Oral History: Unterschied zwischen den Versionen

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Bevor das Interview beginnen kann, sollen die Schülerinnen und Schüler ein kurzes Vorgespräch mit dem Zeitzeugen durchführen. In dieser „Aufwärmphase“ sollen die Schülerinnen und Schüler ihren Gesprächspartner kennen lernen. Denn „Ist man sich gegenseitig von Grund auf unsympathisch, hat ein Interview wenig Sinn“. <ref> Sauer, 2004, S.201</ref> Dabei sollen die Schülerinnen und Schüler auch erste Informationen über die zu befragende Person erfahren. In diesem Gespräch sollten sie sich allerdings nur auf die wichtigsten Informationen beschränken, damit der Zeitzeuge im anschließenden Interview nicht ständig auf das Vorgespräch verweist oder sich wiederholen muss.  
Bevor das Interview beginnen kann, sollen die Schülerinnen und Schüler ein kurzes Vorgespräch mit dem Zeitzeugen durchführen. In dieser „Aufwärmphase“ sollen die Schülerinnen und Schüler ihren Gesprächspartner kennen lernen. Denn „Ist man sich gegenseitig von Grund auf unsympathisch, hat ein Interview wenig Sinn“. <ref> Sauer, 2004, S.201</ref> Dabei sollen die Schülerinnen und Schüler auch erste Informationen über die zu befragende Person erfahren. In diesem Gespräch sollten sie sich allerdings nur auf die wichtigsten Informationen beschränken, damit der Zeitzeuge im anschließenden Interview nicht ständig auf das Vorgespräch verweist oder sich wiederholen muss.  


In diesem Vorgespräch soll auch Absprache über Aufzeichnungen (Kamera, Tonbandgerät) gehalten werden, der allgemeine Ablauf besprochen werden und ein Termin und Ort vereinbart werden. Als Ort würde sich die Wohnung des Zeitzeugen am besten anbieten, da dieser in seiner vertrauten Umgebung ist und außerdem während des Gesprächs auf Fotos, Gegenstände oder Dokumente zurückgreifen kann. <ref> vgl. Sauer, 2004, S.201 f.)<ref> Außerdem fühlen sich die Zeitzeugen „im allgemeinen zuhause am sichersten“ <ref> Pandel, 2005, S.458</ref>  und können „dort ungezwungen und offen sprechen“. <ref> Pandel, 2005, S.458</ref>  
In diesem Vorgespräch soll auch Absprache über Aufzeichnungen (Kamera, Tonbandgerät) gehalten werden, der allgemeine Ablauf besprochen werden und ein Termin und Ort vereinbart werden. Als Ort würde sich die Wohnung des Zeitzeugen am besten anbieten, da dieser in seiner vertrauten Umgebung ist und außerdem während des Gesprächs auf Fotos, Gegenstände oder Dokumente zurückgreifen kann. <ref> vgl. Sauer, 2004, S.201 f.)</ref> Außerdem fühlen sich die Zeitzeugen „im allgemeinen zuhause am sichersten“ <ref> Pandel, 2005, S.458</ref>  und können „dort ungezwungen und offen sprechen“. <ref> Pandel, 2005, S.458</ref>  


Danach werden die Aufzeichnungen vorbereitet. Dabei dürfen ein Notizblock, eine Kamera oder ein Tonaufnahmegerät und ein Fotoapparat nicht fehlen. Gegebenenfalls können auch die Schülerinnen und Schüler Fotos oder Texte als Denkanstöße mitnehmen. Auch sollen sie sich Gedanken machen, was die Schülerinnen und Schüler als Gastgeschenk mitbringen. Blumen, ein Wein oder Pralinen können eine kleine Aufmerksamkeit sein und zu einer besseren und „angenehmeren Gesprächsatmosphäre“ beitragen.<ref> Pandel, 2005, S.458</ref>
Danach werden die Aufzeichnungen vorbereitet. Dabei dürfen ein Notizblock, eine Kamera oder ein Tonaufnahmegerät und ein Fotoapparat nicht fehlen. Gegebenenfalls können auch die Schülerinnen und Schüler Fotos oder Texte als Denkanstöße mitnehmen. Auch sollen sie sich Gedanken machen, was die Schülerinnen und Schüler als Gastgeschenk mitbringen. Blumen, ein Wein oder Pralinen können eine kleine Aufmerksamkeit sein und zu einer besseren und „angenehmeren Gesprächsatmosphäre“ beitragen.<ref> Pandel, 2005, S.458</ref>

Version vom 22. November 2012, 17:18 Uhr

Katharina Follath


Allgemeines:

Die Oral History gehört, wie Tondokumente, Lieder und Hörspiele, zu dem Bereich der auditiven Medien. Die „Oral History“ ist eine geschichtswissenschaftliche Methode, mit der durch Befragung und dem freien Sprechen von Zeitzeugen etwas über die Geschichte berichtet wird. [1] Dies wird in der Regel auf einem Tonträger festgehalten, um später Ereignisse, Meinungen, Erfahrungen, Wertehaltungen und Einstellungen als Quellenmaterial auszuwerten. Der Begriff „Oral History“ ist in der deutschen Sprache eher ein Verlegenheitsbegriff, der sich allerdings überwiegend durchgesetzt hat. Sinngemäß kann dieser mit „erinnerter Geschichte“ oder „mündlich erfragte Geschichte“ übersetzt werden.

Die „Oral History“ kommt dort zum Einsatz, wo schriftliche Quellen zerstört wurden (z.B. durch Krieg, Feuer) oder von vorneherein überhaupt nicht entstanden sind (z.B. mangels an Papier). Somit ermöglicht die „Oral History“ einen Zugriff auf Geschichte, die nur in dieser Form zu erfahren ist, da die befragten Menschen ihre Geschichte selbst nicht aufgeschrieben haben oder ihre Erinnerungen und Erfahrungen erst gar nicht als Geschichte wahrnehmen. Durch diese Methode wird ein neuer Blick auf die Vergangenheit geworfen, da es sich hierbei nicht nur um gestaltete, sondern um erfahrene und erlittene Geschichte handelt. Fälschlicherweise wird der Name der „Oral History“ häufig auf alle Formen der Unterhaltung mit Zeitzeugen angewandt, obwohl ausdrücklich darauf hingewiesen wird, dass die Methode kein Gespräch, sondern vielmehr ein freies Sprechen der Befragten ist.


Geschichte der Oral History

Das mündliche Weitergeben von Geschichte ist keine neuartige Erfindung, sondern ganz im Gegenteil: Sie ist eine der ältesten Darstellungsformen von Geschichte überhaupt. Schon in der Antike war das Erzählen von vergangenen Ereignissen ein Mittel der Geschichtsforschung. Herodot, der auch als der „Vater der Geschichtsschreibung“ gilt, wandte diese Methode an, um Material für die Geschichte der Perserkriege zu sammeln. Seit dieser Zeit haben Historiker immer wieder nach diesem Muster gearbeitet.

Relativ jung ist allerdings die Praxis der systematischen Befragung von älteren Menschen im Rahmen einer historischen Forschung. Erst im 20. Jahrhundert wandte Professor Allan Nevins von der Columbia Universität diese Methode an. Ihn frustrierte die Vorstellung, dass Verstorbene ihren ganzen Schatz an Erinnerungen und Erfahrungen mit ins Grab nahmen und ihn der Nachwelt entzogen. Aus diesem Grund gründete er im Jahre 1948 das „Oral-History-Institut“ und zeichnete seitdem regelmäßig Interviews von älteren Menschen auf. Mithilfe des Tonbandgerätes gelang ihm dann der Durchbruch. Seit den 1960ern ist die Methode der „Oral History“ auch im deutschen Sprachraum verbreitet.

Das Ziel dieser geschichtswissenschaftlichen Methode ist die Rekonstruktion und Deutung alltäglicher Lebensverhältnisse. Interviewt werden Betroffene und Beteiligte historischer Ereignisse oder Prozesse. Dabei wird meist ein alltagsgeschichtlicher Ansatz verwendet, der an die Geschichte „von unten“ anknüpft. Die „Oral History“ wird besonders für die „Alltags- und Lokalgeschichte“ verwendet und zeichnet verschiedene persönliche Lebensgeschichten auf. [2]


Vorgehensweise

Bei der Methode der „Oral History“ gibt es verschiedene Vorgehen der Zeitzeugenbefragung. Der genaue Vorgang ist dabei flexibel, allerdings ergebnisorientiert. Im Folgenden werde ich das Vorgehen nach Michael Sauer näher erläutern.


Themenfindung

Der Lehrer teilt die Klasse in heterogene Gruppen auf. In der Gruppe überlegen sich die Schülerinnen und Schüler mit welchem Thema sie sich näher beschäftigen wollen und legen dieses gemeinsam fest. Danach haben sie die Aufgabe, ihr eigenes „Erkenntnisinteresse“ zu formulieren, was sich mit einer Mindmap durchführen lässt. [3]

Dabei sind verschiedene Akzentsetzungen der Schülerinnen und Schüler möglich. So können sie den Schwerpunkt auf die persönliche Wahrnehmung oder die Lebensgeschichte des Zeitzeugen legen, oder es stehen die Sachinformationen für die Schülerinnen und Schüler im Vordergrund.

Der nächste Schritt ist die Planung. Ratsam wäre es, wenn die Schülerinnen und Schüler einen Zeitplan erstellen würden, um eine Strukturierung in ihre Planung zu bringen.


Inhaltliche Vorbereitung

Damit sich die Schülerinnen und Schüler ein breitgefächertes Hintergrundwissen aneignen können, sollen sie sich genauestens über Thema und die dazugehörige Zeit informieren. Dabei sollen sich die Schülerinnen und Schüler überlegen, was sie vom Zeitzeugen wissen wollen. Es ist äußerst wichtig, dass die Schülerinnen und Schüler „Profis“ in ihrem Fachgebiet sind, ansonsten verliert der Zeitzeuge in der Befragung schnell die Lust. Daraufhin sollen die Schülerinnen und Schüler einen Interviewleitfaden zusammenstellen. Dieser kann in Stichpunkten geschrieben werden, soll eine Struktur aufweisen, kann allerdings auch flexibel sein.

Bevor nun das Interview durchgeführt wird, muss die Methode der Zeitzeugenbefragung eingeübt werden. Eine mögliche Methode, um das Frageverhalten einzutrainieren, kann das Üben von Rollenspielen sein. [4] Dabei muss den Schülerinnen und Schülern die Scheu vor fremden Personen genommen werden. Außerdem soll ihnen die Gesprächsführung näher gebracht werden und sie sollen lernen, sich im Gespräch zurückzuhalten und flexibel auf unerwartete Antworten zu reagieren.


Suche nach geeigneten Zeitzeugen

Die Suche nach geeigneten Zeitzeugen birgt des Öfteren Schwierigkeiten. Nicht alle älteren Menschen sind als Zeitzeugen geeignet. Denn es gibt Personen, die nur jemanden zum Reden und vor allem zum Zuhören suchen und mehr über ihre körperlichen Gebrechen sprechen, als über die damalige Zeit. Auch gibt es „Profi-Zeitzeugen“ >, die bei jeder Befragung einen Standarttext aufsagen. [5]

Geeignete Zeitzeugen können die Schülerinnen und Schüler eher in Erzählcafés oder im Verwandten- und Bekanntenkreis finden. [6] Auch können Anzeigen in die Lokalzeitungen gesetzt werden. Ist ein Zeitzeuge gefunden worden, so muss das Thema gegebenenfalls nochmals überarbeitet werden, denn oft hängt das Thema vom Alter des Zeitzeugen ab.

Interessant wäre es auch, Zeitzeugen aus verschiedenen Generationen, Schichten, oder mit verschiedenen politischen oder religiösen Ansichten zu befragen, um möglichst eine Multiperspektivität zu erlangen. [7] Bei der Frage, welche Gesprächspartner geeignet sind, sollte der Lehrer einen Blick auf die Wahl der Schülerinnen und Schüler werfen und die Repräsentativität des Zeitzeugen überprüfen.

Voraussetzungen des Befragten sind, dass er ein breites Wissen über das befragte Thema aufweist, dass er sowohl körperlich, als auch geistig nicht zu gebrechlich ist und dass er auf die Schülerinnen und Schüler eingehen kann. Die Phase der Zeitzeugensuche erfordert viel Mut und Überwindung für die Schülerinnen und Schüler. Allerdings stärkt „ihre erfolgreiche Überwindung […] die soziale Kompetenz der Schüler“. [8]


Organisatorische Vorbereitung

Bevor das Interview beginnen kann, sollen die Schülerinnen und Schüler ein kurzes Vorgespräch mit dem Zeitzeugen durchführen. In dieser „Aufwärmphase“ sollen die Schülerinnen und Schüler ihren Gesprächspartner kennen lernen. Denn „Ist man sich gegenseitig von Grund auf unsympathisch, hat ein Interview wenig Sinn“. [9] Dabei sollen die Schülerinnen und Schüler auch erste Informationen über die zu befragende Person erfahren. In diesem Gespräch sollten sie sich allerdings nur auf die wichtigsten Informationen beschränken, damit der Zeitzeuge im anschließenden Interview nicht ständig auf das Vorgespräch verweist oder sich wiederholen muss.

In diesem Vorgespräch soll auch Absprache über Aufzeichnungen (Kamera, Tonbandgerät) gehalten werden, der allgemeine Ablauf besprochen werden und ein Termin und Ort vereinbart werden. Als Ort würde sich die Wohnung des Zeitzeugen am besten anbieten, da dieser in seiner vertrauten Umgebung ist und außerdem während des Gesprächs auf Fotos, Gegenstände oder Dokumente zurückgreifen kann. [10] Außerdem fühlen sich die Zeitzeugen „im allgemeinen zuhause am sichersten“ [11] und können „dort ungezwungen und offen sprechen“. [12]

Danach werden die Aufzeichnungen vorbereitet. Dabei dürfen ein Notizblock, eine Kamera oder ein Tonaufnahmegerät und ein Fotoapparat nicht fehlen. Gegebenenfalls können auch die Schülerinnen und Schüler Fotos oder Texte als Denkanstöße mitnehmen. Auch sollen sie sich Gedanken machen, was die Schülerinnen und Schüler als Gastgeschenk mitbringen. Blumen, ein Wein oder Pralinen können eine kleine Aufmerksamkeit sein und zu einer besseren und „angenehmeren Gesprächsatmosphäre“ beitragen.[13]

Interview/ Gesprächsführung

Für die Befragung des Zeitzeugen sollen sich Gruppen zusammenfinden mit höchstens sechs Personen. Die Rollenverteilung muss klar definiert werden (z.B. zwei Schülerinnen oder Schüler, die interviewen, zwei Schülerinnen oder Schüler, die sich Stichpunkte notieren und zwei, die sich um die Aufnahme kümmern). Zunächst werden dem Zeitzeugen nochmals alle technischen Geräte und die Einzelheiten des Projektes erläutert, sofern es in dem Vorgespräch nicht schon ausführlich erklärt wurde. Das Interview kann in drei Phasen aufgeteilt werden:


I.Phase

Das Interview beginnt mit einer belanglosen Einstiegsfrage, damit der Zeitzeuge allmählich warm wird und ein Teil seiner Nervosität von ihm fällt. Hierbei können Fragen über das Wetter oder die Wohnung gestellt werden. Danach soll eine sehr offene Eingangsfrage zum Thema gestellt werden. Dabei hat der Zeitzeuge die Möglichkeit sich wieder in die Situation hineinzudenken und mögliche Erinnerungen aufleben zu lassen. In dieser Phase hält sich der Interviewer betont zurück, um den Zeitzeugen nicht einzuengen. Selbstverständlich dürfen jedoch Verständnisfragen oder Fragen zur chronologischen Einordnung gestellt werden.

Wichtig ist, dass neben dem Interview ein Protokoll geführt wird. Die Schülerinnen und Schüler sollen Emotionen, Gestik, Mimik und wichtige Begriffe notieren. Außerdem sollen sie Interesse und Aufmerksamkeit signalisieren. Dies kann durch verbale Bestätigung, Kopfnicken, oder Blickkontakt geschehen. [14] In dieser Phase ist es besonders wichtig, den Zeitzeugen frei erzählen zu lassen. Ist dies nicht der Fall, fühlt er sich in seiner Entscheidungskraft, was und worüber er erzählen will, eingeengt.

II. Phase

Nun kommen Rückfragen zum Gehörten oder die vorbereiteten Fragen zum Einsatz. Wichtig ist, dass die Schülerinnen und Schüler offene Fragen stellen und den Befragten nicht zu sehr ausfragen. Der Zeitzeuge soll möglichst frei über sich reden (z.B. über Schule, Eltern, Beruf und politische Ansichten). Dabei erkennt man schon bald eine bestimmte Einstellung und eine grundlegende Prägung des Befragten. Die Schülerinnen und Schüler merken schnell, dass sie immer neugieriger werden, je mehr sie von den Geschichten und Anekdoten des Befragten erfahren. An geeigneten Stellen können sie nach Fotos, Dokumenten oder Gegenständen fragen, um eine zusätzliche Quellenbasis heranzuziehen, die auch weitere Erinnerungen des Zeitzeugen anregen können. Kritik und eigene Deutung sind im Interview fehl am Platz. Die Schülerinnen und Schüler dürfen zwar den Zeitzeugen auf Widersprüche aufmerksam machen, sollen dabei aber nicht belehrend sein. Auch wenn die Schülerinnen und Schüler nicht mit den Einstellungen oder Handlungen des Zeitzeugen einverstanden sind, dürfen sie ihm keine Vorwürfe machen. Der Zeitzeuge soll das Gefühl haben, verstanden zu werden und eine positive Rückmeldung erlangen.

III. Phase

In dieser letzten Phase werden Punkte angesprochen, die noch nicht behandelt wurden und noch offene Fragen können geklärt werden. Danach bedanken sich die Schülerinnen und Schüler und verabschieden sich.


Aufbereitung

Nach dem Interview werden wesentliche Aussagen anhand der Aufzeichnung zusammengefasst. [15] Möglich wäre es, einen tabellarischen Überblick zu erstellen. Dabei werden in einer Spalte grundlegende Ereignisse aus der Geschichte festgehalten und in der anderen Spalte die persönlichen Ereignisse aus der Lebensgeschichte des Zeitzeugen. Danach wird das Interview Wort für Wort transkribiert. Für die Schülerinnen und Schüler bedeutet dies einen sehr großen, aber lohnenswerten Aufwand. Somit können sie (oder der Lehrer) noch Wochen später auf das Interview zurückgreifen. Nach der Transkription wird die Aufzeichnung strukturiert und die Aussagen/ Daten werden auf ihre Validität und Reliabilität überprüft. „Stimmt das Datum eines Ereignisses, konnte der Zeitzeuge damals überhaupt schon davon wissen, hätte er nicht schon längst davon wissen müssen?“. [16] Daraufhin darf das Interview kommentiert und in den Kontext des Themas gestellt werden. Hierbei dürfen die Schülerinnen und Schüler ihre eigene Deutung und Wertung miteinbringen.


Präsentation

Nach der durchgeführten Quellenkritik und der Arbeit mit der Aufzeichnung, werden die Gruppenergebnisse der Klasse vorgestellt. Hierbei können die einzelnen Gruppen ihre Ergebnisse vergleichen und den anderen Gruppen Fragen stellen.


Vorteile der „Oral History“ im Unterricht

Die Behandlung des Mediums „Oral History“ birgt viele Vorteile für den Unterricht. Zum einen ist es eine willkommene Abwechslung sowohl für die Schülerinnen und Schüler, als auch für die Lehrerinnen und Lehrer, was zu einer erheblichen Motivation führen kann. < ref > vgl. Sauer, 2004, S.196</ref>

Auch haben die Schülerinnen und Schüler mit den Zeitzeugen eine „mündliche Quelle“ vor sich sitzen. Sie haben die Möglichkeit eigene Fragen zu stellen und bekommen eine authentische Antwort. Auch können sie Fragen zu historischen Themen stellen, zum Beispiel über das Leben, die Gefühle und Gedanken des Zeitzeugen, die im Unterricht nicht behandelt werden. „Zeitzeugen rücken Aspekte von Geschichte ins Bewusstsein, die bei der Behandlung der „großen Geschichte“ oft zu kurz kommen“. [17] Dadurch begegnet den Schülerinnen und Schülern Geschichte viel unmittelbarer, als beispielsweise durch die Textarbeit. [18] Eine Art „lebendige Geschichte“ entsteht.

Ein weiterer Vorteil ist die Förderung der Begegnung von unterschiedlichen Generationen. Durch eine „Kommunikation zwischen Generationen“, können Vorurteile abgebaut und Respekt, Verständnis und Achtung vermittelt werden. Zeitzeugen freuen sich, dass die Jugend Interesse an „ihrer“ Geschichte hat.

Zeitzeugeninterviews beziehen somit das außerschulische Leben in den Geschichtsunterricht mit ein, wodurch die Schülerinnen und Schüler einen ganz anderen Eindruck von Geschichte haben können. Sie entdecken, dass auch ihre Verwandten Quellen und somit ein Teil der Geschichte sind. Dadurch kann das Interesse an Geschichte noch viel mehr geweckt werden. Die Schülerinnen und Schüler erleben Geschichte aus „erster Hand“. Durch das Berichten „erlebter“ Geschichte rücken Zeitzeugen ganz andere Aspekte der Geschichte in den Vordergrund. Das schafft ein Schulbuch nicht. Durch die Methode der „Oral History“ wird auch das selbständige Arbeiten der Schülerinnen und Schüler gefördert, was ihnen später in der Arbeitswelt sicher helfen wird.


Kritik an der „Oral History“ im Unterricht

So viele Vorteile die „Oral History“ auch haben mag, genauso umstritten ist diese Methode auch. Kritiker behaupten, dass Interviews überhaupt keine „echten“ Quellen seien, sondern nur nachträgliche Interpretationen der Befragten. Diese Interviews haben wenig mit Erinnerungen zu tun, sondern vielmehr mit einer Rekonstruktion. Zeitzeugen erzählen oft nicht genau die Geschichte wie sie war, sondern bringen ihre ganz persönlichen Sichtweisen zum Ausdruck. Z

um einen sind die Aussagen der Zeitzeugen subjektiv. < ref > vgl. Sauer, 2004, S.196 f. </ref> Das heißt, dass Erinnerungen oftmals nachträglich durch den Erzähler beeinflusst und „korrigiert“ werden. Die Zeitzeugen reflektieren ihre Vergangenheit und damalige Ansichten und ändern diese im Nachhinein. Zum anderen sind die Aussagen der Zeitzeugen auch selektiv. Die Erinnerungen können durch den langen Zeitabstand lückenhaft sein, Teile der Erinnerungen könnten verdrängt oder vergessen sein. Die Schülerinnen und Schüler müssen in jedem Fall die Aussagen überprüfen und in den geschichtlichen Zusammenhang einordnen.

Bei der Methode der „Oral History“ besteht die Gefahr, dass die Schülerinnen und Schüler die Aussagen der Zeitzeugen für die einzige Wahrheit halten. Somit kann es durchaus passieren, dass die Schülerinnen und Schüler diese Aussagen für glaubwürdiger halten, als den Inhalt der Bücher oder sogar den Unterrichtsstoff des Lehrers. Schließlich haben die Zeitzeugen an der Geschichte selbst teilgenommen und wissen somit, nach Glauben der Schülerinnen und Schüler, besser Bescheid. So müssen diese Quellen „kritisch im Hinblick auf Perspektive, Werteurteile usw. befragt werden“. [19]


Ein weiterer Nachteil der „Oral History“ ist, dass eine intensive Vor- und Nachbereitung und ein hohes Maß an Selbstständigkeit und Eigeninitiative bei den Schülerinnen und Schüler notwendig ist. Somit ist die Methode der „Oral History“ im alltäglichen Schulunterricht schlecht umsetzbar und kann nur „im handlungs- und projektorientierten Geschichtsunterricht“ durchgeführt werden. [20]


Fazit

Insgesamt kann man sagen, dass die Arbeit mit Zeitzeugen viel verlangt – „auf kognitiver, organisatorischer und emotionaler Ebene“. [21] Gelingt dies allerdings, so kann die Befragung von Zeitzeugen zu „einem Lehrstück für forschend-entdeckendes Lernen“ werden. [22]

Belege

  1. vgl. Sauer, 2004, S.196 f.
  2. vgl. Pandel, 2005, S.452 f.
  3. vgl. Sauer, 2004, S. 199 f.
  4. vgl. Pandel, 2005, S.459 f.
  5. vgl.Sauer, 2004, S.199 f.
  6. vgl. Pandel, 2005, S.458
  7. vgl. Pandel, 2005, S.458
  8. Sauer, 2004, S.201
  9. Sauer, 2004, S.201
  10. vgl. Sauer, 2004, S.201 f.)
  11. Pandel, 2005, S.458
  12. Pandel, 2005, S.458
  13. Pandel, 2005, S.458
  14. vgl. Pandel, 2005, S.459
  15. vgl. Sauer, 2004, S.202 f.
  16. Sauer, 2004, S.202
  17. Sauer, 2004, S.196
  18. vgl. Sauer, 2004, S.196 f.
  19. Sauer, 2004, S.201
  20. vgl. Sauer, 2004, S.201
  21. Sauer, 2004, S.202
  22. Sauer, 2004, S.202

Literatur

Pandel, Hans-Jürgen (1985):Handbuch Medien im Geschichtsunterricht, 1. Auflage, Schwann

Pandel, Hans-Jürgen (2005): Handbuch Medien im Geschichtsunterricht, 3. Auflage, Wochenschau-Verlag

Sauer, Michael (2004): Geschichte unterrichten: Eine Einführung in die Didaktik und Methodik, Seelze-Velber: Kallmeyer

Internet

http://de.wikipedia.org/wiki/Oral_History (21.09.12)

http://www.uni-konstanz.de/FuF/Philo/Geschichte/Tutorium/Themenkomplexe/ Quellen/Quellenarten/Oral_history/oral_history.html (21.09.12)

http://www.uni-giessen.de/cms/fbz/fb04/institute/geschichte/didaktik/dokumente/Mat_Medien/geschichtsdidaktische-pruefungsthemen/zeitzeugenbefragung-und-oral-history/unterscheidungen-zwischen-oral-history-und-zeitzeugenbefragung (30.10.12)