Unternehmertum: Unterschied zwischen den Versionen

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Unternehmertum ist der Begriff, der die Gesamtheit des unternehmerischen Denken und Handelns umschreibt.<ref> Businessinsider(2019): Unternehmertum. Gründerszene Lexikon. Businessinsider. https://www.businessinsider.de/gruenderszene/lexikon/begriffe/unternehmertum/ (Abgerufen am 23.11.22) </ref> Der Begriff Unternehmertum leitet sich von dem Wort „Unternehmen“ ab, was auch schon aufzeigt, dass Unternehmertum eher aktiv als passiv geprägt ist. Der Begriff „Unternehmertum“ wird heute zumeist durch die englische Bezeichnung Entrepreneurship ersetzt. Beide Begriffe meinen in ihrem Kern jedoch das Gleiche – und zwar die Geisteshaltung, die ein Unternehmer trägt und welche sein gesamtes Handeln beeinflusst.<ref> Businessinsider(2019): Unternehmertum. Gründerszene Lexikon. Businessinsider. https://www.businessinsider.de/gruenderszene/lexikon/begriffe/unternehmertum/ (Abgerufen am 23.11.22) </ref>
Unternehmertum ist der Begriff, der die Gesamtheit des unternehmerischen Denken und Handelns umschreibt.<ref> Businessinsider(2019): Unternehmertum. Gründerszene Lexikon. Businessinsider. https://www.businessinsider.de/gruenderszene/lexikon/begriffe/unternehmertum/ (Abgerufen am 23.11.22) </ref> Der Begriff Unternehmertum leitet sich von dem Wort „Unternehmen“ ab, was auch schon aufzeigt, dass Unternehmertum eher aktiv als passiv geprägt ist. Der Begriff „Unternehmertum“ wird heute zumeist durch die englische Bezeichnung Entrepreneurship ersetzt. Beide Begriffe meinen in ihrem Kern jedoch das Gleiche – und zwar die Geisteshaltung, die ein Unternehmer trägt und welche sein gesamtes Handeln beeinflusst.<ref> Businessinsider(2019): Unternehmertum. Gründerszene Lexikon. Businessinsider. https://www.businessinsider.de/gruenderszene/lexikon/begriffe/unternehmertum/ (Abgerufen am 23.11.22) </ref>
Was ist „Entrepreneurship“?
Was ist „Entrepreneurship“?
Entrepreneurship bezeichnet zum einen das Ausnutzen unternehmerischer Gelegenheiten (= Potenzial, eine Idee zu erkennen und diese zu einer marktfähigen Innovation auszubauen) sowie den kreativen und gestalterischen unternehmerischen Prozess in einer Organisation, bzw. einer Phase unternehmerischen Wandels, und zum anderen eine wissenschaftliche Teildisziplin der Betriebswirtschaftslehre.<ref>Kollmann, Tobias (2018): Entrepreneurship. Gabler Wirtschaftslexikon. https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/entrepreneurship-51931/version-275082 (Abgerufen am 23.11.22)</ref> Schulte ergänzt, dass Menschen im Rahmen von Entrepreneurship unabhängig von ihrem beruflichen Status vorausplanend die Zukunft beeinflussen und erlerntes, innovatives, unternehmerisches Denken und Handeln aufweisen.<ref>Schulte, 2019</ref>
Entrepreneurship bezeichnet zum einen das Ausnutzen unternehmerischer Gelegenheiten (= Potenzial, eine Idee zu erkennen und diese zu einer marktfähigen Innovation auszubauen) sowie den kreativen und gestalterischen unternehmerischen Prozess in einer Organisation, bzw. einer Phase unternehmerischen Wandels, und zum anderen eine wissenschaftliche Teildisziplin der Betriebswirtschaftslehre.<ref>Kollmann, Tobias (2018): Entrepreneurship. Gabler Wirtschaftslexikon. https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/entrepreneurship-51931/version-275082 (Abgerufen am 23.11.22)</ref> Schulte ergänzt, dass Menschen im Rahmen von Entrepreneurship unabhängig von ihrem beruflichen Status vorausplanend die Zukunft beeinflussen und erlerntes, innovatives, unternehmerisches Denken und Handeln aufweisen.<ref>Schulte, B. (2019): Unternehmensnachfolgen und Entrepreneurship Education. Eine empirische Analyse im Kontext der Effectuation-Theorie. Wiesbaden: Springer Gabler.
Es ist zwischen Entrepreneurinnen im weiteren und im engeren Sinne zu unterscheiden. Letztere errichten ein Unternehmen in der Rolle von Gründerinnen, während Entrepreneurinnen im weiteren Sinne ein Unternehmen als Unternehmerinnen in eigentümerischer Position betreiben. Naheliegender für die Lernenden in der Schule könnte der Entrapreneur sein, der in abhängiger Beschäftigung unternehmerisch denkt und handelt.<ref>Wiepcke, 2008; May & Wiepcke, 2012</ref>
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Es ist zwischen Entrepreneurinnen im weiteren und im engeren Sinne zu unterscheiden. Letztere errichten ein Unternehmen in der Rolle von Gründerinnen, während Entrepreneurinnen im weiteren Sinne ein Unternehmen als Unternehmerinnen in eigentümerischer Position betreiben. Naheliegender für die Lernenden in der Schule könnte der Entrapreneur sein, der in abhängiger Beschäftigung unternehmerisch denkt und handelt.<ref>Wiepcke, C. (2008): Entrepreneurship Education im Fokus von Employability und Nachhaltigkeit; In: Lörwald, Dirk (Hrsg.) et al.: Ökonomie und Gesellschaft, Wiesbaden, S. 267-283.; May & Wiepcke (2012): Lexikon der ökonomischen Bildung. 8., völlig überarb. und erw. Auflage. München: Oldenbourg.
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=== Abgrenzung Unternehmer von Managern ===
=== Abgrenzung Unternehmer von Managern ===
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=== Entrepreneurship-Education ===
=== Entrepreneurship-Education ===
Entrepreneurship-Education beschreibt die Bildungsmaßnahmen, die unternehmerische Einstellungen, Fähigkeiten und Kenntnisse vermitteln. Sie zielt darauf ab, Lernende dazu zu befähigen, unternehmerisch zu denken und zu handeln, um so die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Beseitigung von Armut und die Verbesserung der Lebensqualität zu fördern.<ref>Kollmann, 2018</ref>
Entrepreneurship-Education beschreibt die Bildungsmaßnahmen, die unternehmerische Einstellungen, Fähigkeiten und Kenntnisse vermitteln. Sie zielt darauf ab, Lernende dazu zu befähigen, unternehmerisch zu denken und zu handeln, um so die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Beseitigung von Armut und die Verbesserung der Lebensqualität zu fördern.<ref>Kollmann, Tobias (2018): Entrepreneurship. Gabler Wirtschaftslexikon. https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/entrepreneurship-51931/version-275082 (Abgerufen am 23.11.22)</ref>


Entrepreneurship-Education kann in verschiedenen Formen und Einrichtungen angeboten werden, wie zum Beispiel in Schulen, Hochschulen, Weiterbildungs- und Beratungszentren. Es kann sowohl formal als auch informell erfolgen und kann sowohl für die Entwicklung von unternehmerischen Fähigkeiten als auch für die Entstehung von Unternehmen genutzt werden.<ref>Schulte, 2019</ref>
Entrepreneurship-Education kann in verschiedenen Formen und Einrichtungen angeboten werden, wie zum Beispiel in Schulen, Hochschulen, Weiterbildungs- und Beratungszentren. Es kann sowohl formal als auch informell erfolgen und kann sowohl für die Entwicklung von unternehmerischen Fähigkeiten als auch für die Entstehung von Unternehmen genutzt werden.<ref>Schulte, B. (2019): Unternehmensnachfolgen und Entrepreneurship Education. Eine empirische Analyse im Kontext der Effectuation-Theorie. Wiesbaden: Springer Gabler.
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Die Ziele von Entrepreneurship-Education sind es, die Lernenden dazu zu befähigen, erfolgreich ein Unternehmen zu gründen und zu betreiben, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Verbesserung der Lebensqualität zu fördern, sowie die Entwicklung unternehmerischer Fähigkeiten zu fördern.<ref>May & Wiepcke, 2012</ref>
Die Ziele von Entrepreneurship-Education sind es, die Lernenden dazu zu befähigen, erfolgreich ein Unternehmen zu gründen und zu betreiben, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Verbesserung der Lebensqualität zu fördern, sowie die Entwicklung unternehmerischer Fähigkeiten zu fördern.<ref>May & Wiepcke (2012): Lexikon der ökonomischen Bildung. 8., völlig überarb. und erw. Auflage. München: Oldenbourg</ref>


Es ist wichtig zu beachten, dass Unternehmertum und Entrepreneurship-Education nicht dasselbe sind. Unternehmertum bezieht sich auf die tatsächliche Ausübung unternehmerischen Handelns, während Entrepreneurship-Education sich auf die Vermittlung von unternehmerischen Fähigkeiten und Kenntnissen bezieht.
Es ist wichtig zu beachten, dass Unternehmertum und Entrepreneurship-Education nicht dasselbe sind. Unternehmertum bezieht sich auf die tatsächliche Ausübung unternehmerischen Handelns, während Entrepreneurship-Education sich auf die Vermittlung von unternehmerischen Fähigkeiten und Kenntnissen bezieht.
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== Didaktische Bezüge: Relevanz dieser Thematik für den schulischen Kontext ==  
== Didaktische Bezüge: Relevanz dieser Thematik für den schulischen Kontext ==  


Diese Thematik ist im Bildungsplan des Fachs Wirtschaft/Berufs- und Studienorientierung unter dem Unterpunkt 3.2. Erwerbstätiger und Unternehmer für die zehnte Klasse verortet (vgl. Ministerium für Kultus, Jugend und Sport, 2016, S. 33):
=== Bezug zum Bildunsplan 2016 des Fachs Wirtschaft/Berufs- und Studienorientierung (WBS) ===
 
Diese Thematik ist im Bildungsplan des Fachs Wirtschaft/Berufs- und Studienorientierung unter dem Unterpunkt 3.2. Erwerbstätiger und Unternehmer für die zehnte Klasse verortet <ref>Ministerium für Kultus, Jugend und Sport (2016): Bildungsplan Wirtschaft/Berufs- und Studienorientierung. S. 13. Online verfügbar unter: https://www.bildungsplaene-bw.de/,Lde/LS/BP2016BW/ALLG/SEK1/WBS (Abgerufen am 23.11.22)
</ref>
):
   
   
* „Die SuS können Chancen und Risiken unternehmerischer Selbstständigkeit erörtern und Ziele von Unternehmen (I) sowie Zielkonflikte zwischen Unternehmern und Stakeholdern bewerten (II). Sie können gesellschaftliche, staatliche sowie globale Rahmenbedingungen für den Erfolg eines Unternehmens beurteilen (III).  
* „Die SuS können Chancen und Risiken unternehmerischer Selbstständigkeit erörtern und Ziele von Unternehmen (I) sowie Zielkonflikte zwischen Unternehmern und Stakeholdern bewerten (II). Sie können gesellschaftliche, staatliche sowie globale Rahmenbedingungen für den Erfolg eines Unternehmens beurteilen (III).  
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Gesellschaftliche Relevanz der Thematik
=== Gesellschaftliche Relevanz der Thematik ===


Gründer machen mit einem Existenzgründeranteil von 1-2% der Erwerbstätigen pro Jahr eine kleine Gruppe der Gesellschaft aus. Von vielen unbeachtet sind vor allem innovative Unternehmer für die ökonomische Wettbewerbsfähigkeit und die Schaffung vom Arbeitsplätzen unverzichtbar. Unternehmertum kann seine beste Entfaltung jedoch nur in einem für Innovationen offenen und wenig regulierten Geschäftsumfeld ideal realisieren (vgl. Kritikos, 2014).
Gründer machen mit einem Existenzgründeranteil von 1-2% der Erwerbstätigen pro Jahr eine kleine Gruppe der Gesellschaft aus. Von vielen unbeachtet sind vor allem innovative Unternehmer für die ökonomische Wettbewerbsfähigkeit und die Schaffung vom Arbeitsplätzen unverzichtbar. Unternehmertum kann seine beste Entfaltung jedoch nur in einem für Innovationen offenen und wenig regulierten Geschäftsumfeld ideal realisieren (vgl. Kritikos, 2014).
Vorurteile entstehen, da nur wenige Menschen die Tatkraft für erfolgreiches Unternehmertum haben. Existenzgründungen sind oft mit einem hohen Risiko des Scheiterns verknüpft. Im Schadensfall werden Kosten oft auf den Steuerzahler umgelegt (vgl. Kritikos, 2014).
Vorurteile entstehen, da nur wenige Menschen die Tatkraft für erfolgreiches Unternehmertum haben. Existenzgründungen sind oft mit einem hohen Risiko des Scheiterns verknüpft. Im Schadensfall werden Kosten oft auf den Steuerzahler umgelegt (vgl. Kritikos, 2014).
Dennoch sind Unternehmer nicht nur in klassischen Firmen anzutreffen. Die Startup Denkweise, lässt sich auch in Krankenhäusern und an Universitäten anwenden. „Unternehmer“ schaffen rentable Strukturen und gleichzeitig etwas Neues. Unternehmerische Strukturen bringen Wettbewerb. Die Denkweise von „höher, schneller, weiter“ hält auch an zuvor untypischen Standorten Einzug und der Erfolg bestätigt dieses Denken (vgl. Knipp, 2008).
Dennoch sind Unternehmer nicht nur in klassischen Firmen anzutreffen. Die Startup Denkweise, lässt sich auch in Krankenhäusern und an Universitäten anwenden. „Unternehmer“ schaffen rentable Strukturen und gleichzeitig etwas Neues. Unternehmerische Strukturen bringen Wettbewerb. Die Denkweise von „höher, schneller, weiter“ hält auch an zuvor untypischen Standorten Einzug und der Erfolg bestätigt dieses Denken (vgl. Knipp, 2008).
[[Datei:Innovation Performace Index 2012.png|mini|Übernommen aus: Kritikos, 2014|zentriert]]




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| Unselbstständige Gründung || Der Gründer steht in einem Abhängigkeitsverhältnis zu anderen Unternehmen (z. B. Übernahme einer Filiale, Franchisenehmer, etc.)
| Unselbstständige Gründung || Der Gründer steht in einem Abhängigkeitsverhältnis zu anderen Unternehmen (z. B. Übernahme einer Filiale, Franchisenehmer, etc.)
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<ref> Entrepreneurship, Fritsch & Wyrwich, 2021, S. 12 ff. </ref>
<ref> Fritsch, M. & Wyrwich, M.( 2021): Entrepreneurship Theorie, Empirie, Politik. 3., überarbeitete Auflage. Wiesbaden. Springer Gabler (ISBN 978-3-658-34637-9 (eBook)) https://doi.org/10.1007/978-3-658-34637-9 S. 12 ff. </ref>


Die Gründungsforschung wird von verschiedenen Fachdisziplinen aufgegriffen und liefert unterschiedliche Begriffsverständnisse.<ref> vgl. Halbfas, 2006 u. Wiepcke, 2008 </ref>
Die Gründungsforschung wird von verschiedenen Fachdisziplinen aufgegriffen und liefert unterschiedliche Begriffsverständnisse. <ref>Halbfas, B. & Liszt-Rohlf, V. (2019): Entwicklungslinien und Perspektiven der Entrepreneurship Education – eine Analyse von Definitionen. In: Bijedic, T. (Hrsg.) et al. Entrepreneurship Education. Begriffe - Theorie - Verständnis. Wiebaden. Springer Verlag. https://doi.org/10.1007/978-3-658-27327-9
Und
Wiepcke, C. (2008): Entrepreneurship Education im Fokus von Employability und Nachhaltigkeit; In: Lörwald, Dirk (Hrsg.) et al.: Ökonomie und Gesellschaft, Wiesbaden, S. 267-283.
</ref>


''' Der ökonomische Denkansatz ''' untersucht wirtschaftliche Faktoren des Unternehmertums und unterliegt einem objektivistischen und prozessbezogenen Denken .
''' Der ökonomische Denkansatz ''' untersucht wirtschaftliche Faktoren des Unternehmertums und unterliegt einem objektivistischen und prozessbezogenen Denken .
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''' Der psychologische (subjektivistische) Ansatz ''' steht dem objektivistischen Ansatz gegenüber und fokussiert Motive und Charaktereigenschaften des Subjekts einer Gründung, also der unternehmerischen Persönlichkeit des Entrepreneurs. Thematisiert ist nicht das zur Unternehmensgründung notwendige Wissen, sondern die an den Entrepreneur gebundenen Kompetenzen sowie dessen unternehmerische Haltung.  
''' Der psychologische (subjektivistische) Ansatz ''' steht dem objektivistischen Ansatz gegenüber und fokussiert Motive und Charaktereigenschaften des Subjekts einer Gründung, also der unternehmerischen Persönlichkeit des Entrepreneurs. Thematisiert ist nicht das zur Unternehmensgründung notwendige Wissen, sondern die an den Entrepreneur gebundenen Kompetenzen sowie dessen unternehmerische Haltung.  


''' Der soziologische (umweltbezogene) Denkansatz ''' unterstellt, dass das Verhalten eines Unternehmers aus dessen Umwelt resultiert. Fragen nach dem Einfluss verschiedener Umweltbedingungen, wie z.B. Infrastruktur, Familien- oder Kindheitserfahrungen, Ausbildung und Beruf der Eltern, das Alter des Gründers auf den Erfolg unternehmerischen Agierens, stehen im Vordergrund. <ref> May & Wiepcke 2012 </ref>
''' Der soziologische (umweltbezogene) Denkansatz ''' unterstellt, dass das Verhalten eines Unternehmers aus dessen Umwelt resultiert. Fragen nach dem Einfluss verschiedener Umweltbedingungen, wie z.B. Infrastruktur, Familien- oder Kindheitserfahrungen, Ausbildung und Beruf der Eltern, das Alter des Gründers auf den Erfolg unternehmerischen Agierens, stehen im Vordergrund. <ref>May & Wiepcke (2012): Lexikon der ökonomischen Bildung. 8., völlig überarb. und erw. Auflage. München: Oldenbourg </ref>


=== Kann Entrepreneurship erlernt werden? ===
=== Kann Entrepreneurship erlernt werden? ===


Schon in der Definition der Entrepreneurship Education wird deutlich, dass niemand zum Unternehmer bzw. Unternehmerin geboren wird. Theoretisch steht jedem Menschen die Entscheidung für das Unternehmertum als eine Option der Berufswahl frei. In der Praxis wird  zwischen Neigung und Fähigkeit unterschieden. Eine Neigung (u.a. auch zum Unternehmertum) erfährt ein Subjekt durch den Einfluss seines Umfelds; das bedeutet aber nicht, das man aus einem unternehmerischen Elternhaus kommen muss. Viel stärker fällt die Fähigkeit ins Gewicht, genauer gesagt das Machen und Wollen, welches trainiert werden kann. Umso häufiger einer unternehmerische Tätigkeit ausgeführt und reflektiert wird, desto erfolgreicher ist das Unternehmertum. <ref> May & Wiepcke, 2012 </ref>
Schon in der Definition der Entrepreneurship Education wird deutlich, dass niemand zum Unternehmer bzw. Unternehmerin geboren wird. Theoretisch steht jedem Menschen die Entscheidung für das Unternehmertum als eine Option der Berufswahl frei. In der Praxis wird  zwischen Neigung und Fähigkeit unterschieden. Eine Neigung (u.a. auch zum Unternehmertum) erfährt ein Subjekt durch den Einfluss seines Umfelds; das bedeutet aber nicht, das man aus einem unternehmerischen Elternhaus kommen muss. Viel stärker fällt die Fähigkeit ins Gewicht, genauer gesagt das Machen und Wollen, welches trainiert werden kann. Umso häufiger einer unternehmerische Tätigkeit ausgeführt und reflektiert wird, desto erfolgreicher ist das Unternehmertum. <ref>May & Wiepcke (2012): Lexikon der ökonomischen Bildung. 8., völlig überarb. und erw. Auflage. München: Oldenbourg </ref>


Das Interesse für entrepreneurship bezogene Fähigkeiten kann also durch Einfluss des (sozialen) Umfelds geweckt werden und der Kompetenzerwerb kann erfolgen. Aber lässt sich Entrepreneurship überhaupt lehren?
Das Interesse für entrepreneurship bezogene Fähigkeiten kann also durch Einfluss des (sozialen) Umfelds geweckt werden und der Kompetenzerwerb kann erfolgen. Aber lässt sich Entrepreneurship überhaupt lehren?
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=== Kann Entrepreneurship gelehrt werden? ===
=== Kann Entrepreneurship gelehrt werden? ===


Es ist sich von dem Gedanke zu verabschieden, man könne Gründer pauschal in irgendeiner Weise ‚machen‘; weder durch die Gene, noch durch die optimale Gestaltung aller sozialen Einflussfaktoren. Eine gesteuerte Entwicklung durch Erzieher*innen, Lehrkräften oder durch die Ausbildung ist nicht möglich, sogar konträr zum Ziel, selbstbestimmte und selbstverantwortliche Individuen im unternehmerischen Bereich und aber auch in der Schule auszubilden. Allerdings können im Rahmen der Entrepreneurship Education  Lehr/Lern-Arrangements angeboten werden, die den Heranwachsenden die Erfahrung ermöglichen, unternehmerisch zu handeln, die Interaktion bzw. das soziale Kapitel dementsprechend zu gestalten und entsprechende Wissensbestände aufzubauen. Diese unternehmerischen Kompetenzen sollen in der Schule angebahnt, gefördert und bestenfalls erworben werden. Ob dieses (Orientierungs-)Angebot angenommen oder abgelehnt und diese Handlungs- und spätere Karriereoption zukünftig eingeschlagen wird, liegt vollständig beim selbstbestimmten Individuum. Generell kann Entrepreneurship im Rahmen eines Bildungsangebots gelehrt werden, das bedeutet aber nicht automatisch, dass es dadurch in der Zukunft mehr Unternehmensgründer*innen geben wird . <ref> Euler, 2016   </ref>
Es ist sich von dem Gedanke zu verabschieden, man könne Gründer pauschal in irgendeiner Weise ‚machen‘; weder durch die Gene, noch durch die optimale Gestaltung aller sozialen Einflussfaktoren. Eine gesteuerte Entwicklung durch Erzieher*innen, Lehrkräften oder durch die Ausbildung ist nicht möglich, sogar konträr zum Ziel, selbstbestimmte und selbstverantwortliche Individuen im unternehmerischen Bereich und aber auch in der Schule auszubilden. Allerdings können im Rahmen der Entrepreneurship Education  Lehr/Lern-Arrangements angeboten werden, die den Heranwachsenden die Erfahrung ermöglichen, unternehmerisch zu handeln, die Interaktion bzw. das soziale Kapitel dementsprechend zu gestalten und entsprechende Wissensbestände aufzubauen. Diese unternehmerischen Kompetenzen sollen in der Schule angebahnt, gefördert und bestenfalls erworben werden. Ob dieses (Orientierungs-)Angebot angenommen oder abgelehnt und diese Handlungs- und spätere Karriereoption zukünftig eingeschlagen wird, liegt vollständig beim selbstbestimmten Individuum. Generell kann Entrepreneurship im Rahmen eines Bildungsangebots gelehrt werden, das bedeutet aber nicht automatisch, dass es dadurch in der Zukunft mehr Unternehmensgründer*innen geben wird . <ref>Euler, M. (2016): Born or made – Kann Entrepreneurship gelehrt werden? In: Retzmann, T. (Hrsg.). Entrepreneurship und Arbeitnehmerorientierung. Leitbilder und Konzepte für die ökonomischen Bildung in der Schule.Schwalbach. Wochenschau Verlag.
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Welchen spezifischen Kompetenzerwerb Lehrkräfte in ihrem Unterricht anbahnen können, wird im folgenden Abschnitt beschrieben.
Welchen spezifischen Kompetenzerwerb Lehrkräfte in ihrem Unterricht anbahnen können, wird im folgenden Abschnitt beschrieben.
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=== Kompetenzorientierung in der Entrepreneurship Education ===
=== Kompetenzorientierung in der Entrepreneurship Education ===


Im Rahmen von gezielten Lehr-Lernarrangements, die den Lernenden ermöglichen, eigene Erfahrungen bezüglich unternehmerischen Denkens und Handelns zu machen, sollen und können bereits in der Schule zentrale Kompetenzen vermittelt werden. Diese sind nicht nur für ein späteres Unternehmertum bedeutsam, sondern auch generell für die zukünftige Alltagsbewältigung der Schülerinnen und Schüler hilfreich. Zusätzlich können SuS aus sozial-/materiell oder Angestellten-Familien zum ersten Mal mit dem Unternehmertum als eine Option der Berufswahl in Kontakt kommen (Querverweis innerhalb des Wiki-Artikels: Bedeutung des sozialen Umfelds_Abschnitt: Kann Entrepreneuship gelernt werden).  
Im Rahmen von gezielten Lehr-Lernarrangements, die den Lernenden ermöglichen, eigene Erfahrungen bezüglich unternehmerischen Denkens und Handelns zu machen, sollen und können bereits in der Schule zentrale Kompetenzen vermittelt werden. Diese sind nicht nur für ein späteres Unternehmertum bedeutsam, sondern auch generell für die zukünftige Alltagsbewältigung der Schülerinnen und Schüler hilfreich. Zusätzlich können SuS aus sozial-/materiell oder Angestellten-Familien zum ersten Mal mit dem Unternehmertum als eine Option der Berufswahl in Kontakt kommen.  
 
Eine Schlüsselrolle spielt der Kompetenzerwerb von Ambiguitätstoleranz; eine entscheidende Kompetenz von Gründer*innen, denn sie verfügen zumeist über ein höheren Maß dieser. Dabei geht es um den Umgang mit widersprüchlichen, unstrukturierten, offenen und mehrdeutigen Situationen und dem Zurechtkommen mit Unvorhersehbarkeiten. In einer zunehmend globalisierten, vernetzten und komplexen Welt mit Kriegen, Wirtschaftskrisen und Pandemien wird es immer schwieriger, fundierte unternehmerische Entscheidungen zu treffen. Aus dieses Gründen gilt es die Lernenden in fiktiven, exemplarischen Fallbeispielen darauf vorzubereiten, in Situationen von unvollkommenen Informationen und Ungewissheit in einem immer internationaler werdenden Wettbewerb reagieren und diese mitgestalten zu können.  
Eine Schlüsselrolle spielt der Kompetenzerwerb von Ambiguitätstoleranz; eine entscheidende Kompetenz von Gründer*innen, denn sie verfügen zumeist über ein höheren Maß dieser. Dabei  
 
geht es um den Umgang mit widersprüchlichen, unstrukturierten, offenen und mehrdeutigen Situationen und dem Zurechtkommen mit Unvorhersehbarkeiten. In einer zunehmend globalisierten, vernetzten und komplexen Welt mit Kriegen, Wirtschaftskrisen und Pandemien wird es immer schwieriger, fundierte unternehmerische Entscheidungen zu treffen. Aus dieses Gründen gilt es die Lernenden in fiktiven, exemplarischen Fallbeispielen darauf vorzubereiten, in Situationen von unvollkommenen Informationen und Ungewissheit in einem immer internationaler werdenden Wettbewerb reagieren und diese mitgestalten zu können.  


Bei der Entrepreneurship Education sollen u.a. auch weitere Kompetenzen erworben werden: Risikobereitschaft, Kommunikationsfähigkeit, Führungskompetenz, Leistungsmotivation, Selbstsicherheit, Kreativität, Flexibilität und das Erleben der eigenen Selbstwirksamkeit/Selbstwirksamkeits-überzeugung.  <ref> Mittelstädt & Wiepcke, 2018 </ref>
Bei der Entrepreneurship Education sollen u.a. auch weitere Kompetenzen erworben werden: Risikobereitschaft, Kommunikationsfähigkeit, Führungskompetenz, Leistungsmotivation, Selbstsicherheit, Kreativität, Flexibilität und das Erleben der eigenen Selbstwirksamkeit/Selbstwirksamkeits-überzeugung.  <ref>Mittelstädt, E. & Wiepcke, C. (2018): Design Thinking; in: Unterricht Wirtschaft/Politik 2018/4Statista (2020). Anzahl der Gründer in Deutschland im Zeitraum von 2000 bis 2019. Verfügbar unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/183869/umfrage/entwicklung-der-absolutengruenderzahlen-in-deutschland/ [04.12.22]
</ref>


'''''Weiterführende Literaturempfehlung:'''''
'''''Weiterführende Literaturempfehlung:'''''


Kirchner und Loerwald leiten in ihrem Werk Entrepreneurship Education in der ökonomischen Bildung [https://www.joachim-herz-stiftung.de/fileadmin/Redaktion/02_Entr_Ed_in_der_oekonom_Bildg.pdf]  ab Seite 79 ff. sogar explizite Lernziele für Schülerinnen und Schüler aus den verschiedenen fachspezifischen, inhaltsbezogenen Kompetenzen ab.
Kirchner und Loerwald leiten in ihrem Werk Entrepreneurship Education in der ökonomischen Bildung ab Seite 79 ff. sogar explizite Lernziele für Schülerinnen und Schüler aus den verschiedenen fachspezifischen, inhaltsbezogenen Kompetenzen ab.


Außerdem listen sie auch überfachliche Kompetenzen wie Teamfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit, Selbstständigkeit, Organisationsfähigkeit und Problemlösefähigkeit auf, die im Rahmen der Entrepreneurship Education gefördert werden sollen. <ref>Kirchner & Loerwald, 2016</ref>
Außerdem listen sie auch überfachliche Kompetenzen wie Teamfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit, Selbstständigkeit, Organisationsfähigkeit und Problemlösefähigkeit auf, die im Rahmen der Entrepreneurship Education gefördert werden sollen. <ref>Kirchner & Loerwald, 2016: Entrepreneurship Education in der ökonomischen Bildung. Online verfügbar unter: https://www.joachim-herz-stiftung.de/fileadmin/Redaktion/02_Entr_Ed_in_der_oekonom_Bildg.pdf</ref>


Durch welche Methoden können die in diesem Abschnitten beschriebenen Kompetenzen im Unterricht vermittelt werden?
Durch welche Methoden können die in diesem Abschnitten beschriebenen Kompetenzen im Unterricht vermittelt werden?
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Für den Kompetenzerwerb im Rahmen der Entrepreneurship Education ist die Hinwendung zu Konzepten wie der konstruktivistischen Didaktik und handlungsorientierter Methodik sinnvoll. Konkret bieten sich hierzu Fallstudien, Videos, Gastvorträge, Exkursionen, Hospitationen, Projektarbeit, Rollenspiele, Simulationen, Planspiele sowie die Gründung v. Übungsfirmen im Unterricht besonders an. Die Schülerinnen und Schüler lernen in der Rolle von Entrepreneur*innen v.a. durch eigenes Handeln und Reflektieren, durch Ausprobieren, durch das Lösen von Problemen, durch das Machen und Reflektieren eigener Fehler, durch das Simulieren realer Situationen und durch das Entdecken neuer Möglichkeiten, dass das (unternehmerische) Leben auch aus dem Überstehen von Schwierigkeiten und Rückschlägen besteht. Gleichzeitig erleben sie sich selbstwirksam und können sich persönlich weiterentwickeln und auch Freude, Erfüllung und Leidenschaft in diesen Unterrichtsstunden erleben.  
Für den Kompetenzerwerb im Rahmen der Entrepreneurship Education ist die Hinwendung zu Konzepten wie der konstruktivistischen Didaktik und handlungsorientierter Methodik sinnvoll. Konkret bieten sich hierzu Fallstudien, Videos, Gastvorträge, Exkursionen, Hospitationen, Projektarbeit, Rollenspiele, Simulationen, Planspiele sowie die Gründung v. Übungsfirmen im Unterricht besonders an. Die Schülerinnen und Schüler lernen in der Rolle von Entrepreneur*innen v.a. durch eigenes Handeln und Reflektieren, durch Ausprobieren, durch das Lösen von Problemen, durch das Machen und Reflektieren eigener Fehler, durch das Simulieren realer Situationen und durch das Entdecken neuer Möglichkeiten, dass das (unternehmerische) Leben auch aus dem Überstehen von Schwierigkeiten und Rückschlägen besteht. Gleichzeitig erleben sie sich selbstwirksam und können sich persönlich weiterentwickeln und auch Freude, Erfüllung und Leidenschaft in diesen Unterrichtsstunden erleben.  


Notwendigkeit besteht darin, dass sich die  instruktiven Theoriephasen mit praktischen Phasen abwechseln, um ein möglichst vielseitiges und verschiedene Lernformen ansprechendes Angebot liefern zu können. <ref> Euler, 2016 </ref>
Notwendigkeit besteht darin, dass sich die  instruktiven Theoriephasen mit praktischen Phasen abwechseln, um ein möglichst vielseitiges und verschiedene Lernformen ansprechendes Angebot liefern zu können. <ref>Euler, M. (2016): Born or made – Kann Entrepreneurship gelehrt werden? In: Retzmann, T. (Hrsg.). Entrepreneurship und Arbeitnehmerorientierung. Leitbilder und Konzepte für die ökonomischen Bildung in der Schule.Schwalbach. Wochenschau Verlag.
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Auf welche didaktischen Herausforderungen der Entrepreneuship Education könnten Lehrkräfte treffen?
Auf welche didaktischen Herausforderungen der Entrepreneuship Education könnten Lehrkräfte treffen?
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Im letzten Abschnitt werden zentrale didaktische Herausforderung der Entrepreneuship Education genauer erläutert, ohne jedoch einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben.  
Im letzten Abschnitt werden zentrale didaktische Herausforderung der Entrepreneuship Education genauer erläutert, ohne jedoch einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben.  


Zum einen bedarf es mehr gesellschaftliche Akzeptanz und einen damit verbundenen, verstärkten Einzug in offizielle Zielvorgaben wie den Bildungsplan der Thematik und der vielen schon hier im Artikel beschriebenen Kompetenzziele. In Ansätzen sind sie bereits im Bildungsplan 2016 (interner Link) verankert, um aber Schule im Sinne von Vorbereitung auf das zukünftige Leben weiterzuentwickeln, müssen sie mit einem höheren Zeitbudget im Unterricht versehen werden. Auch die für die unterrichtliche Umsetzung notwendigen Methoden sind zeitaufwändig und bedarfen einer intensiven Vorbereitung seitens der Lehrperson. Eben dieser Mix an Methoden und die besondere Bedeutung der Markro-Methoden wie die Schülerfirma, Planspiele und projektpädagogisch inszenierte Lehr-Lernarrangements können ebenso als didaktische Herausforderung betrachtet werden. Weiter ist es auch eine Herausforderung, den Erwerb der gewünschten Kompetenzen (besonders in den unteren Klassen) spielerisch zu wecken und weiterzuentwickeln. <ref> Jung, 2016 </ref>
Zum einen bedarf es mehr gesellschaftliche Akzeptanz und einen damit verbundenen, verstärkten Einzug in offizielle Zielvorgaben wie den Bildungsplan der Thematik und der vielen schon hier im Artikel beschriebenen Kompetenzziele. In Ansätzen sind sie bereits im Bildungsplan 2016 verankert, um aber Schule im Sinne von Vorbereitung auf das zukünftige Leben weiterzuentwickeln, müssen sie mit einem höheren Zeitbudget im Unterricht versehen werden. Auch die für die unterrichtliche Umsetzung notwendigen Methoden sind zeitaufwändig und bedarfen einer intensiven Vorbereitung seitens der Lehrperson. Eben dieser Mix an Methoden und die besondere Bedeutung der Markro-Methoden wie die Schülerfirma, Planspiele und projektpädagogisch inszenierte Lehr-Lernarrangements können ebenso als didaktische Herausforderung betrachtet werden. Weiter ist es auch eine Herausforderung, den Erwerb der gewünschten Kompetenzen (besonders in den unteren Klassen) spielerisch zu wecken und weiterzuentwickeln. <ref> Jung, E. (2016): Entrepreneuship-Education und Arbeitnehmerorientierung als didaktische Herausforderung. In: Retzmann, T. (Hrsg.). Entrepreneurship und Arbeitnehmerorientierung. Leitbilder und Konzepte für die ökonomischen Bildung in der Schule.Schwalbach. Wochenschau Verlag.
</ref>


In Anbetracht der Relevanz der Entrepreneurship Education soll an dieser Stelle dennoch ein eindeutiges Plädoyer für eine (verstärkte) Anbahnung von unternehmerischen Kompetenzen im Unterricht der Sekundarstufe I ausgesprochen werden.
In Anbetracht der Relevanz der Entrepreneurship Education soll an dieser Stelle dennoch ein eindeutiges Plädoyer für eine (verstärkte) Anbahnung von unternehmerischen Kompetenzen im Unterricht der Sekundarstufe I ausgesprochen werden.

Aktuelle Version vom 16. Januar 2023, 22:38 Uhr

Kurze Definition des Begriffs und der Bedeutung dessen[Bearbeiten]

Unternehmertum ist der Begriff, der die Gesamtheit des unternehmerischen Denken und Handelns umschreibt.[1] Der Begriff Unternehmertum leitet sich von dem Wort „Unternehmen“ ab, was auch schon aufzeigt, dass Unternehmertum eher aktiv als passiv geprägt ist. Der Begriff „Unternehmertum“ wird heute zumeist durch die englische Bezeichnung Entrepreneurship ersetzt. Beide Begriffe meinen in ihrem Kern jedoch das Gleiche – und zwar die Geisteshaltung, die ein Unternehmer trägt und welche sein gesamtes Handeln beeinflusst.[2] Was ist „Entrepreneurship“? Entrepreneurship bezeichnet zum einen das Ausnutzen unternehmerischer Gelegenheiten (= Potenzial, eine Idee zu erkennen und diese zu einer marktfähigen Innovation auszubauen) sowie den kreativen und gestalterischen unternehmerischen Prozess in einer Organisation, bzw. einer Phase unternehmerischen Wandels, und zum anderen eine wissenschaftliche Teildisziplin der Betriebswirtschaftslehre.[3] Schulte ergänzt, dass Menschen im Rahmen von Entrepreneurship unabhängig von ihrem beruflichen Status vorausplanend die Zukunft beeinflussen und erlerntes, innovatives, unternehmerisches Denken und Handeln aufweisen.[4] Es ist zwischen Entrepreneurinnen im weiteren und im engeren Sinne zu unterscheiden. Letztere errichten ein Unternehmen in der Rolle von Gründerinnen, während Entrepreneurinnen im weiteren Sinne ein Unternehmen als Unternehmerinnen in eigentümerischer Position betreiben. Naheliegender für die Lernenden in der Schule könnte der Entrapreneur sein, der in abhängiger Beschäftigung unternehmerisch denkt und handelt.[5]

Abgrenzung Unternehmer von Managern[Bearbeiten]

Es gibt eine klare Unterscheidung zwischen Unternehmern und Managern. Ein Manager funktioniert als Lenker eines Unternehmens. Unternehmer hingegen sind immer auf der Suche nach Neuerungen und Verbesserungen. Unternehmertum zeichnet sich durch Aktivität und der Bereitschaft, etwas ändern zu wollen aus.[6]

Ökonomische Theorien haben den Unternehmer als zentrale Figur wirtschaftlicher Aktivität lange Zeit vernachlässigt. Erste Erklärungsversuche zur Rolle des Unternehmers/der Unternehmerin finden sich zwar bereits gegen Ende des 18. Jahrhunderts; verstärkt in den Blick der ökonomischen Theoretiker gerückt sind sie jedoch erst im Laufe des 20. Jahrhunderts. [7]

Entrepreneurship-Education[Bearbeiten]

Entrepreneurship-Education beschreibt die Bildungsmaßnahmen, die unternehmerische Einstellungen, Fähigkeiten und Kenntnisse vermitteln. Sie zielt darauf ab, Lernende dazu zu befähigen, unternehmerisch zu denken und zu handeln, um so die Schaffung von Arbeitsplätzen, die Beseitigung von Armut und die Verbesserung der Lebensqualität zu fördern.[8]

Entrepreneurship-Education kann in verschiedenen Formen und Einrichtungen angeboten werden, wie zum Beispiel in Schulen, Hochschulen, Weiterbildungs- und Beratungszentren. Es kann sowohl formal als auch informell erfolgen und kann sowohl für die Entwicklung von unternehmerischen Fähigkeiten als auch für die Entstehung von Unternehmen genutzt werden.[9]

Die Ziele von Entrepreneurship-Education sind es, die Lernenden dazu zu befähigen, erfolgreich ein Unternehmen zu gründen und zu betreiben, die Schaffung von Arbeitsplätzen und die Verbesserung der Lebensqualität zu fördern, sowie die Entwicklung unternehmerischer Fähigkeiten zu fördern.[10]

Es ist wichtig zu beachten, dass Unternehmertum und Entrepreneurship-Education nicht dasselbe sind. Unternehmertum bezieht sich auf die tatsächliche Ausübung unternehmerischen Handelns, während Entrepreneurship-Education sich auf die Vermittlung von unternehmerischen Fähigkeiten und Kenntnissen bezieht.

Um diese Ziele zu erreichen, kann Entrepreneurship-Education verschiedene Ansätze und Methoden verwenden, wie zum Beispiel die Vermittlung von unternehmerischen Fähigkeiten durch praktische Übungen, die Förderung von unternehmerischem Denken durch Fallstudien und die Vermittlung von unternehmerischem Wissen durch Vorträge und Seminare.

Didaktische Bezüge: Relevanz dieser Thematik für den schulischen Kontext[Bearbeiten]

Bezug zum Bildunsplan 2016 des Fachs Wirtschaft/Berufs- und Studienorientierung (WBS)[Bearbeiten]

Diese Thematik ist im Bildungsplan des Fachs Wirtschaft/Berufs- und Studienorientierung unter dem Unterpunkt 3.2. Erwerbstätiger und Unternehmer für die zehnte Klasse verortet [11] ):

  • „Die SuS können Chancen und Risiken unternehmerischer Selbstständigkeit erörtern und Ziele von Unternehmen (I) sowie Zielkonflikte zwischen Unternehmern und Stakeholdern bewerten (II). Sie können gesellschaftliche, staatliche sowie globale Rahmenbedingungen für den Erfolg eines Unternehmens beurteilen (III).

==> Generelle Vorgabe im Fach WBS

  • Für alle drei Niveaustufen (grundlegendes, mittleres und erweitertes Niveau) wurde folgende inhaltsbezogene Kompetenz formuliert.:(2) Unternehmenspersönlichkeiten (u.a. Entrepreneur, Manager) charakterisieren

==> und sogar auch spezifisch die Charakterisierung von Unternehmerpersönlichkeiten

==> An dieser Stelle Anknüpfung an Lebenswelt der SuS: Im Moment ist Gründung eines eigenen Unternehmens möglicherweise noch in ferner Zukunft, aber Unternehmer/Unternehmerinnen haben spezifische (Charakter-)Eigenschaften und genau die sind generell im alltäglichen Leben und auch als Angestellter/Angestellte wichtig.


Bildungspolitische Bedeutung von Gründungserziehung: Der Gründung von neuen innovativen Unternehmen wird für die wirtschaftliche Entwicklung eines Landes eine Schlüsselrolle zugeschrieben. Gerade neue kleine und mittelständische Unternehmen gelten als flexibel. Sie tragen mit innovativen Produkten zu einem erhöhtem Wettbewerbsdruck bei und verbessern damit die Wettbewerbsfähigkeit einer Volkswirtschaft. Daneben kann Unternehmertum zur Selbstverwirklichung von Individuen dienen, in dem es Chancen und Perspektiven eröffnet und zur Verbesserung der eigenen wirtschaftlichen Lage führt (vgl. KOM 2003).


Gesellschaftliche Relevanz der Thematik[Bearbeiten]

Gründer machen mit einem Existenzgründeranteil von 1-2% der Erwerbstätigen pro Jahr eine kleine Gruppe der Gesellschaft aus. Von vielen unbeachtet sind vor allem innovative Unternehmer für die ökonomische Wettbewerbsfähigkeit und die Schaffung vom Arbeitsplätzen unverzichtbar. Unternehmertum kann seine beste Entfaltung jedoch nur in einem für Innovationen offenen und wenig regulierten Geschäftsumfeld ideal realisieren (vgl. Kritikos, 2014). Vorurteile entstehen, da nur wenige Menschen die Tatkraft für erfolgreiches Unternehmertum haben. Existenzgründungen sind oft mit einem hohen Risiko des Scheiterns verknüpft. Im Schadensfall werden Kosten oft auf den Steuerzahler umgelegt (vgl. Kritikos, 2014). Dennoch sind Unternehmer nicht nur in klassischen Firmen anzutreffen. Die Startup Denkweise, lässt sich auch in Krankenhäusern und an Universitäten anwenden. „Unternehmer“ schaffen rentable Strukturen und gleichzeitig etwas Neues. Unternehmerische Strukturen bringen Wettbewerb. Die Denkweise von „höher, schneller, weiter“ hält auch an zuvor untypischen Standorten Einzug und der Erfolg bestätigt dieses Denken (vgl. Knipp, 2008).


Übernommen aus: Kritikos, 2014



Grundlagenwissen über Entrepreneurship und die Thematisierung im schulischen Unterricht[Bearbeiten]

Arten von Entrepreneurship[Bearbeiten]

Unterteilung nach der Innovationsrelevanz

Innovative Gründungen Die Gründung ist mit einer wesentlichen Neuerung verbunden(i.d.R. Produktinnovation). Z.B. Hightech-Gründung bzw. technologieorientierte Unternehmensgründung(TOU)
Wissensintensive Gründung Für die Gründung ist spezielles Wissen erforderlich bzw. es werden wissensintensive Güter produziert. Spezielle Kategorie im Dienstleistungssektor
Nicht-innovative (imitative bzw. replikative) Gründung Die Gründung ist nicht mit einer wissenschaftlichen Innovation verbunden.

Unterteilung nach dem Motiv

Opportunity Entrepreneurship Gründung bzw. Führung eines Unternehmens, um eine sich bietende Chance zu ergreifen bzw. eine Idee zu realisieren (z.B. innovatives Unternehmen)
Necessity Entrepreneurship Gründung bzw. Führung eines Unternehmens aus einer Notlage heraus ( z.B. aufgrund drohender oder tatsächlich eingetretener Arbeitslosigkeit)
Ambitious Entrepreneurship Unternehmen mit starker Wachstumsorientierung
Sozial Entrepreneurship Neben ökonomischen Zielen werden mit dem Unternehmen in wissenschaftlichem Umfang auch soziale Ziele verfolgt

Unterscheidung nach den Wirkungen

Produktives Entrepreneurship Trägt direkt oder indirekt zur Steigerung der gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrt bei ( Schumpeter’scher Unternehmer). Beispiel: Innovative Gründungen
Unproduktives Entrepreneurship Bewirkt lediglich eine Umverteilung von Einkommen. Z.B. nicht- Innovative Gründungen, Rent-Seeking, Aufwand zur Steuervermeidung, Abschreibungsgesellschaften
Destruktives Entrepreneurship Führt zu einer Verringerung der gesamtwirtschaftlichen Wohlfahrt. Beispiele: Raubrittertum, Korruption, Kriminalität, Krieg, Sklavenhandel

Unterteilung nach der Vorerfahrung des Gründers

Novice Entrepreneur Jemand gründet erstmalig ein Unternehmen
Habitueller Entrepreneur, Seriengründer Jemand gründet wiederholt Unternehmen
Portfolio-Gründer (Parallel Entrepreneur) Jemand, der ein Unternehmen gründet und ein früher von ihm gegründetes Unternehmen parallel dazu weiterführt
Re-Starter Ein Gründer, der vorher bereits ein Unter-nehmen gegründet hat und nach Schließung oder Verkauf des Unternehmens wieder gründet
Spin-off Gründung Der Gründer war vor dem Schritt in die Selbstständigkeit in einer Organisation (Unternehmen, Hochschule, Forschungsinstitut) tätig und knüpft mit dem neuen Unternehmen direkt an diese Tätigkeit an

Unterteilung nach der Anzahl der beteiligten Personen

Einzelgründer Der Gründer ist eine einzelne Person
Team-Gründer Mehrere Personen schließen sich zusammen und gründen ein Unternehmen, in dem sie gemeinsam tätig sind
Solo-Entrepreneur Ein Unternehmer, der die alleinige Arbeitskraft in dem Unter-nehmen darstellt (Selbstbeschäftigung; evtl. einschließlich mithelfender Familienangehöriger)
Arbeitgeber (Employer) Der Unternehmer hat bezahlte Arbeitskräfte eingestellt

Unterscheidung nach der Phase im Gründungsprozess

Latenter oder potenzieller Entrepreneur Person, die ein Unternehmen gründen könnte, bisher aber noch keine konkreten Schritte hierzu unternommen hat
Nascent Entrepreneur Jemand, der dabei ist, ein Unternehmen zu gründen oder der die Gründung eines Unternehmens konkret plant
Junger Unternehmer (Young Entrepreneur) Leiter eines jungen Unternehmens – im Global Entrepreneurship Monitor (GEM) operationalisiert als Unternehmen, das weniger als 3,5 Jahre alt ist

Unterteilung nach dem Neuheitsgrad des Unternehmens

Originäre Gründung Für die Gründung werden neue Kapazitäten errichtet
Derivative Gründung Für die Gründung werden keine neuen Kapazitäten errichtet (z. B. Übernahme eines bestehenden Betriebs/ Unternehmens)

Unterteilung nach dem Grad an rechtlich-organisatorischer Selbstständigkeit

Selbstständige Gründung Der Gründer ist unabhängig
Unselbstständige Gründung Der Gründer steht in einem Abhängigkeitsverhältnis zu anderen Unternehmen (z. B. Übernahme einer Filiale, Franchisenehmer, etc.)

[12]

Die Gründungsforschung wird von verschiedenen Fachdisziplinen aufgegriffen und liefert unterschiedliche Begriffsverständnisse. [13]

Der ökonomische Denkansatz untersucht wirtschaftliche Faktoren des Unternehmertums und unterliegt einem objektivistischen und prozessbezogenen Denken .

Der objektivistische Ansatz beleuchtet das Unternehmen als Objekt des Gründungsvorhabens. Das Unternehmen wird als Produkt einer realisierten Geschäftsidee und eines Entstehungsprozesses angesehen. Im Zentrum steht der Transfer von Wissen zur Sicherung funktionierender Betriebsprozesse.

Der psychologische (subjektivistische) Ansatz steht dem objektivistischen Ansatz gegenüber und fokussiert Motive und Charaktereigenschaften des Subjekts einer Gründung, also der unternehmerischen Persönlichkeit des Entrepreneurs. Thematisiert ist nicht das zur Unternehmensgründung notwendige Wissen, sondern die an den Entrepreneur gebundenen Kompetenzen sowie dessen unternehmerische Haltung.

Der soziologische (umweltbezogene) Denkansatz unterstellt, dass das Verhalten eines Unternehmers aus dessen Umwelt resultiert. Fragen nach dem Einfluss verschiedener Umweltbedingungen, wie z.B. Infrastruktur, Familien- oder Kindheitserfahrungen, Ausbildung und Beruf der Eltern, das Alter des Gründers auf den Erfolg unternehmerischen Agierens, stehen im Vordergrund. [14]

Kann Entrepreneurship erlernt werden?[Bearbeiten]

Schon in der Definition der Entrepreneurship Education wird deutlich, dass niemand zum Unternehmer bzw. Unternehmerin geboren wird. Theoretisch steht jedem Menschen die Entscheidung für das Unternehmertum als eine Option der Berufswahl frei. In der Praxis wird zwischen Neigung und Fähigkeit unterschieden. Eine Neigung (u.a. auch zum Unternehmertum) erfährt ein Subjekt durch den Einfluss seines Umfelds; das bedeutet aber nicht, das man aus einem unternehmerischen Elternhaus kommen muss. Viel stärker fällt die Fähigkeit ins Gewicht, genauer gesagt das Machen und Wollen, welches trainiert werden kann. Umso häufiger einer unternehmerische Tätigkeit ausgeführt und reflektiert wird, desto erfolgreicher ist das Unternehmertum. [15]

Das Interesse für entrepreneurship bezogene Fähigkeiten kann also durch Einfluss des (sozialen) Umfelds geweckt werden und der Kompetenzerwerb kann erfolgen. Aber lässt sich Entrepreneurship überhaupt lehren?

Kann Entrepreneurship gelehrt werden?[Bearbeiten]

Es ist sich von dem Gedanke zu verabschieden, man könne Gründer pauschal in irgendeiner Weise ‚machen‘; weder durch die Gene, noch durch die optimale Gestaltung aller sozialen Einflussfaktoren. Eine gesteuerte Entwicklung durch Erzieher*innen, Lehrkräften oder durch die Ausbildung ist nicht möglich, sogar konträr zum Ziel, selbstbestimmte und selbstverantwortliche Individuen im unternehmerischen Bereich und aber auch in der Schule auszubilden. Allerdings können im Rahmen der Entrepreneurship Education Lehr/Lern-Arrangements angeboten werden, die den Heranwachsenden die Erfahrung ermöglichen, unternehmerisch zu handeln, die Interaktion bzw. das soziale Kapitel dementsprechend zu gestalten und entsprechende Wissensbestände aufzubauen. Diese unternehmerischen Kompetenzen sollen in der Schule angebahnt, gefördert und bestenfalls erworben werden. Ob dieses (Orientierungs-)Angebot angenommen oder abgelehnt und diese Handlungs- und spätere Karriereoption zukünftig eingeschlagen wird, liegt vollständig beim selbstbestimmten Individuum. Generell kann Entrepreneurship im Rahmen eines Bildungsangebots gelehrt werden, das bedeutet aber nicht automatisch, dass es dadurch in der Zukunft mehr Unternehmensgründer*innen geben wird . [16]

Welchen spezifischen Kompetenzerwerb Lehrkräfte in ihrem Unterricht anbahnen können, wird im folgenden Abschnitt beschrieben.

Kompetenzorientierung in der Entrepreneurship Education[Bearbeiten]

Im Rahmen von gezielten Lehr-Lernarrangements, die den Lernenden ermöglichen, eigene Erfahrungen bezüglich unternehmerischen Denkens und Handelns zu machen, sollen und können bereits in der Schule zentrale Kompetenzen vermittelt werden. Diese sind nicht nur für ein späteres Unternehmertum bedeutsam, sondern auch generell für die zukünftige Alltagsbewältigung der Schülerinnen und Schüler hilfreich. Zusätzlich können SuS aus sozial-/materiell oder Angestellten-Familien zum ersten Mal mit dem Unternehmertum als eine Option der Berufswahl in Kontakt kommen. Eine Schlüsselrolle spielt der Kompetenzerwerb von Ambiguitätstoleranz; eine entscheidende Kompetenz von Gründer*innen, denn sie verfügen zumeist über ein höheren Maß dieser. Dabei geht es um den Umgang mit widersprüchlichen, unstrukturierten, offenen und mehrdeutigen Situationen und dem Zurechtkommen mit Unvorhersehbarkeiten. In einer zunehmend globalisierten, vernetzten und komplexen Welt mit Kriegen, Wirtschaftskrisen und Pandemien wird es immer schwieriger, fundierte unternehmerische Entscheidungen zu treffen. Aus dieses Gründen gilt es die Lernenden in fiktiven, exemplarischen Fallbeispielen darauf vorzubereiten, in Situationen von unvollkommenen Informationen und Ungewissheit in einem immer internationaler werdenden Wettbewerb reagieren und diese mitgestalten zu können.

Bei der Entrepreneurship Education sollen u.a. auch weitere Kompetenzen erworben werden: Risikobereitschaft, Kommunikationsfähigkeit, Führungskompetenz, Leistungsmotivation, Selbstsicherheit, Kreativität, Flexibilität und das Erleben der eigenen Selbstwirksamkeit/Selbstwirksamkeits-überzeugung. [17]

Weiterführende Literaturempfehlung:

Kirchner und Loerwald leiten in ihrem Werk Entrepreneurship Education in der ökonomischen Bildung ab Seite 79 ff. sogar explizite Lernziele für Schülerinnen und Schüler aus den verschiedenen fachspezifischen, inhaltsbezogenen Kompetenzen ab.

Außerdem listen sie auch überfachliche Kompetenzen wie Teamfähigkeit, Entscheidungsfähigkeit, Selbstständigkeit, Organisationsfähigkeit und Problemlösefähigkeit auf, die im Rahmen der Entrepreneurship Education gefördert werden sollen. [18]

Durch welche Methoden können die in diesem Abschnitten beschriebenen Kompetenzen im Unterricht vermittelt werden?

Geeignete Methoden für den Kompetenzerwerb im Rahmen der Entrepreneurship Education[Bearbeiten]

Für den Kompetenzerwerb im Rahmen der Entrepreneurship Education ist die Hinwendung zu Konzepten wie der konstruktivistischen Didaktik und handlungsorientierter Methodik sinnvoll. Konkret bieten sich hierzu Fallstudien, Videos, Gastvorträge, Exkursionen, Hospitationen, Projektarbeit, Rollenspiele, Simulationen, Planspiele sowie die Gründung v. Übungsfirmen im Unterricht besonders an. Die Schülerinnen und Schüler lernen in der Rolle von Entrepreneur*innen v.a. durch eigenes Handeln und Reflektieren, durch Ausprobieren, durch das Lösen von Problemen, durch das Machen und Reflektieren eigener Fehler, durch das Simulieren realer Situationen und durch das Entdecken neuer Möglichkeiten, dass das (unternehmerische) Leben auch aus dem Überstehen von Schwierigkeiten und Rückschlägen besteht. Gleichzeitig erleben sie sich selbstwirksam und können sich persönlich weiterentwickeln und auch Freude, Erfüllung und Leidenschaft in diesen Unterrichtsstunden erleben.

Notwendigkeit besteht darin, dass sich die instruktiven Theoriephasen mit praktischen Phasen abwechseln, um ein möglichst vielseitiges und verschiedene Lernformen ansprechendes Angebot liefern zu können. [19]

Auf welche didaktischen Herausforderungen der Entrepreneuship Education könnten Lehrkräfte treffen?

Didaktische Herausforderungen der Entrepreneurship Education[Bearbeiten]

Im letzten Abschnitt werden zentrale didaktische Herausforderung der Entrepreneuship Education genauer erläutert, ohne jedoch einen Anspruch auf Vollständigkeit zu erheben.

Zum einen bedarf es mehr gesellschaftliche Akzeptanz und einen damit verbundenen, verstärkten Einzug in offizielle Zielvorgaben wie den Bildungsplan der Thematik und der vielen schon hier im Artikel beschriebenen Kompetenzziele. In Ansätzen sind sie bereits im Bildungsplan 2016 verankert, um aber Schule im Sinne von Vorbereitung auf das zukünftige Leben weiterzuentwickeln, müssen sie mit einem höheren Zeitbudget im Unterricht versehen werden. Auch die für die unterrichtliche Umsetzung notwendigen Methoden sind zeitaufwändig und bedarfen einer intensiven Vorbereitung seitens der Lehrperson. Eben dieser Mix an Methoden und die besondere Bedeutung der Markro-Methoden wie die Schülerfirma, Planspiele und projektpädagogisch inszenierte Lehr-Lernarrangements können ebenso als didaktische Herausforderung betrachtet werden. Weiter ist es auch eine Herausforderung, den Erwerb der gewünschten Kompetenzen (besonders in den unteren Klassen) spielerisch zu wecken und weiterzuentwickeln. [20]

In Anbetracht der Relevanz der Entrepreneurship Education soll an dieser Stelle dennoch ein eindeutiges Plädoyer für eine (verstärkte) Anbahnung von unternehmerischen Kompetenzen im Unterricht der Sekundarstufe I ausgesprochen werden.

Praktische Beispiele für die Umsetzung im Unterricht[Bearbeiten]

Verhaltensökonomische Experimente[Bearbeiten]

  1. Das Kugelschreiberexperiment
  2. Das Börsenprospekt-Experiment
  3. Das Konzertkarten-Experiment
  4. Das Bezugsexperiment
  5. Das Fischer-Spiel
  6. Das Schokoladen-Experiment
  7. Die Magische Zahl 72
  8. Das Tausch-Experiment
  9. Der Wissenstest
  10. Der Zufallstest [21]
  11. WEITERLEITUNG [[1]]

4.2. Das SMS Trainingsprogramm Das SMS Trainingsprogramm möchte jugendliche Haupt- und Realschüler*innen bei der Bewältigung des Übergangs in die Berufsausbildung bzw. in den Arbeitsmarkt unterstützen. Ziel ist dabei, die Aufmerksamkeit der Jugendlichen für ihre eigenen Fähigkeiten und individuellen Möglichkeiten zu stärken sowie ihre Handlungskompetenz insbesondere für Berufswahl- und Bewerbungssituationen zu trainieren.[22]

Das Trainingsprogramm ist in drei aufeinander aufbauende Trainingsstufen gegliedert und wurde unter Berücksichtigung der Erfahrungen mehrerer Vorstudien und der Bildungspläne der Bundesländer entwickelt.

Young Talents BW[Bearbeiten]

Das Programm "Young Talents" des Landes Baden-Württemberg setzt neue Formate der Entrepreneurship Education ein, um den Gründergeist bei Jugendlichen frühzeitig zu entwickeln. Schüler werden an die reale Start-up-Welt herangeführt und lernen die Arbeitsmethoden von Gründern und Start-ups kennen. Ziel ist es, "Chancengründer" zu generieren, die einen positiven Beitrag zur Gründungsdynamik leisten sollen.[23]

Eigene Ideen[Bearbeiten]

Ein Gedankenexperiment, bei dem Schüler eine imaginäre Kreditkarte mit 1 Million Euro erhalten und nicht in private Güter investieren dürfen. Welche Projekte würden die Schüler angehen? Alltägliche Problemsituationen als Geschichten im Unterricht einbringen und die Schüler*innen nach konstruktiven und praktischen Lösungsvorschlägen fragen.

Einzelnachweise[Bearbeiten]

  1. Businessinsider(2019): Unternehmertum. Gründerszene Lexikon. Businessinsider. https://www.businessinsider.de/gruenderszene/lexikon/begriffe/unternehmertum/ (Abgerufen am 23.11.22)
  2. Businessinsider(2019): Unternehmertum. Gründerszene Lexikon. Businessinsider. https://www.businessinsider.de/gruenderszene/lexikon/begriffe/unternehmertum/ (Abgerufen am 23.11.22)
  3. Kollmann, Tobias (2018): Entrepreneurship. Gabler Wirtschaftslexikon. https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/entrepreneurship-51931/version-275082 (Abgerufen am 23.11.22)
  4. Schulte, B. (2019): Unternehmensnachfolgen und Entrepreneurship Education. Eine empirische Analyse im Kontext der Effectuation-Theorie. Wiesbaden: Springer Gabler.
  5. Wiepcke, C. (2008): Entrepreneurship Education im Fokus von Employability und Nachhaltigkeit; In: Lörwald, Dirk (Hrsg.) et al.: Ökonomie und Gesellschaft, Wiesbaden, S. 267-283.; May & Wiepcke (2012): Lexikon der ökonomischen Bildung. 8., völlig überarb. und erw. Auflage. München: Oldenbourg.
  6. Businessinsider(2019): Unternehmertum. Gründerszene Lexikon. Businessinsider. https://www.businessinsider.de/gruenderszene/lexikon/begriffe/unternehmertum/ (Abgerufen am 23.11.22)
  7. Kollmann, Tobias (2018): Entrepreneurship. Gabler Wirtschaftslexikon. https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/entrepreneurship-51931/version-275082 (Abgerufen am 23.11.22)
  8. Kollmann, Tobias (2018): Entrepreneurship. Gabler Wirtschaftslexikon. https://wirtschaftslexikon.gabler.de/definition/entrepreneurship-51931/version-275082 (Abgerufen am 23.11.22)
  9. Schulte, B. (2019): Unternehmensnachfolgen und Entrepreneurship Education. Eine empirische Analyse im Kontext der Effectuation-Theorie. Wiesbaden: Springer Gabler.
  10. May & Wiepcke (2012): Lexikon der ökonomischen Bildung. 8., völlig überarb. und erw. Auflage. München: Oldenbourg
  11. Ministerium für Kultus, Jugend und Sport (2016): Bildungsplan Wirtschaft/Berufs- und Studienorientierung. S. 13. Online verfügbar unter: https://www.bildungsplaene-bw.de/,Lde/LS/BP2016BW/ALLG/SEK1/WBS (Abgerufen am 23.11.22)
  12. Fritsch, M. & Wyrwich, M.( 2021): Entrepreneurship Theorie, Empirie, Politik. 3., überarbeitete Auflage. Wiesbaden. Springer Gabler (ISBN 978-3-658-34637-9 (eBook)) https://doi.org/10.1007/978-3-658-34637-9 S. 12 ff.
  13. Halbfas, B. & Liszt-Rohlf, V. (2019): Entwicklungslinien und Perspektiven der Entrepreneurship Education – eine Analyse von Definitionen. In: Bijedic, T. (Hrsg.) et al. Entrepreneurship Education. Begriffe - Theorie - Verständnis. Wiebaden. Springer Verlag. https://doi.org/10.1007/978-3-658-27327-9 Und Wiepcke, C. (2008): Entrepreneurship Education im Fokus von Employability und Nachhaltigkeit; In: Lörwald, Dirk (Hrsg.) et al.: Ökonomie und Gesellschaft, Wiesbaden, S. 267-283.
  14. May & Wiepcke (2012): Lexikon der ökonomischen Bildung. 8., völlig überarb. und erw. Auflage. München: Oldenbourg
  15. May & Wiepcke (2012): Lexikon der ökonomischen Bildung. 8., völlig überarb. und erw. Auflage. München: Oldenbourg
  16. Euler, M. (2016): Born or made – Kann Entrepreneurship gelehrt werden? In: Retzmann, T. (Hrsg.). Entrepreneurship und Arbeitnehmerorientierung. Leitbilder und Konzepte für die ökonomischen Bildung in der Schule.Schwalbach. Wochenschau Verlag.
  17. Mittelstädt, E. & Wiepcke, C. (2018): Design Thinking; in: Unterricht Wirtschaft/Politik 2018/4Statista (2020). Anzahl der Gründer in Deutschland im Zeitraum von 2000 bis 2019. Verfügbar unter: https://de.statista.com/statistik/daten/studie/183869/umfrage/entwicklung-der-absolutengruenderzahlen-in-deutschland/ [04.12.22]
  18. Kirchner & Loerwald, 2016: Entrepreneurship Education in der ökonomischen Bildung. Online verfügbar unter: https://www.joachim-herz-stiftung.de/fileadmin/Redaktion/02_Entr_Ed_in_der_oekonom_Bildg.pdf
  19. Euler, M. (2016): Born or made – Kann Entrepreneurship gelehrt werden? In: Retzmann, T. (Hrsg.). Entrepreneurship und Arbeitnehmerorientierung. Leitbilder und Konzepte für die ökonomischen Bildung in der Schule.Schwalbach. Wochenschau Verlag.
  20. Jung, E. (2016): Entrepreneuship-Education und Arbeitnehmerorientierung als didaktische Herausforderung. In: Retzmann, T. (Hrsg.). Entrepreneurship und Arbeitnehmerorientierung. Leitbilder und Konzepte für die ökonomischen Bildung in der Schule.Schwalbach. Wochenschau Verlag.
  21. Mittelstädt, E.& Wiepcke, C. (2012): Verhaltensökonomische Experimente. Wirtschaftliche Entscheidungssituationen im Unterrichtsexperiment. 1. Auflage. Stuttgart. Deutsche Sparkassen Verlag. https://www.sparkassen-schulservice.de/sekundarstufen/verhaltensoekonomie/ (Abgerufen am 12.01.23)
  22. Monigl, E. Amerein, B. Stahl-Wagner, C. Behr, M. (2011): Selbstkompetenzen bei Jugendlichen Fördern. Göttingen. Hogrefe Verlag
  23. Startup BW (ohne Jahr): BW Young Talents. https://www.startupbw.de/themen/young-talents/ (Abgerufen am 28.11.22)