 204f., unter: https://www.awo.org/sites/default/files/2017-07/Gemeinsamer_Bericht_dritter_2017.pdf, abgerufen am 02.12.21
  24. Antidiskriminierungsstelle des Bundes: „Diskriminierung in Deutschland“, S. 214f., unter: https://www.awo.org/sites/default/files/2017-07/Gemeinsamer_Bericht_dritter_2017.pdf, abgerufen am 02.12.21