Historische Lernorte - Lerngang am Beispiel Museum

Aus Wiki
Zur Navigation springen Zur Suche springen

C. Bergmann, J. Knauber Januar 2014

Das Museum

Was macht Museumpädagogik aus?

Eine allgemeingültige Definition ist aufgrund der Tatsache, dass es immer neue „museumspädagogische Entwicklungen“ gibt, nicht möglich. Die Idee des Museums wurde selbst historisch und erfüllt je nach Gesellschaftsentwicklung andere Funktionen und Aufgaben. [1] Die Tendenz entwickelt sich jedoch zu einem partizipatorischen Ansatz hin. Dies bedeutet, dass die Vermittlung auf der Basis des Wissens der Kinder erfolgt. Sie sollen ihr eigenes Wissen und ihre Vermutungen mit einbringen. [2] Eine weitere Entwicklung ist das eigenständige Handeln und Forschen der SuS im Museum. Der Lernerfolg ist so größer, da die SuS durch selbstständiges Arbeiten etwas erreicht haben. Auch gibt es manchmal nach einem Rundgang zu dem entsprechenden Thema eine aktive Aufgabe dazu. [3]

Das Museum ist da, damit man sich mit den dort vorhandenen Ausstellungsstücken auseinandersetzt [4]; es hat eine der „Erinnerung dienende Funktion". [5]

Die Aufgaben und Ziele von Museen

Eine Aufgabe des Museums ist es, Sachquellen zu sammeln, zu bewahren und zu erforschen. Sachquellen sind Quellen nichtschriftlicher Art. Diese Sachüberreste werden aufbewahrt und ausgestellt um den Menschen Einblicke in die Vergangenheit zu ermöglichen [6]. Demzufolge ist ein Museum nicht den historischen Lernorten zuzuordnen, da nicht das Museum selbst der historische Ort ist, wie zum Beispiel eine Burg, sondern die Ausstellungsstücke an sich [7]. Diese darf man zwar häufig nicht anfassen, dennoch vermitteln sie einen Eindruck von Größe, Material und Ausstrahlung [8]. Zu den besonderen Vorzügen von Museen gehören: die „Gegenständlichkeit, Authentizität, Ästhetizität, Selektivität" [9].

Die wichtige Aufgabe eines Museums besteht darin, den Besuchern die Geschichte hinter den Gegenständen nahe zu bringen, sodass eine Einordnung in den historischen Kontext vorgenommen wird und Zusammenhänge zwischen den verschiedenen Ausstellungsstücken entstehen [10]. Schließlich ist nicht das Alter der Objekte entscheidend, sondern ihre Bedeutung in einem Zusammenhang, die ausschlaggebend für die Musealisierung ist. Musealisierung bedeutet, dass die ausgestellten Gegenstände aufbewahrt und präsentiert werden [11].

Ein Museum muss „Interesse wecken“ [12], was besonders durch einen „Bezug zur Gegenwart“ [13] geschieht, der gerade für Kinder und Jugendliche wichtig ist [14]. Durch die Begegnung mit „fremde[n] Kulturen schärfen Museen den Blick, stoßen Denkprozesse an und fördern Toleranz [15]. Gerade in Schulen ist die Migration ein tägliches Thema, da es in unserer globalisierten Welt immer mehr Migranten gibt, was sich selbstverständlich auch in den Schulen bemerkbar macht.


Ein Museumsbesuch mit einer Schulklasse

Vorbereitung

Bevor man sich als Lehrperson dazu entscheidet, mit seiner Klasse ein Museum als außerschulischen Lernort zu erschließen, sollte man sich über seine Lernziele bewusst sein. Denn darauf aufbauend entwickelt sich die Vorbereitung für den Museumsbesuch. Die SuS können sich im besten Fall Vorwissen über ausgesuchte Themen/ Gegenstände eigenständig aneignen, welches anschließend im Plenum besprochen wird [16]. Dies kann auch über das Internet geschehen. Beispielsweise bietet das Portal www.klassenziel-berlin.de Unterrichtsmaterialien für Exkursionen in die Berliner Museen an [17].Ein Museumsbesuch muss natürlich auch in die Thematik des Unterrichts passen. Die Lehrperson wählt ein Museum aus, das sich mit dieser Thematik beschäftigt [18]. Zum Beispiel: Kulturgeschichtliche Spezialmuseen, Sammelmuseen, Historische und archäologische Museen, Naturwissenschaftliche und technische Museen, Naturkundliche Museen, Schloss und Burgmuseen, Kunstmuseen, Volkskunde- und Heimatskundemuseen und Museumskomplexe. Kunst und Kulturgeschichtliche Museen sind dabei am meisten in Deutschland vertreten [19].

Das Problem bei Naturwissenschaftlich- technischen Museen ist, dass „im Fokus des Kompetenzerwerbs oft die Naturwissenschaften und die Technik selbst, nicht aber deren Zusammenhang mit gesellschaftlichen, kulturellen, wirtschaftlichen oder politischen Prozessen " [20] stehen. Als positives Beispiel ist hier das Deutsche Museum in München zu nennen da „manch spröde wirkendes Ding zu finden ist, das mit vielschichtigen Bedeutungen versehen ist, die zur historischen Reflexion einladen“ [21]. Ein Museumsbesuch ist dann sinnvoll, wenn er gut vorbereitet ist und alle dortigen Möglichkeiten für das eigene Thema ausgeschöpft werden können [22].

Besuch

Bei einem Museumsbesuch ist die klassische Vermittlungsmethode oft eine Führung durch einen Museumspädagogen. Dieser erzählt wichtige Fakten zu den verschiedenen Quellen. Ist er ein guter Erzähler, so können auch dadurch die SuS durchaus etwas lernen [23]. Dabei werden oftmals dialogische Führungen angeboten, wodurch kein einseitiger Informationsaustausch entsteht. [24] Ineffektiver ist es, wenn die eigene Lehrperson eine Führung hält, da die SuS die Lehrperson mit dem Ort Schule verbinden. Bei Besuchen außerhalb der Schule, fällt es SuS leichter, einer für dort zuständigen Person zuzuhören. Ferner hat eine Lehrperson vermutlich nicht die Fachkompetenz, die ein Museumspädagoge hat. [25]. Doch wie oben im Artikel schon mehrfach geschrieben, ist es von Vorteil, wenn die SuS durch eigenes Forschen Dinge herausfinden, da eigene Erkenntnisse die Sach- und Methodenkompetenz mehr fördern [26]. Das Stichwort lautet "Handlungsorientierung"“ [27]. Deshalb bieten immer mehr Museen „aktive Elemente [an], in denen Kinder und Jugendliche selber tätig werden, selber erforschen, entdecken oder gestalten" [28] können. Beispiele hierfür sind:

- Das verkleidete Nachspielen bestimmter historischer Situationen. Doch dies ist Themenabhängig und nicht in jedem Museum durchführbar. [29]

- Töpfern, wenn man zuvor z.B. Tonscherben oder weitgehend erhaltene Gefäße aus der Römerzeit betrachtete. So entsteht ein Alltags- und Gegenwartsbezug. [30]

- Eine Art Schnitzeljagd. Die SuS bekommen zu bestimmten Sachquellen Informationstexte, woran sich Fragen anschließen, die durch eigenes Überlegen am angegeben Ort beantwortet werden müssen. Dies ist besonders sinnvoll, da die Sachquellen von Museen aus ihrem Kontext herausgerissen sind. Sie befinden sich nicht mehr dort wo sie waren. [31]

- Die SuS erstellen eine eigene Ausstellung. Hier üben sie sich im Recherchieren, eignen sich Fachwissen an und können sich ihrer Kreativität bedienen. Je nach Thema und Museum ist dies möglich. Dies wird nur innerhalb einer Projektwoche durchführbar sein. [32]

Meist ist eine dialogische Führung so aufgebaut, dass kein allgemeiner Rundgang im Museum getätigt wird, sondern eine themenbezogene Betrachtung einiger weniger ausgewählter Exponate. Nach der Informationsphase kommt die handlungsorientierte Phase, in der die SuS selbst tätig werden [33] Gezielt muss den SuS bewusst gemacht werden, dass es Mehrdeutigkeiten von historischen Überlieferungen gibt. Dies trägt zur Multiperspektivität bei, da so die SuS lernen, dass Menschen über ein und denselben Sachverhalt, zum Beispiel aufgrund ihrer Herkunft, verschiedene Ansichten haben. Indem die SuS die Verhältnisse der jeweils unterschiedlichen Parteien verstehen, können sie erkennen, wieso es Mehrdeutigkeiten über eine historische Überlieferung gibt. Sie lernen, dass es wichtig ist, nicht nur die eine Seite zu betrachten, sondern auch andere und die Beweggründe dahinter zu entdecken. Eine Quelle ist niemals neutral und objektiv. Die SuS können so in Zukunft diese erlangte Perspektive auf unterschiedliche Sachverhalte anwenden. [34]

Beispiel Kunstmuseum

Gerade der Besuch eines Kunstmuseums ist sehr anspruchsvoll, da sich die „[d]idaktische Konzeption von Kunstmuseen [...] in erster Linie an den Sehgewohnheiten eines bildungsbürgerlich vorgeprägten Publikums [orientiert]" [35] Das heißt, dass Kinder Bilder ganz anders interpretieren können, im Gegensatz zu dem was sie wirklich darstellen, da ihnen ganz einfach Hintergrundwissen fehlt. Dies geht aber nicht nur Kindern so. Je nach Erfahrungshintergrund und Gesellschaft lässt sich ein Bild anders interpretieren [36]. Leider gibt es Museumsfachleute, „die sich gegen die erziehungsgerechte Verwertung von historischen, kunsthistorischen oder Kunst- Ausstellungen verwahren." [37] Dabei fand Markus Bernhardt in einer, wenn auch nicht repräsentativen Studie heraus, dass SuS häufig nicht den Gesamtzusammenhang von Bildern deuten, Bilder als Wirklichkeit wahrnehmen und, kaum genaue zeitliche Zuordnungen leisten können. Die Intentionalität eines Bildes erkennen zu können, ist kaum vorhanden [38]. Es ist sehr wichtig, dass die SuS keine vorgefertigten Meinungen über die Bilder erhalten, sondern dass sie selbst sagen können, was sie in einem Bild erkennen. Immer mehr Museen halten sich an diesen „[p]artizipatorischen Ansatz" [39]. Es gibt kein "falsch" oder "richtig". Die SuS sollen wertneutral Vermutungen aufstellen. So lernen sie, sich auf ihre eigene Wahrnehmung zu verlassen und darüber mit ihren Mitschülern zu sprechen [40].

„Kunst- und Kulturgeschichtliche Museen setzen immer mehr interdisziplinäre Methoden ein: Theater, Pantomime, Film, Musik, Tanz und Literatur. Diese Methoden unterstützen Assoziationen und Erlebnisorientierung, sind meist fächerübergreifend und ganzheitlich angelegt" [41].

Beispiel Rulaman-Ausstellung im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg Das Kompetenzmodell „Historisches Denken“ (nach dem Modell des FUER-Geschichtsbewusstsein) ist nicht nur in der Institution Schule zu verfolgen, sondern ebenso in außerschulischen Lernorten, wie dem Museum in Verbindung mit seiner typischen Vermittlungsform, der Führung.

Am folgenden Beispiel soll deutlich gemacht werden, wie die Didaktisierung einer Führung gelingen kann. Es stützt sich auf die Analyse, die B.Alavi [42] zu einer museumspädagogisch gestalteten Ausstellung durchführte. In dieser Ausstellung wird der historische Jugendroman „Rulaman“ [43] , welcher erstmals 1875 veröffentlicht wurde und von den Erlebnissen eines Steinzeitmenschen handelt, mit aktuellen wissenschaftlichen Erkenntnissen verglichen. Die Wanderausstellung war nur in einem kurzen Zeitraum in verschiedenen Baden-Württembergischen Museen zu bewundern, wurde extra für Schulklassen konzipiert und nicht etwa für erwachsene Einzelbesucher, wie später noch deutlich werden soll. .[44]

Die Analyse beschäftigte sich mit der Frage, welche historischen Kompetenzen durch einen Museumsbesuch bei SuS gefördert werden können. Dazu wurde die besagte Ausstellung und die museumspädagogische Arbeit vor Ort anhand des geschichtsdidaktischen Kompetenzmodells analysiert und in Verbindung gebracht mit einer im Rahmen eines Hochschulseminars entstandenen Analyse und Reflexion. Dabei arbeiteten Lehramtsstudenten eng mit einer Museumspädagogin zusammen, beschäftigten sich dabei intensiv mit deren Aufgabenfeld und stellten einen Museumsbesuch mit einer Schulklasse nach. Sie beurteilten die Qualität der Führung anhand eines Kriterienkatalogs, untersuchten verschiedene Anknüpfungspunkte von Museum und Schule und reflektierten anschließend ihre Erkenntnisse. Zu beachten ist, dass es sich im Folgenden um ein konkretes Beispiel mit seinen spezifischen Rahmenbedingungen handelt, sodass bei der Darstellung nicht allen Kompetenzbereichen dieselbe Aufmerksamkeit geschenkt werden kann.

Die Ausstellung zeichnete sich v.a. durch ihren besonderen „Gestaltungscharakter“ aus: Während kaum etwas zu lesen zu finden war, nur vereinzelt knappe Erläuterungen zu den Ausstellungsstücken, wurde sie veranschaulicht durch verschiedene Objekte, wie archäologische Funde, Buchillustrationen und Figurinen. Dieser Umstand zog nach sich, dass Besucher, die das Werk von Weinland nicht kannten, die Ausstellung nur schwer verstehen konnten [45]. Die Museumspädagogin hatte im vorliegenden Fall keinen Einfluss auf die Konzeption und Gestaltung der Ausstellung, sondern konnte diese erst im Nachhinein für ein junges Publikum entsprechend didaktisieren. Es ging der Museumspädagogin auch nicht um das Lernen über das Museum als Ort des Lernens an sich, sondern um die inhaltliche Vermittlung und den Aufbau einer kritischen Haltung bezüglich des Erkenntnisgewinns beim Besuch einer Ausstellung.

Die Führung

1.Um eine Führung im Museum v.a. für jüngere SuS logisch aufzubauen, ist es wichtig, dass sie einem roten Faden folgt. In diesem Fall besteht die museumspädagogische Narration aufgrund einer Fragestellung: „Wie könnte Rulaman gelebt haben und woher wissen wir das?“ [46]

2.Der Inhalt einer Führung muss immer im Zusammenhang mit dem Vorwissen der Zielgruppe gedacht werden, damit sie weder über- noch unterfordert werden. In unserem Beispiel besteht die Zielgruppe aus Schulkindern bis etwa zur 6./7. Klasse.

3.Die Museumspädagogin musste bei der Rulaman-Ausstellung davon ausgehen, dass die Schülerinnen und Schüler keine Vorkenntnisse, bezogen auf den Inhalt des Jugendromans, haben. Ein angestrebter Vergleich der Bedingungen, wie sie im Roman geschildert werden mit den heutigen wissenschaftlichen Erkenntnissen muss also erst von der Museumspädagogin angebahnt werden. Die Hauptfrage der Ausstellung wurde zum besseren Verständnis in verschiedene Unterthemen strukturiert (Jagd, Kleidung, Jugendbuch etc.) und anhand verschiedener Ausstellungsobjekte mit unterschiedlichen Methoden veranschaulicht [47].

Methoden

1.Als eher klassische Vermittlungsmethoden während eines Museumsbesuchs gelten der Vortrag durch die Führungsperson und das Fragen-entwickelnde Gespräch zwischen Führungsperson und Besucher. Im Hinblick auf die jungen Besucher kommen in unserem Beispiel allerdings v.a. andere Methoden zum Tragen:

2.Das Anfassen und Beschreiben der verschiedenen Ausstellungsstücke.

3.Das Tragen von Kleidung.

4.Das szenische Nachspielen verschiedener Situationen und dadurch Förderung der Perspektivenübernahme und Empathie.

5.Das Zuschauen bei Aktionen (hier: wie wurde damals Feuer gemacht).

6.Wie bereits erwähnt, wurde in unserem Beispiel, eher untypisch für einen klassischen Museumsbesuch, kaum Text ausgestellt. Nur vereinzelt gab es sehr kurz gehaltene Beschriftungen der Ausstellungsobjekte. Der Grund ist, dass die Ausstellungsgestalter versuchten, sich bestmöglich von den schulischen Lehr- und Lernmethoden abzugrenzen.

7.Die SuS sollen das Museum als besonderen Ort wahrnehmen und schätzen lernen, indem sie auch Originalstücke in den Händen halten dürfen. In der Rulaman-Ausstellung handelte es sich dabei um den Knochen eines Mammuts.

8.Des Weiteren lernten die SuS etwas über eine der bedeutendsten Hilfswissenschaften der Geschichtswissenschaft, nämlich über die Arbeit der Archäologie. Das Wissen über verschiedene Arbeitsweisen gehört zur Entwicklung des Geschichtsbewusstseins ebenfalls dazu. Die SuS konnten in vereinfacht dargestellter Form einen Einblick erhalten, wie man anhand von archäologischen Überresten etwas über die Vergangenheit herausfinden kann.

Rahmenbedingungen

Für eine erfolgreiche Führung, die den SuS einen Lernzuwachs ermöglicht, gehören:

  • eine ruhige Atmosphäre
  • dass die SuS von der Museumspädagogin an die Hand genommen, d.h. anleitend und im Verstehensprozess unterstützend begleitet werden. So kann die Grundlage für ein entdeckendes Lernen auf Schülerseite geschaffen werden.

Angestrebte Kompetenzen der Museumspädagogin

Da für eine erfolgreiche Führung durch eine Ausstellung, also eine, nach der man einen Kompetenzzuwachs verzeichnen kann, auch eine kompetente Führungsperson gehört, werden wir neben den angestrebten Kompetenzen auf Seiten der SuS zunächst einen Blick auf die Kompetenzen der Museumspädagogin werfen [48].

Historische Sachkompetenzen [49]

  • Entwicklung eines „strukturierten Führungskonzepts“: Einlesen in das Themenfeld der Ausstellung, Klärung fachwissenschaftlicher Begriffe und anschließend kritisches Hinterfragen zum Aufbau der Ausstellung (der ja in diesem Fall nicht in der Verantwortung der Museumspädagogin lag).
  • Den Inhalt der Ausstellung am durchschnittlichen Wissenstand und Durchschnittsalter der Besucher orientieren.
  • Die Anordnung der verschiedenen Objekte auf eine stimmige Abfolge hin untersuchen („Strukturierungskompetenz“).
  • Zu den verschiedenen Ausstellungsstücken muss die Museumspädagogin sich nun ein Hintergrundwissen aneignen. Dazu gehört auch, dass sie über Herkunft und Originalität Bescheid weiß und analysiert, ob die Stücke ihren Sinn in der Ausstellung haben und das entdeckende Lernen unterstützen.
  • Die Museumspädagogin geht nun im wahrsten Sinne des Wortes mehrmals die Ausstellung durch und überlegt sich, mit welchen Objekten sie welches Thema darstellen und erklären kann.
  • Letztendlich kommt die sie auf diesem Weg zur Entwicklung einer eigenen Hauptfragestellung die grundlegend für die ganze Führung sein wird (die „museumspädagogische Narration“ [50]) und anhand derer auch den Objekten verschiedene Themen zugeordnet werden können.

Historische Fragekompetenzen [51] Da die Museumspädagogin in unserem Fall nicht direkt an der Gestaltung und dem Aufbau der Ausstellung beteiligt war, ging es ihr vor allem darum, diese im Nachhinein auf die Erwartungen, Fragen und Interessen der Kinder hin zu untersuchen. Sie bedachte dabei die lebensweltlichen Umstände und evtl. aufkommende Probleme im Verstehensprozess. Letztendlich kam sie hier zu dem Ergebnis, dass die Fragestellung, die der Ausstellungsgestalter beim Aufbau verfolgte („Inwiefern entspricht der Rulaman dem heutigen Forschungsstand?“) nicht dem Erfahrungshorizont der SuS entspricht. Deshalb veränderte sie die Fragestellung entsprechend („Wie könnte Rulaman gelebt haben und woher wissen wir das?“). So konnte sie dem Erfahrungsniveau der SuS entgegen kommen und ihren Bedürfnissen gerecht werden, ohne sie dabei zu überfordern. Sie bewegte sich ausschließlich auf dem elaborierten Niveau der historischen Fragekompetenz [52]. Historische Methodenkompetenzen (De- und Rekonstruktion) [53]

Die Themen, die sie im Hinblick der vorher entwickelten museumspädagogischen Narration den verschiedenen Objekten zuordnete, bot sie den Kindern mithilfe verschiedener Methoden dar:

  • durch Erzählen kurzer Geschichten.
  • durch eingeben vereinzelter Informationen (aber nicht zu viel Input)
  • durch Vorführen (wie wurde damals Feuer gemacht)
  • gemeinsames Nachspielen

Diese zur Rekonstruktion gedachten Methoden sind nicht speziell für den historischen Erkenntnisgewinn entwickelt worden, sondern stammen aus der Natur- bzw. Musikpädagogik. Die rekonstruktive Methode der Archäologie, die die SuS exemplarisch nachempfinden können (anhand einer Schwanenknochennadel und der Frage „Auf welche Art von Kleidung kann ein Archäologe aufgrund dieses Werkzeugs schließen?“), ist allerdings spezifisch geschichtswissenschaftlich.

Historische Orientierungskompetenzen [54] Mithilfe der Führung durch die Ausstellung sollte eine Umstrukturierung im historischen Orientierungsprozess der Kinder stattfinden. Das kann z.B. durch die Erweiterung des Wissens über archäologische Forschungsmethoden oder das Feuer machen geschehen. So kann bestenfalls eine „Modifizierung“ der Vorstellung, Höhlenmenschen seien nur wenig entwickelt und zurückgeblieben gewesen, stattfinden.


== Angestrebte Kompetenzen der Schülerinnen und Schüler == [55]

Historische Sachkompetenzen

1.Um die wichtige Museumsnarration für die SuS logisch aufzubauen, beginnt die Führung mit einer Einführung in den Jugendroman. Wer ist Rulaman überhaupt?

2.Anschließend können die SuS anhand der unterschiedlichen Ausstellungsstücke eine Vorstellung davon entwickeln, wie der Steinzeitmensch Rulaman wohl gelebt haben könnte und woher wir in der Gegenwart überhaupt zu solchen Erkenntnissen kommen. Wichtig ist dabei, dass die Ausstellung nicht in einer Fülle von Einzelheiten und Informationen untergeht, sondern auch für die SuS immer ein roter Faden erkennbar bleibt.

3.Im Fokus der Führung steht in Anbetracht der Hauptfrage welcher die Ausstellung zu Grunde liegt („Wie könnte Rulaman gelebt haben und woher wissen wir das?“), den SuS die zeitliche Orientierung zu geben, wann der Steinzeitmensch ungefähr gelebt hat (vor ca. 3200 Jahren). Außerdem von enormer Bedeutung für das historische Lernen im Museum ist die Klärung von Begrifflichkeiten, ohne die das Thema gar nicht erläutert werden kann (bspw. Steinzeit, Archäologie, historisches Jugendbuch, Schamanin etc.).

Historische Fragekompetenzen

Die SuS werden durch Fragen, die vornehmlich an den Ausstellungsobjekten entwickelt werden, zum Nachdenken und zum Stellen eigener Fragen angeregt. Von Seiten der SuS kamen häufig Vergleichsfragen zu Themen aus der eigenen Lebenswelt, wie beispielsweise: „Musste Rulaman auch zur Schule gehen?“ [56].

Historische Methodenkompetenzen (De- und Rekonstruktion) [57] Die Re-Konstruktion wird verfolgt, indem die Museumspädagogin...

  • ...spielerisch in das Thema einführt und den Fokus v.a. auf den emotionalen Aspekt, das Nachempfinden von unterschiedlichen Situationen legt.
  • ...spielorientierte Elemente (wie bspw. das Nachspielen einer Jagdszene wie sie im Roman beschrieben wird) und das Nachahmen von damals ganz alltäglich und lebensnotwendigen Aufgaben (das Jagen, Feuer machen). So können die SuS ihre Vorstellungen über die Vergangenheit erweitern.
  • ...verschiedene Methoden der Archäologie zum Erkenntnisgewinn über vergangene Zeiten werden erklärt und am Beispiel einer Knochennadel nachempfunden (Grabung, Datierung, Schlussfolgerung).

Die De-Konstruktion, also prozessorientierte Kompetenzen, wurden durch das Suchen und Lesen der wenigen Beschriftungen zu den Objekten geübt. Die stetige Fragehaltung, die die SuS während der ganzen Ausstellung begleitet, soll sie dazu anhalten, auch selbst kritisch gegenüber den Objekten und der Ausstellung insgesamt zu sein.


=== Historische Orientierungskompetenzen === [58]

Wie sich zeigte war der Bezug zur Lebenswelt der SuS für deren Interesse und Verständnis wichtig (wie macht ihr zu Hause Feuer, wie kommt ihr an etwas zu Essen, Kleidung etc.). Die Museumspädagogin konnte den SuS mithilfe dessen einen Orientierungsrahmen für den Inhalt der Ausstellung bieten. Durch die vorher entwickelten Erwartungen und Einschätzungen des Wissenstands der Kinder erfolgte eine entsprechende didaktische Reduktion des Themas, wobei die Museumspädagogin versuchte, den SuS kontinuierlich Hilfestellung zu geben, falls nötig., damit sie das basale Niveau verlassen und sich auf dem intermediären Niveau weiter entwickeln [59].

Da sich Themen aus Geschichtsunterricht in der Schule und Museumsaustellung überschneiden und ergänzen und sich teilweise nur in ihrer Darstellungsform wirklich unterscheiden, kann letzteres perfekt zur Vertiefung des Unterrichts genutzt werden. Wichtig ist, dass beide Institutionen im Dialog bleiben, der nicht mehr so sehr auf thematischer Ebene (Steinzeit etc.), sondern immer mehr auf Kompetenzentwicklung (Arbeitsweisen und deren Schlussfolgerung auf historische Lebensweisen immer in Verbindung gesetzt mit Gegenwart und Zukunft) basiert.

Nachbereitung

Die Nachbereitung ist genauso wichtig wie die Vorbereitung. Dadurch kann der Lerneffekt überprüft werden [60].Ohne die Nachbereitung kann das Gelernte schwierig in Zusammenhang gebracht werden. Die SuS müssen sich mit ihren Mitschülern austauschen und die Lehrperson muss dabei tatkräftig zur Seite stehen. Wenn SuS ein Geschichtsbewusstsein entwickeln sollen, dann gehört dazu auch, dass die SuS lernen mit Institutionen wie einem Museum kritisch umzugehen und an dessen Entwicklung beteiligt zu sein [61].

Tragen Museen zur Kompetenzbildung bei? „Museen werden nicht gegründet, um bei Menschen (auch Jugendlichen) historische Kompetenz(en) zu fördern." [62] Dennoch können „Museen [...] sehr gut Orte kompetenzorientierten historischen Lernens sein"[63]

In dem außerschulischen Lernort können SuS Kompetenzen durch bestimmte Aufgaben erreichen:

  • Sachkompetenz: Selbstständiges Erforschen der originalen Objekte
  • Soziale und interkulturelle Kompetenz: Austausch über unterschiedliche Werte
  • Methodenkompetenz: Sammeln, Forschen, Bewahren, Präsentieren, Vermitteln
  • Fragekompetenz: Die richtigen Fragen an die Objekte richten- das Objekt als Sachquelle verstehen
  • Personale Kompetenz: Kreatives Arbeiten, bildnerisches Gestalten, öffentliche Präsentation
  • Medienkompetenz: Umgang mit technischen Geräten und die kritische Auseinandersetzung mit den Produkten

[64] In einem Museum lernen die SuS auf verschiedenen Ebenen. Der ästhetischen, der kommunikativen, der emotionalen und der kognitiven. Diese sind miteinander eng verknüpft wodurch die SuS besser lernen [65].

Belege

Literatur

„Alavi, Bettina“: Kompetenzen historischen Denkens im Museum. Ein geschichtsdidaktischer Blick auf die Museumspädagogik, dargestellt am Beispiel der Rulaman Ausstellung im Kurpfälzischen Museum in Heidelberg. In: Popp, Susanne/Schönemann, Bernd (Hrsg.): Historische Kompetenzen und Museen. Schulz-Kirchner Verlag GmbH. Idstein, 2009

„Burk, Karlheinz & Claussen Claus:“ Lernorte außerhalb des Klassenzimmers I, Didaktische Grundlegung und Beispiele, Arbeitskreis Grundschule e.V., Beiträge zur Reform der Grundschule, Band 45. Frankfurt am Main 1980 „Comenius, Johann A.:“ Große Didaktik. Stuttgart 7.Auflage 1992

„Dühlmeier, Bernd:“ Außerschulische Lernorte in der Grundschule. Baltmannsweiler 1. Auflage 2008 Hey, Bernd: Die historische Exkursion – Zur Didaktik und Methodik des Besuchs historischer Stätten, Museen und Archiven. Stuttgart 1978 „Körber, Andreas/ Schreiber, Waltraud/ Schöner, Alexander“: Kompetenzen historischen Denkens. Ein Strukturmodell als Beitrag zur Kompetenzorientierung in der Geschichtsdidaktik. Ars Una, Neuried 2007.

Mayer, Ulrich: Historische Orte als Lernorte. In: Mayer, Ulrich/Pandel, Hans –Jürgen/Schneider, Gerhard (Hrsg.): Handbuch Methoden des Geschichtsunterrichts., Schwalbach/Ts.: Wochenschau Verlag 2011, S. 389 – 407

„Popp Susanne/ Schönemann Bernd“ (Hrsg.): Historische Kompetenzen und Museen. Idstein 2009.

„Sauerborn, Petra & Brühne, Thomas:“ Didaktik des außerschulischen Lernens. Baltmannsweiler 4.Auflage 2012

Staatsinstitut für Schulpädagogik und Bildungsforschung München (Hrsg.): Geschichte vor Ort – Anregungen für den Unterricht an außerschulischen Lernorten. Donauwörth 1999

„Vaupel Janina“: Museen und historische Orte als außerschulische Lernorte im Geschichtsunterricht. Studienarbeit. Norderstedt 2012.

„Weinland, David Friedrich“: Rulaman. Erzählung aus der Zeit des Höhlenmenschen und des Höhlenbären. Knödler. Reutlingen 1987

Ziegler, Walter: Die historische Exkursion. In: Hasch, Rudolf (Hrsg.): Landesgeschichte und Exkursion im Geschichtsunterricht. Donauwörth. 1978, S.109-126

Einzelnachweise

  1. vgl. Körber: Kompetenzorientiertes Lernen im Museum? In: Popp 2009, 63
  2. vgl. Kunz- Ott: Kunst- und Kulturgeschichtliche Museen. In: Popp 2009, 188
  3. vgl. Vaupel 2012, 5
  4. vgl. Vaupel 2012, 4
  5. Ebd., 2
  6. vgl. Vaupel 2012, 3
  7. vgl. Vaupel 2012, 8
  8. vgl. Ebd., 5
  9. Borries: "Lernende in Historischen Museen und Ausstellungen". In: Popp 2009, 100
  10. vgl. Vaupel 2012, 3
  11. vgl. Körber: Kompetenzorientiertes Lernen im Museum? In: Popp 2009, 64
  12. Kunz-Ott: Kunst- und Kulturgeschichtliche Museen. In: Popp 2009, 187
  13. Ebd, 188
  14. vgl. Ebd, 188
  15. Ebd, 188
  16. vgl. Vaupel 2012, 6
  17. Feuchtmayr: "Diskussionsprotokoll der Sektion 2" In: Popp 2009, 166
  18. vgl. Vaupel 2012, 6
  19. Kunz-Ott: Kunst- und Kulturgeschichtliche Museen. In: Popp 2009, 183
  20. Sichau: "Intervention- Naturwissenschaftlich- technische Museen als Möglichkeitsräume für historischen Kompetenzerwerb" In: Popp 2009, 171
  21. Ebd., 182
  22. vgl. Vaupel 2012, 14
  23. vgl. Vaupel 2012, 4
  24. vgl. Kunz- Ott: Kunst- und Kulturgeschichtliche Museen. In: Popp 2009, 185
  25. Feuchtmayr: "Diskussionsprotokoll der Sektion 2" In: Popp 2009, 165
  26. vgl. Vaupel 2012, 3
  27. Kunz-Ott: Kunst- und Kulturgeschichtliche Museen. In: Popp 2009, 187
  28. Ebd, 188
  29. vgl. Vaupel 2012, 6
  30. vgl. Vaupel 2012, 5
  31. vgl. Vaupel 2012, 6
  32. vgl. Vaupel 2012, 5
  33. vgl. Kunz-Ott: Kunst- und Kulturgeschichtliche Museen. In: Popp 2009, 185
  34. vgl. Vaupel 2012, 9
  35. Bernhardt: "Wer sieht was auf historischen Gemälden?" In: Popp 2009, 121
  36. Ebd, 121
  37. Barricelli, Vogel: "Migration, Museum und historische Kompetenzen" In: Popp 2009, 264
  38. vgl. Bernhardt: "Wer sieht was auf historischen Gemälden?" In: Popp 2009, 127
  39. Kunz-Ott: Kunst- und Kulturgeschichtliche Museen. In: Popp 2009, 188
  40. vgl. Ebd, 188
  41. Ebd, 185
  42. vgl. Alavi, Bettina: Kompetenzen historischen Lernens im Museum. In: Popp (Hrsg.):Historische Kompetenzen und Museen, 2009
  43. Weinland, David Friedrich: Rulaman: Erzählung aus der Zeit des Höhlenmenschen und des Höhlenbären.
  44. vgl. Alavi 2009, 238f
  45. vgl. Alavi 2009,239
  46. vgl. Alavi 2009, 240f
  47. vgl. hierzu Alavi 2009, 243f
  48. vgl Alavi 2009,244ff
  49. vgl. dazu Alavi 2009, 244ff
  50. Alavi 2009, S. 244
  51. vgl. Alavi 2009, S. 245 f.
  52. Körber u.a. 2007, S.121 ff.
  53. vgl. Alavi 2009, S.246 f.
  54. vgl. Alavi 2009, S. 244 f.
  55. siehe hierzu: Alavi 2009, S.247 ff.
  56. vgl. Alavi 2009, 247f
  57. Alavi 2009, S. 248
  58. Alavi 2009, 248 f.
  59. Körber u.a. 2007, S.203 ff.
  60. vgl. Vaupel 2012, 3
  61. vgl. Körber: Kompetenzorientiertes historisches Lernen im Museum? In: Popp 2009, 62
  62. Borries: "Lernende in Historischen Museen und Ausstellungen" In: Popp 2009, 100
  63. Körber: Kompetenzorientiertes Lernen im Museum? In: Popp 2009, 79
  64. Kunz-Ott: Kunst- und Kulturgeschichtliche Museen. In: Popp 2009, 189
  65. vgl. Treml: "Einführung" In: Popp 2009, 168