Beispiele für die Dimensionen nach PANDEL: Unterschied zwischen den Versionen

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Der empirische Zweig der [[Einführung in die Grundlagen der Fachdidaktik| Geschichtsdidaktik]] und damit auch des Geschichtsbewusstsein ist noch relativ wenig weit entwickelt. Zwar haben die Bemühungen zuletzt einen deutlichen Schub erfahren, jedoch wirkt die Lückenhaftigkeit empirisch fundierten Wissens umso schlimmer, da vor allem der Unterricht an fehlenden empirischen Erkenntnissen leidet.<ref> vgl. Kölbl 2004, 112 </ref>
Der deutsche Geschichtsdidaktiker Bodo von Borries leitete große Projekte der empirischen Forschung. Darunter auch einige die zu Erkenntnissen über das Geschichtsbewusstsein führten. Sein Verständnis von Geschichtsbewusstsein wird von den Arbeiten Jörn Rüsens und Karl-Ernst Jeismanns geprägt. Genauer unterscheidet Borries drei gestufte Leistungen; die historische Wahrnehmung, Deutung und Orientierung nach Rüsen oder die Analyse, das Sach- und das Werturteil nach Jeismann.<ref> vgl. Bergmann/Fröhlich/Kuhn 1997, 45 </ref>
Von Borries unterscheidet, zur Erhöhung der analytischen Präzision, zwischen vier Stufen des Geschichtsbewusstseins:
'''Die biografisch-zeitgeschichtliche Erfahrung'''
Auf dieser Stufe wird das eigene Leben  vom Geschichtsbegriff ausgeschlossen, weil die Fähigkeit der Verknüpfung von Schul-Geschichte und der eigenen Identität nicht vorhanden ist.<ref> vgl. Bergmann/Fröhlich/Kuhn 1997, 45 </ref>
'''Das soziale Gedächtnis'''
Das soziale Gedächtnis trägt zur Konservation von bedeutsamer Vergangenheit über mehrere Generationen bei. Die weitgreifenden und immer schneller werdenden Veränderungen gefährden die Stabilität solcher Traditionen allerdings. Die Identifikation findet im Kollektiv statt. Durch den Konstruktions- und Interpretationscharakter des sozialen Gedächtnisses sind Verzerrungen und Verfälschungen nicht ausgeschlossen.<ref> vgl. Bergmann/Fröhlich/Kuhn 1997, 46 </ref>
'''Die kulturelle Überlieferung'''
Die kulturelle Überlieferung ist der Vermittler von gesellschaftlich wertvoll erachteten Selektionen und Deutungen von Vergangenheit. Der hohe Grad an sozialer Kontrolle soll sicherstellen mit was sich das Individuum identifiziert oder von was es sich abgrenzt.<ref> vgl. Bergmann/Fröhlich/Kuhn 1997, 46 </ref>
'''Die methodisierte Geschichtswissenschaft'''
Die methodisierte Geschichtswissenschaft ist zunächst von einer Legitimation wie sie die kulturelle Überlieferung braucht, unabhängig. Ihre Aufgabe ist es daher umso mehr die eigene Öffentlichkeitswirksamkeit selbst zu regulieren. Geschichtswissenschaft kann an „Standards der Rationalität und Humanität“ gewinnen, was sie an unmittelbar einsichtiger Lebensbedeutung und Verständlichkeit verliert.<ref> vgl. Bergmann/Fröhlich/Kuhn 1997, 46 </ref>
Beim exemplarischen Erzählen nach Rüsen (vgl. 2.2.2.) und auch bei dem sozialen Gedächtnis geht es um die Verwahrung von Vergangenen und der Kompetenz daraus Schlüsse zu ziehen. Kommende Generationen sollen durch die Beurteilung und der daraus folgenden Entwicklung positiv beeinflusst werden. Auch das kritische Erzählen und die kulturelle Überlieferung haben einige Ähnlichkeiten. Geschichte wird kontinuierlich gedeutet und hinterfragt. Die moderne Gesellschaft selektiert historische Ereignisse erzeugt so moralische und sinnhafte Identifikationsfiguren.


''Erstellt von Sophia Ketterer (2018)''
''Erstellt von Sophia Ketterer (2018)''

Version vom 1. Februar 2019, 15:27 Uhr

Erstellt von Sophia Ketterer (2018)

Unterrichtsideen für den GU

Nachfolgend werden einige Unterrichtsideen zu möglichen Themenfeldern des Geschichtsunterricht nach den Dimensionen des Geschichtsbewusstseins nach PANDEL formuliert und sukzessive erweitert

Temporalbewusstsein

‘‘‘Mögliche Themengebiete‘‘‘

‘‘Krieg‘‘ Das Temporalbewusstsein wird dahingehend gefördert, dass Ereignisse, Personen und Entwicklungen zeitlich eingeordnet werden. Eine solche zeitliche Orientierung bietet die Einordnung verschiedener Kriege. Als Beispiele wären hier der 30-jährige Krieg, der Deutsch-Französischer-Krieg 1870/1871, die beiden Weltkriege, der Vietnam-Krieg oder der Afghanistan-Krieg zu nennen. Durch die zeitliche Strukturierung erhalten die SuS einen epochenübergreifenden Überblick und erkennen dadurch, dass es kriegerische Auseinandersetzungen schon immer gegeben hat und aus derzeitiger Perspektive wohl leider immer geben wird. Im Unterricht könnte man Bilder von verschiedenen Waffen, Ausrüstungen, Transportmittel oder Fahrzeugen zeigen, die die SuS in eine chronologische Ordnung bringen müssen. Dadurch werden sie lernen, dass zunächst bestimmte Erkenntnisse und Erfindungen stattfinden mussten, damit sich beispielsweise die Ausrüstung verbessern konnte. Gleichzeitig kann daran erarbeitet werden, welche Entwicklungen und Auswirkungen mit solchen Erfindungen einhergegangen sind. Schon hier kann ein Gegenwartsbezug eingearbeitet werden, indem man das Thema Drohnen aufgreift. In aktuellen Diskussionen wird die potenzielle Gefahr, die von Drohnen ausgehen kann, thematisiert. Das zeigt sich beispielsweise bei einem militärischen Angriff der USA mit einer Drohne auf ein afghanisch-pakistanisches Grenzgebiet mit dem Ziel, ranghohe Mitglieder der Taliban zu töten. [1] Hier zeigt sich, wie sich Krieg verändert hat, wodurch das Wandelbewusstsein gestärkt wird. Man zeigt durch dieses Thema nicht nur, dass Krieg eine zeitliche Konstante ist, sondern dass er sich in Hinblick auf veränderte Technologien, gewandelt hat und in Zukunft weiter verändern wird. Das zeigt sich beispielsweise auch bei Cyber-Angriffe, bei denen es sich um kriegerische Auseinandersetzungen im oder durch den virtuellen Raum handelt. Es ist ein aktuelles Problem der Gegenwart und womöglich der Zukunft, wodurch diese Verbindung mit vergangenen Kriegen dazu führt, dass SuS sich in der Zeit besser zu orientieren lernen. Außerdem werden sie dazu befähigt, die derzeitige Lage unter Berücksichtigung der Vergangenheit, besser einzuschätzen und zu beurteilen. ‘‘Revolution‘‘ Die Verbindung von Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft lässt sich am Thema Revolutionen gut umsetzen. SuS sollen dazu befähigt werden, verschiedene Revolutionen zeitlich einzuordnen. Als Beispiele wären hier zu nennen: die Aufklärung als Revolution, die Amerikanische Revolution, die Revolutionen 1848/49 in Europa, die Russische Revolution1905 und die revolutionären Bewegungen 1989. Die Dichtigkeit der Ereignisse spielt hier eine wichtige Rolle: Sicherlich werden den SuS bestimmten Epochen oder Zeitabschnitten mehr mit Revolutionen verbinden als mit anderen. Dieses Phänomen gilt es zu untersuchen und mit der Klasse zu besprechen. Es soll nach Gründen gesucht werden, warum man beispielsweise mit Revolutionen am ehesten und am schnellsten mit der Französische Revolution verbindet. Da das Temporalbewusstsein Grundlage für die anderen Bewusstseinsdimensionen ist, können in Verbindung mit ihm, Anknüpfungen an die anderen Dimensionen gefunden werden. Untersucht man demnach die Gründe und Auslöser für Revolutionen, so fördert man gleichzeitig das politische Bewusstsein. Wenn man politische und wirtschaftliche Auswirkungen oder Umbrüche der Revolutionen betrachtet, dann wird das ökonomisch-soziale Bewusstsein gestärkt. Blickt man hinter Revolutionen und deren Ideen oder Ideologien, kann durch eine multiperspektive Sicht, das Identitätsbewusstsein gefördert werden. Als Gegenwartsbezug kann der arabische Frühling herangezogen werden. Zwar fand dieser 2011 statt, doch dessen Auswirkungen reichen bis in unsere Gegenwart hinein. SuS sollen gegenwärtige Revolutionen in ihr Orientierungssystem einordnen lernen, wodurch die Kontinuität des Phänomens hervorgehoben wird. Veranschaulicht kann dies durch einen chronologischen Zeitstrahl. ‘‘Migration‘‘ Die Zeitdimensionen gestern-heute-morgen lassen sich besonders gut durch das Thema Migration in den Unterricht integrieren. Es mag sein, dass manchen SuS Migration als ein allein gegenwärtiges Thema erscheinen muss. Daher ist es wichtig, zu zeigen, dass es Migration schon immer in der Menschengeschichte gab und sich in Zukunft wahrscheinlich noch ausweiten wird. SuS sollen verschiedene, geschichtliche Stationen der Migration begegnen. Hier wäre thematisch zu nennen: die Völkerwanderung, die zwanghafte Migration von afrikanische Sklaven, Vertreibungen während und nach dem Zweiten Weltkrieg, wirtschaftliche Migration ab den 1950ger/1960ger-Jahren in der BRD. Hierbei ist eine zeitliche Einordnung der Ereignisse und Entwicklungen wichtig, um das Temporalbewusstsein zu fördern. Das Zäsurbedürfnis spielt dahingehend eine Rolle, dass SuS lernen, die Ereignisse in Anfang, Ende, Wendepunk und Höhepunkt einzugliedern. Wobei gleichzeitig das Wissen und das Verständnis um die Auswirkungen der Ereignisse gestärkt werden muss. Es handelt sich zwar um inhaltlich abgeschlossene Themen, die aber weitläufige Auswirkungen haben. Ein Beispiel wäre hierfür die nicht ausreichenden Integrationsmaßnahmen der Regierung der damaligen BRD für die türkischen und italienischen Gastarbeiter und den mögliche Zusammenhang mit dem fehlenden Zugehörigkeitsgefühl der jetzigen Generation. Eine solche Auseinandersetzung hilft den SuS zu verstehen, dass gegenwärtige Probleme meist ihren Ursprung aus vergangenen Ereignissen oder Entscheidungen haben.

Folgt zur Einordnung in der Zeit eine Einordnung in den Raum, wird das Raumbewusstsein gestärkt und erarbeitet man zusätzlich Migrations- Vertreibungs- und Fluchtgründe der jeweiligen Ereignisse, so fördert dies das politische und sozial-ökonomische Bewusstsein.

Um einen Gegenwartsbezug einzuarbeiten, können aktuelle Diskussionen über europäische oder US-amerikanische Migration thematisiert werden. Ein konkretes Beispiel hierfür wäre das aktuelle Abkommen zwischen Griechenland und Deutschland, das die Rücknahme von Geflüchteten beschlossen hat, wodurch Geflüchtete, die bereits in Griechenland, oder Spanien, registriert wurden, dorthin zurückgeführt werden, wenn sie an der deutschen Grenze ankommen würden. [2] SuS sollen diesen aktuellen Aspekt der Migration verstehen lernen, indem sie vergangene Migrationssituationen wahrnehmen, analysieren und beurteilen. Ziel ist es, dass sich SuS eine reflektierte Meinung bilden, indem sie Erkenntnisse der Vergangenheit nutzen, um sich in der Gegenwart orientierten zu lernen.

‘‘‘Mögliche Aufgabenstellungen‘‘‘

Thema: Migration

  1. Nenne zunächst die wichtigsten Stationen der europäischen Migration. Beginne dafür bei der Völkerwanderung und ende mit der sogenannten „Flüchtlingswelle“. Stelle deine Ergebnisse in einem Zeitstrahl mit Jahreszahlen und Epochenbezeichnungen da. Der Zeitstrahl dient zur zeitlichen Orientierung, gehe deshalb auch auf die gegenwärtige Situation und Diskussion in Europa ein.
  2. Die Völkerwanderung war einer der ersten und wichtigsten Migrationsbewegungen. Stelle eine zeitliche Einordnung auf unter der Berücksichtigung folgender Schlagwörter: Anfang, Höhepunkt, Ende. Wichtig ist eine chronologische Reihenfolge der Ereignisse. Ziel ist eine zeitliche Orientierung, achte daher auf die korrekte Angabe der Jahreszahlen.
  3. Interpretiere die Aussage: „Migration ist ein Thema mit Herkunft und Zukunft.“ Verbinde dafür die drei Zeitebenen Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft. Ziel ist es, einen Gesamtzusammenhang zu erstellen, führe deshalb Gemeinsamkeiten und mögliche Unterschiede der Migration im zeitlichen Wandel zusammen.
  4. Stelle eine Hypothese auf, wie sich Migration entwickeln kann. Nehme dazu Bezug auf vergangene Migrationsbewegungen und erkläre anhand deren Ursachen und Entwicklungsverläufen wie Migration in der Zukunft aussehen kann. Wichtig ist, dass du Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft in einen Zusammenhang bringst.
  5. Aus gegenwärtiger Perspektive; wie beurteilst du die Integrationsmaßnahmen der BRD-Regierung 1960 und die derzeitige Integration von Geflüchteten. Stelle dafür zwischen den Zeitebenen Vergangenheit und Gegenwart Bezüge her. Untersuche zusätzlich Gemeinsamkeiten und Unterschiede.

Stelle Kriterien auf, mit denen Integration aus gegenwärtiger und zukünftiger Perspektive funktionieren kann. Hierfür kannst du Erkenntnisse aus den vorherigen Aufgaben nutzen, um zu zeigen, dass man in der Gegenwart aus der Vergangenheit für die Zukunft etwas lernen kann.

Wirklichkeitsbewusstsein

‘‘‘Mögliche Themengebiete‘‘‘

‘‘Ritter-Mythos‘‘ Das Leitbild des edlen, tapferen Ritters ist eine Erfindung des 19. Jahrhunderts. Durch Mythen und Legenden wurde ein bestimmtes Idealbild bzw. ein Idealtypus des Ritters gezeichnet, womit SuS oftmals in der Kindheit durch verniedlichende Darstellungen in illustrierten Kinderbüchern und Rittergeschichten in Kontakt gekommen sind. Diese Idealisierung dient zur Bildung einer prototypischen Heldenphantasie, in der Menschen Träume und Abenteuerphantasien ausleben können. Gleichzeitig hat es die Funktion, sich mit einem solchen Idealbild identifizieren zu können. [3] Somit ist eine weitere Funktion der Idealbilder die Identitätsstiftung. Mythen, Legenden, Lügen, Imaginationen und Idealbilder nehmen Einfluss auf die Identität. Wodurch Falsches, Gelogenes und verzerrte Wirklichkeit Teil des Selbstkonzeptes werden oder dieses beeinflusst. Geschichtsbewusstsein soll jedoch zu einem reflektierten, analytischen und kritischen Denken führen. Idealbilder nehmen nicht nur Einfluss auf die Identität des Einzelnen, sie können ebenfalls als Legitimationsmittel benutzt werden. Gerade Idealbilder der Vergangenheit werden instrumentalisiert und für politische Zwecke missbraucht, um Meinungen oder Entscheidungen der Gegenwart zur rechtfertigen. Darum ist es wichtig, unrealistische und überhöhte Ideale aufzubrechen, zu hinterfragen und zu revidieren. SuS schaffen eine solche Revision durch Rekonstruktion und Dekonstruktion. Sie sollen zwischen Ideal und Realität unterscheiden lernen, um ihr Wirklichkeitsbewusstsein zu fördern. Das kann insbesondere dann gelingen, wenn man sich mit den religiösen Kreuzzügen, deren Zielsetzung, Vorgehen, Verlauf und Auswirkungen auseinandersetzt und diese in Beziehung mit dem romantisierten Bild bringt, das von Rittern gezeichnet wurde. Die Kreuzzüge sind ein gutes Mittel, um die Grenze zwischen Wirklichem und Fiktiven klar zu ziehen, da man mit ihnen das Idealbild hinterfragen und auflösen kann, da eine Identifikation mit Kreuzrittern nahezu unmöglich ist. Um einen Gegenwartsbezug einzuarbeiten, könnte im Unterricht die Frage erarbeitet werden, wo und wie heute noch solche Idealbilder gezeichnet werden. Als Beispiel wäre hier Barack Obama zu nennen, dessen Rolle als erster afro-amerikanischer Präsident ein glorifizierendes Bild von ihm auslöste und durch den Friedensnobelpreis gefestigt wurde. Es geht hier nicht um die Verunglimpfung seiner Leistung, sondern um das Aufbrechen eines Idealbildes, indem Stärken überzeichnet und Schwächen ignoriert werden. Das Wirklichkeitsbewusstsein wird darin gestärkt, zu erkennen, was wirklich politisch und gesellschaftlich erreicht wurde und wie dies mit dem medialen Bild Obamas zusammenpasst. Ziel ist es auch, einen Prototyp aufzubrechen, um dieses Verfahren auch bei anderen Politikern oder Personen der Öffentlichkeit anzuwenden. So würde sich ergeben, dass beispielsweise Anhänger und Wähler von Donald Trump auch ein Idealbild von ihm schaffen, mit dem sie sich unreflektiert identifizieren. SuS sollen hinter dieses Phänomen blicken, auch im Hinblick auf die Förderung des Identitätsbewusstseins, um sich eine Perspektive und Meinung bilden zu können. ‘‘Holocaustleugnung‘‘ Die Leugnung des Holocausts kann sich darauf beziehen, dass der Massenmord an sich bzw. dessen Machtbarkeit in Konzentrationslagern angezweifelt wird. Es kann auch sein, dass die Verbrechen zwar nicht verleugnet werden, aber das diese nicht vom System planvoll begangen worden seien, sondern nur durch Einzelpersonen und dadurch auch nicht in diesem Ausmaß. Eine weitere Variante wäre, dass man die eigenen Verbrechen durch Verweis auf alliierte Kriegshandlungen relativiert. Gefahr bei solchen Theorien liegt darin, dass die Geschichtsrevisionisten diese Thesen als seriös und wahr darstellen. Somit ist Ziel, dass die SuS zu einer reflektierten Quellenanalyse angeleitet werden, solche Aufsätze zu dekonstruieren, um zu erkennen, was in der Geschichtsdarstellung wahr und was fiktiv ist. Zwar sind solche Texte oft mit Fußnoten und Zitaten versehen, damit sie einen wissenschaftlichen Eindruck machen, jedoch verweisen Holocaust-Leugner oft auf andere „Historiker“, die ihre Meinung teilen. Beweise oder Argumente, die widersprechen, werden als Täuschung oder Fälschung dargestellt. Das Wirklichkeitsbewusstsein der SuS wird darin gefördert, dass sie die Autoren, deren Beweggründe und Ziele, recherchieren und analysieren. [4]

‘‘Politische Mythen: Dolchstoßlegende‘‘ Politischen Mythen sind mehr als Erzählungen, da sie die Vergangen konstruieren und strukturieren, um politische Bedeutung (meist für die Gegenwart) zu stiften. Ziel ist nicht, historische Wahrheit abzubilden, sondern politische Bedeutsamkeit herauszuziehen. Sie sind Mittel zur Identitätsbildung und beeinflussen dadurch das Individuum, dessen subjektive Geschichtsbewusstsein und das kollektive Geschichtsbewusstsein. Ein solcher politischer Mythos bzw. eine solche Legende zeigt sich am Beispiel der Dolchstoßlegende. In der Weimarer Republik benutzten rechte Organisationen und Parteien das Bild eines Sozialdemokraten, der einen deutschen Frontsoldat im ersten Weltkrieg einen Dolch in den Rücken sticht. Diese Propaganda gegen politische Gegner und für die eigene Partei, verdrehte die Wirklichkeit des Waffenstillstandes durch erschöpfte deutsche Streitkräfte und konstruierte dadurch ein verfälschtes Bild. [5] Die SuS sollen anhand des Themas lernen, wie die Verdrehung der Wirklichkeit zu politischen Zwecken gezielt gebraucht wird und was für einen Einfluss eine solche Legende auf eine Gesellschaft haben kann, wenn diese an eine solche glauben möchte. Gleichzeitig sollten die SuS lernen, in was für einen Framing die Dolchstoßlegende benutzt wird, damit sie verstehen, dass die Legende in einem nationalsozialistischen Deutungsmuster eingebettet ist. Sie sollen erkennen, dass bewusst Informationen selektiert entnommen und verfälscht wurden, um die Legitimation einer Feindbildung zu betonen.

‘‘‘Mögliche Aufgabenstellungen‘‘‘ Thema: Dolchstoßlegende

  1. Nenne wesentliche Gründe für die Entscheidung des deutschen Heeres den Waffenstillstand 1918 einzugehen. Überlege dir dadurch, wie die Legitimation der Dolchstoßlegende widerlegt werden kann.
  1. Erkläre die Ziele und die Intention der Dolchstoßlegende. Analysiere hierfür die Legende in Hinsicht auf ihre eigentlichen Beweggründe.
  1. Verfasse einen kritischen Kommentar über die Dolchstoßlegende und deren politische Zielsetzung. Gehe hierbei von den Ergebnissen aus deiner Analyse aus Aufgabe 2 aus und arbeite die Erkenntnisse in deinen Kommentar mit ein.
  1. Untersuche die Motive und Gründe, warum Menschen an diese Legende glaubten. Arbeite dazu heraus, was für einen Zweck Legenden für die Politik, die Gesellschaft und den einzelnen Menschen haben können. Gehe hierfür von einer vergangenen Gesellschaft (Weimarer Republik) und deiner gegenwärtigen Gesellschaft aus.
  1. Erörtere, in weit die Dolchstoßlegende für den Aufstieg des NSDAP und deren Ideologie nützlich war. Was für eine Funktion hat dabei Geschichte, für was wird sie benutzt? Was für Auswirkungen können Legenden und Mythen auf die Gesellschaft und Politik haben und was begünstigt diese Auswirkungen?
  1. Beurteile, ob und wie Mythen & Legenden für politische Zwecke gebraucht wurden und was für einen Einfluss sie heute noch haben können.

Beachte folgendes Zitat von Larry Kudlow, einem Berat des US-Präsident Donald Trumps: „He really kind of stabbed us in the back“. Kudlow tätigte diese Aussage als der kanadische Premierminister Justin Trudeau Präsident Trumps Wirtschaftspolitik kritisierte. Kudlow nannte Kanadas Verhalten einen „Verrat“. Vergleiche die Ziele der Dolchstoßlegende mit den möglichen Zielen Kudlows Aussage. Gehe so vor, dass du die Erkenntnisse und Ergebnisse der bisherigen Aufgaben wieder aufgreifst und dabei die für dich wichtigsten Punkte hervorhebst. Arbeite dabei den Zusammenhang zwischen Geschichte und gegenwärtiger Politik heraus. Warum wird Geschichte als Argument benutzt?

Wandelbewusstsein

‘‘‘Mögliche Themengebiete‘‘‘

‘‘Sektorenwechsel‘‘ Für Schüler und Schülerinnen kann die Wirtschaft etwas Statisches sein. Sie werden wissen, dass die Zahl der Arbeitslosen steigen und sinken kann, dass Preise für Lebensmittel, Kraftstoff oder Strom sich erhöhen oder dass Strafzölle erhängt werden. Dass das Wirtschafts- bzw. Sektorensystem sich wandelt, werden die wenigsten wahrnehmen, da diese Entwicklung meist sehr langsam geschieht. Um diesen Prozess begreifen zu können, braucht es zunächst eine Erarbeitung der Theorie. Die Wirtschaft ist in Industrienationen ist einen Primären Sektor (Land- und Forstwirtschaft, Fischerei), einen Sekundären Sektor (verarbeitendes Gewerbe) und einem Tertiären Sektor (Dienstleistungen) eingeteilt. Da Volkswirtschaften theoretisch immer wachsen, findet einen Sektorenwechsel, bzw. Sektorenwandel statt. Das bedeutet, dass sich der Fokus der Wirtschaft hin zu einer Ausbreitung des tertiären Sektors wandelt – die sogenannte Tertiärisierung. Zunächst agrarisch ausgerichtete Wirtschaften wandeln sich in eine industrielle, um sich dann in eine Wirtschaft mit dem Fokus auf Dienstleistungen zu verändern. [6] Diesen Wandel gilt es zu zunächst mit den SuS zu besprechen, dass sie den Wandel an sich zunächst wahrnehmen müssen, um ihn dann zu interpretieren. Sobald der Wandel verstanden worden ist, sollte eine Erarbeitung der Ursachen folgen. Hier wären das Bevölkerungs- und Beschäftigungswachstum, technische Neuerungen und Nettoinvestitionen zu nennen. Diese drei Faktoren lassen sich anhand statistischem Material mit den SuS untersuchen. Wichtig ist auch, in Hinsicht auf die Förderung des ökonomisch-sozialen Bewusstsein, dass SuS Zusammenhänge verstehen lernen. Ein solcher Zusammenhang wäre beispielsweise, dass gesteigertes Einkommen zu einer Stärkung des tertiären Sektors führt, da die Haushalte sich diese kaufen, anstatt selbsterbringen zu müssen.

Des Weiteren sollte mit den SuS erarbeitetet werden, was für Möglichkeiten und Probleme sich durch einen solchen Wandel ergeben. Was bedeutet dieser strukturellere Wandel für die Gesellschaft? Hier kann auf den Verlust von Arbeitsplätzen durch die Automatisierung und Standardisierung der Dienstleistungen eingegangen werden, da diese eine Verlagerung von Arbeitsplätzen ins Ausland zur Folge hat. Gleichzeitig kann ein Lebensbezug für die SuS hergestellt werden, indem man darauf eingeht, dass viele Dienstleistungen durch die Stärkung der Selbstbedienung weggefallen sind. Beispiele hierfür wären Bank- oder Ticketautomaten sowie Selbstbedienungsbäcker, die Mitarbeiter einsparen, die man durch eine Pro- und Kontra-Diskussion auf dessen Notwendigkeit beurteilen kann. Zuletzt sollte auch zwischen höher gestellten Dienstleistungen und einfachen Dienstleistungen unterschieden werden. Da die einfachen Dienstleistungen mit weniger Gehalt und Stellung verbunden sind, was man beispielsweise bei Leiharbeitern sieht. Durch eine solche Thematisierung kann das moralisches Bewusstsein gestärkt werden. Die Funktion hinter der Erschließung von Möglichkeiten und Probleme ist zu einem Orientierung, um sich der derzeitigen politischen, wirtschaftlichen und gesellschaftlichen Lage bewusst zu werden und auf der anderen Seite, Kritik üben zu können, wenn man bestimmte Aspekte als nicht richtig empfindet.

Um einen Gegenwartsbezug einzubauen, kann man die Digitalisierung und deren Auswirkungen heranziehen. Mit der Digitalisierung geht ein weiterer Wandel in der Wirtschaft mit ein. Aktuell ist Deutschland ein reiches, industrielles, hoch entwickeltes Land. Aber wie wird das in Zukunft aussehen? Reichen die Maßnahmen, die Digitalisierung voran zu treiben und somit im internationalen Vergleich konkurrenzfähig zu bleiben? Welche Auswirkungen gibt es auf die Politik, den Arbeitsmarkt, auf den Einzelnen. Beispiele hierfür wären: Ungleiche Verteilung der Gewinne, Auswirkungen auf den Sozialstaat, Forderung nach Aus- und Weiterbildungen oder Umorientierung, neue Arbeitszeit- und Sozialmodelle. [7] Auch hier ist die Funktion für die SuS einen Orientierungsrahmen zu spannen. Gleichzeitig bietet dieses Thema einen direkten Lebensbezug für die SuS, da man Bezug zur Berufswahl nehmen kann. In welchem Sektor sehen sie die meisten Chancen, einen guten Job zu bekommen? Welche Rolle spielt die Digitalisierung in der Wahl ihrer Ausbildung?

‘‘Demokratie‘‘

Unser politisches System oder die Strukturen, die hinter dem Begriff Demokratie stehen, können von SuS ebenfalls als statisch wahrgenommen werden. Dass die ursprünglichen Ideen und Umsetzung der Demokratie sich jedoch gewandelt haben, muss im Unterricht aufgegriffen werden, um das Historizitätsbewusstsein zu fördern. Um den Wandel begreiflich zu machen, sollte vor allem auf die Unterschiede zwischen der athenischen Demokratie und der heutigen Demokratie der BRD, eingegangen werden, um die Frage zu beantworten, ob wir aus heutiger Sicht die athenische Demokratie als eine solche einstufen würden. Ein zentraler Unterschied liegt zunächst bei der Machtverteilung. SuS lernen, dass es in Deutschland eine Judikative, eine Exekutive und eine Legislative gibt. Diese Machtverteilung, vertikal und horizontal, prägt unser Bewusstsein von Demokratie. In der athenischen Demokratie gab es keine Verteilung der Macht auf verschiedene Träger. Zwar gab es verschiedene Institutionen und auch Gerichte, aber die Macht lag in der Volksversammlung. Diese konnte selbst Beschlüsse entscheiden oder solche rückgängig machen, Beamte einstellen oder abberufen und selbst Prozesse führen. Außerdem gab es nicht wie heute ein Repräsentativsystem, sondern eine direkte Beteiligung des Volkes. Das Volk übt die Macht unmittelbar aus und kann sich in vielen Ämtern beteiligen, wodurch kein Mitglied unpolitisch sein konnte, was man heute oft bei einer geringen Wahlbeteiligung beobachten kann. Ein weiterer Unterschied liegt darin, dass es heute, unter anderem mit dem Grundgesetz, ein festgeschriebenes Gesetz gibt, das es in Athen nicht gab. Die Rechtsprechung kann aus heutiger Perspektive demnach willkürlich erscheinen. Ein Unterscheid, den die SuS direkt betrifft, ist die Tatsache, dass Frauen und Sklaven aus dem politischen Leben ausgeschlossen waren. Die, die Politik ausübten, gehörten einer reichen, kleineren Schicht an. Heutzutage kann unabhängig vom Geschlecht und Herkunft sich jeder in irgendeiner Form politisch beteiligen. [8]

Wenn man also das vergangene Demokratieverständnis im Unterricht behandelt, sollte immer wieder der Gegenwartsbezug miteinbezogen werden, indem der Vergleich mit heute erarbeitet wird. Diese Form kann zur Identifikation und Kritik führen, indem Pro und Kontra-Argumente für beide demokratische Ausführungen gesucht werden. Außerdem könnte man auch das Gedankenexperiment führen, wie wohl die Gesellschaft, oder die Klasse, politisch über aktuelle Beschlüsse entschieden hätte, wenn es, wie in der athenischen Demokratie, mehr Volksentscheidungen gegeben hätte. ‘‘Kindheit und Jugend‘‘ Ein Thema, das SuS stets betrifft, ist die Veranschaulichung von früherer Kindheit und Jugend. SuS werden dazu neigen, zu glauben, dass die Kindheit und Jugend im Mittelalter völlig anders gewesen sein muss als heute. Die Vorstellung eines dunklen, brutalen Mittelalters schwebt vielen vor. Dieses Bewusstsein gilt aufzuklären. Natürlich lassen sich elementare Unterschiede zwischen der Behandlung der Kinder und Jugendliche festmachen, woran der Wandel festgemacht werden kann. Ein wesentlicher Unterschied zeigt sich der Kindersterblichkeit. Während im Mittelalter diese sehr hoch war, ist sie im heutigen Deutschland durch medizinischen Fortschritt und Hygienestandards sehr gering. In Entwicklungsländern ist sie jedoch immer noch sehr hoch, wodurch gezeigt werden kann, dass ein Wandel nicht überall gleich schnell oder überhaupt stattfindet, wodurch das Raumbewusstsein zusätzlich gestärkt werden kann. Ein weiterer Unterschied ist die Ungleichbehandlung von männlichen und weiblichen Nachkommen. Die Erziehung der Jungen hatte die Vorbereitung auf den späteren Beruf als Ziel, die Erziehung der Mädchen diente der Rollenfindung als Hausfrau und Mutter. Wodurch nur Männern und dazu besser gestellten Schichten eine höhere Bildung möglich war, da Jungen in Lateinschulen und Töchter höchstens zum Elementarunterricht durften. [9] Heute stehen beide Geschlechter in Deutschland die Tür für Bildung offen. Trotzdem ist die Herkunft, bzw. die soziale Schicht immer noch maßgeblich am Erfolg oder Misserfolg in der Schule verantwortlich. Hieran kann gezeigt werden, dass sich Grundlegendes zwar ändern kann, aber manche gesellschaftliche Strukturen bestehen bleiben. Viele Kinder arbeiteten in der Landwirtschaft oder in häuslichen oder gewerblichen Wirtschaft mit, da im Mittelalter nach dem siebten Lebensjahr die Kindheit endete. [10] Das führt dazu, dass die Kinder mehr in der Welt der Erwachsenen lebten als heute. In der Gegenwart gibt es Einrichtungen für Kinder wie zum Beispiel Kindertagesstätten, Schulen oder Horte, an denen die Kinder- und die Erwachsenenwelt sich trennen. Es sind jedoch nicht nur Unterschiede zu nennen, um einen Wandel zu demonstrieren. Manche grundlegenden Dinge haben sich nicht verändert: Die Liebe von den Eltern zu den Kindern war bereits im Mittelalter festzustellen. Es ist falsch, zu sagen, Kindsmorde, Kindesaussetzungen oder Bettelkinder seien an der Tagesordnung gewesen. Tatsache ist, dass die Liebe zum Kind als Christenpflicht galt. Wobei diese Liebe nicht größer als die Liebe zu Gott oder größer als die Eigenliebe sein durfte. Trotz allem sorgte man sich um seine Kinder und empfand große Trauer, wenn eines starb. [11] ‘‘‘Mögliche Aufgabenstellungen‘‘‘ Thema: Kindheit und Jugend im Mittelalter & heute

  1. Nenne wesentliche Unterschiede zwischen der Kindheit und Jugend des Mittelalters und heute. Beachte dabei die unterschiedlichen Gesellschaftsformen und die Rolle der Religion, da diese in der mittelalterlichen Gesellschaft eine wichtige Funktion in Bezug auf die Erziehung hatte. Nenne deshalb die Ziele der Erziehung früher und heute. Beachte dabei die mittelalterliche Ständegesellschaft und ihre Auswirkung auf den Einzelnen.
  2. Erkläre die unterschiedlichen Erziehungsstile in Bezug auf Jungen und Mädchen. Was für Rollen wurden für sie in der Gesellschaft vorgesehen, was erwartet man heute von Jungen & Mädchen? Arbeite dafür Unterschiede und Gemeinsamkeiten der Geschlechterrollen heraus. Achte auch hier auf die Ständegesellschaft und deren hierarchische Ordnung.
  3. Verfasse einen inneren Monolog eines Bauernkindes. Stell dir vor, zu ständest auf einem Feld und müsstest deiner Familie helfen, dieses zu bewirtschaften. Oder du stehst in der Küche, um deine jüngeren Geschwistern zu versorgen.

Was sind deine Ziele und Möglichkeiten - sind diese zu vereinbaren? Was denkst du darüber, dass du im Moment nicht in die Schule gehen kannst, weil du arbeiten musst. Du sollst versuchen, dich in diese Lage hineinzuversetzen, damit dir die Unterschiede zu heute bewusst werden. Bedenke zu einem, dass man in mittelalterliche Perspektive auch stets von einer Ständegesellschaft ausgehen muss und dass bäuerlichen Familien in der Regel viele Kinder hatten und somit viele Mitglieder der Familie ernähren mussten. Arbeite diese Aspekte mit ein, um die vergangene Sicht korrekt darzustellen.

  1. Untersuche, in wie fern sich die Geschlechterrollen in Bezug auf Vater und Mutter geändert haben. Welche Rolle und Funktionen haben sie eingenommen und wie haben sich gewandelt? Wie ist dieser Wandel zu erklären? Ziel ist es, den Wandel anhand von Rückschlüssen aus der Vergangenheit zu zeigen. Woran genau kann man sehen, dass sich Geschlechterrollen verändert haben können? Gehe auf die Bereiche Schule, Arbeit, Haushalt, Politik und Teilhabe am gesellschaftlichen Leben ein.
  2. In Deutschland ist Kinderarbeit, so wie sie im Mittelalter war, nicht mehr erlaubt. Kinder und Jugendliche dürfen zwar arbeiten, aber die Unternehmen, die sie einstellen, müssen bestimmte Regeln wie eine begrenzte Anzahl an Wochenstunde einhalten. In anderen Ländern ist das nicht so. Vergleiche zunächst die Form, die Gründe und die Auswirkungen von Kinderarbeit vom Mittelalter und heute. Beziehe dich auf folgendes gegenwärtiges Beispiel: Textilkonzerne wie H&M, Primark und Takko produzieren in Burma, indem Kinderarbeit, Löhne unter dem Mindestlohn und Armut allgegenwärtig ist.

Bewerte, was für eine Rolle Kinderarbeit heute spielt. Beachte die Schlagwörter Armut, Bildung, Ausbeutung, Mindestlohn, Globalisierung, Verbraucherverantwortung. Gehe besonders auf die Rolle des Wandels von Kinderarbeit ein. Arbeite diesen in Hinsicht auf die Beziehung von Vergangenheit und Gegenwart heraus.

Identitätsbewusstsein

‘‘‘Mögliche Themengebiete‘‘‘ ‘‘Feindbilder im Mittelalter‘‘ Das Identitätsbewusstsein wird nicht nur dahingehend gefördert, eine Ich- oder Wir-Identität zu bilden. Identitätsbewusstsein ist auch Grundlage für das Fremdverstehen. Dieses Fremdverstehen kann in Bezug auf Feindbilder im Mittelalter dadurch gefördert werden, indem zu einem begriffen wird, was es für Feindbilder in der christlich-europäischen Gesellschaft gegeben hat und zum anderem, wieso. Durch Perspektivwechsel müssen sich SuS in die Vergangenheit hineindenken, sie können sich identifizieren oder distanzieren, mit dem Ziel eine eigene Meinung zu bilden und zu vertreten. Durch die Erarbeitung der Feindbilder im Mittelalter kann eine Grundorientierung für die heutige politische oder gesellschaftliche Lage gewonnen werden. Persönliche Haltungen können dahingehend beeinflusst werden, dass aus der Erarbeitung vergangener Denkweisen ein Kompass für heutige Entscheidungen gestaltet werden kann. Wie gehen wir heute mit Feindbildern um? Wie und von wem werden diese konstruiert? Das Identitätsbewusstsein, in Bezug auf Feindbilder im Mittelalter, kann daher eine Orientierungsfunktion einnehmen. Wichtig ist zunächst, zu erarbeiten, was für Feindbilder, beispielsweise von Muslimen und Juden, gezeichnet wurden. Hierbei ist wichtig, hervorzuheben, warum gerade diese beiden Gruppen als fremd galten und warum fremd damals wie heute ein Problem für Gesellschaften sein kann. Um das Historizitätsbewusstsein zu fördern, kann erörtert werden, was für eine mittelalterliche Gesellschaft fremd bedeutet hat und wie wir diesen Begriff heute definieren und empfinden. Für die SuS selbst ist die mittelalterliche Gesellschaft fremd, sie sind nicht nur durch eine zeitliche Komponente distanziert. Es gilt also zunächst die Fremdheit zwischen SuS und dem Lernobjekt Mittelalter zu brechen. Das kann durch Multiperspektivität gelingen, indem SuS sich entweder identifizieren, zur Selbsterkenntnis gelangen, oder durch Fremdverstehen distanzieren, also eine andere Position als die ihre einnehmen. Dadurch zeigt sich hier die Funktion der Identitätsbildung, im subjektiven Sinne durch die Bildung einer eigenen Position und im kollektiven durch die Bildung einer Gruppe, mit der man sich identifiziert oder distanziert.

Somit ist es wichtig, zum einen das Feindbild darzustellen und die Gründe für das Feindbild zu analysieren, gleichzeitig aber, im Sinne des Wirklichkeitsbewusstseins, zu erschließen, wie die Feindbilder mit der Wirklichkeit zu vereinbaren sind. Beispielsweise wurden Muslime als „Kinder des Teufels“, „Gottlose“ oder „von Gott verdammte Heiden“ [12] dargestellt und Juden als die „Mörder Christi“. [13]. Dieses Denken war die Legitimation für Verfolgungen, Pogrome, Massaker und Kreuzzüge. Dadurch ist es wichtig, das Denken und Handeln der Beteiligten zu rekonstruieren, wodurch die Rolle der Religion besonders hervorzuheben und zu analysieren ist. Es ist also Ziel, Feindbilder aufzubrechen, zunächst zu hinterfragen und zu untersuchen, um in der Gegenwart dazu befähigt zu werden, Feindbilder wahrzunehmen und diese auf ihre Funktion hin zu hinterfragen. So sollten im Unterricht beispielsweise Aussage von US-Präsident Donald Trump in Frage gestellt werden, in denen er mexikanische Einwanderer als Vergewaltiger, Kriminelle und Drogendealer bezeichnet. [14] Diese Aussagen sollen analysiert, auf ihre Intention interpretiert und beurteilt werden. SuS sollen die Kontinuität von Feindbildern begreifen, aber ihre Unterschiede wahrnehmen. Die Feindbilder im Mittelalter waren religiös motiviert und legitimiert, Feindbilder entstehen heute oft aus politischen Gründen. Diese gilt es in der gegenwärtigen Perspektive herauszufinden, um sich eine kritische Meinung zu bilden. Um einen weiteren Gegenwartsbezug einzubauen, kann auf die Medien und deren Funktion eingegangen werden. Häufig kann es vorkommen, dass Medien Feindbilder aufbauen, auch wenn sie dies nicht beabsichtigten. Über Minderheiten wird meist nur im Zusammenhang mit Problemen wie Diskriminierungen oder Rassismus, Kriminalität, Religion oder Terrorismus berichtet. So stehen Gruppen, die als besonders problematisch gelten, im Fokus der Berichterstattung. Oft neigen Medien zu pauschalisierenden Begriffen wie „die Flüchtlinge“ oder „die Migranten“ oder Metaphern wie „Flüchtlingswelle“. Dadurch werden die vielen Einzelschicksale nicht nur verallgemeinert, gleichzeitig entsteht eine negative Konnotation. SuS sollen hier zu kritischem Denken und Beurteilen geführt werden, um solche Begriffe und Berichterstattungen als problematisch anzusehen.

Eine solche Berichterstattung kann zu einem verfälschten, verzerrten Bild führen. Die Intention Feindbilder entstehen zu lassen, ist nicht zu unterstellen, aber bei manchen Menschen kann eine solche Präsentation in Zeitung, Fernsehen oder Internet zu einem Feindbild führen. Besonders die Personen sind betroffen, die ihre Vorurteile und Ängste bestätigt sehen möchten. [15] Dadurch ist es wichtig, im Unterricht auf diese Art von Berichterstattung intensiv einzugehen, wodurch SuS lernen dieses Bild, das gezeichnet wird, aufzubrechen, um selbst keine Feindbilder zu produzieren. Eine kritische Haltung einzunehmen, kann ein wichtiger Teil der Identitätsbildung sein.

‘‘Jugend im Nationalsozialismus‘‘ Die Betrachtung des Lebens von Jugendlichen unter nationalsozialistischer Führung bietet viele Möglichkeiten, das Identitätsbewusstsein zu fördern. Zunächst sollten SuS die Prinzipien, die Strukturen und die Idee hinter der Volksgemeinschaft verstehen, da sich in diese die Jugend einreihen musste. Die Idee der Volksgemeinschaft ist ein fremdes Konzept für heutige SuS, daher muss das Denken dahinter rekonstruiert werden. Dazu müssen die Grundzüge der nationalsozialistischen Ideologie als Hintergrundwissen vorhanden sein, damit beispielsweise die Intention hinter erzieherischen Zeltlagern verstanden werden kann.

Die Gesellschaftsperspektive auf die Jugend zu reduzieren, hat den Grund, dass heutige SuS sich in Jugendlichen damaliger Zeit besser hineinversetzen können als in Erwachsene. Sie sollen verstehen lernen, dass durch die Bildung von Gemeinschaftsgefühl, Ideologie und falsche Versprechen gerade junge Menschen manipuliert werden konnten, was auch heute noch ein Problem sein kann. Es ist wichtig, dass SuS zu einem Werturteil befähigt werden, aber sie müssen sich selbstreflexiv die Frage beantworten, ob sie selbst Mitglieder der nationalsozialistischen Jugend gewesen wären. Daher ist es wichtig, zum einen die Perspektive von treuen Anhängern und zum anderen die Perspektive von Regime-Gegnern einzunehmen, um eine eigene Position zu bilden. Durch die Multiperspektivität ermöglicht man den SuS die Bildung einer Wir- und einer Ihr-Gruppe, in denen die Funktion der Identifizierung ermöglicht wird. Ziel ist es, aus der Vergangenheit zu lernen. Durch die Perspektivübernahme in vergangenes Denken, ermöglicht dies eine (Selbst-)Reflexion. Gleichzeitig sollen SuS dazu gefördert werden, auch bei kontroversen Themen ein kritisches Urteil fällen zu können. Ziel ist eine Orientierung in der Gegenwart, um Handlungsperspektiven für die Zukunft zu erarbeiten, indem SuS sich immer wieder vergegenwärtigen, wer sie sind. ‘‘‘Mögliche Aufgabenstellungen‘‘‘ Thema: Jugend im Nationalsozialismus

  1. Nenne wesentliche Merkmale der Volksgemeinschaft und beschreibe die gesellschaftlichen Strukturen. Wer waren die Mitglieder der Volksgemeinschaft und wer wurde davon ausgegrenzt? Gebe Gründe an und beziehe dich dafür auf die nationalsozialistische Ideologie, um eine Verbindung zwischen ideologischen Denken und praktischen Handeln zu schaffen.
  2. Jungen und Mädchen wurden in der nationalsozialistischen Erziehung verschieden erzogen. Zähle Gründe dafür auf und gehe auf die männlichen und weiblichen Rollen in der Volksgemeinschaft ein. Stelle dann die Unterschiede zwischen den Erziehungsmaßnahmen heraus und gehe besonders auf die Gründe der Unterschiede ein, um zu zeigen, wie die Ideologie und das politische System das Leben des Einzelnen beeinflussen konnte.
  3. Vergleiche das Leben eines Jungen in der HJ und einem polnischen Jungen, der als Zwangsarbeiter arbeiten muss. Warum wurde der eine als Hoffnungsträger präsentiert und der andere vom System unterdrückt und entmenschlicht? Ziehe dazu die Ideologie und Rassenlehre der Nationalsozialisten hinzu und arbeite die wichtigen Unterschiede zwischen den beiden Leben heraus. Ziel ist es, zu erkennen, warum zwischen Menschen Unterschiede gemacht worden sind. Du kannst für dich selbst beurteilen, ob du die Begründung für die ungleiche Behandlung für ausreichend bzw. richtig oder falsch ansiehst.
  4. Untersuche die Gründe, warum Zeltlager als Erziehungsmaßnahme benutzt wurden. Was ist die Intention dahinter, was wollte man damit erreichen? Denke an die Volksgemeinschaft und deren Zielsetzung, die Gesellschaft gleichzuschalten. Arbeite deshalb die Grundzüge der Ziele der nationalsozialistischen Erziehung mit ein und verbinde diese mit der Idee des Lagers. Es ist dein Zeil, herauszufinden, wie die Nationalsozialisten methodisch vorgegangen sind, um ihr Ziel der Volksgemeinschaft zu erreichen.
  5. Warum kann es für manche Jugendlichen attraktiv gewesen sein, sich der HJ oder dem BDM anzuschließen? Entwerfe eine Theorie, in der du die möglichen Gründe ermittelst, gehe besonders auf die Vermittlung eines Gemeinschaftsgefühls ein. Überprüfe dann, ob es den Jugendverbänden gelang, alle Jugendlichen zu intergerieren. Erkläre, warum sich jemand den Jugendverbänden nicht anschließen wollte. Du sollst bei dieser Aufgabe auf mehrere Perspektiven eingehen, um dir verschiedene Positionen anzuschauen. Es ist ein Irrtum, zu glauben, im Nationalsozialismus hätte es nur Befürworter gegeben. Daher sollst du die Jugendlichen hervorheben, die sich dagegen gewehrt haben.
  6. In der vorherigen Aufgabe hast du ermittelt, warum sich damals Jugendliche staatlichen, ideologiegetränkten Gruppen angeschlossen haben – warum wenden sich Jugendliche heute beispielsweise politischen Gruppen wie die Junge Alternative für Deutschland zu? Arbeite die möglichen Gründe für eine Mitgliedschaft und die politischen Ideen und Ziele heraus und beurteile daraus, ob eine Gruppe mit einem solchen Denken gefährlich sein kann für unsere Demokratie und unsere multikulturelle Gesellschaft. Hier sollst du Erkenntnisse aus der Vergangenheit nutzen, um unsere Gegenwart zu interpretieren. Beachte jedoch, dass die Hitler Jugend mit der Jungen Alternative für Deutschland nicht gleichzusetzen ist. Trotzdem kannst du Gemeinsamkeiten zwischen den politischen Ideen herausarbeiten.
=== Politisches Bewusstsein ===

‘‘‘Herrschaft und Alltag in der DDR‘‘‘ Das gesellschaftliche und politische Leben in der DDR ist für heutige Jugendliche sicher nicht mehr vorstellbar. Gerade deshalb ist wichtig, dieses Thema in Bezug auf das politische Bewusstsein aufzugreifen. Hierbei kann auf verschiedene Aspekte eingegangen werden. Zunächst sollte das politische System, dessen Aufbau und Strukturen und das Hineinwirken der sozialistischen Ideologie erarbeitet werden. Besonders die Rolle der Ideologie ist sehr wichtig, da diese nicht nur in Politik und Wirtschaft hineinwirkte, sondern auch in die Gesellschaft und ins alltägliche Leben. Wichtig ist, dass SuS lernen, zwischen Mächtigen und weniger Mächtigen zu unterscheiden, damit sie ein Verständnis von Macht erlangen. Gleichzeitig lässt sich daran aufgreifen, zu analysieren, wer heute mächtig ist und wer nicht, um das im Vergleich zur DDR zu setzen. Ihr politisches Wissen wird in der Analyse dessen gefördert, Entscheidungsträger identifizieren zu können und somit Prozesse und Strukturen zu erkennen. Besonders beim Thema DDR sollen SuS darin gefördert werden, gesellschaftliche Ungleichheiten und Ungerechtigkeiten wahrzunehmen und zu kritisieren, damit sie solche in der Gegenwart ebenso erkennbar werden.

Ein weiterer Aspekt wäre die Erarbeitung der Wirtschaft und der Verbindung zur Politik, um zu zeigen, dass politische Macht oft mit wirtschaftlicher Macht zusammenhängt oder dass sie sich gegenseitig beeinflussen. Diese beiden Komponenten waren besonders im System der DDR miteinander verschmolzen. Die Wirtschaftspolitik diente der Umsetzung der Ideologie, um ein ganzheitliches sozialistisches System aufzubauen. Die Verbindung zwischen Politik und Wirtschaft gilt es zunächst wahrzunehmen, um sie dann untersuchen zu können. SuS sollen verstehen, dass das politische System alle Lebensbereiche beeinflusste und immer noch beeinflusst. Mit dieser Analyse geht die Funktion der Aufklärung einher. Diese wird erfüllt, wenn ein hinter ein System und dessen Funktionsweise geblickt wird, um Wissenslücken zu schließen, Konzepte zu begreifen und Zusammenhänge zu bilden.

Es ist ebenso wichtig, auf die Unterdrückung, Verfolgung und Schikane des Staates einzugehen. Gleichzeitig auch auf das Misstrauen und den Verrat innerhalb der Gesellschaft, um das System als Ganzes wahrzunehmen. Hieran kann die Frage bearbeitet werden, wer mächtig war und wer nicht, bzw. wie man in diesem System funktionieren musste, um Macht zu haben. Da das politische Bewusstsein auch Werte und Einstellungen vermitteln und bilden soll, muss das Herrschaftssystem in Bezug auf die Gesellschaft betrachtet werden. Was für Werte und Normen waren angestrebt und mit welchen Mitteln versuchte man diese umzusetzen? SuS lernen an diesem Thema zum einen die Funktions- und Wirkungsweisen eines extremen politischen Systems, indem sie dessen Strukturen und Ideologie analysieren. Auf der anderen Seite blicken sie mit einem kritischen Blick in die Vergangenheit, um gegenwärtige Systeme und gesellschaftliche Ungleichheiten untersuchen zu lernen. Um einen Gegenwartsbezug einzubauen und um ein gegenwärtiges, politisches System zu analysieren, kann auf die Türkei und deren politische Entwicklung eingegangen werden. Wichtig ist hier, dass SuS die Verhältnisse der DDR nicht mit denen der Türkei gleichsetzen. Ein kritischer Vergleich ist möglich, aber die beiden Systeme dürfen nicht einfach als Spiegelbild betrachtet werden. Trotz allem müssen besonders die Auswirkungen des gescheiterten Putsches gegen Recep Tayyip Erdogan betrachtet werden. Nach dem Putschversuch folgten massenhafte Entlassungen und Verhaftungen von Soldaten, Beamten und Richtern. Im Ausnahmezustand wurden die unabhängigen Medien geschlossen, viele Journalisten wurden inhaftiert. [16]Die Macht eines scheinbar Einzelnen kann zu grundlegenden Umwälzungen führen. Gleichzeitig zeigt dieses Beispiel, wie sehr die Gesellschaft und Wirtschaft durch Macht durchdrungen und beeinflusst sind. Herrschaft und die Frage, wer mächtig ist, sind Themen, die SuS in ihrer jetzigen Lebenssituation und politischen Umfeld, umgeben. Allein durch journalistische und soziale Medien kommen SuS damit in Kontakt, wodurch sie lernen müssen, kritisch zu hinterfragen, um eine eigene Position einzunehmen. ‘‘Studentenbewegung, Außerparlamentarische Opposition und RAF‘‘ Die Westdeutsche Studentenbewegung der 1960er-Jahre ist ein wichtiges Kapitel in der politischen Geschichte Deutschlands. Eine Gruppe, die sich selbst Außerparlamentarische Opposition (APO) nannte, entstand aus politischer und gesellschaftlicher Unzufriedenheit. Einher ging damit eine große Koalition, deren Einvernehmen zwischen den etablierten Volksparteien CDU und SPD zu einer Bedeutungslosigkeit der Opposition führte. Besonders die akademische Jugend störte sich an der Funktionslosigkeit des Parlaments und forderte politische und gesellschaftliche Veränderungen. [17] Bereits bei diesen Aspekten können SuS zwischen Mächtigen und weniger Mächtigen unterscheiden lernen. Wer übt in einer repräsentativen Demokratie Macht aus? Wie viel Macht hat das Volk und durch welche Weisen kann es sich in das politische Geschehen einbringen oder dieses beeinflussen? Ausgehend davon kann das damalige Problem erörtert werden: Zwar gab es Entscheidungsträger, die demokratisch gewählt wurden, aber scheinbar konnten sich besonders junge Menschen mit diesen Vertretern nicht identifizieren. Diese Grundannahme gilt es zu rekonstruieren: Was waren die Gründe für das fehlende Vertrauen in die Regierung? Um eine Rekonstruktion zu schaffen, müssen sich die SuS in die vergangene Lage hineinversetzen und verschiedene Perspektiven (Student, Politiker der Regierung, Politiker der Opposition, Person aus der gutbürgerlichen Mittelsicht…) einnehmen, damit sie das Gesamtbild verstehen lernen, um sich ein Urteil darüber zu bilden. Anschließend daran kann auf die Lebenswelt der SuS Bezug genommen werden: Fühlen sie sich von unserer aktuellen Regierung vertreten und wenn nein, wie könnte man das ändern? Hier sollen SuS nicht nur zu politischen Denken, sondern auch zu politischem Handeln motiviert werden, indem sie die Möglichkeiten erkennen, mit denen sie sich aktiv an der Politik beteiligen können.

Ein Großteil der Anhänger der Studentenbewegung oder der APO radikalisierten sich nicht, aber eine kleine Gruppe spaltete sich ab und verübte aufgrund linksextremistisches Ideologien verschiedene Anschläge. Die Rote Armee Fraktion (RAF) war eine terroristische Vereinigung, die durch mehreren „Generationen“ jahrzehntelang Anschläge und Entführungen ausübte. SuS können hierbei lernen, wie politische Ideen sich ins Extreme wandeln können. Die Ursachen einer Gründung oder Zielsetzung können rekonstruiert und durch ein Sachurteil nachvollziehbar werden. Sind die Gründe für die Bildung der APO noch verständlich und vertretbar, müssen die Weiterentwicklungen, Interpretationen und dadurch die Auswirkungen durch die RAF kritisch gesehen werden. Ziel ist es demnach, dass SuS erkennen, dass politischer Extremismus nie Teil einer Lösung sein kann, sondern immer nur neue Probleme schafft, damit SuS hinter die Propaganda solcher Gruppen blicken.

SuS können an diesem Themenbeispiel viele Aspekte des politischen Bewusstseins fördern. Zunächst einmal lernen sie, wie man auf friedliche Weise Kritik und Protest an politischen und gesellschaftlichen Systemen ausüben kann. Sie sollen im Zuge dessen verstehen lernen, warum jemand demonstriert oder protestiert und was dies mit ihrem eigenen Leben und Denken zu tun haben kann. Politisches Bewusstsein soll auch zu sozialem und politischen Handeln ermutigen, was mit der Funktion der Identitätsbildung einhergeht. Um politisch Handeln zu können, braucht es zunächst eine politische Meinung, die gebildet werden muss, wodurch auch die Funktion der Kritik eine wichtige Rolle spielt.

Die Fähigkeit zur Kritik kann auch dahingehend gefördert werden, indem sich mit Links- oder Rechtsextremismus auseinandergesetzt wird. Um einen Gegenwartsbezug einzubauen, kann auf die aktuellen Ereignisse in Chemnitz Bezug genommen werden. Hier gilt es zu recherchieren, wer gegen was und wie protestiert. Diese Erkenntnisse können mit der Studentenbewegung verglichen werden, um auf der einen Seite zu erfahren, wofür Menschen damals auf die Straßen gingen und wieso sie das heute tun und auf der anderen Seite zu erkennen, wie darauf Politik und Medien reagieren. ‘‘‘Mögliche Aufgabenstellungen‘‘‘ Thema: Studentenbewegung, Außerparlamentarische Opposition und RAF

  1. Nenne Gründe, warum sich die Außerparlamentarische Opposition gründete und erkläre im Zuge dessen, was der zusammengesetzte Begriff meint. Überlege dir dann, ob sich heute eine APO gründen könnte und warum. Wichtig ist es, dass du eine Verbindung zwischen Politik und Gesellschaft schaffst, indem du herausarbeitest, wie wichtig es ist, dass sich Menschen mit ihrer Regierung identifizieren können.
  2. Fasse die Ursachen der Studentenbewegung und der Außerparlamentarischen Opposition zusammen. Gehe dabei auf Gesellschaft, Politik, Opposition, Hochschule und USA-Politik ein. Ziel ist es, dass du Hintergründe der Bewegung herausarbeitest.
  3. Stell dir vor, du bist Mitglied der Studentenbewegung und wirst gebeten, ein Flugblatt für die nächste Demonstration zu entwerfen. Deine Aufgabe ist es, in kurzen, prägnanten Sätzen oder in einzelnen Schlagwörtern eure Bewegung und eure Ideen zu erklären. Beachte dabei eure Kritikpunkte, Ziele und Forderungen.

Für diese Anwendungsaufgabe musst Teilergebnisse der vorangegangenen Aufgaben zusammenfassen, um ein Gesamtkonzept der Studentenbewegung zu erstellen.

  1. Ein kleiner Teil der APO radikalisierte sich. Analysiere die Gründe, warum es zu so einer extremen Radikalisierung kam und welche Auswirkungen sie hatte.

Erläutere an diesem Beispiel, wie sich eine Protestbewegung in eine terroristische Organisation wie die RAF entwickeln kann. Wie haben sich die Ziele und die Vorgehensweise der RAF in Bezug auf die Studentenbewegung und APO verändert? Arbeite die Gründe und die Ereignisse, die dafür nötig sind, heraus. Ziel ist es, dass der Unterschied zwischen der APO und der RAF deutlich wird.

  1. Die RAF war eine terroristische Gruppe, die versuchte mit gewaltsamen Anschlägen und Entführungen ihre Ideologie durchzusetzen, um die Gesellschaft von Grund auf, aus ihrer Sicht positiv, zu ändern. Entwerfe eine Theorie, warum Menschen daran glauben, mit Gewalt politische Systeme und gesellschaftliche Strukturen zum Besseren ändern zu können. Beziehe dich auf die vergangene Perspektive und ziehe dann Schlüsse für die Gegenwart, indem du die Beweggründe und Vorgehensweise des IS miteinarbeitest. Dein Ziel ist es hier, die Vergangenheit und die Gegenwart miteinander zu verbinden, indem du zunächst vergangenes Denken rekonstruiert und dann versuchst dieses auf heute zu beziehen.
  2. Informieren dich zunächst, wie und gegen was heute Menschen in Deutschland protestieren. Ermittle aktuelle Protestbewegungen, erkläre deren Ziele und Intention und folgere dann daraus, inwiefern sich die heutigen Protestbewegungen in Bezug auf die Studentenbewegung der 1960er-Jahre verändert haben.

Bilde dir ein Urteil darüber, wie sehr das Internet und dessen Kommunikationsmöglichkeiten Protestbewegungen verändert haben. Auch hier sollst du die Vergangenheit auf die Gegenwart beziehen, aber besonders die Unterschiede hervorheben, um zu zeigen, was sich zu früher geändert hat.

Ökonomisch-soziales Bewusstsein

‘‘Industriegesellschaft des Kaiserreiches‘‘ Am Beispiel der Industriegesellschaft, die sich im Kaiserreich herausgebildet hat, kann durch Beleuchtung mehrere Aspekte das ökonomisch-soziale Bewusstsein gefördert werden. Zunächst müsste der ökonomische Wandel von Anfang und Ende des Kaiserreiches erarbeitet werden. Hierbei ist die Entwicklung der zunächst agrarisch ausgerichteten Wirtschaft zu einer Industriewirtschaft zu untersuchen. Dafür müssen die Ursachen dieser Entwicklung entdeckt und analysiert werden. Die wirtschaftliche Veränderung kann durch die Einführung der Industrialisierung erklärt werden, womit eine wirtschaftliche Umwälzung und eine industrielle Produktionsweise einhergehen. Hinzukommen technische Erfindungen und Neuerungen im Maschinenbau, in der Chemieindustrie und in der Elektroindustrie. Weitere treibende Kräfte sind der Eisenbahnbau und die Schwerindustrie. [18] Ziel ist es, dass SuS ein Verständnis für wirtschaftliche Strukturen, Systeme und Auswirkungen technischer Neuerungen auf diese Komponenten erhalten. Gleichzeitig sollen SuS erkennen, dass Wirtschaft ein wichtiger Einflussfaktor auf die Gesellschaft ist, was sich damals zeigte, aber auch heute. Das heißt, Wissen und Erkenntnisse aus der Vergangenheit können SuS helfen, sich in ihrer gegenwärtigen Gesellschaft zu orientieren. Bei der Bearbeitung der wirtschaftlichen Entwicklung spielt die soziale Komponente der Bewusstseinsdimension noch keine Rolle. Es braucht zunächst eine Grundlage und eine Orientierung in der wirtschaftlichen Situation, um die sozialen Veränderungen darin einzuordnen.

Neben der wirtschaftlichen Entwicklung müssen die daraus entstehenden Auswirkungen auf die Gesellschaft thematisiert werden. SuS sollen dazu befähigt werden, ökonomische und soziale Ungleichheiten wahrzunehmen, wodurch sie die sozialen Unterschiede zwischen arm und reich analysieren. Zwar ist das ständische und feudale System des Mittelalters in der Neuzeit abgeschafft worden, soziale Ungleichheit entstand jedoch auch hier. Die oberste Spitze der sozialen Hierarchie bildeten eine Minderheit aus Adligen, Wirtschafts- und Bildungsbürgern. Hieran sollen SuS erkennen, wer wirtschaftliche Macht und damit politische und gesellschaftliche Macht ausübt und wer von diesem System nicht oder wenig profitiert. Denn der größte Anteil der Bevölkerung, die während der Industrialisierung stetig wuchs, lebte zunächst auf dem Land, zog jedoch durch die wirtschaftliche Entwicklung bzw. dem Ausbau der Industrie, in die Stadt. Die Mehrheit der Arbeiterschicht hauste in vom Bürgertum abgetrennte Wohnviertel. Man lebte auf engsten Raum und niedrigem Lebensstandard, die Arbeitszeiten waren lang, die Arbeiten teilweise gesundheitsgefährdend und man lebte in ständiger Angst vor Krankheiten oder Altersarmut. [19] SuS sollen an diesem Beispiel Reichtum und Armut voneinander trennen, begründet und reflektiert diese Personengruppen diesen Kategorien zuordnen, um die sozialen Unterschiede analysieren zu können. Das kann im Unterricht auch durch Zuordnungen von Bildern von Wohnungen, Einrichtungsgegenständen oder Kleidung erfolgen. Besonders durch die Wahrnehmung sozialer Ungleichheiten können SuS zu kritischem Denken motiviert werden. Die Rekonstruktion des Lebens eines einfachen Fabrikarbeiters oder eines Kindes, das in einer Fabrik arbeiten muss, ermöglicht nicht nur einen Perspektivwechsel, sondern erfüllt auch die Funktion der Bildung von Empathie. Indem sich SuS in die vergangene Situation hineindenken müssen, nehmen sie eine andere Position als die ihre ein und müssen versuchen anhand dieser Position zu denken und zu urteilen. Die Aufgaben sind ebenso Teil der Orientierungsfunktion des Geschichtsbewusstseins. Weiß man, was arm und reich in der Vergangenheit bedeutete, kann diese Erkenntnis auf die Gegenwart übertragen werden.

Um die Gegenwart in dieses Thema zu integrieren, sollten SuS soziale Ungleichheit oder soziale Ungerechtigkeit in unserer Gesellschaft suchen, was sich beispielsweise bei der Armut zeigt. Mit viel Einkommen gilt man in Deutschland als arm und was bedeutet das, in einem reichen Industrieland wie Deutschland arm zu sein? Besonders Kinder- und Altersarmut sind Themen, mit denen sich SuS auseinandersetzen sollten. Wer ist arm, wer gilt als gefährdet und wo liegen die Ursachen der Armut. Gleichzeitig sollten SuS untersuchen, ob und wie versucht wird gegen diese Armut anzukommen. Politische Maßnahmen sollen analysiert und auf ihre Funktion und Auswirkung hin beurteilt werden, um das Ziel zu erreichen, selbst politische Handlungen entwerfen zu können. ‘‘Zwangsarbeit im Nationalsozialismus‘‘ SuS sollen ebenso lernen, arm und reich in Bezug auf extreme Situationen zu erkennen. Zwangsarbeit an sich ist so ein System, das auf der einen Seite ausbeutet und auf der anderen Seite wirtschaftliche Macht ermöglicht. Ökonomische und soziale Ungleichheiten lassen sich hier eindeutig festlegen. Unter Zwangsarbeit ist eine Arbeit zu verstehen, zu der man unter Androhung von Gewalt oder Tod gezwungen wird. Zwangsarbeit war im Nationalsozialismus weitverbreitet und durch den Staat systematisiert. Zunächst Kriegsgefangene, dann auch KZ-Häftlinge wurden für verschiedene Bereiche wie Aufräumarbeiten nach Bombenschlägen, in Chemiefabriken, in der Landwirtschaft und vor allem in der Rüstungsindustrie eingesetzt. Die Arbeits- und Lebensbedingungen waren unmenschlich und endeten für die Zwangsarbeiter oft mit dem Tod. Die Arbeiten waren gefährlich, die Nahrung, die sie bekamen, viel zu wenig und die niedrigen Hygienestandards führten zu verschiedenen Krankheiten. [20] Ziel ist es, dass SuS die Lebensbedingungen der Arbeiter rekonstruieren, um das Ausmaß dieser Ausbeutung begreifen und beurteilen zu können. SuS sollen hier nicht zwischen arm und reich und mächtig und ohnmächtig unterscheiden. Sie sollen ebenso erkennen, dass sich arm sein nicht auf den Besitz beziehen muss, sondern auch auf immaterielle Dinge wie Freiheit oder das Recht frei über sein Leben zu entscheiden.

Darüber hinaus erlebten Zwangsarbeiter Gewalt, Schikane, Erniedrigung und Tod. [21] All diese Aspekte sollten mit den SuS erarbeitet werden, damit man auf die Ursachen und Ziele der Zwangsarbeit eingehen kann. Man muss dafür auf der einen Seite die wirtschaftliche Notwendigkeit hinzuziehen und auf der anderen Seite die ideologische Legitimation. Beides gilt es zu analysieren und zu bewerten. Hier spielt die Kritikfunktion des Geschichtsbewusstseins eine wichtige Rolle. Ist das nationalsozialistische Denken rekonstruiert, kann es aus vergangener wie gegenwärtiger Perspektive kritisiert und beurteilt werden. An diesem Beispiel sieht man, wie sehr Politik und Wirtschaft zusammenhängen und sich gegenseitig beeinflussen. Macht wird gerade in Kriegszeiten durch wirtschaftliche Funktionalität und Pragmatismus gewonnen – hier in Form von Ausbeutung. ‘‘‘Mögliche Aufgabenstellungen‘‘‘ Thema: Zwangsarbeit im Nationalsozialismus

  1. Nenne Bereiche, in denen Zwangsarbeiter eingesetzt wurden. Erkläre, warum manche Einsatzgebiete besonders gefährlich waren. Deine Aufgabe ist es, erstmal eine Übersicht zu schaffen und anhand dieser zu erklären, warum Zwangsarbeit als menschenverachtend angesehen wird.
  2. Erkläre, warum es zum Einsatz von Zwangsarbeitern kam. Stelle dafür die Rolle des Krieges heraus, gehe besonders auf die Rüstungsindustrie und die Landwirtschaft ein. Warum wurden besonders viele Zwangsarbeiter in diesen Bereichen eingesetzt? Wichtig ist hier, die wirtschaftliche Komponente hervorzuheben, um zu zeigen, dass die Nationalsozialisten auch primär wirtschaftliche Ziele mit der Zwangsarbeit verfolgten.
  3. Stell dir vor, du bist ein jüdischer Zwangsarbeiter/eine jüdische Zwangsarbeiterin und musst entweder in einer Rüstungsfabrik oder auf einem deutschen Bauernhof arbeiten. Gehe hier besonders auf die Behandlung von Zwangsarbeiters ein. Diese Aufgabe dient dazu, zu zeigen, unter was für unmenschlichen Bedingungen die Arbeiter leben mussten und wie wenig ein Leben wert war, wenn es dieser Mensch nicht in die Volksgemeinschaft gehörte. Arbeite deshalb zusätzlich eine kritische Auseinandersetzung mit der nationalsozialistischen Ideologie mit ein.
  4. Analysiere, wie die Nationalsozialisten anhand ihrer Weltanschauung die Zwangsarbeit legitimierten. Gehe hier auf die Rassenideologie ein. Wieso wurden Zwangsarbeiter durch Erniedrigung und Gewalt schikaniert? Verbinde dies mit der Ideologie der Nationalsozialisten. Ziel ist es, das nationalsozialistische Denken zu rekonstruieren, damit du die Verbindung aus ideologischer Politik und wirtschaftlichem Handeln hervorhebst.
  5. Deutsche Firmen wie Krupp, IG Farben, die deutsche Bank oder Volkswagen haben Zwangsarbeiter im Nationalsozialismus beschäftigt. Ziehe Schlüsse, warum es wenig bis kaum Widerstand von deutschen Firmen in Bezug auf den Einsatz von Zwangsarbeitern gab. Hier ist es wichtig, die Vorteile für Unternehmen hervorzuheben. Was haben sie aus dem Ausbeutungssystem gewinnen können? Die Aufgabe dient dazu, dich mit wirtschaftlichen Zielen von Unternehmen und deren Auswirkungen auseinanderzusetzen.
  6. Überprüfe, in welchen Ländern und Bereichen es in der Welt heute noch Zwangsarbeit gibt. Untersuche dann eines der größten Formen von Zwangsarbeit: die Zwangsprostitution, die besonders in Deutschland weit verbreitet ist. Arbeite hier heraus, woher die Menschen kommen und durch wen sie zur Zwangsprostitution gezwungen werden. Welche Maßnahmen hat die Politik dagegen vorgenommen?

Vergleiche die Zwangsarbeit in der NS-Zeit mit der Zwangsprostitution heute in Bezug auf folgende Kategorien: Herkunftsländer, Gründe für Zwangsarbeit und mögliche Hilfe für Betroffene. Ziel ist es, dass du Zwangsarbeit damals sowie die Zwangsarbeit heute (ausgewählt an einem Aspekt) miteinander in Verbindung bringst und die Unterschiede hervorhebst.

Moralisches Bewusstsein

‘‘Hexenprozesse‘‘ Durch unser heutiges Verständnis und Weltbild ist uns bewusst, dass es Hexen und Zauberer nicht gibt. Der Glaube daran war im Mittelalter durch Aberglaube tief verwurzelt. Mittelalterliche Menschen waren davon überzeugt, dass es Hexen gab und dass sie Menschen wie Tieren Schaden zufügen konnten. Sie glaubten an Schadens- und Wetterzauber. Für Phänomene wie übermäßiges schlechtes Wetter oder plötzliche Erkrankungen, die man sich anders nicht erklären konnte, wurde eine Erklärung oder ein Sündenbock gesucht. [22] Ziel ist es primär, dass SuS dieses Denken verstehen, um vergangene Handlungen nachzuvollziehen, in Hinblick dessen für gegenwärtige Situationen Kenntnisse aus der Analyse der Vergangenheit, ziehen zu können. SuS sollen sich daher von den eigenen, gegenwärtigen Beurteilungsmaßstäben zunächst einmal lösen, um andere, vergangene Perspektiven auszuprobieren. Ziel ist es, Handlungen, Denkweisen und Zusammenhänge zu bewerten, was einen Beitrag zur Identitätsbildung sein kann, da sie sich mit der vergangenen und gegenwärtigen Welt und somit auch mit sich selbst auseinandersetzen.

Opfer der Hexenanschuldigungen waren oft Menschen, die am Rande der Gesellschaft standen, also alleinstehende Frauen, kranke oder behinderte Menschen. Der Grund, warum mehr Frauen als Männer der Hexenverfolgung zu Opfer fielen, ist in der christlichen Weltanschauung, die durch die Bibel geprägt ist, zu finden. Frauen galten als Nachfahren Evas, waren daher besonders anfällig für Sünden und leicht verführbare Wesen, die sich mit dem Teufel einlassen würde. [23] Um das Geschlechtsbewusstsein und das Wirklichkeitsbewusstsein jedoch zu stärken, sollte darauf eingegangen werden, dass nicht bloß Frauen Opfer der Hexenanschuldigungen waren, sondern auch Männer. Hier können SuS die vermutlich unterschiedlichen Gründe für die Beschuldigungen oder die Unterschiede in den Anklagepunkten zwischen den Geschlechtern untersuchen.

Durch den sogenannten Hexenhammer oder andere rechtliche Schriften wurden Hexerei und Zauberei Delikte, die durch weltliche Gerichte untersucht und bestraft wurden. Solche Gerichtsverfahren beinhalteten Folter und manchmal Hexenproben, um ein Geständnis der Angeklagten zu erzwingen, da ein Geständnis für eine Verurteilung unverzichtbar war. [24] Es ist also Ziel, die Handlungen der Beteiligten darzustellen und die Begründung zu diesen Handlungen darzulegen, gleichzeitig kann hier allgemein das Thema Folter unter den Gesichtspunkten Notwendigkeit und Legitimation diskutiert werden. Aberglaube, Angst vor fremden und dunklen Mächten wie den Teufel, Probleme, die man nach der eigenen Weltanschauung nicht anders erklären konnte und das Bedürfnis, einen Schuldigen zu finden, führten zu der Verfolgung, Verurteilung und Hinrichtung vieler Menschen. Schüler und Schülerinnen sollen diese Denkweise rekonstruieren. Ihr moralisches Bewusstsein wird besonders darin zu gefördert, Sachverhalte, Ereignisse und Denkweisen auf unterschiedlichen Ebenen wie dem Sach- und Werturteil zu bewerten. Aus einer Analyse eines Hexenprozesses kann ein Sachurteil aus vergangener Perspektive folgen. SuS sollten dazu angeleitet werden, vergangene Ereignisse in Bezug auf deren Zeit und Ort zu beurteilen, indem sie einen vergangenen Maßstab verwenden. Wichtig ist hierbei zu achten, dass die gegenwärtige Perspektive noch nicht mitreinfließt, da es möglich ist, dass ein Hexenprozess aus der Perspektive des Sachurteils korrekt verlaufen ist, wenn er gemäß dem Protokoll verlief. Im Werturteil muss dann die gegenwärtige Perspektive betont werden. Anhand bestimmter Regeln, die Werte und Normen vorgeben, mit denen sich die SuS identifizierten, kann der Hexenprozess aus heutiger Sicht beurteilt werden. Hierbei eignen sich beispielsweise die allgemeinen Menschenrechte oder Kants kategorischen Imperativs. Meinungsbildung heißt auch Identitätsbildung. Indem SuS sich mit besonders ambivalenten Themen auseinandersetzen, lernen sie selbst etwas über sich und ihrer Haltung und Einstellung gegenüber bestimmter Themen.

Sachurteil und Werturteil werden unterschiedlich ausfallen, daher muss der Unterschied zwischen den beiden Beurteilungen auf seine Gründe und Ursachen hin analysiert werden. Wieso glauben wir heute, im westlichen Europa, nicht mehr an Hexen? Wann, wie und in welcher Weise hat sich unser Denken verändert? Gleichzeitig kann hier darauf eingegangen werden, dass die katholische Kirche damals zwar Menschen verfolgt und getötet hat, der jetzige Papst die Todesstrafe verurteilt und als unzulässig ansieht. [25] Meinungen, Haltungen und Bewertungen können sich also im Laufe der Zeit verändern. Die Erkenntnis darüber fördert das Wandelbewusstsein. Um einen Gegenwarts- und Lebensbezug zu schaffen, kann die Klasse gefragt werden, wie sehr Aberglaube ihr Leben beeinflusst. Hier kann auf Freitag den 13. eingegangen werden, auf Glücksbringer, auf Rituale, Unglück bei verschiedenen Anlässen wie eine verfrühte Geburtstagsgratulation oder ganz individuelle Dinge. SuS können daran über ihr eigenes Denken und Handeln reflektieren und sich durch die Perspektivübernahme aus dem Mittelalter, dazu angeleitet werden, sich nicht schlauer oder besser zu fühlen als die vergangenen Personen. Natürlich ist es Ziel, aus der Vergangenheit zu lernen und Erkenntnisse für die Gegenwart zu ziehen. Gleichzeitig sollen SuS erkennen, dass sich manche Dinge wie der Aberglaube zwar in seinen Auswirkungen ändern, jedoch bestehen bleiben können. ‘‘Tier und Mensch im Mittelalter‘‘ Damit SuS sich ein heutiges Weltbild aufbauen können, kann es helfen, vergangene Weltbilder und Perspektiven zu erschließen. Das Mittelalter bietet dafür viele Anlässe. Um Ereignisse, Gegebenheiten, Meinungen und Einstellungen oder Menschen aus dem europäischen Mittelalter beurteilen zu können, braucht es immer den Rückgriff auf die christliche Religion. Besonders beim Thema Tiere im Mittelalter und die Beziehung zu den Menschen braucht es dieses Verständnis. Tiere galten als Teil der Schöpfungsgeschichte, waren dadurch Gottes Schöpfung. Tiere waren jedoch nicht mit dem Menschen gleichgestellt. Durch dessen Verstand war er dazu bestimmt, über die Tiere zu herrschen. Dass die Tiere jedoch schutzbedürftig sind, leitet sich aus der Geschichte der Arche Noah aus der Bibel ab. Auf der einen Seite unterlagen die Tiere göttlichen und menschlichen Schutz, waren dem Menschen aber untergestellt. [26] Dieses Verhältnis gilt es zunächst einmal zu begreifen. SuS sollen dieses Denken rekonstruieren können, auch oder vor allem, weil es fremd für sie ist. Ein Weltbild, das auf religiösen Erkenntnissen basiert, wird für viele fremd sein, wodurch das mittelalterliche Denken erst einmal erschlossen werden muss, um es bewerten zu können. Dieser Prozess aus Rekonstruktion, Verstehen und Beurteilen leistet einen wichtigen Beitrag für die Identitätsbildung, da durch die Auseinandersetzung mit dem Vergangenen Schlüsse auf die Gegenwart und auf die eigene Person und Haltung gezogen werden können.

Menschen neigten dazu Tiere negative und positive Eigenschaften zuzuschreiben, was sich beispielsweise in Märchen und Fabeln zeigte. Sie wurden als Symbol auf Wappen benutzt, als Haus- und Nutztiere oder es wurde Medizin aus ihrem Fleisch, Haut oder Knochen gewonnen. [27] Hier können SuS lernen, dass Menschen zum einen schon immer von Tieren abhängig waren und auch heute noch aus tierischen Produkten Lebensmittel, Medizin oder Kleidungsstücke gewinnen. SuS können hierbei zum einen den Wandel und die Kontinuität dieses Verhältnis untersuchen, in wie weit unsere Gesellschaft das Tier als Produkt oder Lieferant für Produkte benutzt. Auf dieser Basis kann beurteilt werden, ob dieser Konsum beispielsweise von Fleisch zu viel ist und um welchen Preis, Fleisch gehandelt wird. Fleisch war im Mittelalter teuer und wertvoll, heute wird es im Discounter durch Massentierhaltung billig verkauft. Dieser Wandel kann durch SuS beurteilt werden, dahingehend, ob der Verbrauch und das Leben der Tiere geschätzter waren, um zu erkennen, dass in der Gegenwart nicht alles besser ist als im Vergleich zum Mittelalter. Durch diese Beurteilung der gegenwärtigen Situation um Verbrauch und Recht der Tiere, müssen SuS die vergangenen Erkenntnisse hinzuziehen und schaffen so für sich einen Orientierungsrahmen, der sie zum reflektierten Handeln motivieren kann.

Um das Verhältnis von Mensch und Tier aus einer ökonomischen Perspektive zu beurteilen, kann auf Insektenplagen eingegangen werden. Insektenplagen kannte man aus der Bibel, für Bauern im Mittelalter waren Heuschrecken- oder Raupenplagen jedoch existenzbedrohlich. Die Zerstörung der Lebensgrundlage durch Insekten, Ratten oder Mäuse war eine enorme Gefahr für die Agrargesellschaft. [28] Durch die Plagen und der Tatsache, dass aus der mittelalterlichen Überzeugung heraus, Tiere eine Seele besitzen würden, führten weltliche Gerichte Prozesse gegen Tiere. Diese wurden angeklagt, zum Tode verurteilt und öffentlich hingerichtet. [29] Tier und Menschen waren daher vor dem mittelalterlichen Gericht gleichgestellt. Heute dient im deutschem Recht das Tier nicht als Lebewesen, sondern als Sache. Auch diesen Wandel können SuS untersuchen und beurteilen. Wieso werden Menschen und Tiere und deren Rechte vor Gericht getrennt und welche Auswirkungen hat das Verhältnis von Mensch und Tier? ‘‘‘Mögliche Aufgabenstellungen‘‘‘ Thema: Tier und Mensch im Mittelalter

  1. Beschreibe die Beziehung zwischen Tier und Mensch im Mittelalter. Arbeite die Rolle der Religion heraus. Wichtig ist es, die die Bedeutsamkeit der Religion nicht nur herauszustellen, sondern die Religion mit der Beziehung von Tier und Mensch in Verbindung zu bringen, um mittelalterliche Denken verstehen zu können.
  2. Nenne Gründe, warum es zu Tierprozessen kam. Beziehe dich auch hier auf die Rolle und Wichtigkeit der Religion. Warum war es aus christlicher Perspektive im Mittelalter legitim und womöglich sinnvoll Tiere zu verbannen oder hinzurichten? Ziel ist es hier, das mittelalterliche Denken zu rekonstruieren und anhand dieser Erkenntnis das Handeln der damals Beteiligten erklären zu können.
  3. Stelle dir vor, du bist ein Anwalt eines Maikäfers, der mit seinen Artgenossen eine ganze Ernte für die Gemeinde zerstört hat. Schreibe ein kurzes, prägnantes Plädoyer, um deinen Klienten freisprechen zu lassen. Du kannst dabei religiös argumentieren, ethisch, sozial-kritisch oder andere Gründe nennen. Diese Aufgabe dient dazu, dich in die vergangene Perspektive hineinzudenken und nach dem vergangenen Maßstab zu handeln.
  4. Analysiere das ambivalente Verhältnis von Tier und Mensch im Mittelalter und entscheide, wie es sich zu heute verändert hat und was gleichgeblieben ist. Gehe, bei der vergangenen Perspektive, von den „Erkenntnissen“ der Bibel aus, beziehe dich beispielsweise auf die Arche Noah, um die christliche Weltanschauung zu verdeutlichen. Beurteile dann, wie das Verhältnis und hierarchische Ordnung von Mensch und Tier nach religiösem Maßstab zu bewerten ist. Findest du beispielsweise richtig, nach dieser Weltanschauung, dass Tiere zur medizinischen Zwecken getötet wurden? Es ist auch hier das Ziel, dass du die Rolle der Religion und die Auswirkungen eines solchen Denken hervorhebst.
  5. Exotische Tiere wie Elefanten wurden im Mittelalter an Könige, Fürsten oder Adlige verschenkt. Erkläre die Gründe dafür und erschließe dir, was die Tiere repräsentiert haben könnten. Beurteile, was es bedeutete, aus damaliger Sicht, ein solches Tier geschenkt zu bekommen. Diese Aufgabe dient dazu, einen andere Perspektive auf Tiere zu werfen, um zu zeigen, wie wertvoll sie gewesen sein können.
  6. Beurteile, wie sich das Verhältnis von Tier und Mensch vom Mittelalter zu heute verändert hat. Bedenke, dass Tiere in der mittelalterlichen Gesellschaft eine andere Rolle spielten und auch andere Funktionen hatten als heute. Was für Rollen und Funktionen erfüllen Tiere in unserer Gesellschaft? Gehe auf Haus- und Nutztiere, Massentierhaltung und Tierversuche ein. Beurteile, ob die heutigen Verhältnisse, der jetzige Umgang und der moderne Blick auf Tiere besser oder schlechter ist in Bezug auf das Mittelalter.

Ziel der Aufgabe ist es, dass du die Unterschiede zwischen vergangener mittelalterlichen Gesellschaft und heutiger hervorhebst, um einen Wandel zu beschreiben. Diesen Wandel wiederum gilt es zu beurteilen. Ging es den Tieren im Mittelalter besser als heute? Schlage Handlungsalternativen für heute vor, ausgehend von den Erkenntnissen aus dem Mittelalter, um das Leben der Tiere zu verbessern.

Raumbewusstsein

‘‘Völkerwanderung‘‘ Um das Raumbewusstsein zu fördern, kann thematisch die Völkerwanderung hinzugezogen werden, da man bei Bearbeitung dieser nicht nur die Migrationsbewegung an sich, deren Routen und Wege, sondern auch die politischen, sozialen und kulturellen Veränderungen der europäischen Strukturen behandeln kann. SuS können anhand dieses Themas verstehen, dass scheinbar singulärer Ereignisse großflächige Auswirkungen haben können, damit SuS stets einen Gesamtzusammenhang betrachten. An diesem Thema lässt sich die Wichtigkeit des Ortes bzw. Raumes hervorheben, indem besonders auf die Ursachen der Völkerwanderung eingegangen wird. Raumbewusstsein bedeutet auch, nicht nur zu wissen, woher und warum Menschen fliehen, sondern auch wohin und was für Auswirkungen diese Bewegung auf den Raum, die Gesellschaft und Kultur haben kann. Zunächst sollte mit den SuS die Wanderung germanischer Stämme anhand ihrer Ursprungsgebiete untersucht werden. Woher kamen die einzelnen Stämme und wovon flohen sie? Durch die Ursachenanalyse, Landnot durch Bevölkerungswachstum, Vertreibung und Flucht vor den Hunnen und die Verschlechterung klimatischer Bedingungen, kann man durch einen Sinnzusammenhang auf heutige Fluchtbewegungen einen Gegenwartsbezug konstruieren. [30] Wovon fliehen die Menschen heute? Man wird auf diese Frage ähnliche Antworten finden, sobald die Vergangenheit analysiert und rekonstruiert ist. Hier spielt die Verbindung der Zeitebenen eine große Rolle, da das Thema Migration in Zeit und im Raum verortet werden kann. Diese Verortung ist Ausdruck der Orientierungsfunktion des Geschichtsbewusstseins, indem SuS lernen, dass Migration, hier in Form der Völkerwanderung, ein wiederkehrendes Phänomen ist.

Ein weiterer wichtiger Aspekt ist die Erarbeitung der Auswirkungen des Raumwechsels. Die Vertreibung und Flucht von Germanen nach Süd-West-Europa hatte zur Folge, dass sich germanische Siedlungen auf römischen Boden gründeten. Eine tiefgreifende Bevölkerungsverschiebung in ganz Europa führte zu einer Umwälzung der Herrschaft und Kultur. So bildeten beispielsweise die Angelsachsen in Britannien oder die Franken in Gallien neue Herrschaftsgebiete. [31] SuS sollen anhand dieses Aspekts nicht nur die räumliche Verschiebung betrachten, sondern auch die längerfristigen Auswirkungen, die durch Migration entstehen. Durch diese Analyse können sie Rückschlüsse auf heute ziehen. ‘‘‘Mögliche Aufgabenstellungen‘‘‘ Thema: Völkerwanderung

  1. Nenne die Gebiete, von denen die germanischen Stämme nach Süd-West-Europa flohen. Beschreibe diese durch Erarbeitung folgender Kategorien: Klimatische Bedingungen, Lebensgrundlage, Gefahr durch Feinde und Beschaffenheit des Landes. Ziel der Aufgabe ist, dass du dir ein Bild von den Gebieten machen kannst, um die Flucht nachvollziehen zu können.
  2. Ausgehend von der vorherigen Aufgabe: Erkläre die Gründe, warum und wovon die germanischen Stämme geflohen sind. Wichtig ist hier, dass du auf verschiedene Ursachen eingehst, damit du das Denken und Handeln der Beteiligten besser rekonstruieren kannst.
  3. Gestalte eine Karte, in der die Fluchtbewegungen durch Pfeile gekennzeichnet sind. Deine Karte soll der räumlichen Orientierung dienen, daher solltest du Völkerwanderung anschaulich darstellen. Markiere deshalb die Gebiete, an denen sich die Germanen fest etablieren konnten. Auf deiner Karte soll also ein gewisser Wandel gekennzeichnet werden. Zusätzlich kannst dazu schreiben, wie viele Kilometer die Stämme hinter sich gebracht haben, um dir ein besseres Bild davon machen zu können, wie lange die Germanen auf dem Weg nach Süd-West-Europa waren.
  4. Analysiere das Verhältnis von Einheimischen und Geflüchteten. Zu welchen Arten des Kontaktes kam es? Du solltest hier besonders die Rolle der kriegerischen Auseinandersetzungen hervorheben und diese begründen. Warum wurden die germanischen Stämme nicht einfach aufgenommen und integriert? Diese Aufgabe dient dazu, dass du dich mit den Herausforderungen von Migration auseinandersetzt und die Probleme zwischen Einheimischen und Geflüchteten hervorhebst. Hier ist also ein Perspektivwechsel wichtig, indem du die Position der Einheimischen einnimmst.
  5. Erörtere, was für Auswirkungen mit der Völkerwanderung einhergingen. Wie entwickelten sich die Gebiete, die Siedlungen und die Herrschaftsstrukturen durch die Migrationsbewegungen? Ziel ist, dass du die Wichtigkeit des Raumes herausarbeitest und zeigst, dass eine Verschiebung der Bevölkerung weitläufige Auswirkungen haben kann.
  6. Untersuche zunächst die Ursachen, Ziele, Routen und Ankunftsländer heutiger Migrationsbewegungen und setzte diese Erkenntnisse dann im Vergleich zur Völkerwanderung. Bezieh dich auf die Aufgaben zuvor: Welche Herausforderungen gingen und gehen mit Migrationsbewegungen einher? Gehe auf den möglichen Wandel oder Kontinuität der Probleme ein. Beurteile dann anschließend, welche Möglichkeiten durch Migration entstehen. Beachte dabei die Kategorien kultureller Austausch, Arbeitskräfte, Wirtschaft und Schutz. Diese Aufgabe dient einmal der Zusammenfassung deiner Ergebnisse und als Transfer der Vergangenheit in die Gegenwart. Das gelingt dir, indem du zeigst, dass es Migration schon immer gegeben hat und wahrscheinlich immer geben wird.

Geschlechtsbewusstsein

‘‘Frauen- und Männerbild im Nationalsozialismus‘‘ Die Unterschiede in den Geschlechterrollen können anhand aller Epochen rekonstruiert werden. Dieses Unterrichtsbeispiel bezieht sich auf die Frauen- und Männerbilder im Nationalsozialismus, um zu zeigen, dass Rollenbilder von Politik oder Ideologie beeinflusst sein können. Ziel ist es auch, dass SuS erkennen, wie sehr die Politik und die Gesellschaft den Einzelnen beeinflussen und formen können. Frauen und Männer hatten in der nationalsozialistischen Ideologie eine besondere Rolle. Sie sollten durch Nachwuchs dafür sorgen, dass die Volksgemeinschaft wächst. Früh zu heiraten und viele Kinder großzuziehen galt als nationale Pflicht. Jedoch nur, wenn die Ehen aus „rassisch“ gleichen bzw. „gesunden“ Frauen und Männer bestanden, um die Rassenlehre zu bestätigen. Eine „Rassenvermischung“ war nicht erlaubt. [32] Diese Differenzierung ermöglicht SuS einen Einblick, wie sehr das System und die Gesellschaft den Einzelnen beeinflusst – in diesem Fall ausschließt. SuS sollen verstehen lernen, wie solche Systeme wie die des Nationalsozialismus entstehen, funktionieren und sich gesellschaftlich auswirken. Eine solche Auswirkung zeigt sich in der Exklusion von Menschen, die kein Teil der Volksgemeinschaft waren, und in der Herabstufung zu unwertem Leben. Gleichzeitig können SuS hierbei erkennen, dass in diesem Denken kein Unterschied Frauen und Männer gemacht wird, es wird lediglich von der „Rasse“ abgeleitet. Jedoch sind auch Unterschiede zwischen den Geschlechtern festzustellen; Auf der eine Seite stand in der nationalsozialistischen Ideologie das Idealbild der Mutter, wodurch die Erziehung der jungen Mädchen im BDM dahingehend ausgerichtet war. Frauenpolitik im Nationalsozialismus war demnach auch Familien- und Geburtenpolitik, um erbgesunde und rassenbiologische Ehen und dadurch Familien zu fördern. Der Schutz der Familie war aus reiner rassistischer Zweckmäßigkeit, um die eigene diskriminierende Agenda voranzutreiben. Frauen waren zwar ideologisch gleichwertig, wenn sie den Anforderungen der Nationalsozialisten erfüllten, aber gegenüber den Männern nie gleichrangig. Ihre funktionale Rolle innerhalb der Volksgemeinschaft war vorrangig die der Ehefrau und Mutter. [33] Dieser Unterschied zwischen den Geschlechtern muss genauer betrachtet werden. SuS sollen herausfinden, warum diese hierarchische Ordnung existierte bzw. wie die Rolle des Mannes, als starker Versorger der Familie, legitimiert und erklärt wurde. Dieses Denken gilt es zu rekonstruieren, um die Frage zu beantworten, was für Vorstellungen von Mann und Frau in unserer heutigen Gesellschaft vorliegen und wie diese sich zum Nationalsozialismus unterscheiden.

Ein weiterer Aspekt, der betrachtet werden kann, ist die Beteiligung deutscher Frauen im nationalsozialistischen System. Nicht-jüdische und ansonsten gesunde und gesinnungstreue Frauen hatten die Möglichkeit in NS-Organisationen wichtige Positionen einzunehmen. So hatten sie beispielsweise als Führungskraft einer BDM-Gruppe Macht und Aufstiegschancen innerhalb des Systems. Frauen waren auch Teil des rassistischen, diskriminierenden und antisemitischen Staates und dessen Politik, was sich darin zeigte, dass es weibliche Wärterinnen in Konzentrationslagern gab. [34] Dieser Diesen Aspekt gilt es zu betonen, um den SuS zu zeigen, dass Frauen nicht nur als Zuschauerinnen und Mitläuferinnen lebten, sondern auch aktiv an den Verbrechen teilnahmen und somit zu Täterinnen wurden. Diese differenzierte Betrachtung gewährt eine multiperspektive Einsicht in das Leben der Frauen im Nationalsozialismus. Wendet man den Blick von der Volksgemeinschaft ab, so erkannt man, dass jüdische Frauen und Mädchen genauso verfolgt wurden wie jüdische Männer und Jungen. In Konzentrations- oder Arbeitslagern waren die weiblichen und männlichen Gefangenen voneinander getrennt, wobei es spezielle KZs wie das in Ravensbrück gab. Als Zwangsarbeiterinnen wurden jüdische Frauen genauso eingesetzt wie jüdische Männer, meist nur in anderen Einsatzgebieten. [35] Dass Frauen, genauso wie Männer, Opfer des Nationalsozialismus waren, ist eine wichtige Erkenntnis, für die SuS sensibilisiert werden müssen, um die multiperspektive Sicht auf die Beteiligten zu stärken. Diese Multiperspektivität wird auch darin gefördert, zu zeigen, dass Frauen und Männer nicht nur Täter, Opfer, Mitläufer und Zuschauer waren, sondern auch Teil von Widerstandsbewegungen. Deren Gründe für den Widerstand, Ideen und Ausführungen, sollten SuS erforschen, beschreiben und analysieren, um ein Gesamtbild der Beteiligten zu erhalten und somit die Vergangenheit in allen Facetten zu rekonstruieren. Durch multiperspektive Sicht auf vergangene Menschen und deren Denken und Handeln, durch den gegenwärtigen, dadurch direkten Lebensweltbezug und das Hinzuziehen ambivalenter Themen, ermöglicht das Geschlechtsbewusstsein eine Möglichkeit zur Identitätsstiftung und Kritik. Auf der einen Seite beschäftigen sich SuS mit vergangen Rollenbildern, um zu fragen und hinterfragen, was ihre Rolle als Mädchen/Junge, Frau/Mann ist oder sein wird. Durch die reflektierte Betrachtung der Vergangenheit kann an die gesellschaftliche Vorstellung von Frauen und Männern Kritik geübt werden, wodurch SuS sich in ihrer gegenwärtigen und zukünftigen Zeit orientieren lernen. ‘‘‘Mögliche Aufgabenstellungen‘‘‘ Thema: Frauen und Männer im Nationalsozialismus

  1. Beschreibe die Rolle und Funktion der Frau und des Mannes in der nationalsozialistischen Volksgemeinschaft. Wer war Teil dieser Volksgemeinschaft und wer wurde von ihr ausgeschlossen? Nenne die Kriterien, die es brauchte, um Mitglied der Volksgemeinschaft zu werden. Hier ist es wichtig, das vergangene Denken ohne Wertung zu rekonstruieren, da es Grundlage ist, um das Leben im Nationalsozialismus verstehen zu können.
  2. Stelle die Unterschiede zwischen dem Frauen- und Männerbild des Nationalsozialismus heraus und versuche diese Unterschiede anhand der nationalsozialistischen Ideologie zu begründen. In dieser Aufgabe kannst auf die vorherige Bezug nehmen. Wichtig ist, dass du die Frauen- und Männerbilder gleichermaßen in Fokus nimmst, um besser zu verstehen, wie die Ideologie den Einzelnen beeinflussen konnte.
  3. Vergleiche das Leben einer jüdischen Zwangsarbeiterin, einer Widerstandskämpferin und einer deutschen Frau, die beim BDM eine Führungsposition hat. Beschreibe jeweils das Leben dieser Frauen und hebe die Unterschiede hervor. Begründe dann, wie es zu diesen unterschiedlichen Lebensweisen kam. Wichtig ist hier, dass du drei verschiedene Perspektiven einnimmst, um dich in die Vergangenheit hineinzudenken und zu orientieren.
  4. Analysiere, was für Möglichkeiten Frauen in der Volksgemeinschaft offenstanden. Hier sollst auf den Aspekt eingehen, dass auch Frauen im NS-Staat wichtige Positionen hatten und somit an der Diskriminierung und der Gewalt gegenüber „Volksfeinden“ & an der Erziehung und Kontrolle nationalsozialistischer Werte aktiv teilnahmen. Ziel der Aufgabe ist es, dass du eine multiperspektive Sicht auf die Frauen im NS bekommst. Sie dienten nicht nur als Ehefrau und Mutter, sondern auch als Teil des rassistischen Systems, was du in dieser Aufgabe hervorheben sollst.
  5. Frauen waren im Nationalsozialismus Täterinnen, Opfer, Widerstandkämpferinnen, Mitläuferinnen und Zuschauerinnen. Erkläre diese Aussage. Ziel ist es, dass du eine Vorstellung davon bekommst, wie Frauen in der NS-Zeit gelebt haben und dass man stets eine multiperspektive Sicht auf die Beteiligten anwenden sollte.
  6. Beurteile, was für Rollen es heute für Frauen und Männer in unserer Gesellschaft gibt. Gehe darauf ein, dass wir in einer globalisierten, demokratisierten Gesellschaft leben, die durch viele Einflüsse geprägt ist. Arbeite daher die Unterschiede zum Leben im Nationalsozialismus heraus. Fokussiere dich jedoch auf die heutigen Rollen in der Gesellschaft: Was erwartet man von dir als Junge/Mädchen, Schüler/Schülerin und später als Frau/Mann? Ziel ist es hier, dass du dich mit unserer Gesellschaft auseinandersetzt und besonders den Wandel zu früher hervorhebst.

= Gekoppeltes Beispiel

‘‘Kolonialismus‘‘ Kolonialismus ist als Herrschaft eines Landes durch eine fremde Kultur zu verstehen. Diese Fremdsteuerung und Entmachtung erlebten afrikanische Länder besonders nach 1880, nachdem sie unter europäischer Kontrolle fielen. Deutsche Kolonien wurden 1884/1885 gegründet, da die Kaiserzeit als eine Zeit der aggressiven Expansionspolitik gilt. Fremdbestimmung, Rassismus, illegitime Aneignung von Boden und Ressourcen, Gewalt und Ausbeutung sind wichtige Themen, die im Zuge des Kolonialismus behandelt werden müssen. [36] Anhand dieses Themas kann gezeigt werden, wie alle Dimensionen des Geschichtsbewusstseins gefördert werden können. Wenn man den Zeitpunkt des Kolonialismus festlegt, fördert man das Temporalbewusstsein. Damit geht eine Erforschung der Epoche einher, indem unter anderem Anfang, Höhepunkte und Ende bestimmt und durch Jahreszahlen festgehalten werden. Das Temporalbewusstsein bietet demnach einen zeitlichen Orientierungsrahmen, den es selbst zu untersuchen gilt. Was war vor dem Kolonialismus und was folgte aus ihm? Wichtig ist es also auch, dass SuS beispielsweise durch einen Zeitstrahl erkennen, dass der Kolonialismus zeitlich noch weit ins 20. Jahrhundert hinein dauerte und überdauerte. Temporalbewusstsein zu fördern, bedeutet also auch, die Vergangenheit in zeitliche Abschnitte einzuteilen und eventuell Phasen benennen zu können. Erschließt man sich neben der Zeit auch den Ort, also wo die Kolonien lagen, zieht man das Raumbewusstsein hinzu. Dies wird zusätzlich gefördert, indem sich ein Bild über die Länder gemacht wird, in Bezug auf klimatische Bedingungen, Ressourcen Bevölkerungsdichte, Flora und Fauna sowie die geographische Lage und deren Auswirkungen auf das Leben dort. SuS sollen durch das Raumbewusstsein lernen, warum Afrika ausgewählt wurde und warum es aus europäischer Sicht lukrativ war, dort anzusiedeln. Zeit- und Raumbewusstsein erfüllen zusammen die Orientierungsfunktion des Geschichtsbewusstseins, indem sie Zeit und Raum erschließen, gliedern, strukturieren und darstellen. Die Orientierungsfunktion zeigt sich auch im Wirklichkeitsbewusstsein, was darin gefördert wird, indem durch methodisch reflektierten Arbeiten mit Quellen verdeutlicht wird, dass es sich um historische Tatsachen und keine Fiktion handelt. Außerdem kann man untersuchen, wie der Kolonialismus während der Kaiserzeit in den Geschichtswissenschaften und in den Medien dargestellt wurde. Die Frage, was wirklich geschehen ist, kann ebenfalls aus Quellen beantwortet werden. Außerdem fördert man das Verständnis dafür, dass Perspektiven und Darstellungen standort- und zeitgebunden sind, dass Meinungen und Haltungen auch an der Gesellschaft und deren Zeitgeist gebunden sind und sich demnach ändern können. Es ist nicht Ziel, den Kolonialismus zu legitimieren, aber das Wirklichkeitsbewusstsein hilft im Sinne der Aufklärungsfunktion des Geschichtsbewusstseins, indem gezeigt wird, dass damals zur Kaiserzeit der Kolonialismus als Erfolg gewertet wurde, ohne kritische Auseinandersetzung. Es kann gezeigt werden, dass solche Haltungen und Sichtweisen an der Zeit und Perspektive gebunden sind. An das Wirklichkeitsbewusstsein anschließend, kann das Historizitätsbewusstsein zum einen darin gefördert werden, die Auswirkungen des Kolonialismus zu untersuchen. Was hat sich durch die Kolonien und deren fremdländische Führung in den Ländern geändert? Was für eine Entwicklung haben die Gesellschaften erlebt und wie ist das in Verbindung mit den Kolonien zu bringen? Außerdem kann die Frage bearbeitet werden, ob es heute immer noch Kolonien gibt oder ob diese noch unter Einfluss ehemaliger Kolonialherren stehen. Zum anderen können SuS analysieren, ob die Legitimationsgrundlage des Kolonialismus, Rassenideologie und Diskriminierung, sich in Europa geändert hat und wie heute mit dem Begriff der Rasse umgegangen wird. Stellt man den Kolonialismus mit der Ideologie, den Zeitgeist und der Weltanschauung in Zusammenhang, so kann das Identitätsbewusstsein gefördert werden. Fremdheit und Andersartigkeit zwischen den Kolonialherren und den indigenen Völker war die Basis für das Denken und Handeln der Europäer. Die Rassenideologie und der Glaube daran, dass die eigene, europäische „Rasse“ der afrikanischen überlegen war, führte zu einer Legitimation von Ausbeutung und Völkermord. [37] Das Identitätsbewusstsein wird darin gefördert, dass sich SuS mit diesen heute fremden und kontroversen Denken auseinandersetzen, um sich eine eigene Meinung und eigene Position zu bilden. Gleichzeitig kann durch das Identitätsbewusstsein die Funktion der Kritik erfüllt werden, indem diese Weltanschauung und Ideologie, vor allem auch in Bezug auf die Ausbeutung der einheimischen Stämme, analysiert und kritisch beurteilt werden. Untersucht man dieses Ausbeutungsverhältnis, also die ungleiche Machtverteilung von Kolonialherren und Einheimische ergeben sich die Frage: Wer war herrschend, wer wurde unterdrückt? Wie wurde geherrscht? Das politische Bewusstsein kann durch die Beantwortung dieser Fragen gefördert werden. Ziel ist es hier die Expansionspolitik der Kaiserzeit, deren Begründung und Zielsetzung und Ausführungen in den Kolonien zu beurteilen. SuS sollen einen Einblick in das Leben der indigenen Völker innerhalb dieses Systems erhalten, um die Politik der Kaiserzeit beurteilen zu können. Gleichzeitig sollen sie dazu angeleitet werden, heutige Ausbeutungsverhältnisse und Fremdsteuerung zu erkennen und auch diese, durch Erkenntnisse aus der Vergangenheit, kritisieren. Die Behandlung und der Umgang mit der Zivilbevölkerung durch europäische Siedler fungiert als Anlass das moralische Bewusstsein zu fördern. Die einheimische Gesellschaft wurde fremdgesteuert; unter anderem mit Ziel der „Erziehung“ der indigenen Völker. Man sah sich als Europäer höher und bessergestellt. Um die indigenen Völker zu zivilisieren, versuchte man nicht nur das Christentum einzuführen, man hatte auch das Ziel europäische Werte und Normen wie Fleiß und Achtsamkeit zu erziehen. [38] Dieses Verhalten gilt es zu beurteilen. Ausbeutung kann auch in Bezug auf das ökonomisch-soziale Bewusstsein wiederaufgriffen werden. Wer hat an diesem System profitiert? Wer galt als arm und wer als reich, wie ist die Verbindung zur Macht und Herrschaft? Die wirtschaftliche Ausrichtung der Kolonien richteten sich nach den Bedürfnissen und Interessen der Kolonialherren. Diese übernahmen die Steuerhoheit, die Kontrolle über Außenhandel und führten ihre Währung ein. In manchen Gebieten kam es zu einer direkten Besteuerung von Grund und Boden. Hier können die wirtschaftlichen Auswirkungen betrachtet werden: Auf der einen Seite eine wirtschaftliche Expansion, vorangetrieben durch den Ausbau des Überseehandels, aber gleichzeitig der Aufbau eines Ausbeutungssystems und Fremdbestimmung durch eine andere Kultur. [39] SuS sollen den Zusammenhang zwischen wirtschaftlicher Ausbeutung und politischen Herrschaftssystem erkennen. Um das Geschlechtsbewusstsein einzuarbeiten, kann auf die Frauen- und Männerbilder des 19. Und 20. Jahrhunderts eingegangen werden. Warum erhalten allein Männer die Funktion der Kolonialherren? Um diese Frage zu beantworten, braucht es eine Betrachtung der Geschlechter- bzw. Frauenbilder des deutschen Kaiserreiches. Die Ungleichheit zwischen den Geschlechtern lag auf sozialer, beruflich-wirtschaftlicher, politischer und rechtlicher Ebene. Für die Frauen war der private Haushalt vorgesehen, für die Männer das öffentliche Berufsleben, was ein Grund dafür ist, dass Männer beispielsweise nach Afrika reisten, um dort Kolonien zu gründen. Hinzukommt der Mangel an politischen Rechten wie ein fehlendes Wahlrecht oder Gesetze, die den Männern die Entscheidungsgewalt über ihre Ehefrauen gaben. [40] Im Zuge des Kolonialismus können auch gesellschaftliche Strukturen in Deutschland erarbeitet werden. Dass der Kolonialismus bis heute Auswirkungen hat, sieht man anhand der unzureichenden politischen Aufarbeitung des Völkermords an den Herero und Nama. Deutschland entschuldigte sich zwar offiziell und erkannte 2015 das militärische Vorgehen als Völkermord an, eine finanzielle Entschädigung gab es nicht. Wodurch Nachfahren der Opfer eine Sammelklage gegen Deutschland vor einem US-amerikanischen Gericht eingereicht haben. Gleichzeitig fordern Vertreter von Herero und Nama ein Mitspracherecht bei den Verhandlungen zwischen deutscher und namibischer Regierung. Referenzfehler: Für ein <ref>-Tag fehlt ein schließendes </ref>-Tag. Dieses Gedankenexperiment kann auch mit SuS im Unterricht aufgegriffen werden. Was wäre, wenn es den Kolonialismus in afrikanischen Ländern nicht gegeben hätte? Anhand dessen können SuS die Tragweite der Auswirkungen des tatsächlichen Kolonialismus und die Möglichkeiten, die afrikanischen Ländern damit verwehrt wurden sind, erst wirklich erkennen. Außerdem kann mit den SuS das afrikanische Land Äthiopien, bzw. dessen Geschichte während der Kolonialzeit untersucht werden. Äthiopien konnte sich gegen eine Fremdbestimmung durch Kolonialherren wehren, indem es Verträge mit europäischen Kolonialmächten unterschrieb und durch Unterstützung des deutschen Kaiserreiches eigenständig Neuerungen und Fortschritt erbrachte, wie eine Eisenbahn, einen Postdienst und ein Krankenaus. Äthiopien konnte Europa als Vorteil nutzen, was vielen anderen afrikanischen Ländern, die ausgebeutet wurden, nicht gelang. [41] Wakanda zeigt also eine fiktive Möglichkeit, wie Afrika hätte sein können, wenn es keinen Kolonialismus gegeben hätte, unter der Betrachtung weiterer Einflussfaktoren wie Ressourcennutzung, Außenhandel und richtiger politischer Führung.

Es bietet außerdem die Möglichkeit eine andere Sichtweise auf afrikanische Ländern zu entwickeln. Gemäß dem Wirklichkeitsbewusstsein sollte immer wieder betont werden, dass es Wakanda nicht gibt, aber durch diesen Film kann Fremdverstehen und damit das Identitätsbewusstsein gefördert werden. Durch Black Panther kann sich die Sicht auf Afrika verändern, da im Bewusstsein der SuS durch die Medien ein bestimmtes Bild von Afrika und dessen Einwohner vorherrschen wird. Es wird gezeigt, dass Afrika sehr viele Möglichkeiten und Potential hat und dass man es nicht nur auf eine Geschichte des Sklavenhandels, Ausbeutung und Völkermord reduzieren sollte.

Belege

Literatur

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Internetquellen

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Einzelnachweise

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  1. vgl. o.A. (2018): USA sollen ranghohen Taliban getötet haben
  2. vgl. o.A. (2018): Griechenland sagt Deutschland Rücknahme von Flüchtlingen zu.
  3. vgl. Borries, Bodo von/Körber, Andreas (2001): Geschichtsbewußtsein als System von Gleichgewichten und Transformationen, S.260 f.
  4. vgl. Egenberger, Christoph (2008): Holocaustleugnung.
  5. vgl. Hein-Kircher, Heidi (2007): Politische Mythen.
  6. vgl. Ellrich, Mirco (2004): Tertiärisierung – der Umwandlungsprozess zur Dienstleistungsgesellschaft
  7. vgl. Kaiser, Tobias (2015): Die deutsche Wirtschaft muss sich neu erfinden.
  8. vgl. Sellen, Albrecht (2010): Geschichte 1, S. 29
  9. vgl. Meier, Frank (2006): Mit Kind und Kegel, S. 47 ff.
  10. vgl. ebd. S. 120 f.
  11. vgl. ebd. S. 30 ff.
  12. Meier, Frank (2007): Gefürchtet und bestaunt, S.77.
  13. vgl. ebd. S. 58.
  14. vgl. Reiily, Katie (2016): Here are the times Donald Trump Insulted Mexico
  15. vgl. Bax, Daniel (2016): Medien und Feindbilder
  16. vgl. o.A. (2018): Massenentlassung bei Polizei und Armee.
  17. vgl. Borowsky, Peter (1998): Große Koalition und Außerparlamentarische Opposition, S. 14 ff.
  18. vgl. Ziemann, Benjamin (2016): Die moderne Industriegesellschaft, S. 28 ff.
  19. vgl. ebd., S.32 ff.
  20. vgl. Wildt, Michael (2012): Krieg im eigenen Land, S. 57 ff.
  21. vgl. ebd.
  22. vgl. Meier Frank (2007): Gefürchtet und Bestaunt, S.105 ff.
  23. vgl. ebd. S.106
  24. vgl. ebd. S.110 ff.
  25. vgl. o.A. (2018): Katholische Kirche erklärt Todesstrafe für unzulässig
  26. vgl. Meier, Frank (2008): Mensch und Tier im Mittelalter, S.9 ff.
  27. vgl. ebd. S.24, S.99, S.122
  28. vgl. ebd. S.66
  29. vgl. ebd. S. 72 ff.
  30. vgl. Rosen, Klaus (2009): Die Völkerwanderung S. 28 ff.
  31. vgl. ebd. S. 80 ff.
  32. vgl. Wildt, Michael (2012): „Volksgemeinschaft“, S. 58 ff.
  33. vgl. ebd.
  34. vgl. ebd.
  35. vgl. Wildt, Michael (2012): Krieg im eigenen Land, S.58
  36. vgl. Osterhammel, Jürgen; Jansen, Jan C. (1995): Kolonialismus, S. 20
  37. vgl. Ziemann, Benjamin (2016): Deutschland in der Welt, S. 43
  38. vgl. ebd.
  39. vgl. Osterhammel, Jürgen (1995): Kolonialismus, S. 20
  40. vgl. Ziemann, Benjamin (2016): Deutschland in der Welt 38 ff.
  41. vgl. ebd.