Karikaturen: Unterschied zwischen den Versionen

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Seit der Erfindung des Buchdrucks gibt es Karikaturen. Sie spiegeln die Gesellschaft bzw. das was diese Gesellschaft bewegt. Dadurch eignen sie sich sehr gut für den Einsatz in der Schule und vor allem im Geschichtsunterricht. Sie sind für Schülerinnen und Schülern ein ansprechendes Fenster in die Vergangenheit und somit ein geeigneter Zugang. Die Arbeit mit Karikaturen kann den Schülerinnen und Schüler komplexe Sachverhalte gut veranschaulichen und dient gleichzeitig der Reflexion. Natürlich hat die Karikatur auch Nachteile, aber diese können bei guter Vorbereitung des Lehrers leicht behoben werden. So ist der Einsatz von Karikaturen eine Bereicherung für den Geschichtsunterricht. Im Einsatz ist ihr hohes Maß an Flexibilität und ihr multiperspektivisches Wesen von einem hohen Nutzwert.   
Seit der Erfindung des Buchdrucks gibt es Karikaturen. Sie spiegeln die Gesellschaft bzw. das was diese Gesellschaft bewegt. Dadurch eignen sie sich sehr gut für den Einsatz in der Schule und vor allem im Geschichtsunterricht. Sie sind für Schülerinnen und Schülern ein ansprechendes Fenster in die Vergangenheit und somit ein geeigneter Zugang. Die Arbeit mit Karikaturen kann den Schülerinnen und Schüler komplexe Sachverhalte gut veranschaulichen und dient gleichzeitig der Reflexion. Natürlich hat die Karikatur auch Nachteile, aber diese können bei guter Vorbereitung des Lehrers leicht behoben werden. So ist der Einsatz von Karikaturen eine Bereicherung für den Geschichtsunterricht. Im Einsatz ist ihr hohes Maß an Flexibilität und ihr multiperspektivisches Wesen von einem hohen Nutzwert.   


==Quellen==
==Literatur==
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Version vom 31. Oktober 2012, 11:49 Uhr

Karikatur leitet sich vom italienischen „caricare“ ab und bedeutet überladen bzw. übertreiben. Es ist die humoristische-überzeichnete Darstellung von gesellschaftlichen Ereignissen, Zuständen oder von Menschen. Oft hat die Karikatur einen politischen oder propagandistischen Hintergrund.

Geschichte der Karikatur

Entstehung

Die heutige Form der Karikatur geht auf drei verschiedene historische Grundtypen zurück.

Die Reformsatire/ Schandgemälde

Durch die Erfindung des Buchdrucks wurde die Entwicklung der Karikatur als Massenmedium erstmals möglich gemacht. In der Zeit der Reformation wurden so viele Holzstiche mit politisch-religiösen Inhalten veröffentlicht. Diese dienten der Schmähung und Denunziation von politischen Gegnern. Sie wurden von katholischer wie auch von protestantischer Seite eingesetzt.

Die Porträtzeichnung der Renaissance

Die Porträtkarikatur bedarf der theoretischen Unterscheidung zwischen Ähnlichkeit und Äquivalenz.[1] Es handelt sich hierbei um die Gleichheit in der Ungleichheit 1933. [2] Der Italiener Anibale Caracci (1560-1600) verstärkte in seinen Werken die körperlichen Merkmale der Gezeichneten um sie zu schmähen. Gianlorenzo Bernini (1598-1680) ging noch einen Schritt weiter und arbeitete die Wesenszüge der Porträtierten mit in seine Werke ein.

Die kritische englische Graphik des 18. Jahrhunderts

Die Wegnahme der Zensur in England im Jahre 1696 ermöglichte es den Karikaturisten ihre Zeichnungen als visuell-politische Leitartikel zu drucken. So wurde die Karikatur zur starken publizistisch-politischen Waffe.

Die Karikatur in Deutschland

Die Karikatur im 19. Jahrhundert

Die Geschichte der Karikaturen in Deutschland geht einher mit dem bürgerlichen Ringen um Pressefreiheit. Alle Presseerzeugnisse unterlagen der Vorzensur. Diese wurde 1842 für Karikaturen in Preußen abgeschafft, jedoch im Folgejahr wieder eingeführt. 1848/49 wiederholte sich diese Prozedur. Dennoch entstanden in dieser Zeit einige Karikaturblätter, z.B. Kladderadatsch (1848) und der Simplizissimus (1896).

Die Karikatur im Dritten Reich

Nach einer Blütezeit verschiedener, vor allem linksorientierter Karikaturblätter, kam es im Dritten Reich zu einer Verbotswelle und Unterdrückung durch Hitlers Gleichschaltungsgesetze (1933). Die Nationalsozialisten verwendeten für ihre eigenen Zwecke keine Karikaturen im eigentlichen Sinne, da die Ironie fehlte. Sie setzten auf propagandistische Schandbilder. Meist wurden Juden, Marxisten oder ähnliche Feindbilder beschworen bzw. verunglimpft.

Die Karikatur in der BRD und DDR

Nach dem Zweiten Weltkrieg erlebte die Karikatur in der Bundesrepublik Deutschland (BRD) eine Renaissance. Neben den klassischen Bereichen wie Innen- und Außenpolitik richtete sie sich nun auch gesellschaftlichen Themen zu. In der Deutschen Demokratischen Republik (DDR) diente die Karikatur der Abrechnung mit dem Klassenfeind und dessen kapitalistischem System. Innenpolitisch waren Karikaturen wenig kritisch.

Die Karikatur in der heutigen Zeit

In der heutigen Zeit hat die Karikatur einen verminderten Stellenwert in der Gesellschaft. Die mediale Omnipräsenz führte zu einem Strukturwand. So ist die Karikatur meist heute auf das Wesentliche beschränkt, weniger bildgewaltig und beschäftigt sich mit alle Themen der Gesellschaft.

Definitionsmerkmale und Quellenwert

Verdichtung in den bildlichen Mitteln

In einer Karikatur werden Inhalte oder Personen reduziert bzw. verknappt dargestellt und dennoch überzeichnet. Meist kommt es zu einer Verknüpfung von Personen mit Objekten, wie z.B. zu einer Analogie zwischen Helmut Kohl und einer Birne. Der Karikaturist schafft so eine erkennbare Ähnlichkeit in entstellter Form. [3]

Tendenz

Es ist wichtig zu beachten und den Schülerinnen und Schülern zu vermitteln, dass eine Karikatur nie ein neutrales, wertfreies Bild zeichnet. Sie hat immer eine Tendenz und möchte auf vermeintliche Missstände, aus Sicht des Karikaturisten, hinweisen. Seine Absicht ist es, das vermeintlich „wahre“ Gesicht einer Person oder eines Umstandes aufzuzeigen.

Zusammenwirken zwischen Technik und Tendenz

Durch die veränderte bildliche Darstellung der Mächtigen und die darin beinhaltete Ironie erzeugt der Karikaturist beim Betrachter Lustempfinden. Dieser Akt der Erniedrigung setzt kurzzeitig das Mächteverhältnis zwischen den Karikierten, als echte Personen, und dem Betrachter außer Kraft und erzeugt so Freude.

Sozialer Charakter

Eine Karikatur hat immer einen hohen sozialen Charakter. So sucht der Karikaturist, als Täter, Anerkennung bzw. Sympathisanten bei den Karikaturbetrachtern. Beide machen sich über das Opfer, also den Karikierten, lustig.

Karikatur und Erinnerungsverlust

Karikaturen unterliegen einem hohen Maß an Vergänglichkeit. So werden Inhalte undeutbar, wenn die Ereignisse zu lange zurückliegen oder nicht dokumentiert wurden. Der heutige Betrachter kann dann keinen Zusammenhang zwischen dem Überrest, also der Karikatur und ihrem Kontext herstellen.

Quellenwert

Karikaturen verfügen über einen hohen Quellenwert, da ihre Entstehung eine direkte Reaktion auf ein historisches Ereignis ist. Sie sind somit immer zeitnah, spiegeln die damalige Gegenwart und waren Teil deren Öffentlichkeit. Sie gehören dadurch zur multiperspektivischen Geschichtsbetrachtung.

Durch die Karikatur werden abstrakte Inhalte sichtbar gemacht und dienen somit als Vorstellungshilfe. Dennoch dürfen sie nicht unkommentiert bleiben, da sie meinungsorientiert sind und immer stark werten. Durch diesen Verstoß gegen den geschichtlichen Grundsatz der Neutralität muss ihr Einsatz in der Schule mit den Schülerinnen und Schülern gut vorbereitet, besprochen und geübt werden.

Ein weiteres Kriterium im Umgang mit Karikaturen im Unterricht ist der historische Hintergrund, welcher den Schülerinnen und Schülern bekannt sein muss und dass unsere heutigen Werte und Normen nicht zwangsläufig auf die damalige Zeit übertragbar sind.

Symbolrepertoire und historisches Denken

Symbolrepertoire

Das Symbolrepertoire für Karikaturen ist unerschöpflich und entwickelt sich stetig weiter. Es umfasst bekannte Mythen, Märchen, Fabeln, Symbole, Metaphern, Redensarten, Vergleiche, Zitate und vieles mehr. All diese in einer Karikatur verwendeten Mittel müssen analysiert und dekodiert werden, um den Inhalt sowie die Bedeutung der Karikatur bzw. die Intention des Karikaturisten erfassen und bewerten zu können. So müssen die Schülerinnen und Schüler Personifikationen auflösen, Symbole deuten, natürliche Metaphern verstehen, politische Metaphern erkennen, historische Personen und Situationen benennen und Allegorien auflösen können.[4]

Historisches Denken

Die Einbettung von Karikaturen in den Geschichtsunterricht dient der Entwicklung des historischen Denkens.[5] Die Karikatur als spontane Reaktion auf ein historisches Ereignis ist ein Teil der damaligen Interaktion, also ein Überrest. Die Schülerinnen und Schüler können so verschiedene Sichtweisen auf ein historisches Thema erfahren und lernen diese zu bewerten.

Typologie

Dietrich Grünewald klassifiziert in seinem Werk „Karikaturen im Unterricht“ (1979) die Karikaturen in vier Bereiche.

Die deskriptive Karikatur

Diese Art der Karikatur beschreibt einen Sachverhalt. Die Karikatur „He Made Some hootch and tried it on the dog“ (1921) von Arthur Burdett Frost (1851-1928) beschreibt die Folgen der Prohibition in den USA und die daraus folgende illegale Herstellung von Alkohol.

Die kommentierende Karikatur

Bei dieser Kategorie werden die Ereignisse auf den Punkt gebracht. So verdeutlicht die Karikatur „Dropping the Pilot“(1890) von John Tenniel (1820-1914) die Entlassung Otto von Bismarck, welcher als Lotse das Schiff verlässt.

Die analytische Karikatur

Die analytische Karikatur zeigt Ursachen, Entwicklungen auf und gibt Erklärungen ab. Des Weiteren stellt sie Prognosen auf. Myriam Thyes (*1963) verweist mit ihrer Karikatur „SCHWARZ-GELB: Deutschland -Radioaktiv -NRW – Düsseldorf“(2009) auf die Koalition von CDU und FDP in Nordrhein-Westfalen, die geplante Verlängerung der Atomkraftwerke und die daraus resultierende innere Zerrissenheit Deutschlands.

Die agitatorische Karikatur

Karikaturen dieser Kategorie wollen den Betrachter aufwiegeln bzw. haben einen starken reißerischen Charakter. Die Karikatur „Allah ist groß“ (2012) von „newath2009“ zeigt das Bild der Muslime aus Sicht des Verfassers auf.

Methodik

Allgemeine Methodik zur Karikatur

Die Erarbeitung von Karikaturen ist betrachterorientiert und es gibt keine festen Regeln. Es handelt sich um eine visuelle Darstellung, die keine klare Leserichtung vorgibt. Die Karikatur hat also keine lineare Lesestruktur[6], wie sie z. B. in einem Buch zu finden ist. Die Schülerinnen und Schüler beginnen mit ihnen bereits vertrauten Inhalten oder Symbolen, welche sie in der Karikatur wiederentdecken und erarbeiten sich anhand dieser die noch unbekannten Aspekte. Hierfür sind individuelle Vorkenntnisse und Einstellungen der Schülerinnen und Schüler ebenso wichtig wie die Auswertung der Quellenlegende. Der Erarbeitungsprozess ist zweigeteilt. Zuerst sollen die Schülerinnen und Schüler lediglich berichten, was sie sehen. In dieser Phase geben sie noch keine Wertung oder Interpretation zur Karikatur und dem Dargestellten ab. Sie stellen also lediglich Beobachtungen an. Die Interpretation folgt im zweiten Teil. Nun sollen die Schülerinnen und Schüler ihre Beobachtungen reflektieren, mit ihrem Vorwissen abgleichen und die eigentliche Interpretation starten. Karikaturen können im gesamten Stundenbereich eingesetzt werden oder gar „stundenfüllend“ sein. Es ist davon abzuraten, sie nur zum Einstieg, zur Vertiefung oder zum Abschluss eines Themas einzusetzen.[7]

Karikatureinsatz im Unterricht

Die folgenden vier Unterpunkte sollen den vielseitigen Einsatz von Karikaturen im Geschichtsunterricht verdeutlichen.

Die Einzelkarikatur

Der Lehrer präsentiert den Schülerinnen und Schülern per Overheadfolie oder Arbeitsblatt eine einzelne Karikatur zu einem bestimmten historischem Ereignis. Hierbei können die Schülerinnen und Schülern frei arbeiten oder sich an Leitfragen orientieren.

Die diachrone Reihe

Der Lehrer präsentiert den Schülerinnen und Schülern mehrere Karikaturen mit dem gleichen Grundmotiv, aber einer der geschichtlichen Situation angepassten Varianz. Bei dieser Art der Karikaturerarbeitung ist die Motivkonstante von bedeutender Aussagekraft. Da die einzelnen Karikaturen aus ihrem zeitlichen Kontext herausgelöst sind, ist der Vergleiche der abgebildeten Personen umso bedeutungsvoller. Ein weiterer Aspekt einer diachronen Reihe wäre die Intention des Verfassers und warum er diese Art der Darstellung wählt. Die Schülerinnen und Schülern könnten auch die Veränderungen bzw. die angepasste Situation auswerten. Hierfür würde sich ein tabellarisches Arbeitsblatt eignen.

Die synchrone Reihe

Diese Art der Karikaturzusammenstellung dient der multiperspektivische Geschichtsbetrachtung, da die Schülerinnen und Schülern mehrere Darstellungen von verschiedenen Karikaturisten zu einem Ereignis hab. So können sie verschiedene Sichtweisen erfahren und diese vergleichen.

Das Bildpaar

Die Arbeit mit Karikaturbildpaaren ermöglicht den Schülerinnen und Schülern große kreative Freiräume. So kann der Lehrer nur einen Teil des Bildpaares vorgeben und die Schülerinnen und Schülern ergänzen das fehlende Bild bzw. die fehlende Bildhälfte. Doch auch zum „Vorher-Nachher-Vergleich“ bzw. dem „Hier-Dort-Vergleich“ eignet sich diese Unterrichtsmethode ebenso, wie zum Vergleich verschiedener sozialer Schichten.

Fazit

Seit der Erfindung des Buchdrucks gibt es Karikaturen. Sie spiegeln die Gesellschaft bzw. das was diese Gesellschaft bewegt. Dadurch eignen sie sich sehr gut für den Einsatz in der Schule und vor allem im Geschichtsunterricht. Sie sind für Schülerinnen und Schülern ein ansprechendes Fenster in die Vergangenheit und somit ein geeigneter Zugang. Die Arbeit mit Karikaturen kann den Schülerinnen und Schüler komplexe Sachverhalte gut veranschaulichen und dient gleichzeitig der Reflexion. Natürlich hat die Karikatur auch Nachteile, aber diese können bei guter Vorbereitung des Lehrers leicht behoben werden. So ist der Einsatz von Karikaturen eine Bereicherung für den Geschichtsunterricht. Im Einsatz ist ihr hohes Maß an Flexibilität und ihr multiperspektivisches Wesen von einem hohen Nutzwert.

Literatur

  1. vgl. Gombrich, Ernst:Das Experiment der Karikatur S. 376
  2. vgl. Kris, Ernst: Psychologie der Karikatur 1977, S. 147
  3. vgl. Pandel, Hans-Jürgen:Handbuch Medien im Geschichtsunterricht. 2011, S. 296
  4. vgl. Pandel, Hans-Jürgen: Handbuch Medien im Geschichtsunterricht. 2011, S. 279
  5. vgl. Pandel, Hans-Jürgen: Handbuch Medien im Geschichtsunterricht. 2011, S. 280
  6. vgl. Pandel, Hans-Jürgen: Handbuch Medien im Geschichtsunterricht. 2011, S. 286
  7. vgl. Pandel, Hans-Jürgen: Handbuch Medien im Geschichtsunterricht. 2011, S.286