Bearbeiten von „Alteritätserfahrung und Fremdverstehen als Grundlage und Ziel multi-perspektivischen Geschichtsunterrichts

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== Alterität und Alteritätserfahrung ==
== Alterität und Alteritätserfahrung ==


Die Konfrontation mit Alterität (oder: Andersartigkeit) ist eine der grundlegenden Erfahrungen, um die Schüler und Schülerinnen im Umgang mit Geschichte und damit auch im ([[Grundlagen der Multiperspektivität| multiperspektivischen]]) Geschichtsunterricht nicht umhin kommen.  Denn grundsätzlich gilt, dass jede Beschäftigung mit Geschichte immer auch mit der Erfahrung von Andersartigkeit, d.h. einer Alteritätserfahrung, einhergeht (<ref>vgl. Sauer 2005,S.64</ref>). Denn, wie es Bergmann prägnant zusammenfasst, „[…] Andere Zeiten, andere Sitten“ (<ref>Bergmann 2000,S.231</ref>). Doch über die Andersartigkeit menschlicher Verhaltens- und Handlungsweisen, von Sitten und Gebräuchen oder auch nur dem äußeren Erscheinungsbild hinaus, gilt Gleiches auch für Wert- und Moralvorstellungen der in der Vergangenheit handelnden Menschen (<ref>vgl. Bergmann 2000,S.231f</ref>). Anders ausgedrückt, begegnen Schüler und Schülerinnen im Geschichtsunterricht immer auch dem Fremden in all seinen Facetten (<ref>vgl. Sauer 2005,S. 64</ref>).
Die Konfrontation mit Alterität (oder: Andersartigkeit) ist eine der grundlegenden Erfahrungen, um die Schüler und Schülerinnen im Umgang mit Geschichte und damit auch im (multiperspektivischen) Geschichtsunterricht nicht umhin kommen.  Denn grundsätzlich gilt, dass jede Beschäftigung mit Geschichte immer auch mit der Erfahrung von Andersartigkeit, d.h. einer Alteritätserfahrung, einhergeht (<ref>vgl. Sauer 2005,S.64</ref>). Denn, wie es Bergmann prägnant zusammenfasst, „[…] Andere Zeiten, andere Sitten“ (<ref>Bergmann 2000,S.231</ref>). Doch über die Andersartigkeit menschlicher Verhaltens- und Handlungsweisen, von Sitten und Gebräuchen oder auch nur dem äußeren Erscheinungsbild hinaus, gilt Gleiches auch für Wert- und Moralvorstellungen der in der Vergangenheit handelnden Menschen (<ref>vgl. Bergmann 2000,S.231f</ref>). Anders ausgedrückt, begegnen Schüler und Schülerinnen im Geschichtsunterricht immer auch dem Fremden in all seinen Facetten (<ref>vgl. Sauer 2005,S. 64</ref>).


Neben der schon beschriebenen Erfahrung von diachroner Andersartigkeit, d.h. der Andersartigkeit von Gegenwärtigem und Vergangenem, verlangt jedoch gerade auch der multiperspektivische Ansatz die Beachtung und nähere Betrachtung von synchroner (gleichzeitiger) Andersartigkeit. Denn Multiperspektivität als geschichtsdidaktisches Prinzip,  postuliert die Erarbeitung eines historischen Sachverhaltes an zumindest zweier, sich in der Sache, den hintergründigen Interessen, der sozialen Stellung der beteiligten Zeitgenossen, etc. unterscheidenden Perspektiven (<ref>vgl. Mayer/Pandel/Schneider 2006,S.128</ref>) und macht somit die Erfahrung von - und den „richtigen“ Umgang mit - synchroner Alterität zu einem Ziel des Geschichtsunterrichts. Wie bereits beschrieben, kann diese Alteritätserfahrung auch historisch stumme Gruppen mit einschließen (siehe Hauptartikel).  
Neben der schon beschriebenen Erfahrung von diachroner Andersartigkeit, d.h. der Andersartigkeit von Gegenwärtigem und Vergangenem, verlangt jedoch gerade auch der multiperspektivische Ansatz die Beachtung und nähere Betrachtung von synchroner (gleichzeitiger) Andersartigkeit. Denn Multiperspektivität als geschichtsdidaktisches Prinzip,  postuliert die Erarbeitung eines historischen Sachverhaltes an zumindest zweier, sich in der Sache, den hintergründigen Interessen, der sozialen Stellung der beteiligten Zeitgenossen, etc. unterscheidenden Perspektiven (<ref>vgl. Mayer/Pandel/Schneider 2006,S.128</ref>) und macht somit die Erfahrung von - und den „richtigen“ Umgang mit - synchroner Alterität zu einem Ziel des Geschichtsunterrichts. Wie bereits beschrieben, kann diese Alteritätserfahrung auch historisch stumme Gruppen mit einschließen (siehe Hauptartikel).  


Eine weitere Form der Alteritätserfahrung im Geschichtsunterricht ist allerdings auch in der „historischen Begegnung zwischen einem ‚Wir‘ und ‚den anderen‘“ (<ref>Sauer 2005,S.65</ref>) zu sehen. Hier spielt einmal die Standortgebundenheit i.S. der Nationalität oder des Kulturkreises eine große Rolle, während diese Art der Erfahrung von kultureller Andersartigkeit jedoch auch schon in der ‚eigenen‘ Vergangenheit, sprich in der Geschichte der ‚eigenen‘ Nation oder Kultur vorliegen kann: Die überzeugt nationalsozialistische (Ur-)Großmutter oder der mit Begeisterung in den Krieg gezogene (Ur-)Großvater ist den heutigen Schülern und Schülerinnen ebenso fremd, wie die gesellschaftlichen und politischen Umstände und  Moralvorstellungen, die sie dazu gemacht haben (<ref>vgl. Bergmann 2000,S.231f</ref>).
Eine weitere Form der Alteritätserfahrung im Geschichtsunterricht ist allerdings auch in der „historischen Begegnung zwischen einem ‚Wir‘ und ‚den anderen‘“ (<ref>Sauer 2005,S.65</ref>) zu sehen. Hier spielt einmal die Standortgebundenheit i.S. der Nationalität oder des Kulturkreises eine große Rolle, während diese Art der Erfahrung von kultureller Andersartigkeit jedoch auch schon in der ‚eigenen‘ Vergangenheit, sprich in der Geschichte der ‚eigenen‘ Nation oder Kultur vorliegen kann: Die überzeugt nationalsozialistische (Ur-)Großmutter oder der mit Begeisterung in den Krieg gezogene (Ur-)Großvater ist den heutigen Schülern und Schülerinnen ebenso fremd, wie die gesellschaftlichen und politischen Umstände und  Moralvorstellungen, die sie dazu gemacht haben (<ref>vgl. Bergmann 2000,S.231f</ref>).  
 


== Fremdverstehen ==
== Fremdverstehen ==


Fremdverstehen ist als von den Schülern und Schülerinnen zu unternehmender und einzuübender kognitiver und affektiver Prozess eines der Ziele des multiperspektivischen Geschichtsunterrichts (siehe Hauptartikel: Ziele von [[Grundlagen der Multiperspektivität| Multiperspektivität]] im Geschichtsunterricht) und eng mit der oben beschriebenen Konfrontation mit Andersartigkeit bzw. dem Fremden verbunden. Darüber hinaus bezeichnen von Borries und Tornow, mit Verweis auf die Ausführungen Bergmanns und Schörkens zum Thema, Fremdverstehen als „eine (nicht die) Hauptaufgabe des Geschichtsunterrichts“ (<ref>von Borries/Tornow 2001,S.231</ref>).  
Fremdverstehen ist als von den Schülern und Schülerinnen zu unternehmender und einzuübender kognitiver und affektiver Prozess eines der Ziele des multiperspektivischen Geschichtsunterrichts (siehe Hauptartikel: Ziele von Multiperspektivität im Geschichtsunterricht) und eng mit der oben beschriebenen Konfrontation mit Andersartigkeit bzw. dem Fremden verbunden. Darüber hinaus bezeichnen von Borries und Tornow, mit Verweis auf die Ausführungen Bergmanns und Schörkens zum Thema, Fremdverstehen als „eine (nicht die) Hauptaufgabe des Geschichtsunterrichts“ (<ref>von Borries/Tornow 2001,S.231</ref>).  


Gleichzeitig kann Fremdverstehen als ein wesentlicher Bestandteil der historischen Erkenntnisgewinnung angesehen werden, denn: „Es bedeutet sorgfältige Durchdringung und mentale Aneignung anderer [in diesem Fall: historischer, Anm.d.V.] Lebenswelten mittels ‚Empathie‘“ (<ref>Ebd.</ref>). Dieses schließt bspw. die zum jeweiligen Zeitpunkt herrschenden Wert- und Moralvorstellungen, die hintergründigen Interessen und Motive der handelnden Personen und ihre historische Rolle und Perspektive mit ein (<ref>vgl. Bergmann 2008,S.33</ref>). Hiermit rückt die vom multiperspektivischen Geschichtsunterricht geforderte und geförderte Fähigkeit zum Perspektivenwechsel bzw. der Perspektivenübernahme in den Fokus des Geschichtslernens. Angestrebtes, übergeordnetes Ziel der Förderung von Fremdverstehen durch Multiperspektivität ist die Anerkennung des, sowie die Offenheit und Toleranz gegenüber dem Anderen (z.B. in Form unterschiedlicher Lebensweisen, Traditionen, etc.) (<ref>vgl. von Borries/Tornow 2001,S.233</ref>). Im Zuge des Fremdverstehens muss jedoch deutlich gemacht werden, dass hier wohl immer nur eine Annäherung an ein solches Verstehen möglich ist und ein Erfassen in endgültiger Vollständigkeit fraglich bleibt (<ref>vgl. Lamsfuß-Schenk 2008,S.63</ref>).
Gleichzeitig kann Fremdverstehen als ein wesentlicher Bestandteil der historischen Erkenntnisgewinnung angesehen werden, denn: „Es bedeutet sorgfältige Durchdringung und mentale Aneignung anderer [in diesem Fall: historischer, Anm.d.V.] Lebenswelten mittels ‚Empathie‘“ (<ref>Ebd.</ref>). Dieses schließt bspw. die zum jeweiligen Zeitpunkt herrschenden Wert- und Moralvorstellungen, die hintergründigen Interessen und Motive der handelnden Personen und ihre historische Rolle und Perspektive mit ein (<ref>vgl. Bergmann 2008,S.33</ref>). Hiermit rückt die vom multiperspektivischen Geschichtsunterricht geforderte und geförderte Fähigkeit zum Perspektivenwechsel bzw. der Perspektivenübernahme in den Fokus des Geschichtslernens. Angestrebtes, übergeordnetes Ziel der Förderung von Fremdverstehen durch Multiperspektivität ist die Anerkennung des, sowie die Offenheit und Toleranz gegenüber dem Anderen (z.B. in Form unterschiedlicher Lebensweisen, Traditionen, etc.) (<ref>vgl. von Borries/Tornow 2001,S.233</ref>). Im Zuge des Fremdverstehens muss jedoch deutlich gemacht werden, dass hier wohl immer nur eine Annäherung an ein solches Verstehen möglich ist und ein Erfassen in endgültiger Vollständigkeit fraglich bleibt (<ref>vgl. Lamsfuß-Schenk 2008,S.63</ref>).
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Die Konfrontation bzw. die Beschäftigung mit dem Andersartigen, Fremden im Geschichtsunterricht, birgt also die Gelegenheit Verständnis zu entwickeln für Wertvorstellungen und Denkweisen, welche von den jeweils individuell eigenen abweichen (<ref>vgl. Sauer 2005,S.64</ref>). Genauso wie für eine möglichst umfassende Betrachtung geschichtlicher Sachverhalte und Zusammenhänge i.S. jeder historischen Erkenntnisgewinnung müssen hierfür die ‚fremden‘ Perspektiven und Standorte der in der Vergangenheit handelnden Menschen untersucht bzw. durchdrungen werden. Das bedeutet, dass Schülerinnen und Schüler in die Lage versetzt werden sollten, sich auf die gerade behandelte Zeit einzulassen. D.h. die hintergründigen Interessen und Motive, Denkweisen, Weltbilder und Lebensweisen, etc. von historischen Einzelpersonen oder sozialen Gruppen sind mitzudenken bzw. untersuchen zu können (<ref>Ebd.</ref>).  
Die Konfrontation bzw. die Beschäftigung mit dem Andersartigen, Fremden im Geschichtsunterricht, birgt also die Gelegenheit Verständnis zu entwickeln für Wertvorstellungen und Denkweisen, welche von den jeweils individuell eigenen abweichen (<ref>vgl. Sauer 2005,S.64</ref>). Genauso wie für eine möglichst umfassende Betrachtung geschichtlicher Sachverhalte und Zusammenhänge i.S. jeder historischen Erkenntnisgewinnung müssen hierfür die ‚fremden‘ Perspektiven und Standorte der in der Vergangenheit handelnden Menschen untersucht bzw. durchdrungen werden. Das bedeutet, dass Schülerinnen und Schüler in die Lage versetzt werden sollten, sich auf die gerade behandelte Zeit einzulassen. D.h. die hintergründigen Interessen und Motive, Denkweisen, Weltbilder und Lebensweisen, etc. von historischen Einzelpersonen oder sozialen Gruppen sind mitzudenken bzw. untersuchen zu können (<ref>Ebd.</ref>).  


Hierzu leistet [[Grundlagen der Multiperspektivität| Multiperspektivität]] im Geschichtsunterricht einen großen Beitrag, indem sie die Perspektive des jeweils anderen gerade nicht einfach unterschlägt, sondern die Darstellung und Betrachtung weiterer Positionen zum Prinzip und dadurch Andersartigkeit, Kontroversität und Pluralität bewusst und gleichzeitig zum Gegenstand des Unterrichts machen kann. Bergmann sieht deshalb die multiperspektivische Präsentation von Geschichte im Hinblick auf das Fremdverstehen als zwingend notwendig an (<ref>vgl. Bergmann 2000,S.241</ref>).  
Hierzu leistet Multiperspektivität im Geschichtsunterricht einen großen Beitrag, indem sie die Perspektive des jeweils anderen gerade nicht einfach unterschlägt, sondern die Darstellung und Betrachtung weiterer Positionen zum Prinzip und dadurch Andersartigkeit, Kontroversität und Pluralität bewusst und gleichzeitig zum Gegenstand des Unterrichts machen kann. Bergmann sieht deshalb die multiperspektivische Präsentation von Geschichte im Hinblick auf das Fremdverstehen als zwingend notwendig an (<ref>vgl. Bergmann 2000,S.241</ref>).  


Das heißt, Fremdverstehen als eines der Ziele von Multiperspektivität (siehe Hauptartikel: Ziele von Multiperspektivität im Geschichtsunterricht) wird zugleich entscheidend von ihr gefördert, denn:  „Wer sich einübt im Umgang mit Perspektivität und Kontroversität, wird auch selbst leichter die Fähigkeit zur Perspektivenübernahme […] entwickeln […]. Denn er lernt, generell verschiedene Ansichten der Welt und einzelne Situationen zur Geltung kommen zu lassen, andere zu erproben und seine eigenen zu überprüfen“ (<ref>Sauer 2005,S.72</ref>).
Das heißt, Fremdverstehen als eines der Ziele von Multiperspektivität (siehe Hauptartikel: Ziele von Multiperspektivität im Geschichtsunterricht) wird zugleich entscheidend von ihr gefördert, denn:  „Wer sich einübt im Umgang mit Perspektivität und Kontroversität, wird auch selbst leichter die Fähigkeit zur Perspektivenübernahme […] entwickeln […]. Denn er lernt, generell verschiedene Ansichten der Welt und einzelne Situationen zur Geltung kommen zu lassen, andere zu erproben und seine eigenen zu überprüfen“ (<ref>Sauer 2005,S.72</ref>).
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* Als Ansatzpunkt wäre z.B. auch denkbar, die Klasse zum Beginn einer Unterrichtsstunde (oder -einheit) mit Anders- bzw. Fremdartigem in solcher Form zu konfrontieren, dass die Schüler in ihren Wert- und Moralvorstellungen herausgefordert werden, um so Interesse und Motivation zu wecken nach Ursachen und Gründen zu suchen.
* Als Ansatzpunkt wäre z.B. auch denkbar, die Klasse zum Beginn einer Unterrichtsstunde (oder -einheit) mit Anders- bzw. Fremdartigem in solcher Form zu konfrontieren, dass die Schüler in ihren Wert- und Moralvorstellungen herausgefordert werden, um so Interesse und Motivation zu wecken nach Ursachen und Gründen zu suchen.


* Umgekehrt könnte auch die Perspektive „der Anderen“ auf „uns“, d.h. auf  westliches, europäisches oder deutsches Handeln in der Geschichte, präsentiert werden, um so die Schüler und Schülerinnen auf die Tatsache aufmerksam zu machen, dass „wir“ aus dieser Perspektive heraus „die Anderen“ darstellen.
* Umgekehrt könnte auch die Perspektive „der Anderen“ auf „uns“, d.h. auf  westliches, europäisches oder deutsches Handeln in der Geschichte, präsentiert werden, um so die Schüler und Schülerinnen auf die Tatsache aufmerksam zu machen, dass „wir“ aus dieser Perspektive heraus „die Anderen“ darstellen.  


=== Entwicklung der Fähigkeit zur Perspektivenübernahme ===
=== Entwicklung der Fähigkeit zur Perspektivenübernahme ===
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Bergmann führt einige Beispiele für Perspektivik-Übungen ausführlich anhand verschiedener Sachverhalte und Quellentexte aus, darunter findet sich in methodischer Hinsicht beispielsweise das Umschreiben von Quellen oder die Rollen-Podiumsdiskussion (<ref>siehe Bergmann 2008,S.276-293</ref>). Grundsätzlich sollte neben den bereits im Artikel „Grundlagen der Multiperspektivität“ genannten methodischen Verfahren wie dem einfachen Rollenspiel, usw., der im Unterricht behandelte historische Sachverhalt von den Schülern und Schülerinnen möglichst oft selbst aus der Perspektive der Anderen erzählt werden (<ref>vgl. Bergman 2000,S.242</ref>). Auch hier sind unterschiedliche Möglichkeiten, wie bspw. das Verfassen eines Briefes oder Tagebucheintrags bereits genannt (siehe Hauptartikel: Durchführung im Unterricht).  
Bergmann führt einige Beispiele für Perspektivik-Übungen ausführlich anhand verschiedener Sachverhalte und Quellentexte aus, darunter findet sich in methodischer Hinsicht beispielsweise das Umschreiben von Quellen oder die Rollen-Podiumsdiskussion (<ref>siehe Bergmann 2008,S.276-293</ref>). Grundsätzlich sollte neben den bereits im Artikel „Grundlagen der Multiperspektivität“ genannten methodischen Verfahren wie dem einfachen Rollenspiel, usw., der im Unterricht behandelte historische Sachverhalt von den Schülern und Schülerinnen möglichst oft selbst aus der Perspektive der Anderen erzählt werden (<ref>vgl. Bergman 2000,S.242</ref>). Auch hier sind unterschiedliche Möglichkeiten, wie bspw. das Verfassen eines Briefes oder Tagebucheintrags bereits genannt (siehe Hauptartikel: Durchführung im Unterricht).  


=== Fremdverstehen und Kultur: Interkulturelles Geschichtslernen als Chance und Erweiterung multiperspektivischen Geschichtsunterrichts ===  
=== Fremdverstehen und Kultur: Interkulturelles Geschichtslernen als Chance und Erweiterung multiperspektivischen  
Geschichtsunterrichts ===  
   
   
Die Erfahrung von Alterität im Geschichtsunterricht hat, wie bereits im ersten Abschnitt des Artikels dargelegt, mehrere Dimensionen: Neben der grundsätzlichen Tatsache, dass Geschichtliches an sich für Schüler und Schülerinnen zumeist mit ‚Andersartigem‘, ‚Fremdem‘ gleichzusetzen ist, beinhaltet die Beschäftigung mit der Historie auch die Gelegenheit zur näheren Betrachtung des ‚Wir‘ und des ‚Anderen‘ i.S. kultureller Verschiedenheit(en). Interkulturelles Geschichtslernen kann in diesem Zusammenhang als fachspezifischer Beitrag zur erziehungswissenschaftlichen Querschnittsaufgabe des „interkulturellen Lernens“ in Reaktion auf gesellschaftliche und politische Entwicklungen, wie der voranschreitenden Globalisierung, der europäischen Integration, zunehmender Migration und Fremdenfeindlichkeit, verstanden werden. Hierzu sind [[Grundlagen der Multiperspektivität| Multiperspektivität]] als geschichtsdidaktisches Prinzip und Fremdverstehen von essenzieller Bedeutung (<ref>vgl. Alavi 2005,S.123f</ref>).
Die Erfahrung von Alterität im Geschichtsunterricht hat, wie bereits im ersten Abschnitt des Artikels dargelegt, mehrere Dimensionen: Neben der grundsätzlichen Tatsache, dass Geschichtliches an sich für Schüler und Schülerinnen zumeist mit ‚Andersartigem‘, ‚Fremdem‘ gleichzusetzen ist, beinhaltet die Beschäftigung mit der Historie auch die Gelegenheit zur näheren Betrachtung des ‚Wir‘ und des ‚Anderen‘ i.S. kultureller Verschiedenheit(en). Interkulturelles Geschichtslernen kann in diesem Zusammenhang als fachspezifischer Beitrag zur erziehungswissenschaftlichen Querschnittsaufgabe des „interkulturellen Lernens“ in Reaktion auf gesellschaftliche und politische Entwicklungen, wie der voranschreitenden Globalisierung, der europäischen Integration, zunehmender Migration und Fremdenfeindlichkeit, verstanden werden. Hierzu sind Multiperspektivität als geschichtsdidaktisches Prinzip und Fremdverstehen von essenzieller Bedeutung (<ref>vgl. Alavi 2005,S.123f</ref>).


Denn multiperspektivischer Unterricht bietet die Gelegenheit auch das kulturell Andersartige, die Kontakte und Konfrontationen verschiedener Kulturen in der Geschichte aus ihrer jeweiligen Perspektive sowie das eigene ‚nationale‘ oder ‚europäische‘ Geschichtsbild zu thematisieren bzw. in den Mittelpunkt der Betrachtung zu stellen und im Zuge dessen Verständnis, Toleranz und gegebenenfalls eine je individuelle Identitätserweiterung zu fördern (siehe hierzu auch: Fremdverstehen und Identität) (<ref>vgl. Sauer 2005,S.65ff</ref>). Ein ethnozentrisches Geschichtsbild, d.h. die traditionelle Behandlung historischer Begebenheiten und Entwicklungen aus europäischer Perspektive heraus (was oftmals Gegnerschaft gegenüber dem  - oder die Rückständigkeit des - Anderen suggeriert), kann hierfür durch die Beschäftigung mit der Perspektive des kulturell anderen, wenn nicht aufgebrochen, so doch zumindest erweitert werden (<ref>vgl. Ebd.</ref>). Hierbei wäre bspw. die Frage zu stellen, welche Erfahrungen die Kulturen Nord- und Südamerikas mit dem europäischen „Entdecker“ gemacht haben, welche die islamische Kultur mit den Kreuzzügen, usw. Aber auch geschichtliche Beispiele für ein friedliches Miteinander wären i.S. des interkulturellen Lernens denkbar, bezüglich des Islams kann hier das mauretanische Spanien als Beispiel angeführt werden (<ref>vgl. Ebd.</ref>).
Denn multiperspektivischer Unterricht bietet die Gelegenheit auch das kulturell Andersartige, die Kontakte und Konfrontationen verschiedener Kulturen in der Geschichte aus ihrer jeweiligen Perspektive sowie das eigene ‚nationale‘ oder ‚europäische‘ Geschichtsbild zu thematisieren bzw. in den Mittelpunkt der Betrachtung zu stellen und im Zuge dessen Verständnis, Toleranz und gegebenenfalls eine je individuelle Identitätserweiterung zu fördern (siehe hierzu auch: Fremdverstehen und Identität) (<ref>vgl. Sauer 2005,S.65ff</ref>). Ein ethnozentrisches Geschichtsbild, d.h. die traditionelle Behandlung historischer Begebenheiten und Entwicklungen aus europäischer Perspektive heraus (was oftmals Gegnerschaft gegenüber dem  - oder die Rückständigkeit des - Anderen suggeriert), kann hierfür durch die Beschäftigung mit der Perspektive des kulturell anderen, wenn nicht aufgebrochen, so doch zumindest erweitert werden (<ref>vgl. Ebd.</ref>). Hierbei wäre bspw. die Frage zu stellen, welche Erfahrungen die Kulturen Nord- und Südamerikas mit dem europäischen „Entdecker“ gemacht haben, welche die islamische Kultur mit den Kreuzzügen, usw. Aber auch geschichtliche Beispiele für ein friedliches Miteinander wären i.S. des interkulturellen Lernens denkbar, bezüglich des Islams kann hier das mauretanische Spanien als Beispiel angeführt werden (<ref>vgl. Ebd.</ref>).


Innerhalb Europas und in Bezug auf ein nationales, sprich deutsches Geschichtsbild könnte, wie bereits im Hauptartikel angesprochen, zu diesem Zweck sowohl der Erste als auch der Zweite Weltkrieg, z.B. im Hinblick auf nationale Unterschiede in Bewertung und Deutung von Kriegsbeginn oder -ende, auch aus französischer, englischer, usw. Perspektive heraus behandelt werden.
Innerhalb Europas und in Bezug auf ein nationales, sprich deutsches Geschichtsbild könnte, wie bereits im Hauptartikel angesprochen, zu diesem Zweck sowohl der Erste als auch der Zweite Weltkrieg, z.B. im Hinblick auf nationale Unterschiede in Bewertung und Deutung von Kriegsbeginn oder -ende, auch aus französischer, englischer, usw. Perspektive heraus behandelt werden.
Fremdverstehen als Versuch, fremde Lebenswelten im Hinblick auf Wertvorstellungen, Motive, etc. zu durchdringen und sein Hauptmittel des Perspektivenwechsels oder der Perspektivenübernahme als Annäherung an das Fremde, ist im Zusammenhang mit interkulturellem Geschichtslernen besonders wichtig. Denn hierdurch können die eigene Perspektivität auch im Hinblick auf kulturelle Unterschiede bewusst gemacht und eigene Ansichten, Vorurteile etc. eventuell relativiert werden (<ref>vgl. Sauer 2005,S.66</ref>).
Fremdverstehen als Versuch, fremde Lebenswelten im Hinblick auf Wertvorstellungen, Motive, etc. zu durchdringen und sein Hauptmittel des Perspektivenwechsels oder der Perspektivenübernahme als Annäherung an das Fremde, ist im Zusammenhang mit interkulturellem Geschichtslernen besonders wichtig. Denn hierdurch können die eigene Perspektivität auch im Hinblick auf kulturelle Unterschiede bewusst gemacht und eigene Ansichten, Vorurteile etc. eventuell relativiert werden (<ref>vgl. Sauer 2005,S.66</ref>).  


=== Fremdverstehen und historisches Werturteil ===
=== Fremdverstehen und historisches Werturteil ===

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