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=== Literatur ===




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''Wenger- Deilmann, Astrid und Kämpfer, Frank:'' Handschlag- Zeigegestus- Kniefall. Körpersprache, Gestik und Pathosformel in der visuellen politischen Kommunikation. In: Paul, Gerhard (Hrsg): Visual History- Ein Studienbuch. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG 2006, S.188- 205
''Wenger- Deilmann, Astrid und Kämpfer, Frank:'' Handschlag- Zeigegestus- Kniefall. Körpersprache, Gestik und Pathosformel in der visuellen politischen Kommunikation. In: Paul, Gerhard (Hrsg): Visual History- Ein Studienbuch. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG 2006, S.188- 205


==Verweise==
=== Einzelnachweise ===
<references/>
<references/>

Version vom 30. Januar 2014, 11:17 Uhr

P. Schönherr, M. Laquai, K. Hartlieb, D. Göttel, erweiter von: S. Teufel, R. Ermer, J. Riek

Der Begriff "Bild" ist weit gefasst.[1] Im Folgenden werden als Einschränkung nur sogenannte stehende Bilder näher betrachtet. Pandel schließt bei Bildern Dreidimensionalität und Rekonstruktionen aus.[2] Sauer tut dies nicht, vielmehr teilt er Bilder in Kategorien ein. Dabei teilt er Bilder zum einen nach den verschiedenen Herstellungstechniken und zum anderen nach den jeweiligen Themen ein. Diese beiden Einteilungsraster schließen sich nicht aus, sondern ergänzen sich vielmehr.

Die Einteilung in die oben genannten Einteilungsraster nach Sauer greift folgende Fragen auf:

• Mit welcher Technik werden Bilder gefertigt?

• Wie teuer ist das Material?

• Wie aufwendig ist die Herstellung?

• Ist das Bild ortsgebunden oder transportabel? (bei neuen Medien sind Bilder digitalisiert, wobei das Problem der Ortsgebundenheit keine Rolle mehr spielt)

• Kann das Bild vervielfältigt werden? (bei neuen Medien ebenso kein Problem mehr)

Heute können alle Schülerinnen und Schüler Bilder – überwiegend handelt es sich dabei um Fotos – herstellen und veröffentlichen. Mit einem Smartphone können sehr schnell Fotografien angefertigt und ebenso schnell in sozialen Netzwerken, zum Beispiel auf Facebook, veröffentlicht werden.

Vor dem Zeitalter der Digitalisierung und dem Einsatz neuer Medien war dies nicht möglich. Es stellt sich die Frage, wann welche Technik der Bildherstellung möglich war und wer dazu die finanziellen Mittel hatte. Somit hilft das Einteilungsraster nach Sauer, die Geschichte „hinter dem Bild“ deutlich zu machen.

Bildtypen (Einteilung nach Handlungstechnik)

Bei der Einteilung nach Herstellungstechnik unterscheidet Sauer zwischen den drei Hauptgattungen der Kunst, der Plastik, der Malerei und der Druckgrafik. Er ergänzt diese um die Fotografie. [3] Hier widerspricht Pandel[4], der ein Bild als eine Fläche – bemalt, gezeichnet, belichtet oder gestochen - sieht. Dies schließt dreidimensionale Plastiken oder Reliefs aus, auch wenn sie als Fotografie präsentiert werden.

Plastik

"Plastiken sind dreidimensionale Kunstwerke, die durch die Gestaltung und Formung eines Materials entstehen."[5]

"Nackter Mann" vor dem Karlsruher Wildparkstadion

Dabei ist zu beachten, dass es sich um verschiedene Materialien, wie zum Beispiel Stein, Holz, Metall, Ton und Elfenbein handelt und dabei der Begriff "Plastik" eher als Sammelbegriff dient. Eine genauere Unterscheidung wird zwischen Plastik, Skulptur und dem Relief vorgenommen.

Folgende Tabelle fasst die genauere Unterscheidung kurz zusammen:

Handelt es sich bei einer Plastik um eine öffentliche Darstellung, die frei zugänglich ist, lässt es sich einer Skulptur zuordnen. Bei einem Relief in einem Herrscherpalast ist dies nicht der Fall. Münzen sind reliefartige Darstellungen und sind damit die mit Abstand am Meisten veröffentlichten Plastiken weltweit. Dies als Frage an Schülerinnen und Schüler zu verwenden und so eine Schülerorientierung zu erwirken, erscheint sinnvoll.

Malerei

"Malerei ist die farbige Gestaltung von Flächen, in Abgrenzung von der dreidimensionalen Plastik und der in der Regel farblosen und linearen Grafik."[6]

In der Kunst wird noch genauer, in Wandmalerei, Tafelmalerei, Buchmalerei, sowie in Porzellan- und Vasenmalerei oder Glasmalerei und Mosaiken, unterschieden. Hierbei ist bei der Glasmalerei und Mosaiken die Besonderheit zu beachten, dass die Gestaltung farbiger Flächen nicht im direkten Farbauftrag, sondern durch Zusammenfügen von Einzelelementen zustande kommt.[7] Außerdem ist zu beachten, dass die Wirkung(en) von Malerei immer im Kontext zu betrachten sind. So haben das Bodenmosaik und der Adam an der Decke im Petersdom gerade wegen der besonderen Architektur und Wucht der Gesamtanlage und die dadurch entstehenden visuellen Effekte eine besondere Bedeutung. Weitere berühmte Beispiele, die deutlich machen, den Kontext immer mit zu beachten, sind die Buchmalerei der Goldenen Bulle und die Glasmalerei in Notre Dame in Paris.


Um auf die Frage der Zugänglichkeit zurückzukehren, ist auch die der Herstellungskosten besonders zu beachten. So waren Mosaiken besonders teuer und müssen immer in Bezug auf die Entstehungszeit gesetzt werden. Als eine neue Form der Wandmalerei ist Graffiti zu sehen. Dies ist zwar nicht teuer, aber in den meisten Fällen illegal und somit auch immer im Kontext zu betrachten. Entscheidend bleibt aber auch hier immer die Frage der Veröffentlichungsmöglichkeit.

Druckgrafik

"Druckgrafiken sind Bilder, die zunächst auf einem Druckstock ausgeführt und dann von dort durch Aufpressen auf Papier oder ein anderes Material übertragen und vervielfältigt werden."[8]


Bei der genaueren Untersuchung von Druckgrafiken werden die technische Entwicklung und die dadurch entstandenen verschiedenen Druckverfahren deutlich. Dabei wird zwischen Hochdruckverfahren, Tiefdruckverfahren und Flachdruckverfahren unterschieden, deren genauere Unterscheidungen durch nachfolgendes Schaubild erklärt wird und eine technische Weiterentwicklung aufzeigen.

Für die heutige Schülergeneration ist auf Fotos kaum ein Unterschied zwischen den verschiedenen Druckverfahren zu erkennen, was für die Unterrichtspraxis zu beachten ist.

Die entscheidende Veränderung ist und bleibt jedoch die neu entstandene Möglichkeit, eine größere Anzahl an Exemplaren eines Bildes herstellen zu können. Die große Anzahl an Menschen, die (noch) nicht lesen und schreiben konnten, kam noch hinzu, dass gerade Flugblätter als Verbreitung von Informationen genutzt und geschätzt wurden. Als Kehrseite der Medaille, so Sauer, verlor das Bild das Besondere, da Bilder nach und nach erschwinglich wurden. [9] Dass die Faszination des Bildes in ihrem Ursprung jedoch weiterhin Bestand hat, wird auf breite Zustimmung stoßen.

Fotografie

"Fotografien sind zweidimensionale Darstellungen eines Ausschnitts einer "vermeintlichen" Realität."[10]

Sauer definiert das Themenfeld "Fotografie" nicht so deutlich wie Plastik, Malerei und die Druckgrafik zuvor. Vielmehr wird die Geschichte und somit die technische Entwicklungsgeschichte der Fotografie deutlich gemacht. Entscheidende Schritte zum heutigen Entwicklungsstand sind die von Johann Heinrich Schulze entdeckte Lichtempfindlichkeit des Silberchlorids im Jahre 1727[11], wodurch "Lichtbilder" erstellt werden konnten, die jedoch noch nicht haltbar waren. Erst 1826 gelang es dem französischen Wissenschaftler Joseph Nicephore Niepce eine dauerhafte Fotografie herzustellen. Diese mit Asphalt beschichtete Zinnplatte ist bis heute zu bewundern.[12] Die ca. 8 bis 10 Stunden Belichtungszeit wurde in den 40er und 50er Jahren reduziert und die Fotografie grundlegend revolutioniert. Den eigentlichen Beginn der Fotographie leitete der Maler Louis Jaques Daguerre ein, indem er das nach ihm benannte Verfahren der Daguerreotypie entwickelte. Dabei wurde eine versilberte Kupferplatte mit Joddämpfen lichtempfindlich und die Belichtungszeit reduzierte sich auf 20 bis 30 Minuten, jedoch waren alle so erstellten Fotos Unikate, welche nicht kopiert werden konnten.[13]

In Konkurrenz zu Daguerre, entwickelte der Engländer Fox Henry Talbot ein Positiv-Negativ-Verfahren mit Papier, wovon Vervielfältigungen möglich waren. Qualitativ waren sie hingegen der Daguerreotypie weit unterlegen.[14]

Den entscheidenden Schritt zur heutigen Technik schafften die beiden Amerikaner Hanibal Goodwin und George Eastman, die den ersten Rollfilm und die dazugehörige Kamera, die Kodak entwickelten. Somit konnte ein ganzer Film abfotografiert werden, diese dann wieder auf einen Holzstich und dadurch wiederum unbegrenzt viele gedruckte Fotografien hergestellt werden.[15]

Durch immer weitere Fortschritte der Technik in Bezug auf die Lichtempfindlichkeit der Filme und der Kameras war es immer besser möglich, den entscheidenden Vorteil der Fotografie zu ermöglichen. Die Möglichkeit, Plastiken, Malereien und Druckgrafiken mobil zu machen und somit einer breiten Öffentlichkeit zugänglich zu machen. Spätestens nach dem Ersten Weltkrieg, als sich das Zeitungsbild endgültig durchsetzte, nahm die Pressefotografie eine Schlüsselrolle ein, die dann später zur NS-Zeit genutzt wurde, um die Stilisierung Hitlers voranzutreiben.[16] Doch nicht nur im negativen Sinne gehen seit ca. 100 Jahren Pressefotografien um die Welt. So sind viele Bilder bei einem Großteil der (vor allem Westlichen) Welt so verbreitet, dass unten stehende Bilder kaum jemandem unbekannt sein dürften.

Doch obwohl viele Menschen über Bilder an Informationen gelangen und oft der Eindruck entsteht, dass Bilder die Wirklichkeit widerspiegeln, ist Vorsicht gefragt.

Der Entstehungskontext, also Blickwinkel und Kamera sowie die Bildlegende sind wichtig zu wissen und helfen dabei, sich bewusst zu machen, dass es sich immer nur um einen Ausschnitt der Realität handelt. So können auch gestellte Bilder einen Ausschnitt zeigen, der den eigentlichen Tatsachen zwar nicht entspricht, der aber eine gewisse Ansichtsweise zeigen soll. Eine neue Situation der historischen Überlieferung stellt die Amateurfotografie dar. Durch Smartphones und Handykameras ist es sehr vielen Menschen möglich, Bilder zu erstellen und zu veröffentlichen.

Auch hier ist eine kritische Auseinandersetzung entscheidend, die am besten mit multiperspektivischer Herangehensweise zu einem guten Ergebnis führt. Denn niemand erstellt und veröffentlicht ein Bild ohne Hintergedanken und Absicht. Dies gilt auch für die Amateurfotografie. Bereits in der Grundschule ist dies mit Kindern möglich.[17]

Einteilung nach Themen

Nach SAUER ist eine weitere Einteilungsmöglichkeit die der Einteilung nach Thema, was als Ergänzung zur Einteilung nach der Herstellungstechnik zu sehen ist. So unterscheidet Sauer zwischen Zeitglichen Bildern und Geschichtsbildern. Zeitgleiche Bilder nehmen nach SAUER "ihren Gegenstand aus der Gegenwart oder der jüngeren Vergangenheit. Dargestelltes und Darstellung liegen auf einer Zeitebene."[18]

Als passendes Beispiel ist das des Spiegels zu nennen, denn auch hier kann man getäuscht werden. Bei den Personenbildern nennt Sauer die Personenbilder und Ereignis-, Alltags-, Landschafts- und Stadtbilder, die ich zum besseren Verständnis in zwei Kategorien unterteilt habe. Geschichtsbilder sind hingegen Historienbilder, Rekonstruktionsbilder und historische Comics.

Personenbilder

Beispiel eines Personenbildes: Mao Zedong 1960
Beispiel eines Personenbildes: Marilyn Monroe in New York 1954

So sind Personenbilder Darstellungen eines oder mehrerer Menschen, die einen nicht Anwesenden oder Toten (re-)präsentieren sollen. Dabei soll erinnert, geehrt, bekannt gemacht, kritisiert oder verspottet werden.[19]

Personenbilder können weiter unterschieden werden in Einzel-, Doppel- oder Gruppenportrait. Eine besondere Form des Einzelportraits ist das Selbstportrait. Das Doppelbild zeigt zwei Menschen, die in einer besonderen Beziehung zueinander stehen; am häufigsten Paare. Die gängigste Form des Gruppenbildes ist das Familienbild. [20]

Geschichte des Personenbildes

Die ältesten Personenbilder wurden in den frühen Hochkulturen angefertigt. Besonders die Ägypter waren bei der Anfertigung sehr fortschrittlich. Ihre Mumienbilder gelten als erste realistische Portraits [21]. Aber auch die Griechen und die Römer trugen zur historischen Entwicklung des Personenbildes bei. Bei den Griechen war es die Plastiken, aus denen sie Götter, Athleten und weitere Helden anfertigten. Die Römer gestalteten viele Büsten und prägten ihre Münzen mit Herrscherbildern. Zur Zeit der Renaissance gewann das Individualportrait an großer Bedeutung. Der Fokus des zu anfertigen Portraits galt nicht nur dem realistischen Aussehen des Herrschers, sondern auch seinen Charakter. In der Barockzeit wurde der Blick auf die Stellung, des Portraitierten gelenkt, indem man auch die prunkvolle Ausstattung miteinschloss. Je nach Zeit war also der Fokus des Bildes ein anderer.

Als passende Beispiele, obwohl trotzdem zur Vorsicht geraten wird, sind zum Beispiel die berühmten Fotografien von Mao Zedong und von Marylin Monroe. Im Fall Maos wurden beispielsweise Haare, durch Farben nachträglich bearbeitet,. Dadurch scheint der chinesische Diktator des 20. Jahrhunderts deutlich jünger, gesünder und kräftiger zu sein. Auf dem 1954 gemachten Bild der berühmten Filmschauspielerin Marylin Monroe ist nicht zu erahnen, dass das Bild komplett gestellt wurde, da der Windzug eines U-Bahnschachts bei weitem nicht ausreicht, um ein Kleid derartig in die Höhe steigen zu lassen.

Ereignisbilder, Alltagsbilder, Landschaftsbilder und Stadtbilder

Bei Ereignis-, Alltags-, Landschafts- und Stadtbilder wird von einmaligen Ereignissen und Zuständen berichtet, ohne dabei zu überhöhen oder kritische, propagandistische Ausrichtungen deutlich zu machen.

Ereignisbilder

Als Ereignisbilder werden die Bilder bezeichnet, die das Ziel haben einmalige Geschehnisse zu vermitteln. Sie wollen die Bevölkerung benachrichtigen und informieren. Die Bandbreite dieser Bildnisse ist sehr groß. Zu ihnen gehören Holzschnitte, Kupfer- und Stahlstiche, die Lithografie und Bänkelbilder. Außerdem zählt ein Großteil der heutigen Pressefotos dazu.

Problematisch werden Ereignisbilder aber mit ihrer Authentizität. Die Künstler sind oft nicht selbst Augenzeugen bei einem Ereignis, das sie als Bild darstellen wollen. Ihre Quellen stammen daher oft aus zweiter Hand. Oft hat sich der Künstler auch durch andere Darstellungen dieses Ereignisses beeinflussen lassen. Bei der Arbeit mit Ereignisbildern im Geschichtsunterricht muss daher das Problem der Authentizität angesprochen und ein zurückhaltender Umgang damit ist gefordert.

Alltagsbilder

Alltagsbilder sind Bilder, die Szenen des alltäglichen Lebens wiedergeben und veranschaulichen. Sie wurden im 16. und 17. in den Niederlanden zu einer eigenständigen Gattung, mit Pieter Breughel und seinen Bauernbildern als wichtigster Vertreter. Alltagsbilder in Deutschland im 19. Jahrhundert veranschaulichten das kleinbürgerliche idyllische Leben. Die Funktion von Alltagsbildern ist nach Sauer die Darstellung der „Grundmuster menschlichen Verhaltens und Zusammenseins“ mit Themen wie „Arbeit, Fest und Feier, Familienleben, Kinderspiel und Erziehung“ [22]. Diese Bilder dienen als gute Quellen zur Sozial- und Kulturgeschichte, da sie das alltägliche Leben der Bürger wiedergeben.

Beispielbild

Landschaftsbilder

Landschaftsbilder sind Bilder die die Natur darstellen. Dies kann entweder realistisch sein oder eine Idealvorstellung. Diese Bilder existieren noch nicht so lange wie Personenbilder. Im 17. Jahrhundert wurden sie in den Niederlanden zu einer eigenständigen Gattung. Für den Geschichtsunterricht sind sie bedeutsam, da sie als Quellen alltags- und umwelttaugliche Fragen beantworten können.

Stadtbilder

Das zerstörte Dresden nach dem 2.Weltkrieg 1945
Eine Vase, die Sportler bei der Vorbereitung auf den Wettkampf zeigt

Stadtbilder sind Idealbilder, die aber eine realistische Darstellung einer Stadt zu einer bestimmten Zeit wiederspiegeln. Die Rolle von Stadtbildern war im Laufe der Geschichte wichtig; ihre Blütezeit war jedoch im 15. Jahrhundert. Zu dieser Zeit wurde das Thema auf künstlerischer Weise sehr vielfältig dargestellt. Während der Industrialisierung änderten sich Stadtbilder grundlegend. Nicht mehr die typischen Gebäude einer Stadt wurden betont, sondern der Fokus wird nun auf die Gewerbesiedlungen und Arbeitervorstädte gelegt. Dies kann sowohl die Vorteile der Industrialisierung betonen, der Fortschritt und die Dynamik dieser Zeit, als auch die damit verbundenen Schwierigkeiten, wie z.B. die massive Armut und das Elend des Großteils der Bevölkerung. Stadtbilder dienen damit als Quellen dafür „wie es in einer Stadt aussah […] [und] was in der Sicht der Zeit die Besonderheit einer Stadt ausmachte“.[23]


Im Gegensatz zu Ereignis-, Alltags-, Landschafts- und Stadtbildern steht das Historienbild. Dabei ist als Ziel die „reine“ Informationsvermittlung zu nennen. Als passende Beispiele sind eine in Capua gefundene Vase, die Sportler bei der Vorbereitung auf den Wettkampf zeigt und eine Fotografie Dresdens nach dem Bombenangriff zu nennen.

Geschichtsbilder

Geschichtsbilder nehmen nach Sauer "ihren Gegenstand nicht aus der Gegenwart ihrer Entstehungszeit, sondern aus der Vergangenheit".[24]

Warum dies überhaupt entscheidend ist, wird am Beispiel Johannes Gutenbergs deutlich. Seine Person und sein Wirken wurde erst für die Nachwelt historisch bedeutsam, war er doch zu Lebzeiten weitaus weniger geschätzt. So zeigt zum Beispiel auch, dass wenn es aus einer gewissen Epoche keine "Originale", also Geschichtsbilder gibt, hat dies nicht weniger eine Aussage! Nämlich die, dass für die Menschen in der Zeit keine oder keine entscheidende Rolle einnahm.

So sind Geschichtsbilder im Hinblick auf die behandelte Zeit Darstellungen und im Hinblick auf ihre Entstehungszeit Quellen. Somit sind in einem Schulbuch nachträglich erstellte Gemälde über eine Schlacht eine passende Darstellung einer Handlung über ein geschichtliches Ereignis für die heutige Zeit, im Hinblick auf die Entstehungszeit des Schulbuchs hingegen eine Quelle.

Historienbilder - Rekonstruktionen

Ölgemälde: Proklamation Kaiser Wilhelm 1885

Des Weiteren unterscheidet Sauer zwischen Historienbilder und Rekonstruktionen. Bei Historienbildern wird im Gegensatz zu Ereignisbildern ein gewisser Stoff verdichtet, überhöht und verherrlicht. Nicht selten wurde so ein Bild von Herrschenden in Auftrag gegeben. Ein bekanntes Beispiel ist das Bild der Proklamation Kaiser Wilhelms als Ölgemälde 1885, auf der Bismarck mit Galauniform und Orden zu sehen ist, die er zu diesem Zeitpunkt noch gar nicht hatte. Außerdem ist Kriegsminister Roon anwesend, der jedoch an diesem Tag krank das Bett hüten musste. Da jedoch das Bild von Bismarck persönlich in Auftrag gegeben wurde, wurde es so gemalt, wie es der Auftraggeber haben wollte.

Bei Rekonstruktionen wird hingegen versucht, wissenschaftlich kontrolliere Wiederherstellungen zu schaffen, wenn ein originaler Zustand nicht mehr unmittelbar erkennbar ist. In wie weit dies möglich erscheint, ist eine andere Frage. Diese Form ist gerade im Zeitalter der digitalen Medien sehr beliebt, da sie mit Grafikprogrammen mit dem entsprechenden "Knowhow" mit recht wenig Aufwand zu meistern ist. Als Anwendung im Unterricht wäre es sicherlich spannend zu testen, wie Schülerinnen und Schüler eigene Rekonstruktionen herstellen.

Einsatz und Präsentation im Unterricht

Bilder im Geschichtsunterricht haben vielerlei Aufgaben. Sie sollen unter anderem: „…historisches Lernen anstoßen, unterstützen, weiterführen, ausdifferenzieren.“[25] Demnach können Bilder grundsätzlich in sämtlichen Unterrichtsphasen eingesetzt werden: Klassisch zum Unterrichtsbeginn, beispielsweise um eine Arbeitsthese entwickeln zu können oder zur Vertiefung beziehungsweise Zusammenfassung am Ende der Geschichtsstunde. Aber auch in der Erarbeitungsphase, sollten geeignete Bilder zur Verfügung stehen, kann ein Bild Verwendung finden um technische Verfahren oder Entwicklungen wie den Aufbau und die Funktionsweise einer sogenannten Camera Obscura nachvollziehbar zu machen.“[26] Wenn jedoch Bilder tagtäglich in all ihren Formen im Unterricht nutzbar gemacht werden, so sollten Überlegungen zu deren technischer Darstellung in der Praxis nicht vernachlässigt werden.

Technische Darstellung

Beispiel für Technische Darstellung: Camera obscura in Encyclopédie, ou dictionnaire raisonné des sciences, des arts et des métiers, Denis Diderot and Jean le Rond d'Alembert , 1751

Zunächst ist folgende Feststellung für den Geschichtslehrer von Bedeutung: Originale in der Unterrichtssituation zu präsentieren, wird das Interesse und die Motivation der Schüler zusätzlich zur authentischen Aura des Bildes auch durch das Gefühl, anhand eines Originals eigenständig geschichtliche Forschung betreiben zu können, geweckt werden.“[27] Dementsprechend sollten Originale von der Lehrperson genutzt werden wann immer ihm oder ihr dies möglich ist. Gerade wenn regionale Geschichte im Fokus einer Unterrichtseinheit stehen sollte, können in diesem Zusammenhang originale Bildquellen aus nächster Nähe, d.h. aus Archivbeständen oder privater Hand, zum Einsatz kommen. Aber auch die Möglichkeit selbst im alten Familienalbum Fotografien zu sammeln, welche beispielsweise die Rolle oder das Bild der Frau über das letzte Jahrhundert hinweg darstellen, kann wegen oben genannter Gründe, auf großes Interesse seitens der Schülerschaft stoßen. Auch historische Geldscheine und Briefmarken gelten in diesem Zusammenhang als Originalquellen in bildlicher Form und sind gut innerhalb der entsprechenden Thematik einsetzbar.[28]

Da es jedoch häufig nicht zu vermeiden sein wird, im Geschichtsunterricht Reproduktionen zu verwenden, lohnt es sich die unterschiedlichen Präsentationsformen einer solchen genauer zu betrachten. Nahe liegend ist hier natürlich, die vom benutzten Schulbuch bereitgestellten Abbilder von Gemälden, Holz-, Kupferstichen oder Fotografien für den eigenen Unterricht fruchtbar zu machen. Unvermeidbar ist hier jedoch die Tatsache, dass grundsätzlich nur ein ungefährer Eindruck des Originals über das Schulbuch zu vermitteln ist. Grund hierfür sind die Verzerrung von Größenverhältnissen und die geringeren Farbintensität.[29] Nur im Falle eines vollständig vorhandenen Begleittextes, das heißt bei einer Nennung der Bildgattung oder –technik, der Originalmaße, des Künstler sowie des Entstehungsjahres, kann überhaupt ein halbwegs angemessener Eindruck des Bildes entstehen.[30] Hintergründiges Wissen, welches sich auf „Auftraggeber, Adressat, Verwendungszweck, Entstehungszeit und –ort des Bildes“ bezieht muss „wenigstens der Lehrperson geläufig sein, damit diese das Bild richtig einsetzen kann“.[31]

Gleiches gilt auch für Bilder, welche in kopierter Form über Arbeitsblätter aus Papier den Schülern und Schülerinnen zugänglich gemacht wird. Zusätzlich muss hier jedoch auf Druckqualität, der geraden Ausrichtung und die Forderung Bilder immer im Ganzen abzubilden, geachtet werden. Soll sich die Präsentation eines Bildes auf einzelne Ausschnitte beschränken, so sind diese Ausschnitte im Begleittext zwingend zu kennzeichnen. Selbstverständlich sollten farbige Bilder auch durch eine Farbkopie repräsentiert werden.[32] Da sich in deutschen Klassenzimmern üblicherweise ein Tageslichtprojektor oder im Glücksfall gar ein Beamer finden lässt, kann an dieser Stelle auf drei wesentliche Vorteile der Präsentation eines Gemäldes, einer Fotografie oder Ähnlichem anhand einer (Powerpoint-) Folie hingewiesen werden: Zunächst kann so das entsprechende Bild im Normalfall sowohl größer als auch lichtstärker an die Wand projiziert werden, wodurch der Betrachter einen besseren Eindruck vom Originalbild erhält.[33] In der Folge können Einzelheiten besser erkannt und somit auch besprochen werden. Dritter Vorteil einer Folie ist, dass so dargestellte Bilder bearbeitbar gemacht wurden: Pfeile, Linien, Kreise können neben allem anderen was dem Erkenntnisgewinn beziehungsweise der Interpretation des Bildes dienen kann, ohne weitere Probleme eingefügt werden.[34] Da dies bereits einen handlungsorientierten Umgang mit Bildern im Geschichtsunterricht propagiert, sollen im Weitern dementsprechende Unterrichtsverfahren und ihre Chancen genannt sein.


Handlungsorientierte Unterrichtsverfahren

Handlungsorientierter Umgang mit Bildern im Geschichtsunterricht schließt eine ganze Bandbreite von Möglichkeiten mit ein. In jedem Falle sind diese Methoden als Mittel zur Erkenntnis zu nutzen und nicht um Schüler und Schülerinnen zu beschäftigen. Sollten sie jedoch nicht um ihrer selbst Willen eingesetzt werden, können handlungsorientierte Verfahren durchaus effizient sein.[35] Die folgende Zusammenstellung handlungsorientierter Unterrichtsverfahren bezieht sich in Gänze auf Michael Sauers Ausführungen in „Bilder im Geschichtsunterricht“:

Solange die Annäherung der Schüler an ein Bild noch im Mittelpunkt steht, ist es denkbar ein Bild (nicht länger als eine Woche) im Klassenzimmer auszuhängen. In dieser Weise ist das Bild den Schülern präsent und lädt zur Betrachtung gerade in „langweiligen Stunden“ ein.

So ist eine behutsame Annäherung an das Bild möglich, der sonst selektive, „schnelle Blick“ auf den die Schüler durch moderne Mediennutzung konditioniert sind, wird vermieden. Bilder zu einem spezifischen Thema von der Schülerschaft sammeln und in die Geschichtsstunde mitbringen zu lassen, kann ihre Bildwahrnehmung schärfen und zu einer selbst gemachten Bildreihe führen. Eine vergleichende Deutung kann sich anschließen. Auch können Bilder bewusst ohne Zusatzinformation präsentiert werden. Der „Spürsinn der Schüler und Schülerinnen“[36] ist gefragt: Welche Einzelheiten fallen auf, die bei der späteren Analyse helfen können? Wenn ein zerschnittenes Bild zunächst als Puzzle präsentiert wird um es im Folgenden erneut zusammensetzen zu lassen, benötigen die Schüler dafür eine sehr genaue Wahrnehmung des Bildes.[37]

Nach einer Annäherung in dieser oder jener Form muss die Analyse des Bildes nachfolgen. Hier kann es helfen komplexe und detailreiche Bilder mit einem selbst gezeichneten Raster zu versehen, um sich so besser über Einzelheiten verständigen zu können. Durch Nachzeichnen des Bildaufbaus können „Bildkomposition, die Perspektive oder Bewegungsrichtung“[38] deutlich gemacht werden. Dies kann bei der Frage helfen, welche Intention und Wirkung das jeweils analysierte Bild hat beziehungsweise generiert. Eine weitere handlungsorientierte Aktivität umfasst die Herstellung einer Schemaskizze, einer sogenannten Umzeichnung des Bildes. Wesentliche Einzelelemente können so leichter entdeckt und auf der Skizze beschriftet werden.[39]

Nun zur Interpretation eines Bildes. In den meisten Fällen ist die Aufnahme von Informationen aus einem Bild innerhalb von Sekunden vom Betrachter vollzogen, das Gesehene wird mit bereits bekannten kognitiven Schemata abgeglichen und eingeordnet.[40] Da sich im Normalfall die Bearbeitung des Bildes im Unterricht nicht auf diesen ersten, schnellen Eindruck beschränken soll, ist es von ungemeiner Wichtigkeit den augenscheinlichen Aspekten eines Bildes weitere Informationen zur Seite zu stellen.[41] Ein „Normalisierungsbedarf“[42], das heißt die Notwendigkeit eines zweiten oder dritten Blickes, muss für die weitere Beschäftigung mit dem ausgewählten Bild gegeben sein.

Zu diesem Zwecke ist eine Vielzahl handlungsorientierter Unterrichtsverfahren während der Interpretationsphase denkbar. Indem die Schüler eine Geschichte, ein plausibles „Vorher“ und „Nachher“ zu der Momentaufnahme, welche ein Bild immer darstellt, erzählen, können sie es in einen „chronologischen und argumentativen Zusammenhang“ [43] stellen. Besonders gut eignet sich das Einfügen von Denk- oder Sprechblasen um unterschiedliche Perspektiven der dargestellten Personen wahrnehmbar zu machen. Dazu müssen Mimik und Gestik der Personen thematisiert werden.[44] Werden Bilder mit anderen Sinnen ergänzt stellt sich die Frage: wie hat es in dieser oder jener Situation gerochen? Was war zu hören? Des Weiteren kann die Lehrperson die Schüler in die Rolle des Auftraggebers schlüpfen und einen fiktiven Bildauftrag an den Maler formulieren lassen. In dieser Weise wird die Intentionalität zum Beispiel eines Gemäldes verdeutlicht. Um Bildszenen nachzustellen oder zu spielen müssen die Schüler Haltungen und Gefühle der dargestellten Personen nachvollziehen. Später können die Empfindungen, welche während des Nachspielens aufkommen, beschrieben oder kommentiert werden. Durch die Erstellung von Szenarien mit Figurenbildern, dem Ausschneiden und Neuarrangierens von Personen, Gegenständen, Häusern etc., entstehen eigene Deutungen einer spezifischen Zeit. Dasselbe kann auch durch das Ergänzen, Um- oder Ausmalen von Bildern erreicht werden: eigene Kommentare zum Bild oder seiner Entstehungszeit werden abgegeben. Collagen entstehen durch die eigenständige Auswahl des Bildmaterials, welches sodann zu einem „Zeitpanorama“, einer individuellen Gesamtdeutung einer Zeit, zusammengesetzt wird. Nicht zuletzt können Bilder mit anderen Bildern oder weiteren Quellen/ Medien zusammengestellt werden. (Lied-)Texte, Statistiken oder auch Gedichte können ergänzend oder auch kontrastierend neben das Bild gestellt werden.[45] Die Kombination von Bild mit Bild bietet ebenfalls eine ganze Palette an Optionen, die jeweils unterschiedliche Zielsetzungen und Zwecke beinhalten und im nächsten Abschnitt behandelt werden sollen.

Bildzusammenstellung

Im Geschichtsunterricht ist es oftmals sinnvoller mehrere Bilder zu einem Thema zu betrachten um ein Gesamtbild zu erhalten, anstatt sich auf ein einziges Bild zu beschränken. Sauer (2003) unterscheidet sieben verschiedene Arten der Bildzusammenstellung [46].

  • Thematisch-zeitgleiche Zusammenstellung

Bei dieser Zusammenstellung werden verschiedene Aspekte und Gesichtspunkte eines bestimmten Sachverhaltes aufgezeigt. Die Bilder stammen alle aus der gleichen Zeit und erleichtern somit die Vermittlung eines Gesamtbildes für die Schülerinnen und Schüler.

  • Thematischer Längsschnitt/zeitliche Abfolge

Die Bilder, die bei dieser Art zusammengestellt werden, zeigen eine Entwicklung in der Zeit. Für die Schülerinnen und Schüler zeigt sich somit ein ‚vorher-nachher’ Effekt. Anhand dessen können Veränderungen, Verbesserungen aber auch Verschlechterungen aufgezeigt und hinterfragt werden.

  • Motivischer Längsschnitt

Sollte der Bedeutungswandel von Motiven und Symbolen im Mittelpunkt der Betrachtung stehen, bietet sich ein motivischer Längsschnitt an. Das bedeutet, die ausgewählten und zusammengestellten Bilder greifen ein bestimmtes Motivelement auf und variieren es. Ein oft aufgegriffenes Motiv ist beispielsweise Delacroixs „Die Freiheit führt das Volk“[47]

Eugène Delacroix, Die Freiheit führt das Volk, Öl auf Leinwand (260x325 cm),1830 [2]
  • Kontrastive Gegenüberstellung

Um jedoch die Klasse zu einer Stellungnahme oder einem Werturteil heraus zu fordern, müssen zwei Bilder einen Gegensatz von sozialer, kultureller oder zeitlicher Art abbilden. Diese kontrastive Gegenüberstellung bietet also einen Gesprächsanlass, kann aber außerdem zur Entwicklung einer Arbeitshypothese genutzt werden.

  • Ähnlichkeit und Wiederholung

Auch der Vergleich mehrerer Bilder verschiedener historischer Situationen stellt eine Herausforderung dar. Die Bilder können auf Ähnlichkeiten, Unterschiede oder aber auch wiederkehrende Symbole untersucht werden.

  • Kausale Verknüpfung

Auch die kausale Verknüpfung kann im weiteren Verlauf der Unterrichtsstunde zur Überprüfung einer These hinsichtlich ihrer Berechtigung oder Zwangsläufigkeit dienen. Eine solche intendierte kausale Verknüpfung kann beispielsweise durch das Bild dem Führer zujubelnder Jugendlicher und dem Bild eines abgekämpften jugendlichen Luftwaffenhelfers in den letzten Kriegstagen hergestellt werden.

  • Multiperspektivische Zusammenstellung

„Bilder zeigen nicht Wirklichkeit, sondern präsentieren eine bestimmte Sichtweise auf ihr Thema“ [48](Sauer, 2003, S. 40). Deshalb ist es sinnvoll, die unterschiedlichsten Perspektiven auf einen bestimmten Sachverhalt nebeneinander zu betrachten. So kommt die Frage auf welche Darstellungsintentionen und Interessen hinter dem Bild stehen.

Visuelles Erzählen im Geschichtsunterricht anhand von Bildsequenzen nach Pandel

Nach Pandel ist „Visuelles Erzählen ein methodisches Prinzip, dem nicht-narrativen Einzelbild eine erzählerische Qualität abzugewinnen. Dieses Prinzip nimmt den narrativen Charakter des historischen Denkens ernst und versucht ihn methodisch mit dem Medium Bild umzusetzen“ [49]. Die Grundlage für visuelles Erzählen ist damit eine Bildsequenz, die auch mit Text kombiniert sein kann. Die Entdeckung von Bildgeschichten anhand von Bildfolgen ist keine neue, sondern war schon im 18. Jahrhundert hoch entwickelt. Die Arbeit mit Bildergeschichten im Geschichtsunterricht ist eine wichtige, denn damit soll die Narrativitätskompetenz der Schülerinnen und Schüler gefördert werden. Sie sollen, laut Pandel, „Geschichte und Geschichten verstehen und erzählen können“ und einen Beitrag zur Entwicklung des historischen Denkens bei den Schülerinnen und Schülern leisten [50].

Die Frage, ob Bilder überhaupt erzählen können, stellt sich an dieser Stelle in den Vordergrund. Buchtitel, wie beispielsweise der von Helmut Altrichter „Bilder erzählen Geschichte“, gehen von der Annahme aus, dass Bilder in der Lage sind zu erzählen. Pandel stimmt dieser Annahme nicht zu und entgegnet in Bezug auf Altrichters Buch, dass Bilder nicht erzählen können, „sondern nur, wie Historiker Geschichten anhand von Bildern erzählen“ [51]. Bilder können zwar Ereignisse chronologisch darstellen, letztendlich müssen sie aber, um Geschichte zu werden miteinander verknüpft werden und aufeinander Bezug nehmen. Die Entwicklung der fotografischen Technik ermöglichte das Aufnehmen von Bildsequenzen. Als Beispiel einer solchen Sequenz ist Mathew Brady, ein Kriegsberichterstatter des amerikanischen Bürgerkriegs zu erwähnen, der den Krieg auf Bildern festhielt. Sein Ziel war es, anschließend den Zusammenhang der einzelnen Bilder im historischen Kontext wiederherzustellen. Um die historische Bedeutung und den Kontext verstehen zu können, ist es wichtig, dass sich die Bilder aufeinander beziehen und ein roter Faden sich hindurch zieht, der alle Bilder miteinander verknüpft, wie Pandel schreibt: „der Sinn konstituier sich durch die Gesamtheit aller Bilder in ihrer zeitlichen Folge“[52]. Fotoreportagen, wie die bereits erwähnte, ist eine der geeignetsten Möglichkeiten der Darstellung des visuellen Erzählens.

Didaktik und Methodik der Bildergeschichte

Um mit Bildfolgen umgehen zu können, ist es zunächst die Aufgabe des Geschichtdidaktikers, „die Bilder so in einem Zeitzusammenhang anzuordnen, daß der Betrachter sich selbst eine Geschichte erzählen kann“[53].

Er muss also dafür sorgen, dass die Bildsequenz einen Sinn ergibt und sich dieser durch die Abfolge für den Betrachter erschließen lässt. Das bedeutet zugleich, dass der Betrachter nicht passiv sein darf, sondern er muss in der Lage sein, sich selbst Fragen zu stellen, Hypothesen formulieren und diese mit den Bildern verbinden, um eine Geschichte zu verstehen. Ein weiterer wichtiger Aspekt für den Betrachter ist sein historisches Vorwissen. Je mehr er davon hat, desto einfacher wird es für ihn sein, die Bildergeschichte zu erschließen, denn er kennt die Normen und Wertvorstellungen dieser Zeit und damit fällt ihm das richtige Interpretieren leichter. Für den Gebrauch im Schulunterricht ist es daher wichtig, dass Lehrpersonen für den Unterricht Bildfolgen nicht ohne Vernachlässigung der historischen Vorkenntnisse wählen, damit die Schülerinnen und Schüler diese im richtigen historischen Kontext verstehen können.

Beispiel: Familienzusammenführung

„Im Zweiten Weltkrieg wurden die Mitglieder einzelner Familien durch die Kriegsereignisse oft voneinander getrennt. Der Suchdienst des Roten Kreuzes unternahm es, über Kino, Rundfunkt und Schaukästen Familien wieder zusammenzuführen. Der Fotograf Karl Gronemayer hat einen solchen Wiedersehensaugenblick festgehalten. Die drei Kinder (mit Heimleiterin) erblicken ihren Vater“ [54]

Der zeitliche Aspekt einer Bildfolge muss deutlich sein. Der Betrachter muss wissen wie groß die zeitliche Spanne ist, um die Bildfolge interpretieren zu können. „ Je kleiner der Zeitsprung zwischen zwei Bildereignissen ist“, so Pandel, „desto leichter wird der Sinnbildungsprozess für die Schülerinnen und Schüler“ [55]. In dem hier nebenstehenden Beispiel der Familienzusammenführung wird ersichtlich, dass die Zeitspanne zwischen dem ersten und dem letzten Bild sich nur über ein paar Minuten oder gar Sekunden erstreckt. Ein weiterer Aspekt, der zum Sinnbildungsprozess des Betrachters führt, ist der homogene Charakter der Bilder. Sie müssen Ähnlichkeiten und Zusammenhänge aufweisen. Dies kann durch den Ort der Handlung oder der Personen geschehen. Wenn man das zuvor genannte Beispiel betrachtet, fällt auf, dass der Ort im Hintergrund kaum verändert. Auch die Personen spielen hier eine wichtige Rolle: das Mädchen ist auf allen vier Bildern abgebildet, die beiden Jungen auf drei Bildern. Durch diese Elemente, die auf mehreren Bildern zu finden sind, wird der Zusammenhang und die logische Abfolge der einzelnen Bildern gewährleistet.


Bildkompetenz

Bilder haben vielfältige Qualitäten, die sie speziell für einen Einsatz im Geschichtsunterricht geeignet machen. Der historische Erkenntnisgewinn mag oft ausschlaggebender Faktor für die Entscheidung sein, dieses oder jenes Bild im Unterricht einzusetzen. Jedoch kann so auch die im Bildungsplan 2004 geforderte Medienkompetenz dahingehend (weiter)entwickelt werden, dass Schüler, in vielen kleinen Teilschritten, die „richtige“ oder „korrekte“ Bildinterpretation erlernen.

Im Geschichtsunterricht bezieht sich diese Bildinterpretation naturgemäß vor allem auf Zeugnisse oder auch vermeintliche Zeugnisse der Vergangenheit, die in Bildform immer auch absichtsvoll entstandene und überlieferte Quellen sind. Um diese Intentionen nachzuvollziehen, braucht es das Wissen um kulturelle sowie historische Gegebenheiten und Besonderheiten hinsichtlich des Entstehungskontexts. Aus diesem Grunde gilt es im Fach Geschichte eine historisch-kulturelle Bildkompetenz zu entwickeln.[56]

Dies beschränkt Bildkompetenz nicht auf die rein visuelle Entnahme von Informationen aus dem jeweils vorliegenden Bild: Die zunächst einmal rein „sinnlich“ vollzogenen Prozesse der Identifizierung von beispielsweise Gegenständen oder Farben können nur Voraussetzung für den Versuch sein, das Bild mitsamt seiner hintergründigen Dimension zu erfassen. Hierzu ist das sogenannte ikonographische Sehen Notwendigkeit.[57] Dies bedeutet, dass unter anderem das Gesehene mit dem eigenen „Posengedächtnis“.[58] sowie anderen bereits existierenden kognitiven Schemata abgeglichen wird.[59]

Bildkompetenz heißt demnach, dass Schüler Motive und ihre Hintergründe kennen sowie erkennen und Symbole auch als solche identifizieren können. Dasselbe gilt für Farbsymboliken und Metaphern, welche innerhalb einer Bildkomposition verwendet werden. Gerade im Geschichtsunterricht ist es in diesem Zusammenhang auch unumgänglich, Zeitbezüge herstellen zu können. Außerdem müssen Allegorien aufgelöst und die emotionalen Eindrücke, die bei der Bildbetrachtung entstehen, verbalisiert werden.[60] Grundlegend für all diese Operationen, welche zur Bildkompetenz führen, ist die sogenannte „pikturale Differenz“[61], das heißt die Tatsache, dass „ein Bild nicht die Wirklichkeit abbildet, sondern eine intentionale Aussage über sie ist“.[62]

Bildinterpretation

"Eine gelungene Interpretation ist eine solche, der andere zustimmen können. Sie ist somit kommunikativ ausgerichtet und zustimmungsorientiert."[63]

In der heutigen Zeit, die von Bilderfluten und Bilderwelten geprägt ist, ist es sinnvoll den richtigen Umgang mit diesen Bildern zu lernen. Dazu kann auch der Geschichtsunterricht beitragen, indem er versucht den Blick für Bilder zu schärfen, ebenso wie die Sensibilität der Wahrnehmung und die Kritikfähigkeit zu erhöhen [64].

Begriffserklärung

„Interpretation ist ein Verfahren, das aus (bildlichen und schriftlichen) Zeichen Sinn entnimmt.“[65] Hierbei treten Probleme auf, da der Sinn nicht sofort erkennbar ist. Es ist notwendig die Zeichen zu deuten und zu interpretieren, um die Bedeutung dahinter zu verstehen. Im Alltag fällt es uns leicht, eine Bedeutung hinter Bildern oder Texten zu erkennen, da sie uns bekannt sind und täglich begegnen. Im Gegensatz dazu stehen Quellen, die aus einer anderen Zeit und oftmals aus einer anderen Kultur stammen. Dadurch wird dem Betrachter der Zugang zur Bedeutung, der jeweiligen Bilder und Texten erschwert.[66]

Vereinfachtes Analyseschema nach Erwin Panofsky

Erwin Panofsky ist ein deutsch- amerikanischer Kunsthistoriker, der 1930, ein Analyseschema zur Bildinterpretation entwickelt hat. Dieses dreischrittige Schema ist zwar sehr anspruchsvoll, kann aber in einfacherer Form sinnvoll, für den Umgang mit Bildern im Unterricht, eingesetzt werden.

1. Bildbeschreibung

Zu Beginn wird beschrieben, was auf dem Bild zu sehen ist. Erste Eindrücke, Gedanken und Gefühle werden festgehalten. Somit wird eine Art Einstieg in das Bild ebenso wie eine erste Orientierung geschaffen.

2. Bildanalyse

Im zweiten Schritt wird näher auf das Bild eingegangen. Es werden Personen benannt und das Thema, sowie der Inhalt, erschlossen. Zusätzlich werden Darstellungsmittel untersucht. Nach Sauer dienen folgende Stichpunkte der Analyse von Darstellungsmitteln:[67]

  • Gattung bzw. Darstellungstechnik: Skulptur, Münze, Gemälde, Radierung, Fotografie etc.
  • Inhaltlicher Bildtypus: Personenbild, Landschaftsbild, Karikatur etc.
  • Größe und Präsentationsform: Einzelbild oder Reihe, privat oder öffentlich
  • Komposition: Bildaufbau, Verhältnis von Vorder-, Mittel- und Hintergrund, Anordnungsschemata (Diagonale, Dreieck o.a. Figuren), hervorstechende Einzelelemente
  • Perspektive: Aufsicht oder Untersicht (Vogelperspektive oder Froschperspektive), Zentralperspektive, unperspektivische Darstellung, Verhältnis zum Betrachter (ist die Szene isoliert, wird der Betrachter hineingezogen, blickt eine Figur aus dem Bild?)
  • Proportionen: Verhältnisse einzelner Teile von Körpern oder Bauten, Proportionsschema (z.B. „Goldener Schnitt“)
  • Lichtführung: Hervorhebung einer Person oder eines Gegenstandes durch Helligkeit, gleichmäßige Beleuchtung oder Hell- Dunkel- Kontraste, sichtbare oder verdeckte Lichtquell
  • Farbigkeit: dominante Farben, Farbkontraste oder Ton- in – Ton, flächige Farbgebung, Konturen oder Punkte, naturalistische oder symbolische Farbgebung
  • Figurendarstellung: Bewegung oder Ruhe, Mimik, Gestik

Das Entschlüsseln von Bildsprache fällt den Schülerinnen und Schüler sehr schwer, da sie dafür historische Kenntnisse benötigen. Ohne Hilfestellungen von Seiten der Lehrkraft, kommen die Schülerinnen und Schüler nur schwer zu Ergebnissen. Hierbei muss jedoch beachtet werden, dass ihnen nicht zu viele Informationen gegeben werden, da die Schülerinnen und Schüler sonst nicht mehr selbstständig nachdenken und überlegen können. Eine Möglichkeit wäre ein kleines Nachschlagewerk zur Bildsprache im Klassenzimmer auszulegen. Die Schülerinnen und Schüler können während dem Unterricht darauf zugreifen und erarbeiten sich ihre Ergebnisse selbst.

3. Bildinterpretation

Die Deutungen der Bildaussagen werden im historischen Entstehungskontext zusammengefasst.[68]

Ludwig XIV. im Krönungsornat (Porträt von Hyacinthe Rigaud, 1701)

Anwendung des Analyseschemas am Beispiel eines Porträts

Bildbeschreibung

Im Porträt fallen verschiedene Dinge auf. Zuerst einmal wäre seine ernste Miene zu nennen. Auffallend sind ebenfalls sein sehr langer Mantel, mit dem es kaum vorstellbar ist, sich zu bewegen, und seine große Perücke. Er hält einen Stock in der Hand und im Hintergrund befindet sich eine Krone.

Bildanalyse

Zum Inhalt des Bildes lässt sich sagen, dass Ludwig XIV als König von Frankreich dargestellt ist. Nun zu den einzelnen Symbolen, die im Bild versteckt sind. Die ernste Miene kann hier als Amtsmiene identifiziert werden. Der lange Mantel ist mit goldenen Lilien, dem Symbol der Bourbonenherrscher, geschmückt und innen mit Hermelin- Pelz gefüttert. Es handelt sich dabei um den Krönungsmantel. Ebenso die Krone, ist die französische Königskrone und bei dem Stock handelt es sich um das Zepter. Zu erwähnen ist hierbei auch, dass Perücken, zu dieser Zeit, getragen wurden. Die des Königs war aber, zur besonderen Wirksamkeit, höher und länger, als die der Anderen.

Der König ist in der Mitte des Bildes platziert, in der der Mantel sehr betont hervorsticht. Durch den im Bild, immer wiederkehrenden Lilienstoff, wird die Zusammengehörigkeit von den Herrschaftsinsignien (Mantel, Krone und Thron) deutlich. Außerdem wird das Bild von den Farben, Weiß und Rot und Blau mit Gold, beherrscht. Alles was im Hintergrund zu sehen ist, ist eine inszenierte Darstellung eines Raumes, der in dieser Weise, nicht existiert hat.

Bildinterpretation

Da der König selbst den Auftrag für das Bild gegeben hat, lässt sich daraus schließen, dass er als großer absolutistischer Herrscher gesehen werden wollte. Das gesamte Bild ist gestellt und jeder Gegenstand wurde mit Absicht platziert. Ebenso unterstreicht die enorme Größe des Bildes diese Vermutung.[69]

Einsatz im Unterricht

Für den Unterricht gilt, dass die Stufen nicht zwingend nacheinander durchgeführt werden müssen. Es bestehen vielerlei Variationsmöglichkeiten. Einzelne Schritte können sowohl verkürzt, verlängert oder sogar weggelassen werden. Ebenso gilt, dass nicht jedes Bild im Unterricht detailliert erschlossen werden muss.[70]

Pandels Kritik an der Geschichtsdidaktik

Laut Pandel führt die Geschichtsdidaktik keine richtige Bildinterpretation durch. Es handelt sich eher, um pädagogische Herangehensweisen und Überlegungen wie ein Bild im Unterricht eingesetzt werden kann. Das zu interpretierende Bild steht im Hintergrund während die Schülerinnen und Schüler im Vordergrund sind. Da der Umgang mit Bildern um einiges schwerer ist, als die Verwendung von Texten, muss ein neues Analyseschema entwickelt werden.[71]

Didaktik des Bildes

Ein wichtiger Aspekt im Geschichtsunterricht ist es, den Schülerinnen und Schülern nicht nur Bilder zu präsentieren, sondern sie mit ihnen arbeiten zu lassen. Dabei geht es darum Bilder nicht nur zu beschreiben oder assoziatives Wissen abzurufen. Vielmehr sollen die SuS lernen Bilder zu interpretieren und dadurch zu verstehen. Pandel regt an, dass die SuS bestimmte Bilder kennen lernen, um an und mit ihnen ein visuelles Gedächtnis zu gewinnen. Das Bild soll viel mehr als ein Unterrichtsmittel des Lehrers sein, es soll Gegenstand und Hilfsmittel des historischen Lernens werden. Dazu regt Pandel [72] mehrere Aufgaben der Didaktik des Bildes zu: Visuelles Gedächtnis, Visuelle Rhetorik, Visuelle Rhetorik, Visuelle Topik. Letzteres wird noch einmal in Visuelle Spurensicherung, Visuelle Soziologie, Visuelles Erzählen, sowie Visuelle Zitate unterteilt.

  • Visuelles Gedächtnis

Pandel [73] sieht es als essentiell an, dass die SuS ein Bildgedächtnis aufbauen. Dies kann als „kollektives Bildgedächtnis“ einer Kultur gesehen werden und hat seinen Ursprung in der „Summe aller Bildpräsentationen“ jedes Einzelnen. Desweiteren kann es als „virtuelles Archiv, aus dem Zeitungen, Bücher, elektronische Medien und nicht zuletzt Schulbuchverlage ihre Bildvorlagen entnehmen und dadurch das wieder das kollektive Bildgedächtnis festigen.“ Bilder, die das Bildgedächtnis besonders prägen und häufige Verwendung finden, werden auch Ikonen genannt. Sie können durch drei Merkmale charakterisiert werden: Authentizität, das heißt, der Sachverhalt des Bildes ist unstrittig. Als zweites wird die Kanonisierung genannt. Das heißt, je öfter ein Bild gezeigt oder benutzt wird, desto bekannter wird es und geht somit in das Bildgedächtnis über. Als letztes Merkmal kann die Symbolisierung genannt werden. Das heißt ein Bild steht stellvertretend für ein Ereignis. Ein Bild, das als Ikone gilt, ist es zwar vielen bekannt, jedoch gibt es oftmals kein fundiertes Wissen dazu. Aus diesem Grund eignen sich Bilder, die als Ikone gelten gut zur Interpretation.

  • Visuelle Rhetorik

Als weitere Aufgabe der Bilddidaktik wird die visuelle Rhetorik genannt. [74] Darunter wird die Botschaft, die ein Bild sendet verstanden. Das Bild hat durch „appellieren, bitten, spotten, unterrichten…“ eine Wirkung auf den Betrachter. Die Betrachtung des Bildes soll dazu beitragen, den „historischen Prozess“ zu dem das Bild steht zu erkennen. Pandel [75] formuliert das wie folgt: Die rhetorische Regel lautet: Bilder und Bildsequenzen haben eine Botschaft bzw. ideologische Implikationen. Sie machen Angebote von Sinndeutungen, die nicht abstrakter Wissenschaftlichkeit oder absichtsloser Fabulierkunst entspringen, sondern sie sind rhetorisch, d.h. sie wollen eine bestimmte Wirkung erzielen.

  • Visuelle Ästhetik

Beim dritten Aspekt, der Visuellen Ästhetik, soll nicht vergessen werden, dass jedes Bild auch eine ästhetische Form hat. Diese kann historische Eigenschaften beinhalten und vermitteln. Wichtige Begriffe die Pandel [76] in diesem Zusammenhang nennt sind „Epochensensibilität“ und „Zeitgeistverständnis“. Unterschiede in der Darstellung der Bilder sollen erkannt und begründet werden. Oftmals werden dabei die einfachen Bilder vergessen. Private Fotos können ebenso auf „Mimik, Gesten, Gebärden und Posen“ untersucht werden.“ Auch ihre „Analyse ist von mentalitätsgeschichtlicher Relevanz.“ Pandel [77] formuliert, die zu erwerbende Kompetenz so: „Der alltagsästhetische Blick der Schüler und Schülerinnen kann durch die ästhetische historische Form erweitert werden.“ Ein Hindernis gibt es beim Betrachten der Visuellen Ästhetik. Sie ist nur bei „Bildquellen“ und „modernen Geschichtsbildern“ vorhanden. „Historische Illusions- und Animationsbilder“ hingegen besitzen diese nicht, weil sie nur der Verdeutlichung eines Sachverhaltes dienen.

  • Visuelle Topik

Als letzte Aufgabe der Didaktik des Bildes ist die Visuelle Topik zu nennen. Pandel [78] definiert diese wie folgt: „Man kann sie als ein System von Regeln bezeichnen, die es ermöglichen, lebensweltbezogene Argumentationsformen historischen Darstellens und Erzählens zu erzeugen.“ Demnach kann man aus einem Bild nur eine Sequenz einer Handlung oder eines Phänomens erkennen. Dennoch können durch Interpretation Schlussfolgerungen gezogen werden. Dazu nennt Pandel [79] verschieden Formen der Visuellen Topik. Visuelle Spurensicherung Selbst bei einer Bildsequenz werden einzelne Bilder erinnert. Diese werden als „Tatortbild“ erinnert und beschreiben eine Situation. Ein einziges Bild kann den Tatbestand der „Armut und Ausbeutung von Einwanderern und fremden im eigenen Land, die Praktiken des Kolonialismus, das Alltagsleben im Ghetto“ zeigen. Das Vorhandensein eines Bildes ist Zeugnis für die Existenz des Dargestellten.

Visuelle Soziologie Wenn eine Reihe von Bildern oder ein Querschnitt etwas Dargestellten entsteht, kann man von Visueller Soziologie sprechen. „Sie zeigen Menschen, die zur gleichen Zeit in unterschiedlichen sozialen kulturellen oder ethnischen Verhältnissen lebten.“

Visuelles Erzählen Manchmal kann durch eine Reihe von Bildern die Geschichte erzählt werden. Bereits im Mittelalter wurde erkannt, dass ein Einzelnes Bild keinen Sachverhalt erzählen kann und Bildgeschichten entstanden. Durch Entwicklung der Fotografie entstand die Möglichkeit der Reportfotografie und der Fotoreportage. Wichtig dabei ist dass, „der Wert nicht auf dem einzelnen Bild, sondern auf der Zusammenstellung aller“ [80] liegt.

Visuelle Zitate Als letztes wird die Wichtigkeit des Visuellen Zitates beschrieben. Wenn Bilder übernommen werden, werden sie oft beschnitten. Dies kann den Sachverhalt eines Bildes verändern. Daher ist es wichtig, wenn Bilder übernommen werden, dass der Inhalt noch erkennbar ist. Dies gestaltet sich bei Bildern schwieriger als bei Texten, die übernommen werden. Die Grenze der „Sinnentstellung“ ist weniger klar.

Bildinterpretation nach Pandel

Bei einer Interpretation eines Bildes müssen nach PANDEL vier unterschiedliche Sinnschichten erschlossen werden:

1. Erscheinungssinn

Das Bild wird ohne Deutung beschrieben. Hierbei spielen die Mimik, Gestik, Farben, Posen und vieles mehr, eine Rolle. In der Phase der Beschreibung argumentieren die Schülerinnen und Schüler nur anhand Begrifflichkeiten aus ihrer alltäglichen Lebenswelt. „Ein Spezialwissen ist hier noch nicht vonnöten, deshalb kann dieser Phänomensinn von Schülerinnen und Schülern aller Altersstufen unabhängig von ihren historisch-kulturellen Vorkenntnissen geleistet werden“ [81].

2. Bedeutungssinn

Der Bedeutungssinn des gesamten Bildes wird erschlossen. Dieser Schritt bereitet den Schülerinnen und Schüler Probleme, da näheres Wissen von historischen Zusammenhängen verlangt wird. Die Vergangenheit, sowie andere Kulturen müssen genauestens bekannt sein. Um den gesamten Bedeutungssinn erschließen zu können, ist es notwendig Fachliteratur zum Vergleichen und Nachschlagen heranzuziehen. Auch hier ist es sinnvoll, im Klassenzimmer, selbst erstellte Nachschlagewerke, für die Schülerinnen und Schüler bereitzustellen.

3. Dokumentensinn

In der Einfügung dieses Schrittes, vollzieht sich die Umformung des Panofskyschen Schemas durch Rainer Wohlfeil.

Auf dieser Ebene wird gefragt, wofür das Bild steht und wofür es ein Dokument ist. In der Kunstgeschichte spielt es eine Rolle, von wem ein Bild gemalt worden ist und wer es in Auftrag gegeben hat. In der Geschichte jedoch, ist der Maler meistens unbekannt, wodurch man keine Interpretationshinweise aus der Biographie des Malers entnehmen kann. In der Geschichte ist es wichtig zur welcher sozialen Schicht oder Gruppe ein Bild gehört, da sich dadurch die Absicht hinter dem Bild erkennen lässt. Es macht zum Beispiel einen enormen unterschied, "ob ein Soldat der deutschen Wehrmacht oder ein Angehöriger einer Widerstandsgruppe Verbrechen fotografiert."[82]

Durch den Betrachter eines Bildes lässt sich ebenfalls einiges erschließen. Diesen kann man durch den Präsentationsort des Bildes herausfinden. Für den Dokumentensinn ist eine "exakte Rekonstruktion des <historischen Kontextes>" notwendig[83], wofür wiederum viel historisches Wissen benötigt wird.

4. Zeitsinn

Um ein Bild verstehen zu können, muss klar gestellt werden, was vor und nach einem Bild geschehen ist. Erst dadurch erlangt „Bildinterpretation jene narrative Qualität, die für Geschichte typisch ist.“[84]

Die Arbeit an Details

Anstatt mit dem ganzen Bild, ist es oftmals sinnvoller zuerst mit kleinen Ausschnitten zu arbeiten. Das empfiehlt sich besonders bei detailreichen Bildern. So fällt es leichter, sich auf bestimmte Details oder Symbole zu konzentrieren, die man womöglich beim Betrachten des ganzen Bildes übersehen hätte [85].

Bildinterpretation durch Bildverfilmung

Eine weitere Möglichkeit Bilder interpretieren zu lassen ist die der Bildverfilmung. Dabei wird ein detailreiches Bild von den Schülerinnen und Schülern anhand eines selbst erstellten Drehbuchs verfilmt. Dies kann helfen die Aufmerksam voll und ganz auf das Bild und den dazugehörigen Zusammenhang, beziehungsweise historischen Kontext zu lenken.

Durch die gut entwickelte Technologie und die Möglichkeiten die dadurch gegeben sind, ist es für die Schülerinnen und Schüler möglich mit Hilfe einer handelsüblichen Videokamera das umzusetzen, was bis vor einigen Jahren nur Profis vorbehalten war.

Pandel unterscheidet folgende Schritte:

Zunächst muss wie bei jedem Film ein Drehbuch verfasst werden. In diesem besonderen Fall, bei dem es nur ein Bild gibt, wird ein ‚Folien-Drehbuch’ vorgeschlagen. Über das Bild wird eine transparente Folie gelegt, auf der dann ca. acht Bildausschnitte festgelegt werden, die in dem Film gezeigt werden sollen. Nun ist es an der Zeit die Kamerafahrt festzulegen. Das bedeutet, die Reihenfolge in der die Ausschnitte gezeigt werden soll muss überlegt werden. „Diese Reihenfolge ist gleichzeitig ein interpretatorischer Zwischenschritt für das Verständnis von Dokumenten- und Zeitsinn“ [86].

Ist die Reihenfolge festgelegt, überlegen sich die Schülerinnen und Schüler wie viel Zeit jeder Ausschnitt in dem Film bekommen soll bzw. wie lange die Kamera auf dem Ausschnitt verweilen soll. Ist dieser Teil der Bildverfilmung abgeschlossen, wird der Film vertont. Dieser Schritt ist besonders wichtig, da in der Vertonung das Ergebnis der Interpretation aufgezeigt wird. „Damit sind die Schülerinnen und Schüler aufgefordert, ihre Interpretation anderen mitzuteilen“ [87]. Um dies zu tun gibt es zwei Möglichkeiten. Zum einen ist es möglich einen sachlichen Kommentar zu wählen. Bei einem Sachkommentar übernimmt ein Sprecher die Rolle des Betrachters. Eine andere Möglichkeit aber wäre es die Figuren des Bildes sprechen zu lassen. Dies ermöglicht es die Geschehnisse in dem Bild aus der Perspektive verschiedener Personen zu schildern.

Diese Art der Interpretation ist eine Möglichkeit die Schülerinnen und Schüler aktiv in das Bild und die Geschehnisse mit einzubeziehen. Außerdem üben sich die Schülerinnen und Schüler im Umgang mit der Technik. Sie lernen neue, womöglich bisher unbekannte Bereiche kennen (Kamera, Schnitt, Ton, Licht). Die Schülerinnen und Schüler haben die Möglichkeit kreativ zu arbeiten, indem sie mit dem Folien-Drehbuch experimentieren, sich Alternativen ausdenken und sich Texte für die Vertonung überlegen.


Gestaltungselemente und Interpretation von Bildern

Oftmals haben Bilder einen bestimmten Eindruck auf den Betrachter. Dies kann Zufall sein, ist aber in vielen Fällen konstruierte Absicht. Dazu gibt es Mittel in der der Bildgestaltung, denen sich nicht nur der Fotograf annehmen sollte. Auch der Betrachter kann mithilfe dieser Mittel, ein Bild entschlüsseln bzw. dessen Wirkung erklären. Im folgenden Abschnitt werden Elemente der Bildgestaltung und deren Wirkung anhand von Beispielen erläutert. Wichtige Faktoren sind dabei: Horizont, Anteil hell/dunkel, gedachte Linien im Bild, Position des Motives sowie die Blickrichtung der fotografierten Personen.

Im nebenstehenden Bild einer Szene an der Berliner Luftbrücke können verschieden Gestaltungselemente ausgemacht werden. Zunächst ist der helle Bildteil, oberhalb der roten Diagonale auffällig. Dieser helle Bildteil ist im oberen Bereich und vermittelt ein positives Gefühl, ein Blick ins Licht. Im Gegensatz dazu wäre ein dunkler Bildteil oben. Dies wirkt dann wie ein Schatten, erdrückend und negativ.

Ein weiterer Punkt ist der Schnitt der Menge. Am linken Bildrand befindet sich ein einfacher Schnitt durch die letzte Person. Dieses Element gibt dem Betrachter den Eindruck die dargestellte Menschenmenge könnte auch unendlich sein. Es ist nicht sichtbar wie viele Menschen wirklich dort standen.

Als dritter Punkt in diesem Bild kann die Blickrichtung des Motives genannt werden. In diesem Beispiel blicken fast alle Kinder nach rechts oben. Die gewohnte Blickrichtung von links nach rechts erweckt das Gefühl von Fortschritt, es geht etwas voran. Die Personen bewegen sich nach vorne. In diesem Fall kann dies als Blick in die bessere Zukunft gesehen werden. Im Gegensatz dazu stände der Blick nach links. Dieser würde ein Rückschritt vermitteln. Die Personen im Bild würden rückwärts schauen, sich rückwärts bewegen.

Desweitern sticht auf dem Bild keine Person größenmäßig heraus. Die Gruppe wirkt wie eine Einheit. Sie symbolisiert Zusammengehörigkeit.

Folgende Gestaltungselemente können laut MOESTL/NEMETH zusammengefasst werden:

  • Horizont

Ein mittlerer Horizont wirkt meist neutral. Ein niedriger Horizont erzeugt das Gefühl von Freiheit und Weite. Dahingegen erzeugt ein hoher Horizont das Gefühl von Enge.

  • Diagonale

Eine helle Diagonale oben wirkt wie Licht eine dunkle Diagonale oben bewirkt das Gegenteil und wirkt erdrückend und negativ. Wenn das Motiv des Bildes durch eine aufsteigende Diagonale verbunden werden kann, macht es den Eindruck, es wird besser. Bei einer absteigenden Diagonale scheinen die Dinge schlimmer zu werden.

  • Schnitt und Position

Wenn das Motiv eines Bildes wie z.B. eine Menschenmasse irgendwo abgeschnitten ist, macht dies den Eindruck von Unendlichkeit. Der Betrachter kann nicht entscheiden, wie viele Menschen dort wirklich standen.

Die rechte Bildhälfte ist die prominentere. Wenn ein Motiv hauptsächlich auf der rechten Bildhälfte zu erkennen ist, macht es für den Betrachter einen Eindruck der Richtigkeit. Auf der linken Bildhälfte wirkt ein Motiv verloren.

  • Richtungen

Sowohl die Blickrichtung als auch die Bewegungsrichtung des Motives vermittelt einen bestimmten Eindruck. Der Blick von links nach rechts steht für Fortschritt. Man hat das Gefühl, die Person bewegt sich nach vorne. Sieht der Blick nach links wirkt es rückständig, rückwärts schauend/bewegend. Ähnlich ist das bei Gruppen. Blickt oder bewegt sich die Gruppe nach rechts, befindet sie sich auf Erfolgskurs. Läuft sie in die andere Richtung hat sie förmlich schon verloren, zieht den Rückzug an. Dreiecksregel:

Kann ein Betrachter drei Objekte gedanklich zu einem Dreieck verbinden, so empfindet er diese unbewusst als zusammengehörig. Auch in einer Gruppe von Personen kann diese Dreiecksregel angewandt werden. Köpfe von Personen, die zu einem Dreieck verbunden werden können, wirken als Gruppe. Stehen hingegen zwei gleichgroße Personen nebeneinander und ein dritter kleinerer daneben, funktioniert dies nicht und die Personen machen den Eindruck als gehören sie nicht zusammen.

Definition Manipulation

Eine Manipulation ist eine Form der Beeinflussung, bei welcher Personen zu Denk- und Handlungsweisen zum Vorteil des Manipulators gelenkt werden sollen. Es werden Einflussmethoden gewählt, die für die Manipulierten nicht durchschaubar sind. Manipulation kann also als Verhaltensbeeinflussung zu fremdem Nutzen bezeichnet werden. Im Kontext von Bildmanipulation bedeutet das die Veränderung von Informationen durch Auswahl, Zusätze oder Auslassungen.[88]

Fotomanipulation

In Bildern liegt Überzeugungskraft. Sobald ein Bild Aufmerksamkeit erregt, werden Muster und Symbole wahrgenommen, interpretiert und mit dem individuellen Erfahrungshorizont des Betrachters in Beziehung gesetzt. Ein Bild genießt Priorität bei der Selektion von Wahrnehmungen und durch die emotionale Wirkung eines Bildes, fällt es dem Betrachter schwer, eine Distanz zur Abbildung zu wahren. Durch ein Bild wird dem Betrachter die Illusion vermittelt, dass er über das Medium selbst Augenzeuge des Abgebildeten wird, vielleicht sogar in das Geschehen mit einbezogen ist.[89] Dies ist besonders bei Fotografien der Fall, da hier ein Moment in Zeit und Raum eingefangen wird, der unwiederbringlich in der Vergangenheit verloren ist. Ein Foto zu betrachten ist wie eingefrorenes Sehen dieses vergangenen Moments durch die Kameralinse.[90]

Fotografische Bilder sind Massenware, die nur flüchtig konsumiert wird. Dabei haben Fotografien auch den Sonderstatus, gegenüber anderen Bildern objektiv zu sein. Das würde bedeuten, dass Fotos die Welt so zeigen, wie sie unabhängig vom menschlichen Bewusstsein existiert. Natürlich erlaubt eine Fotografie hohe Annäherung an die vergangene Wirklichkeit, weshalb sie auch für den Geschichtsunterricht eine hohe Bedeutung einnehmen. Trotzdem zeigen auch Fotos die Wirklichkeit nicht objektiv, sondern subjektiv durch die Augen des Fotographen.[91] Bei der Entstehung einer Fotografie kann an unterschiedlichen Stellen von Seiten eines Manipulators eingegriffen werden, um eine manipulierende Wirkung auf die Rezipienten des Bildes zu erzielen.

Bilder werden aus den unterschiedlichsten Gründen von den unterschiedlichsten Menschen manipuliert. Journalisten, Politiker, die Wirtschaft, diverse Stars und Sternchen, Fotografen und nicht zu vergessen totalitäre Regime, haben Interesse an Bildmanipulation. Heute kann jeder Laie, der mit einem digitalen Bildbearbeitungsprogramm umgehen kann, Bildmaterial selbst verfälschen. Dies geschieht hauptsächlich zur ‚Optimierung‘ von Fotos oder der Erzielung von s.g. ‚Wow-Effekten‘. Je nachdem wer manipuliert, können Machtgewinn/-sicherung, Popularität, die Erfüllung von Rezeptionsbedürfnissen, oder der Wunsch bestimmte Meinungen zu unterstützen/bestätigen/falsifizieren Beweggrund für eine Bildmanipulation sein.

Inszenierung/Bildkomposition

Schon bevor der Moment des Fotografierens gekommen ist, lässt sich durch Inszenierung eine Wertung oder manipulative Aussage erzeugen. Bilder zeigen kein Davor oder Danach. Der Fotograf entscheidet sich für ein Motiv, einen bestimmten Ausschnitt, eine Perspektive, ein Objektiv (Teleobjektiv, Weitwinkelobjektiv…) eine Blende oder die Belichtungszeit.[92] Auch symbolische Handlungen und Gesten (Handschlag, Umarmung, Patronatsgestus, Kniefall…) können im Voraus genau festgelegt, vielleicht sogar geprobt werden.[93] So wird eine Bewegung im Bild von links nach rechts vom Rezipienten als Vorwärtsbewegung wahrgenommen. Eine gegenläufige Bewegung dagegen, wird von den meisten Menschen als Rückzug interpretiert. Hohe Horizonte vermitteln ein Gefühl von Enge, niedrige Horizonte erzeugen ein Gefühl von Freiheit und Weite. Waagerechte und diagonale Linien stehen für Bewegung und Dynamik, senkrechte Linien drücken Ruhe und Stabilität aus. Die rechte Bildhälfte ist die prominente, auf die die Aufmerksamkeit des Rezipienten zuerst gerichtet ist. Elemente, die zu einem Dreieck verbunden werden können, werden unbewusst als zusammengehörig wahrgenommen.[94] Der Fotograf, der diese Wirkungsweisen kennt, kann sie dazu einsetzen, um Bildaussagen gezielt zu komponieren.

Bildbearbeitung - analog

In einer Zeit der digitalen Fotobearbeitung, kann die analoge Retusche von Fotografien leicht in Vergessenheit geraten. Doch nachträgliche ‚Verbesserungen‘ von Bildern waren schon bei Fotos vor dem 1. Weltkrieg ganz üblich. Besonders diktatorische Regimes haben dieses Gebiet erobert, und unter diesen hat sich besonders die Sowjetunion hervorgetan. Durch Schab- und Pinselretusche, bei der mit Skalpellen die Bildschicht vorsichtig abgekratzt und mit feinen Pinseln neu aufgetragen wird, konnten ganze Personengruppen wegretuschiert werden. Auch Fotomontage oder Negativretusche beim Entwickeln von Fotos konnten eingesetzt werden. Die Ergebnisse waren allerdings nicht besonders überzeugend. Die Retusche konnte nur von Experten durchgeführt werden und selbst die machten häufig Fehler, indem sie z.B. vergaßen den Schatten einer entfernten Person ebenso zu tilgen oder herrenlose Gliedmaßen auf dem retuschierten Bild zurückließen.[95] Doch konnten auch so Bildaussagen im Sinne von Manipulation verändert und v.a. unliebsame Personen fotografisch aus dem Gedächtnis gestrichen werden.

Bildbearbeitung- digital

Die digitale Bildbearbeitung ist allgegenwärtig. Jeder mit einem Internetzugang und dem entsprechenden Know-how kann in kürzester Zeit Fotografien manipulieren.

Dies kann zum einen durch die Veränderung von Farbgebung, Schärfe und Kontrast geschehen. Hierdurch können Gegenstände verfälscht werden. Zum Beispiel kann eine Wasserlache wirken, als wäre sie aus Blut. Aber auch der gesamte Eindruck von der dargestellten Situation kann verändert werden, wenn sich z.B. Gegenstände im Bild viel deutlicher abzeichnen als in der Realität. Auch Bildelemente können sehr einfach aus einem Bild entfernt oder hinzugefügt werden. Hier stehen Funktionen wie das ‚klonen‘ oder die s.g. ‚Lasso-Funktion‘ zur Verfügung. So lassen sich Elemente sehr einfach zu neuen Bildern zusammensetzen, die so nie eine Entsprechung in der Realität hatten.

Ganz besonders die Beautyretusche oder Ästhetisierung von Bildern wird ständig durchgeführt. Falten und Fältchen, Hautunreinheiten und Schweißflecke verschwinden mit wenigen Klicks. Abgebildete Personen werden schlanker oder durchtrainierter nach Belieben des Manipulators an der entsprechenden Software.

Obwohl viele Fotografien mit peinlichen Bearbeitungsfehlern kursieren, ist diese Art von Retusche viel professioneller als eine analoge Bearbeitung. Nachträgliche Veränderungen sind kaum noch überprüfbar. Das liegt auch daran, dass es keine Negative mehr gibt, anhand derer sich nachträgliche Veränderungen oftmals nachweisen lassen konnten.

Bilder manipulativ zu verändern ist durch die digitale Fotografie und entsprechende Bearbeitungsprogramme so einfach wie noch nie zuvor geworden.

Manipulation durch Kontext

Bilder können auch durch ihren Kontext manipulierend wirken. Die Bildlegende spielt hierbei eine wichtige Rolle. Besonders Fotos, die sehr unterschiedliche Kommentierungen und Deutungen zulassen, können einfach für die eigenen Zwecke instrumentalisiert werden. Erst die Bildunterschrift sagt dem Rezipienten wie das Dargestellte zu bewerten ist. Diese Art von Beeinflussung kommt auch in vielen Schulbüchern vor. So werden Fotografien von vieldeutigen Quellen zu eindeutigen Belegen für eine bestimmte Sichtweise eines Ereignisses.[96]

Doch nicht nur Text, auch eine Kombination von Bildern kann manipulieren. Ein Foto eines erlegten Bären neben dem Foto einer zerfleischten Leiche, lässt den Rückschluss zu, dass das wilde Tier einen Menschen gefressen habe und von einem heldenhaften Jäger bei diesem Treiben gestört wurde. Der Jäger wirkt noch heldenhafter, die ‚Bestie‘ noch gefährlicher und grausamer, das Ereignis waghalsig und noch gefährlicher. Dass diese beiden Bilder eigentlich nichts miteinander zu tun haben und von völlig verschiedenen Ereignissen stammen, kann der Rezipient nicht wissen.

Eine Endkontextualisierung liegt immer dann vor, wenn ein Bild aus seinem eigentlichen Zusammenhang gerissen wird. Dann kann es vom Manipulator in einen neuen Kontext eingebettet werden, der dem Bild unter Umständen eine ganz andere Aussage effiziert.

Bildmanipulation im Geschichtsunterricht

Die Bildmanipulation sollte im Rahmen der Förderung von Medienkompetenz im Geschichtsunterricht thematisiert werden. Das Erkennen der manipulativen Wirkung von Bildern soll die SuS zu einer kritischen Würdigung der Medien befähigen.

Ziele und Kompetenzen

Indem die SuS sich über die manipulative Kraft von Bildern klar werden, registrieren sie die starke Beeinflussbarkeit von Menschen durch Bilder. Die SuS lernen, wie Bilder präsentiert und instrumentalisiert werden. Dieses Wissen ist im Geschichtsunterricht auch wichtig beim Umgang mit Geschichtsbildern, die der Propaganda zugehören. Es soll deutlich gemacht werden, dass historische Fotografien nicht zwangsläufig die vergangene Wirklichkeit darstellen, sondern eine bestimmte Wahrnehmung ebendieser. Darstellungsintentionen von Fotografen, Retuscheuren, Bildredakteuren, Schulbuchmachern und möglichen anderen Beteiligten spiegeln sich im Bild und seiner Präsentation wider. Ziel einer Thematisierung von Bildmanipulation im Geschichtsunterricht ist es außerdem, dass die SuS sich mit ihrer eigenen Beeinflussbarkeit durch Bilder auseinandersetzen.[97]

Durch eine Analyse der Bilder und deren Wirkung (oder Wirkungsintentionen) lernen sie, sich vor Manipulation zu schützen. Hierdurch wird ein heilsamer „Verlust des Urvertrauens in den Abbildcharakter“[98] von Bildern erlitten werden müssen. So lernen die SuS das Medium Bild, bzw. Fotografie kritisch zu würdigen und können seine Wirkungsweisen für ihre eigenen Meinungsäußerungen als Teilhabe an der Gesellschaft verwenden.

Produktionsorientierung

Im Rahmen eines produktionsorientierten Unterrichts können Bilder selbst manipuliert werden. Dies fördert das Verständnis der SuS für die Wirkungen der Bildmanipulation, da sie selbst in die Rolle eines Manipulators schlüpfen und sie mit den entsprechenden Werkzeugen und Intentionen beschäftigen.

Um Fotografien digital in der Schule zu bearbeiten gibt es zwei Möglichkeiten:

1. Entsprechende Software

Der Nachteil hier ist, dass das Programm zunächst (meist kostenpflichtig) erworben werden muss. Kostenlose Software wie z.B. Photoscape, hat meistens nicht alle Tools, die für überzeugende und aussagekräftige Ergebnisse notwendig sind.

2. Anwendungsmöglichkeiten im Web 2.0

Es gibt mehrere interaktive Möglichkeiten für Bildbearbeitungsprogramme im Internet. Viele hiervon sind für eine Optimierung oder Ästhetisierung von Bildern geeignet, nicht aber für das Einfügen von Bildelementen oder Fotocollagen. Hierzu zählen: lunapic.com ; loonapix.com ; ipiccy.com ; aviary.com ; picmonkey.com

Eine überzeugende Website, die kostenlos und ohne Registrierung alle Tools zur Verfügung stellt, die man für eine Bearbeitung brauchen könnte ist sumopaint unter sumo.fm. Das Programm bietet alles, was es für eine professionelle Fotobearbeitung braucht, unter anderem die Arbeit mit Ebenen, Lasso-Werkzeugen und vielen Effekten. Nach einer kostenlosen Registrierung können die eigenen Bilder auch in einem Onlinespeicher verwaltet und überall abgerufen werden. Es existiert zwar eine Version der Seite auf Deutsch, allerdings gibt es keine Anleitung. Jedoch sind viele Funktionen intuitiv bedienbar und es lassen sich in ausreichender Menge tutorials zum Programm in Internet finden. Für die Arbeit mit SuS an Bildern eine zu empfehlende Alternative zu herkömmlichen Programmen.

Wichtige Links

Belege

Literatur

Sauer, Michael: Bilder im Geschichtsunterricht, Typen Interpretationsmethoden Unterrichtsverfahren. Seelze-Velber: Kallmeyer‘sche Verlagsbuchhandlung 2003

Bergmann, K./Schneider, G.: Das Bild. In: Mayer, U./Pandel, H.-J./Schneider, G. (Hrsg): Handbuch Methoden im Geschichtsunterricht (S.211-254). Schwalbach/Ts: Wochenschau Verlag 1999

Bernhardt, M.: Verführung durch Anschaulichkeit, Chancen und Risiken bei der Arbeit mit Bildern zur mittelalterlichen Geschichte. In: Bernhardt, M., Henke-Bockschatz, G. & Sauer, M. (Hrsg): Bilder-Wahrnehmungen-Konstruktionen. Reflexion über Geschichte und historisches Lernen. Festschrift für Ulrich Mayer zum 65.Geburtstag (S.47 - 61). Schwalbach/Ts: Wochenschau Verlag 2006

Gautschi, P. & Binnenkade, A.: Ansicht, Einsicht, Übersicht, Aussicht. Die Funktionen von Bildern im Schulgeschichtsbuch 2Viele Wege - eine Welt“. In: Bernhardt, M., Henke-Bockschatz, G. & Sauer, M. (Hrsg): Bilder-Wahrnehmungen-Konstruktionen. Reflexion über Geschichte und historisches Lernen. Festschrift für Ulrich Mayer zum 65.Geburtstag (S.104-118). Schwalbach/Ts: Wochenschau Verlag 2006

Miener, Frank: Bilder, die lügen. Tourist Guy und Co. – Digitale Gefahr für die Medien? Bremerhafen: BoD- Books on Demand 2004

Moestl, Bernhard (2012): Manipulation durch Bilder, die Kunst der Bildgestaltung. URL: http://www.photocafe.cc/pdfs/PC_bildgestaltung.pdf (zuletzt besucht: 24.07.2012)

Pandel, H.-J.: Visuelles Erzählen. Zur Didaktik von Bildgeschichten. In: Pandel, H.J./Schneider, G. (Hrsg.) (1999):.Handbuch Medien im Geschichtsunterricht(S.387-404). WOCHENSCHAU Verlag. Schwalbach 1999 .

Pandel, H.-J.: Bildinterpretation. In: Mayer, U./Pandel, H.-J./Schneider, G. (Hrsg): Handbuch Methoden im Geschichtsunterricht (S.172-187). Schwalbach/Ts: Wochenschau Verlag 2004

Pandel, H.-J.: Bildinterpretation. Die Bildquelle im Geschichtsunterricht. Bildinterpretation I. WOCHENSCHAU Verlag. Schwalbach 2008

Sauer, M.: Bilder im Geschichtsunterricht. Typen Interpretationsmethoden Unterrichtsverfahren. Seelze-Velber: Kallmeyersche Verlagsbuchhandlung 2003

Schicha, Christian (2006): Bildmanipulation. Visuelle Strategien am Beispiel politischer Motive. URL: http://schicha.projekt-wfw.de/uploads/media/Bildmanipulationhabilpdf.pdf (zuletzt besucht: 24.07.2012)

Snyder, Joel: Das Bild des Sehens. In: Wolf, Herta (Hrsg.): Paradigma Fotographie. Fotokritik am Ende des fotographischen Zeitalters. Frankfurt am Main: Suhrkamp Verlag 2002, S. 23-59

Wenger- Deilmann, Astrid und Kämpfer, Frank: Handschlag- Zeigegestus- Kniefall. Körpersprache, Gestik und Pathosformel in der visuellen politischen Kommunikation. In: Paul, Gerhard (Hrsg): Visual History- Ein Studienbuch. Göttingen: Vandenhoeck & Ruprecht GmbH & Co. KG 2006, S.188- 205

Einzelnachweise

  1. vgl. Bergmann 1999, 217-218
  2. vgl. Pandel 2004, 172
  3. vgl. Sauer 2003, 141
  4. Handbuch Methoden im GU (20007)
  5. Sauer 2003, 141
  6. Sauer 2003, 145
  7. vgl. Sauer 2003, 145
  8. Sauer 2003, 153
  9. vgl. Sauer 2003, 160
  10. eigene Definition (Seminar)
  11. vgl. Sauer 2003, 160
  12. vgl. Sauer 2003, 160
  13. vgl. Sauer 2003, 161
  14. vgl. Sauer 2003, 161
  15. vgl. Sauer 2003, 161
  16. vgl. Sauer 2003, 161
  17. vgl. Bergmann 2004, 68
  18. Sauer 2003, 47
  19. vgl. Sauer 2003, 47-48
  20. Sauer, 2003, S.48
  21. Sauer 2003, S49
  22. Sauer, 2003, S.66
  23. Sauer, 2003, S.76
  24. Sauer 2003, 112
  25. Gautschi & Binnenkade 2006, 104
  26. vgl. Sauer 2003, 31
  27. vgl. Sauer 2003, 42
  28. vgl. Sauer 2003, 42
  29. vgl. Sauer 2003, 43
  30. vgl. Sauer 2003, 44
  31. Bernhardt 2006, 51
  32. vgl. Sauer 2003, 44
  33. vgl. Sauer 2003, 45
  34. vgl. Sauer 2003, 45
  35. vgl. Bernhardt 2006, 52
  36. Sauer 2003, 21
  37. vgl. Sauer 2003, 20f
  38. Sauer 2003, 22
  39. vgl. Sauer 2003, 21f
  40. Bernhardt 2006, 54
  41. vgl. Bernhardt 2006, 56
  42. Bernhardt 2006, 54
  43. Sauer 2006, 23
  44. Bernhardt 2006, 54
  45. vgl. Sauer 2003, 20ff
  46. vgl. Sauer 2003, S. 31ff
  47. vgl. Sauer 2003, 36
  48. Sauer 2003, S. 40
  49. Pandel, 1999:, S. 387
  50. Pandel, 1999,; S.387
  51. Pandel, 1999, S.:387
  52. Pandel, 1999, S.: 394
  53. Pandel, 1999, S.: 395
  54. Pandel, 1999,: S.402-403
  55. Pandel, 1999, S.397
  56. Pandel 2004, 173
  57. vgl. Pandel 2004, 173
  58. Pandel 2004, 173
  59. vgl. Bernhardt 2006, 53
  60. vgl. Pandel 2004, 173
  61. Pandel 2004, 173
  62. Bernhardt 2006, 57
  63. Pandel 2007, 184
  64. vgl. Sauer 2003, S. 14
  65. Pandel 2007, 172
  66. vgl. Pandel 2007, 172
  67. vgl. Sauer 2003, 16
  68. vgl. Sauer 2003, 16
  69. vgl. Sauer 2003, 17-18
  70. vgl. Sauer 2003, 18
  71. vgl. Pandel 2007, 172- 173
  72. 2008, 158
  73. 2008, 158 ff.
  74. 2008, 161
  75. 2008, 161
  76. 2008, 162
  77. 2008, 163
  78. 2008, 163
  79. 2008, 164
  80. 2008, 169
  81. Pandel, 2008, S. 129
  82. Pandel 2007, 180
  83. Pandel 2007, 180
  84. Pandel 2007, 181
  85. vgl. Pandel 2008, S. 194ff
  86. Pandel 2008, S. 199
  87. Pandel 2008, S. 199
  88. vgl. Miener 2004
  89. vgl. Schicha 2006, 1f
  90. vgl. Snyder 2002, 23-59
  91. vgl. Sauer 2003, 163-167
  92. vgl. Sauer 2003, 167f
  93. vgl. Wenger-Deilmann und Kämpfer 2006, 189ff
  94. vgl. Moestl 2012
  95. vgl. Sauer 2003, 168
  96. vgl. Sauer 2003, 172ff
  97. vgl. Sauer 2003, 173ff
  98. Schicha 2006, 20