Gegenständliche Quellen

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L.Mincato (Okt.2013); M.Lindenfelser (März 2014)

Definition und Begriffserklärung von Sachquellen

Sachquellen oder gegenständlichen Quellen sind laut der Definition von Wilfried Stadtmüller „unmittelbar überlieferte Gegenstände bzw. Überreste, aus denen historische Informationen über die Zeit ihrer Entstehung und Verwendung gewonnen werden können“ [1] Zwar wurden Überreste wurden nur im seit dem 19. Jh. von Historikern als bedeutende Quellen anerkannt, da in dieser Zeit die Archäologie als eine neue Wissenschaft betrachtet wurde. Historiker haben sich jedoch vor allem mit aber im Vergleich zu schriftlichen Quellen sehr vernachlässigt weiter beschäftigt und die Arbeit an ihnen gegenständlichen Quellen wird von Kunsthistorikern oder Volkskundlern an den Museen überlassen.übernommen [2] Die Überlieferung von Sachquellen ist häufig nur zufälliger Natur. [3] Gegenstände der Alltagsgeschichte der unteren sozialen Schichten aus vergangenen Jahrhunderten werden erst seit einigen Jahrzehnten von Museen gesammelt. Die Größe der Sachquelle spielt keine Rolle. Eine Sachquelle kann von einer römische Münze über historischen Kochtöpfen bis hin zu Denkmälern an Größe sehr stark variieren. (siehe Abbildung 1. und Abbildung 2.) Hier werden Sachquellen als unmittelbar überlieferte Quellen, also historische Gegenstände und Bauten, definiert. Teilweise werden jedoch vVon einigen Geschichtsdidaktikern werden jedoch Modelle, Nachbauten und Replikate dazugezählt. Um eine solche Verwendung im weiteren Sinn zu kennzeichnen, werden auch Begriffe wie „gegenständliche Medien“ (vgl. Schneider 2007, 193) oder „sachquellennah“ (vgl. Schreiber 2004, 42) verwendet.


Man kann beiIn der Geschichtsdidaktik werden Sachquellen meist zwischen zwei Hauptkategorien unterschiedenunterscheiden, nämlich: die „mobilen“ und „immobilen“ Sachquellen. Unter „mobilen“ Sachquellen, versteht man Fund-, Ausgrabungsobjekte oder aufbewahrte Objekte, die tragbar und beweglich sind. Sie können zum Beispiel in die Schule mitgebracht werden (alte Werkzeuge, Münzen, Kultgegenständen, Kleidungsstücke,…). Im Gegensatz dazu, befinden sich „immobile“ Sachquellen außerhalb der Schule (bauliche Überreste, Ruinen, Denkmäler, Stadtmauern, Dampfmaschinen,…). [4]

Abbildung 2: immobile Sachquelle
Abbildung 1: mobile Sachquelle


Die vier Prinzipien, die laut Thorsten Heese, das intensive historische Lernen ermöglichen

Thorsten Heese definiert vier verschiedene Prinzipien, die die Wichtigkeit und Qualität der Sachquelle im Unterricht erläutern.

Haptik

Das Wort haptisch kommt aus dem Griechischen und bedeutet „greifbar“. Damit ist gemeint, dass man Sachquellen berühren kann, da sie dreidimensional sind. Durch diese wird dem Betrachter die Größe, Oberflächenstruktur sowie Materialität der Sachquelle bewusst. Diese dreidimensionale Qualität vermittelt also eine realistische Vorstellung von der Quelle. Dieser Aspekt ist besonders wichtig bei den Schülerinnen und Schülern, vor allem in der Grundschule, da diese Art von Quelle „konkret“ und „anschaulich“ ist. Wie man bereits weiß: „Kinder erschließen sich die Wirklichkeit auf natürliche Weise durch das Betrachten, Begreifen und Ausprobieren ihrer Umwelt“. Deswegen ist es wichtig, dass man Objekte im Unterricht benutzt, da sie mit verschiedenen Sinnen wahrgenommen werden können (fühlen, tasten, riechen, usw.). Diese „multisensorische Wahrnehmung“ [5] ermöglicht auch besonders lernschwachen Schülerinnen und Schülern, da weder Lese-, Sprachkompetenz noch fachliche Vorkenntnisse vorhanden sein müssen, um eine erleichterte erste Annäherung an die Quelle zu erleichtern.

Ästhetik

Um verschiedene Quellengattungen zu unterscheiden, sollte man fähig sein, ihre Ästhetik zu erkennen. Leider wird dies heute immer schwieriger, da die Ästhetik, die zum Beispiel durch Events, Theater oder Filme weitergeleitet wird, nicht unbedingt der Wahrheit entspricht. Es kann zum Beispiel sein, dass Kostüme, Objekte oder Ereignisse nicht genau dargestellt werden oder noch gemischt werden und nicht zu der bestimmten Epoche, die inszeniert wird, gehören. Das Ziel der Ästhetik ist also „das „innere Auge“ für den Umgang mit „historischen Bildern“ zu sensibilisieren, was natürlich vor allem mit Hilfe der gegenständlichen Quellen möglich ist. [6] Beim Anfassen wird es einfacher die Form, Farbe, das Gewicht,… der Objekte wahrzunehmen und sich ein ästhetisches Bild davon zu machen. Man kann sich zum Beispiel das Gewicht einer mittelalterlichen Rüstung nicht wirklich allein durch Erzählungen vorstellen. Museen sind also besonders geeignet um die eigene Wahrnehmung für Ästhetik zu entwickeln.

Authentizität

Im Gegensatz zu den schriftlichen Quellen, die eher als Papier wahrgenommen werden, scheinen Sachquellen authentischer, originaler, echter,echter und einzigartiger zu sein. Sie gehören zu einer vergangenen Realität und bleiben eine konkrete, begreifbare „Spur“ [7] des vergangenen Geschehens. Sie machen die Geschichte gegenwärtiger und überbrücken punktuell den Abstand zwischen Vergangenheit und Gegenwart. [8] Sie haben also eine besondere Aura, „die Aura der Zeitgenossenschaft“, die universal ist und Emotioneneine emotionale Dimension auslöst. Diese Authentizität weckt ein natürliches Interesse bei Schülerinnen und Schülern. Man kann zum Beispiel feststellen, dass zwei zentralen Fragen bei Kindern immer wieder vorkommen, wenn sie sich mit Sachquellen beschäftigen, nämlich:

  • „Wie alt ist das?“
  • „Ist das echt?“ [9]


Emotionalität

Die verschiedenen Prinzipien, die wir schon erwähnt haben (Haptik, Ästhetik, Authentizität) sind alles Aspekte, die zur Emotionalität führen. Die „emotionale Nähe“, die bei Menschen, die sich in der Gegenwart mit Überresten beschäftigen, entsteht, löst eine „emotional-auratische Faszination“ aus. [10] Diese Faszination wird durch das Fremde, die unbekannte Funktion und Geschichte des Objektes und die Vorstellung der früheren Menschen, die sich damit beschäftigt haben, erweckt und kann als Lernimpuls genutzt werden. Da wWir wissen, dass unser Gehirn „auf emotionale und körperliche Rückkoppelungen angewiesen“ ist, werden also „eindrückliche Ereignisse“ werden also besser gespeichert. [11] Es gilt als bewiesen, dass unsere „emotionale Intelligenz“ sehr wertvoll ist und dass das Wechselspiel zwischen Gefühl und Verstand, emotionalem und rationalem Lernen gute Lernergebnisse ermöglicht, was auch eine zentrale Rolle bei der Arbeit mit Sachquellen spielt. [12] Diese Rationalisierung kann auch den Schülerinnen und Schülern dabei helfen, wieder Abstand zu der Geschichte zu finden, um, zum Beispiel, ein Übermaß an Emotionalität während Diskussionen zu vermeiden.


Sachquellen im Klassenzimmer

Probleme der Nutzung von Sachquellen im Unterricht

Das erste pragmatische Problem, das man treffen kann, ist, dass manche Überreste, auch wenn man sie als „mobil“ anerkennen kann, zu viel Platz brauchen und zu umständlich für ihre Einführung im Unterricht sind. Wenn man aber die Möglichkeit hat, Überreste im Unterricht zu benutzen, kann man dies nicht tun, ohne sie vorher richtig einzuführen. Sie sollten nicht nur einen Methodenwechsel sein, der die Schülerinnen und Schüler schneller motiviert, abersondern sie sollten in einem Zusammenhang vorgestellt und erklärt werden, um das Lernenbeispielsweise um etwas Gelerntes zu veranschaulichen. Die Lehrer sollten also genug Kenntnisse haben, um die Herkunft, Funktion, den Nutzen und Wert des Objektes erklären zu können. Darin besteht also eine aufwändige Vorbereitung für die Lehrkräfte.[13]

Einzige Ausnahme bildet, wenn ein/e Schüler/in einen besonderen Fund in den Unterricht mitbringt. Daraus ergibt sich eine Art situationsorientiertes Arbeiten für die Schüler/Innen, in welchem sie „die Aufklärungsfunktion von Geschichtsunterrichts und Relevanz von Geschichte als Zusammenhang von Vergangenheit und Gegenwart“ erfahren.[14] Hier ist die Herausforderung für den Lehrenden noch größer, da er nicht weiß, was die Schüler/Innen mitbringen und sich nicht über den Gegenstand informieren kann. Außerdem bezweifeln manche, dass die Schüler/Innen tatsächlich die zu einem Thema passenden Gegenstände mitbringen und warnen davor, dies zu überschätzen. [15]

Leider werdensind die meisten Studenten (dh. zukünftige Lehrkräfte) während dem Studium oder im Referendariat nicht genug für diean der Benutzung vonder Sachquellen im Unterricht sensibilisiert und deshalbwerden also später im Schulalltag nicht an ihre Einführung und Nutzung im Klassenzimmer denken.

OftmalsZudem wurden auch viele Gegenstände im Laufe der Jahrhunderte durch Feuerbrünste, Kriege usw. zerstört oder aber durch Stadtplanungen, vor allem in den 1960/1970ern, oder bzw. Umbaumaßnahmen soweit verändert, dass die Gebäude nicht mehr ihrem Originalzustand bzw. ihrer Funktionalität entsprechen. Ein anderes Problem könnte sein, dass der Gegenstand (z.B. eine Münze) in seiner Originalgröße nicht geeignet ist, um Symbole oder ähnliches auf ihm zu erkennen. Es wäre also besser, die vVergrößerte Darstellung im Unterricht zu verwenden. [16]

Es ist also nicht immer einfach sich originale Sachquellen zu beschaffen. ZuBei vielen Themen wird es kaum möglichaufgrund der oben genannten Aspekte sehr schwer sein, Sachquellen zu finden. Zudem sind bedeutende Unikate meist nur im Museum zu finden oder zu wertvoll, um sie im Unterricht einzusetzen. Man könnte dann eher Eine Alternative wäre die Nutzung von Replikaten. im Unterricht benutzen, aber da die Sachquellen in der Schule noch nicht sehr beliebt sind, ist es schwierig viele Überreste auf dem Lehrmittelmarkt zu finden.

Replikate

Obwohl die fehlende Authentizität bei Replikaten oft als Nachteil bezeichnet wird, bedeutet das nicht, dass ihre Verwendung nicht ebenfalls lehrreich sein kann. Denn eine Replik ist immer authentischer als beispielsweise eine Fotografie. Replikate sind eine Möglichkeit, den Schülern das Original näher zu bringen, wenn es nicht für den Unterricht verfügbar ist (s. 3.1 Probleme der Nutzung von Sachquellen im Unterricht). An ihnen kann ausprobiert werden, wie der originale Gegenstand verwendet wurde, z.B. eine römische Schreibtafel, oder die Unterscheidung zwischen Original und Fälschung erarbeitet werden. Mittlerweile gibt es einige Internetseiten und Verlage, die Replikate anbieten. Eine Auflistung findet sich z.B. im Werk von Thorsten Heese „Vergangenheit ‚begreifen‘: Die gegenständliche Quelle im Geschichtsunterricht“. Beispiele daraus wären:

Vorteile der Nutzung von Sachquellen im Unterricht

„Sachquellen besitzen besondere Qualitäten, die im Geschichtsunterricht durch sinnliche Erfahrung für den Prozess des historischen Lernens aktiviert werden können.“ [18] Die Schülerinnen und Schüler besitzen also die Möglichkeit „mit allen Sinnen“ [19] zu lernen wodurchund, wie bereits erwähnt, wird dadurch die Wahrnehmung des Objektes länger anhältanhalten. Dadurch, dass die Kinder zuerst vor einem unbekannten Objekt stehen, wird ihre Fantasie angeregt. Sie werden sich selbst überlegen, was die Funktion des Objektes sein kann, wodurchund so wird die historische Methodenkompetenz geschult wird. Hierbei sollen die Schülerinnen und Schüler die Rekonstruktion und Dekonstruktion von Teilen der Vergangenheit (wieder-) herstellen. Die Rekonstruktion der Vergangenheit bedeutet, gewisse Dinge aus der Vergangenheit nachbilden zu können und eine historische Narration zu bilden. Wichtig ist, dass die Schülerinnen und Schüler die Quellen stets kritisch hinterfragen können. Die Dekonstruktion ist ein weiterer Schwerpunkt, da die Schülerinnen und Schüler sich ebenfalls darüber Gedanken machen sollten, mit welcher Absicht diese Quelle der Nachwelt hinterlassen wurde.

Heutzutage ist derauch Unterricht stark vom „Verbalismus“ [20] geprägt. Die Kinder erfahren oder forschen nicht viel selbstständig und sind also im schulischen Prozess nicht aktiv genug. Die Nutzung von Sachquellen könnte eine Lösung sein, um eine aktive Mitarbeit zu unterstützen. Es bieten sich Möglichkeiten, die Schüler/Innen handlungsorientiert arbeiten zu lassen. Das Arbeiten mit gegenständlichen Quellen im Geschichtsunterricht lässt Forschen zu und ist gleichzeitig eine neue Erfahrung für die Schüler/Innen, die vom gewohnten Unterricht abweicht, was sehr positiv aufgefasst wird. [21] Außerdem eignen sich Sachquellen immer für eine veränderte Arbeitsform. [22] Besonders wertvoll kann es sein, wenn die Schüler/Innen aufgefordert werden, selbst historische Gegenstände von zu Hause mitzubringen. Dies fördert in besonderem Maß die Motivation und Neugier der Schüler/Innen, da sie das Gefühl haben, direkt von der Geschichte betroffen zu sein. [23] Zudem kann es sich sehr positiv auf den Unterricht auswirken, dass das Lernergebnis bzw. der Lerninhalt nicht vorhergesagt werden kann. Es handelt sich um eine offene Lernsituation, die Herausforderung und Kompetenzgewinn zugleich für die Schüler/Innen bedeutet. [24] Sachquellen erleichtern eine Annäherung der Vergangenheit in unserer Gegenwart. „Sie vermitteln eine besonders enge und unmittelbare Begegnung mit der Geschichte, da sie wie eine konkrete Brücke zwischen Vergangenheit und Gegenwart stehen und es der menschlichen Vorstellungskraft leichter machen, Gewesenes im Bewusstsein zu reproduzieren.“ [25] Einer der großen Vorteile der gegenständlichen Quelle ist also ihre Anschaulichkeit und Konkretheit. Es macht einen großen Unterschied ob die Schüler/Innen nur die Beschreibung eines Gegenstandes lesen, oder ob sie ihn in der Hand halten bzw. davorstehen. Dies wird z.B. gerade bei Größen- oder Gewichtsverhältnissen deutlich. [26] Schon Johann Amos Comenius wies im 17. Jahrhundert darauf hin, dass „die unmittelbare Veranschaulichung (Burg, Kathedrale, Münze usw.) der mittelbaren Veranschaulichung (Abbildung, Skizze, Modell usw.) vorzuziehen sei“[27]

Des Weiteren kann die Verwendung von Sachquellen gerade dann den Unterricht bereichern, wenn man es mit schriftlosen oder schriftarmen Epochen bzw. Gesellschaften zu tun hat. Dies bezieht sich vor allem auf die Möglichkeiten der Methodik und Veranschaulichung. [28]


Wo lassen sich Sachquellen finden?

Im alltäglichen Geschichtsunterricht können nur mobile Sachquellen verwendet werden (Bsp. Orden, Schmuckstücke, Spielzeuge, usw.) aber wo kann man sie genau finden?

Museen

Das Museum bleibt bis heute wirklich der Ort, wo man am meisten über Sachquellen entdecken und lernen kann: „Museen sind Einrichtungen, die sich professionell mit der Vermittlung von Geschichte durch Sachquellen beschäftigen und stehen.“ [29] Durch die enge Kooperation, die sich zwischen Schulen und Museen immer weiter entwickelt, lassen sich Projektarbeiten (z.B. Entstehung einer Ausstellung) oder pädagogische Angebote innerhalb des Museums (z.B. Vermittlung von Techniken historischer Gegenständen in einer Werkstatt, Lernkoffer, Führungen, Audioguide…) schaffen. Das Museum bietet also einen anderen Lernkontext, wo die Schülerinnen und Schüler selbst forschen können und damit ihre Kenntnisse vertiefen oder sichern können. Der große Vorteil ist eben, dass die Sachzeugnisse schon kontextualisiert sind und mit Erläuterungen und verschiedenen Informationen den Schülern zugänglich gemacht sind. Der einzige Nachteil bleibt vielleicht, dass die Überreste meistens hinter Vitrinen ausgestellt werden, man kann sie also nicht anfassen und daraus kann wieder einen Abstand zwischen den Schülern und den Überresten entstehen. Aber trotz diesem Abstand verlieren die Sachquellen ihre Authentizität nicht und erwecken immer wieder Interesse bei den Schülern.

Exkursionen

Da zu den gegenständlichen Quellen auch Gebäude, Denkmäler, Befestigungsanlagen, Verkehrswege u.a. gehören, ist es auch möglich diese im Rahmen einer Exkursion in den Unterricht mit einzubeziehen. Gerade für die Regionalkunde bietet sich dies an. [30]

Schulsammlung

Manche Schulen, oft diejenigen die leider nicht die Möglichkeit haben in das Museum zu gehen, weil es entweder keines in der Nähe gibt oder, weil sie keine gute pädagogische Betreuung finden können, besitzen systematische Sammlungen die sich erweitern lassen. Dies ist für jede Schule zu empfehlen.

Flohmärkte

Wenn man eine Schulsammlung gründen oder erweitern möchte, sollte man aber wissen, wo man sich überhaupt Sachzeugnisse beschaffen kann. Dafür sind Trödelmärkte, Antiquitätenhändlersladen oder auchnoch Sperrmüll ziemlich gut geeignet. Damit können die Schülerinnen und Schüler auch selbst feststellen, dass man nicht nur Sachquellen im Museum finden kann, sondern, dass sich „Schätze“ noch in alten Dachböden verstecken können.

Zuhause

Man braucht auch nicht unbedingt weit zu gehen, um Sachquellen zu finden. Wenn man sich überlegt, was auf Flohmärkten verkauft wird, dort sind dies nur Sachen, die eine Weile im Keller oder auf dem Dachboden gelagert wurden. Das heißt also, dass viele Schülerinnen und Schüler zu Hause die Möglichkeit haben, selbst Überreste zu entdecken. Auch wenn sie in neuen Wohnungen leben, die vielleicht noch nicht alt genug sind, um schon etwas erzählen zu können, werden in vielen Familien bestimmte Objekte aufbewahrt. Diese Quellensuche, die man zu Hause oder bei Verwandten machen kann und, dieverwandelt sich häufig in Familienforschung. verwandelt, motiviert natürlich die Schülerinnen und Schüler, weil sie direkt betroffen sind und sich als Teil der Geschichte sehen können. [31]

Verwendung von Sachquellen im Unterricht

Gegenständliche Quellen werden von Geschichtsdidaktikern für den Unterricht „unentbehrlich“ (Glöckel 1979, 199) genannt, oder es wird beklagt, dass ihnen „zu wenig Beachtung“ (Haas 2007, 11) geschenkt wird. H. Beilner spricht davon, dass vorhandene Sachquellen „unbedingt genutzt werden“ (Beilner 1976, 87) sollten. Ihre Verwendung im Unterricht scheint also von vielen Didaktikern als sinnvoll erachtet zu werden, was sich unter anderem durch die positiven Aspekte ihrer Verwendung (s. 3.2 Vorteile der Nutzung von Sachquellen im Unterricht) erklären lässt. Leider wird für Sachquellen häufig nur die Verwendung als Unterrichtseinstieg in der Grundschule oder Unterstufe betrachtet. Gegenständliche Quellen können jedoch in verschiedenen Phasen des Unterrichts und in jeder Klassenstufe verwendet werden.

Einstieg

Die Verwendung als Einstieg ist wohl die häufigste. Hier ist die Sachquelle gut geeignet, um die Schüler/Innen auf das aktuelle Thema einzustellen. Sie motiviert, weckt Neugier und ruft Fragen und Erinnerungen hervor. Die in der Einstiegsphase aufkommenden Unterrichtsbeiträge können häufig im späteren Verlauf mit in den Unterricht einbezogen werden. [32] Darum ist es auch wichtig, im Folgenden wirklich mit der Quelle zu arbeiten und sie nicht nur als Möglichkeit zu sehen, den Unterricht kurze Zeit spannender zu machen. [33]

Arbeitsphase

Sachquellen werden nur selten in Arbeitsphasen verwendet. Hauptsächlich im Zusammenhang mit Exkursionen, bei denen die Schüler/Innen etwas finden sollen, abzeichnen, beschreiben oder ähnliches. [34] Es ist aber auch möglich, sie im Geschichtsunterricht in der Schule in Arbeitsphasen einzusetzen. Beispielsweise können die Schüler/Innen schriftliche und gegenständliche Quellen vergleichen, oder sich in Gruppen über einen historischen Gegenstand genauer informieren und diesen der Klasse vorstellen. So können z.B Längsschnitte der Entwicklung eines Gegenstandes behandelt werden. [35] Zudem können die Schüler/Innen Nachbauten der Sachquelle herstellen und diese ausprobieren, um die Arbeitsvorgänge des Originals besser nachzuvollziehen, beispielsweise beim Schreiben auf einer selbst gebauten antiken Wachstafel. [36]

Ende der Unterrichtseinheit

Hier kann die Sachquelle dazu genutzt werden, die Ergebnisse „zu bündeln, zu vertiefen und zusammenzufassen“[37]. Besonders geeignet ist die Verwendung gegenständlicher Quellen am Ende einer einzelnen Stunde. Die Schüler/Innen können beispielsweise während dem Unterricht einen bestimmten Gegenstand anhand von Text- und Bildquellen bearbeiten, und die daraus resultierenden Ergebnisse am Ende mit dem Original vergleichen.[38]

Möglichkeit der Herangehensweise an das Arbeiten mit der Sachquelle

Im Folgenden wird eine Möglichkeit zum konkreten Arbeiten mit gegenständlichen Quellen vorgestellt. Diese Anordnung stellt die wichtigsten Schritte im Arbeiten mit der Quelle dar, ist aber veränderbar und lediglich die Ansicht eines ausgewählten Autors. Die meisten Hinweise anderer Geschichtsdidaktiker zu diesem Thema sind jedoch ähnlich.

Phase 1: Wahrnehmen

Die Schüler/Innen werden das erste Mal mit dem Gegenstand konfrontiert und erhalten die Möglichkeit sich ausführlich damit zu beschäftigen, allerdings zunächst nur im Sinne einer äußerlichen „Voruntersuchung“ (Heese 2007, 89). Hier kann der Gegenstand betrachtet, ausprobiert, gewogen, gemessen, untersucht, beschrieben und gezeichnet werden. Eine Art der vorläufigen Ergebnissicherung wäre beispielsweise durch das Beschreiben und Abzeichnen möglich. Eine mögliche Leitfrage wäre: Wie sieht der Gegenstand aus?

Phase 2: Erschließen

Nun sollen die Erkenntnisse aus der ersten Untersuchung vertieft werden. Der Kontext der Quelle muss in Bezug auf Herstellung, Entstehung und Verwendung geklärt werden. Werkzeuge oder Gebrauchsgegenstände können z.B. ausprobiert werden, die Sachquelle kann mit Bild- oder Textquellen verglichen werden, oder es werden weitere Informationen im Internet oder in passender Fachliteratur gesucht. Eine Leitfrage wäre: Wie funktioniert der Gegenstand?

Phase 3: Erkennen

Nun wird der Gegenstand mit Hilfe der in Phase 2 gesammelten Informationen in den erweiterten historischen Kontext eingeordnet. Hierbei werden die Epoche, sowie kulturelle, soziale, wirtschaftliche und politische Aspekte analysiert. Dadurch wird die Bedeutung des Objekts im historischen Zusammenhang näher geklärt und es wird von einem allgemeineren Blickwinkel aus betrachtet. Eine passende Leitfrage wäre: Welche Bedeutung hat der Gegenstand?

Phase 4: Ergebnisse dokumentieren

Abschließend werden die Ergebnisse gesammelt und dokumentiert. Dies könnte beispielsweise durch eine Ausstellung, eine Broschüre, ein Plakat oder Video geschehen und in größerem Rahmen präsentiert werden. Hierbei kann gut die narrative Kompetenz der Schülerinnen und Schüler gefördert werden. Eine Leitfrage wäre z.B.: Was lernen wir durch die Beschäftigung mit dem Gegenstand? [39]

Belege

Literatur

Heese, Thorsten: Vergangenheit „begreifen“, Die gegenständliche Quelle im Geschichtsunterricht. Schwalbach/Ts. Wochenschau Verlag. 2007

Hey, Bernd: Das Museum, Die historische Exkursion. Zur Didaktik und Methodik des Besuches historischer Stätten, Museen und Archive, Stuttgart 1978

Schneider, Gerhard: Gegenständliche Quellen. In: Pandel, Hans Jürgen/Schneider, Gerhard (Hrsg.): Handbuch Medien im Geschichtsunterricht. Schwalbach/Ts.: Wochenschau Verlag. 2005, S.509-524 / 2007, 188-207

Stadtmüller, Wilfried: Sachquellen. In: Schreiber, Waltraud (Hg.), Erste Begegnungen mit Geschichte. Grundlagen historischen Lernens. Erster Teilband, Neuried 1999, 391-404 / 2004, 441-454

Glöckel, Hans: Geschichtsunterricht. Bad Heilbrunn/Obb. . Klinkhardt Verlag. 1979

Gieß, Horst: Geschichte Geschichtslehrer Geschichtsunterricht, Studien zum historischen Lehren und Lernen in der Schule. Weinheim. Deutscher Studien Verlag. 1998

Beilner, Helmut: Geschichte in der Sekundarstufe 1, Ziele, Inhalte, Methoden und Unterrichtsmodelle. Donauwörth. Ludwig Auer Verlag. 1976

Weblinks

http://freimore.uni-freiburg.de/muenzen/kaiser.jpg (14.08.2012)

Reeken, Dietmar: Gegenständliche Quellen und museale Darstellungen, http://www.geschichte.uni-oldenburg.de/als_beruf/download/Sc-vRee-Sachquellen.pdf , (14.08.2012)

Einzelnachweise

  1. Stadtmüller 1999, 391
  2. vgl. Heese 2007, 276
  3. vgl. Reeken
  4. vgl. Schneider 2005, 512
  5. Heese 2007, 12
  6. Heese, 2007, 17
  7. Heese 2007, 21
  8. vgl. Reeken
  9. Heese 2007, 22
  10. Heese 2007, 24
  11. Heese 2007, 13
  12. vgl. Heese 2007, 26
  13. vgl. Schneider 2005, 509
  14. vgl. Reeken
  15. Stadtmüller 2004, 450
  16. Gieß 1998, 104
  17. Heese 2007,111
  18. Heese 2007, 11
  19. Heese 2007, 13
  20. Heese 2007, 13
  21. Schneider 2007, 199
  22. Heese 2007, 64
  23. Heese 2007, 75f.
  24. Schneider 2007, 199
  25. Hug
  26. Schneider 2007, 196f
  27. Gieß 1998, 102
  28. Heese 2007, 72
  29. Heese 2007, 51
  30. Heese 2007, 188
  31. vgl. Heese 2007, 51 ff.
  32. Schneider 2007, 201
  33. Heese 2007, 64
  34. Glöckel 1979, 201
  35. Stadtmüller 2004, 447
  36. Heese 2007, 99
  37. Heese 2007, 139
  38. Heese 2007, 139f.
  39. Heese 2007, 88ff.