Bearbeiten von „Grundlagen der Geschichtskultur

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''L.Ruf, S. Paralikidou (WS 2012/13); N.Paschke (SoSe2013); T. Suttarp (WS 2013/14)''
''L.Ruf, S. Paralikidou (WS 2012/13); N.Paschke (SoSe2013); T. Suttarp (WS 2013/14)''


== Was ist Geschichtskultur? ==Geschichtskultur befasst sich mit der „Art und Weise, wie eine Gesellschaft mit Vergangenheit und Geschichte umgeht“ (Hans-Jürgen Pandel) und ist eine „praktisch wirksame Artikulation von Geschichtsbewusstsein  im Leben einer Gesellschaft“ (Jörn Rüsen) <ref> Triepke 2011, S.20 </ref>.
== Was ist Geschichtskultur? ==
 


Geschichtskultur befasst sich mit der „Art und Weise, wie eine Gesellschaft mit Vergangenheit und Geschichte umgeht“ (Hans-Jürgen Pandel) und ist eine „praktisch wirksame Artikulation von Geschichtsbewusstsein  im Leben einer Gesellschaft“ (Jörn Rüsen) <ref> Triepke 2011, S.20 </ref>.


Notwendig ist also eine Abgrenzung der Begriffe Geschichtskultur und [[Was ist Geschichtsbewusstsein?|Geschichtsbewusstsein]]. Geschichtskultur ist die Gesamtheit der unterschiedlichen Vorstellungen und Einstellungen zur Vergangenheit <ref> vgl. Jeismann 1977, S. 13 </ref>, wobei Geschichtsbewusstsein eine individuelle Komponente hat, während Geschichtskultur kollektiv gebildet wird. Es handelt sich quasi um zwei Seiten einer Medaille: Das Geschichtsbewusstsein bildet sich im Leben eines Menschen individuell und ist ein mentaler Prozess, die Geschichtskultur stellt als Außenseite des Geschichtsbewusstseins sämtliche Formen, Erscheinungsbilder, Ereignisse, Orte und Kunstwerke dar, die im Umgang mit Geschichte entstehen <ref> vgl. Triepke 2011, S. 21 </ref>.
Notwendig ist also eine Abgrenzung der Begriffe Geschichtskultur und [[Was ist Geschichtsbewusstsein?|Geschichtsbewusstsein]]. Geschichtskultur ist die Gesamtheit der unterschiedlichen Vorstellungen und Einstellungen zur Vergangenheit <ref> vgl. Jeismann 1977, S. 13 </ref>, wobei Geschichtsbewusstsein eine individuelle Komponente hat, während Geschichtskultur kollektiv gebildet wird. Es handelt sich quasi um zwei Seiten einer Medaille: Das Geschichtsbewusstsein bildet sich im Leben eines Menschen individuell und ist ein mentaler Prozess, die Geschichtskultur stellt als Außenseite des Geschichtsbewusstseins sämtliche Formen, Erscheinungsbilder, Ereignisse, Orte und Kunstwerke dar, die im Umgang mit Geschichte entstehen <ref> vgl. Triepke 2011, S. 21 </ref>.
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Aus der Analyse dieser Wechselwirkungen lässt sich folgendes Prinzip gewinnen: „Diejenige historische Erinnerung kann ihre kulturelle Orientierungsfunktion am besten erfüllen, die ihre drei Dimensionen in relativer Autonomie belässt und zugleich wechselseitig kritisch aufeinander bezieht“ <ref> Rüsen 1997, S. 40 </ref>.
Aus der Analyse dieser Wechselwirkungen lässt sich folgendes Prinzip gewinnen: „Diejenige historische Erinnerung kann ihre kulturelle Orientierungsfunktion am besten erfüllen, die ihre drei Dimensionen in relativer Autonomie belässt und zugleich wechselseitig kritisch aufeinander bezieht“ <ref> Rüsen 1997, S. 40 </ref>.


Der Zusammenhang der drei Dimensionen der Geschichtskultur wird von dem übergreifenden Kriterium historischer Sinnbildung hergestellt. In vormodernen Gesellschaften war die Religion die allgemein akzeptierte Sinnquelle. Im Zuge der Modernisierung ist diese Quelle immer mehr versiegt. Es gab immer wieder Versuche kulturelle Instanzen einzubringen, die die Integrationsleistung der Religion übernehmen sollten (z.B. Geschichtsphilosophie), aber alle scheiterten an dem Problem der einseitigen Hervorhebung einer Dimension auf Kosten der anderen <ref> vgl. Rüsen 1995, S. 519 </ref>.
Der Zusammenhang der drei Dimensionen der Geschichtskultur wird von dem übergreifenden Kriterium [[Sinnbildung und Triftigkeit|historischer Sinnbildung]] hergestellt. In vormodernen Gesellschaften war die Religion die allgemein akzeptierte Sinnquelle. Im Zuge der Modernisierung ist diese Quelle immer mehr versiegt. Es gab immer wieder Versuche kulturelle Instanzen einzubringen, die die Integrationsleistung der Religion übernehmen sollten (z.B. Geschichtsphilosophie), aber alle scheiterten an dem Problem der einseitigen Hervorhebung einer Dimension auf Kosten der anderen <ref> vgl. Rüsen 1995, S. 519 </ref>.


Auch wenn es im Modernisierungsprozess Sinndefizite gibt, darf jedoch nicht vergessen werden, dass jede der drei Dimensionen Sinnkriterien enthält, die aufeinander beziehbar sind: Im Bereich der Wissenschaft ist das die Rationalität des methodischen Verfahrens, im Bereich der Politik die Legitimität durch Rechtsprinzipien wie die Menschen - und Bürgerrechte und im Bereich der Kunst das Prinzip der ästhetischen Autonomie.  
Auch wenn es im Modernisierungsprozess Sinndefizite gibt, darf jedoch nicht vergessen werden, dass jede der drei Dimensionen Sinnkriterien enthält, die aufeinander beziehbar sind: Im Bereich der Wissenschaft ist das die Rationalität des methodischen Verfahrens, im Bereich der Politik die Legitimität durch Rechtsprinzipien wie die Menschen - und Bürgerrechte und im Bereich der Kunst das Prinzip der ästhetischen Autonomie.  
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Schindlers Liste ist ein Spielfilm, der auch fiktive und künstlerische Elemente enthält, während der Fernsehfilm Shoa eine Dokumentation ist, in der Holocaust-Überlebende ihre Geschichte erzählen, wobei keinerlei künstlerische Elemente vorhanden sind.
Schindlers Liste ist ein Spielfilm, der auch fiktive und künstlerische Elemente enthält, während der Fernsehfilm Shoa eine Dokumentation ist, in der Holocaust-Überlebende ihre Geschichte erzählen, wobei keinerlei künstlerische Elemente vorhanden sind.
Dies sind zwei völlig unterschiedliche Herangehensweisen an das Thema „Holocaust“, die beide ihre Berechtigung haben: Die Wirkung des Filmes Shoa resultiert gerade daraus, dass er keinerlei [[Grundlagen Inszenierung|Inszenierung]] enthält, sondern nur die Wahrheit berichtet.
Dies sind zwei völlig unterschiedliche Herangehensweisen an das Thema „Holocaust“, die beide ihre Berechtigung haben: Die Wirkung des Filmes Shoa resultiert gerade daraus, dass er keinerlei Inszenierung enthält, sondern nur die Wahrheit berichtet.
Aber dieser Film entfaltet keine Massenwirkung, denn viele Menschen werden den neunstündigen Film gar nicht durchhalten, sich mit dem Thema nicht identifizieren und es auch nicht emotional an sich heranlassen.
Aber dieser Film entfaltet keine Massenwirkung, denn viele Menschen werden den neunstündigen Film gar nicht durchhalten, sich mit dem Thema nicht identifizieren und es auch nicht emotional an sich heranlassen.


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Erstens kann die Geschichtskultur als Lernort genutzt werden.
Erstens kann die Geschichtskultur als Lernort genutzt werden.
Hierbei geht es um historische Erkundungen in die Geschichtskultur vor Ort, wie z.B. in das Museum, in historische Ausstellungen, [[Arbeit im Archiv|Archive]], Denkmäler oder historische Bauten.
Hierbei geht es um historische Erkundungen in die Geschichtskultur vor Ort, wie z.B. in das Museum, in historische Ausstellungen, Archive, Denkmäler oder historische Bauten.


Zweitens kann die Geschichtskultur als Lernanlass genutzt werden: Hierbei werden aktuelle Anlässe wie Jahrestage oder Jubiläen genutzt, um sie im Unterricht zu behandeln.
Zweitens kann die Geschichtskultur als Lernanlass genutzt werden: Hierbei werden aktuelle Anlässe wie Jahrestage oder Jubiläen genutzt, um sie im Unterricht zu behandeln.
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Außerdem sollte der Film einen gut recherchierten historischen Hintergrund haben.
Außerdem sollte der Film einen gut recherchierten historischen Hintergrund haben.


Schulabschlussfahrten bieten auch Möglichkeiten, die Geschichtskultur der Klassengemeinschaft zu fördern. Beispielsweise eine Abschlussfahrt nach Berlin. Die Stadt besitzt eine Vielzahl (historischer) Denkmäler und Museen, die Geschichte beinhalten – wie auch die Stadt an sich  einen [[Historische Orte als Lernorte|historischen Lernort]] darstellt. Die Geschichte  Berlins könnte den  SuS praktisch veranschaulicht werden. Schon bevor man die Reise antritt, kann den  SuS die Aufgabe gestellt werden, sich in Gruppen auf einen Aspekt der Geschichte der Stadt vorzubereiten und dann anschließend bei der Erkundung der Stadt die Plätze und Objekte besuchen, die zu ihrem Thema relevant sein könnten.
Schulabschlussfahrten bieten auch Möglichkeiten, die Geschichtskultur der Klassengemeinschaft zu fördern. Beispielsweise eine Abschlussfahrt nach Berlin. Die Stadt besitzt eine Vielzahl (historischer) Denkmäler und Museen, die Geschichte beinhalten – wie auch die Stadt an sich  einen historischen Lernort darstellt. Die Geschichte  Berlins könnte den  SuS praktisch veranschaulicht werden. Schon bevor man die Reise antritt, kann den  SuS die Aufgabe gestellt werden, sich in Gruppen auf einen Aspekt der Geschichte der Stadt vorzubereiten und dann anschließend bei der Erkundung der Stadt die Plätze und Objekte besuchen, die zu ihrem Thema relevant sein könnten.


Eine weitere Umsetzungsmöglichkeit wäre es,  SuS im Rahmen eines Projektes ein historisches Theaterstück in einer modernen Version, die zum Beispiel mit der Bewältigung des Alltags zu tun hat, aufführen zu lassen. Die Recherche zu dem Stück und ihren Rollen müssten die  SuS jeweils selbst  organisieren, um sich in die Perspektive besser hineinversetzen zu können. In gemeinsamen Besprechungen und Diskussionen im Klassenraum können die bisher gesammelten Ergebnisse zusammengetragen, analysiert und reflektiert werden. Dadurch wird nicht nur die Geschichtskultur gefördert, sondern es prägt gleichzeitig das individuelle Geschichtsbewusstsein jedes einzelnen Schülers aus und bringt ihn dazu, sich mit seiner eigenen Person auseinanderzusetzen und sich selbst zu reflektieren.
Eine weitere Umsetzungsmöglichkeit wäre es,  SuS im Rahmen eines Projektes ein historisches Theaterstück in einer modernen Version, die zum Beispiel mit der Bewältigung des Alltags zu tun hat, aufführen zu lassen. Die Recherche zu dem Stück und ihren Rollen müssten die  SuS jeweils selbst  organisieren, um sich in die Perspektive besser hineinversetzen zu können. In gemeinsamen Besprechungen und Diskussionen im Klassenraum können die bisher gesammelten Ergebnisse zusammengetragen, analysiert und reflektiert werden. Dadurch wird nicht nur die Geschichtskultur gefördert, sondern es prägt gleichzeitig das individuelle Geschichtsbewusstsein jedes einzelnen Schülers aus und bringt ihn dazu, sich mit seiner eigenen Person auseinanderzusetzen und sich selbst zu reflektieren.

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