Was ist Geschichtsbewusstsein?: Unterschied zwischen den Versionen

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==Geschichtsbewusstsein als Forschungsfeld und fundamentale Kategorie der Geschichtsdidaktik==
==Geschichtsbewusstsein als Forschungsfeld und fundamentale Kategorie der Geschichtsdidaktik==
Das Geschichtsbewusstsein entwickelte sich Mitte der siebziger Jahre zum zentralen Forschungsfeld der Geschichtsdidaktik. Die Erforschung des Geschichtsbewusstseins soll in der Schule und in der gesamten Gesellschaft zentrale Aufgabe der Geschichtsdidaktik sein denn, so lautet die Begründung, jede Vermittlung und Rezeption ist vom Bewusstsein des Menschen abhängig.
Der Grundkonsens, dass das Geschichtsbewusstsein als eine, wenn nicht als die zentrale Kategorie der Geschichtsdidaktik gesehen werden kann wird auch von der Mehrheit der Geschichtsdidaktiker geteilt.<ref> vgl. Schönemann 2012, 102 </ref>
Das Geschichtsbewusstsein leitet quasi die wissenschaftliche Betrachtung der Geschichtsdidaktik, die über das reine Schulfach "Geschichte" hinausgeht ein und wird zu deren fundamentalen Begriff. Die folgende Definition von Jeismann trifft den Zusammenhang zwischen Geschichtsdidaktik und deren zentralem Forschungsfeld dem Geschichtsbewusstsein sehr gut:
''"'Didaktik der Geschichte' hat es zu tun mit dem Geschichtsbewußtsein in der Gesellschaft sowohl in seiner Zuständlichkeit, den vorhandenen Inhalten und Denkfiguren, wie in seinem Wandel, dem ständigen Um- und Aufbau historischer Vorstellungen, der stets sich erneuernden und verändernden Rekonstruktion des Wissens von der Vergangenheit. Sie interessiert sich für dieses Geschichtsbewußtsein auf allen Ebenen und in allen Gruppen der Gesellschaft sowohl um seiner selbst willen wie unter der Frage, welche Bedeutung dieses Geschichtsbewußtsein für das Selbstverständnis der Gegenwart gewinnt; sie sucht Wege, dieses Geschichtsbewußtsein auf eine Weise zu bilden oder zu beeinflussem, die zugleich dem Anspruch auf adäquate und der Forderung nach Richtigkeit entsprechende Vergangenheitserkenntnis wie auf Vernunft des Selbstverständnisses der Gegenwart entspricht."''<ref> Jeismann 1977, 12 </ref>


===Die Ausweitung des Bezugrahmens der Geschichtsdidaktik===
===Die Ausweitung des Bezugrahmens der Geschichtsdidaktik===
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Jeismann, K.-E. (1997): Geschichtsbewusstsein - Theorie. In: Bergmann, K./ Fröhlich, K./ Kuhn, A./ Rüsen, J./Schneider, G.: Handbuch der Geschichtsdidaktik; 5. überarbeitete Auflage (S. 42-45). Kallmeyer
Jeismann, K.-E. (1977): Didaktik der Geschichte. Die Wissenschaft von Zustand, Funktion und Veränderung geschichtlicher Vorstellungen im Selbstverständnis der Gegenwart. In: Kosthorst. E.: Geschichtswissenschaft. Didaktik - Forschung - Theorie (S. S. 9-33). Göttingen.


Meyer (1974): Enzyklopädisches Lexikon 10. Mannheim: Bibliographisches Institut
Jeismann, K.-E. (1997): Geschichtsbewusstsein - Theorie. In: Bergmann, K./ Fröhlich, K./ Kuhn, A./ Rüsen, J./Schneider, G.: Handbuch der Geschichtsdidaktik; 5. überarbeitete Auflage (S. 42-45). Kallmeyer.


Pandel, Hans-Jürgen (2013): Geschichtsdidaktik. Schwalbach/Ts.: Wochenschau Verlag   
Meyer (1974): Enzyklopädisches Lexikon 10. Mannheim: Bibliographisches Institut.
 
Pandel, Hans-Jürgen (2013): Geschichtsdidaktik. Schwalbach/Ts.: Wochenschau Verlag.  


Richling, Marian/ Jung, Roberto (2011): Abteilung für Didaktik der Geschichte. Didaktik der Geschichte. http://www.geschichte.uni-halle.de/struktur/dg/ (letzter Zugriff: 10.07.2013)
Richling, Marian/ Jung, Roberto (2011): Abteilung für Didaktik der Geschichte. Didaktik der Geschichte. http://www.geschichte.uni-halle.de/struktur/dg/ (letzter Zugriff: 10.07.2013)


Rüsen, J. (2008): Historische Orientierung: Über die Arbeit des Geschichtsbewusstseins sich in der Zeit zu-rechtzufinden. Schwalbach: Wochenschau-Verlag
Rüsen, J. (2008): Historische Orientierung: Über die Arbeit des Geschichtsbewusstseins sich in der Zeit zu-rechtzufinden. Schwalbach: Wochenschau-Verlag.
 
Sauer, Michael (2001): Geschichte unterrichten. Eine Einführung in die Didaktik und Methodik. 1. Auflage.


Sauer, Michael (2001): Geschichte unterrichten. Eine Einführung in die Didaktik und Methodik. 1. Auflage
Schieder, T. (1974): Geschichtsinteresse und Geschichtsbewusstsein heute. In: Burckhardt, C. J. Burckhardt: Geschichte zwischen Gestern und Morgen (S. 73-102). München.


Schieder, T. (1974): Geschichtsinteresse und Geschichtsbewusstsein heute. In: Burckhardt, C. J. Burckhardt: Geschichte zwischen Gestern und Morgen (S. 73-102). München
Schönemann, B. (2012): Geschichtsbewusstsein - Theorie . In: Barricelli, M.: Handbuch Praxis des Ge-schichtsunterrichts; 1 (S. 98-109). Schwalbach/Ts: Wochenschau-Verlag.

Version vom 17. Juli 2013, 08:10 Uhr

Erstellt von Rottler, Wenzel, Lehn und Schumm

"Geschichtsbewusstsein – in welcher Form auch immer – ist eine Eigentümlichkeit und ein Wesensmerkmals des Menschen."[1]

Geschichtsbewusstsein

Ziel des Geschichtsunterrichts ist die Anbahnung des Geschichtsbewusstseins. Dieses meint die Verknüpfung von der Vergangenheitsdeutung, Gegenwartsanalyse und Zukunftserwartung. [2] PANDEL bezeichnet es als individuelle Struktur, das jedoch kulturell konstruiert wird. Folglich fordert er in der Geschichtsdidaktik, eine Integration der Geschichtskultur - alle Präsentationen und Verarbeitungen von Geschichte, die uns umgeben - im Geschichtsunterricht und spricht sich stark gegen die vermehrt auftretende Lehrplanaffirmation aus.[3] Geschichtskultur prägt folglich unsere historischen Kenntnisse, Vorstellungen und Urteile – unser Geschichtsbewusstsein.[4]

Allgemeine Definition

Geschichtsbewusstsein ist…

"das Bewußtsein von der geschichtlichen Bedingtheit menschlicher Existenz"[5]

"die ständige Gegenwärtigkeit des Wissens, daß der Mensch und alle von ihm geschaffenen Einrichtungen und Formen seines Zusammenlebens in der Zeit existieren, also eine Herkunft und eine Zukunft haben, daß sie nichts darstellen, was stabil, unveränderlich und ohne Voraussetzungen ist"[6]

"der Inbegriff der mentalen Operationen (emotionalen und kognitiven, unbewußten und bewußten) Operationen, durch die die Erfahrung von Zeit im Medium der Erinnerung zur Orientierungen der Lebenspraxis verarbeitet werden."[7]

"der Balanceakt des Menschen auf dem Drahtseil der Zeit, das zwischen dem „Nicht mehr“ und dem „Noch nicht“ ausgespannt ist und auf dem sich konkretes und reales menschliches Leben vollzieht."[8]

"Mehr als bloßes Wissen oder reines Interesse an der Geschichte umgreift Geschichtsbewußtsein den Zusammenhang von Vergangenheitsdeutung, Gegenwartsverständnis und Zukunftsperspektive"[9]

"Wissen um die Geschichtlichkeit"[10]

Ziel des Geschichtsunterrichts

Durch das Geschichtsbewusstsein wird der didaktische Horizont erweitert, woraus sich geschichtsdidaktische Folgerungen ableiten lassen. Ziel ist es, das Geschichtsbewusstsein anzubahnen, das durch die Vergangenheit einer Gesellschaft konzipiert wird. Das "Wissen" über die Vergangenheit bietet einen Orientierungsrahmen für das gegenwärtige Verständnis. Die Geschichtsdidaktik ist ein theoretisch und empirisch ausreichend, gestaltendes Konzept. Der einzige Nachteil ist, dass die "Verlängerung" in die Praxis sowie die Rückkoppellung der Praxis an das Ziel fehlt.[11]

Empirische Betrachtung des Geschichtsbewusstseins

Geschichtsbewusstsein als Forschungsfeld und fundamentale Kategorie der Geschichtsdidaktik

Das Geschichtsbewusstsein entwickelte sich Mitte der siebziger Jahre zum zentralen Forschungsfeld der Geschichtsdidaktik. Die Erforschung des Geschichtsbewusstseins soll in der Schule und in der gesamten Gesellschaft zentrale Aufgabe der Geschichtsdidaktik sein denn, so lautet die Begründung, jede Vermittlung und Rezeption ist vom Bewusstsein des Menschen abhängig.

Der Grundkonsens, dass das Geschichtsbewusstsein als eine, wenn nicht als die zentrale Kategorie der Geschichtsdidaktik gesehen werden kann wird auch von der Mehrheit der Geschichtsdidaktiker geteilt.[12] Das Geschichtsbewusstsein leitet quasi die wissenschaftliche Betrachtung der Geschichtsdidaktik, die über das reine Schulfach "Geschichte" hinausgeht ein und wird zu deren fundamentalen Begriff. Die folgende Definition von Jeismann trifft den Zusammenhang zwischen Geschichtsdidaktik und deren zentralem Forschungsfeld dem Geschichtsbewusstsein sehr gut:

"'Didaktik der Geschichte' hat es zu tun mit dem Geschichtsbewußtsein in der Gesellschaft sowohl in seiner Zuständlichkeit, den vorhandenen Inhalten und Denkfiguren, wie in seinem Wandel, dem ständigen Um- und Aufbau historischer Vorstellungen, der stets sich erneuernden und verändernden Rekonstruktion des Wissens von der Vergangenheit. Sie interessiert sich für dieses Geschichtsbewußtsein auf allen Ebenen und in allen Gruppen der Gesellschaft sowohl um seiner selbst willen wie unter der Frage, welche Bedeutung dieses Geschichtsbewußtsein für das Selbstverständnis der Gegenwart gewinnt; sie sucht Wege, dieses Geschichtsbewußtsein auf eine Weise zu bilden oder zu beeinflussem, die zugleich dem Anspruch auf adäquate und der Forderung nach Richtigkeit entsprechende Vergangenheitserkenntnis wie auf Vernunft des Selbstverständnisses der Gegenwart entspricht."[13]


Die Ausweitung des Bezugrahmens der Geschichtsdidaktik

Die Betonung der empirischen Komponente

"Bekenntnis zum Konstruktivismus"

"Wendung ins Heuristische"

Die Theorie des Geschichtsbewusstseins

  1. Sauer 2001, 9
  2. vgl. Richling/Jung 2011
  3. vgl. Pandel 2013
  4. vgl. Sauer 2001, 9
  5. Meyer 1974, 191
  6. Schieder 1974, 78f.
  7. Rüsen 2008, 13
  8. Rüsen 2008, 14
  9. Jeismann 1997, 42
  10. Jeismann 1997, 42
  11. vgl. Pandel 2005, 8
  12. vgl. Schönemann 2012, 102
  13. Jeismann 1977, 12

Jeismann, K.-E. (1977): Didaktik der Geschichte. Die Wissenschaft von Zustand, Funktion und Veränderung geschichtlicher Vorstellungen im Selbstverständnis der Gegenwart. In: Kosthorst. E.: Geschichtswissenschaft. Didaktik - Forschung - Theorie (S. S. 9-33). Göttingen.

Jeismann, K.-E. (1997): Geschichtsbewusstsein - Theorie. In: Bergmann, K./ Fröhlich, K./ Kuhn, A./ Rüsen, J./Schneider, G.: Handbuch der Geschichtsdidaktik; 5. überarbeitete Auflage (S. 42-45). Kallmeyer.

Meyer (1974): Enzyklopädisches Lexikon 10. Mannheim: Bibliographisches Institut.

Pandel, Hans-Jürgen (2013): Geschichtsdidaktik. Schwalbach/Ts.: Wochenschau Verlag.

Richling, Marian/ Jung, Roberto (2011): Abteilung für Didaktik der Geschichte. Didaktik der Geschichte. http://www.geschichte.uni-halle.de/struktur/dg/ (letzter Zugriff: 10.07.2013)

Rüsen, J. (2008): Historische Orientierung: Über die Arbeit des Geschichtsbewusstseins sich in der Zeit zu-rechtzufinden. Schwalbach: Wochenschau-Verlag.

Sauer, Michael (2001): Geschichte unterrichten. Eine Einführung in die Didaktik und Methodik. 1. Auflage.

Schieder, T. (1974): Geschichtsinteresse und Geschichtsbewusstsein heute. In: Burckhardt, C. J. Burckhardt: Geschichte zwischen Gestern und Morgen (S. 73-102). München.

Schönemann, B. (2012): Geschichtsbewusstsein - Theorie . In: Barricelli, M.: Handbuch Praxis des Ge-schichtsunterrichts; 1 (S. 98-109). Schwalbach/Ts: Wochenschau-Verlag.