Bearbeiten von „Historisches Lernen in der Sekundarstufe I

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''„Jenseits dieser grundlegenden Zweckbestimmung stehen sich unterschiedliche didaktische Anwendungsbereiche und Zielsetzungen gegenüber“ <ref>ebd.</ref> Die Anwendungsbereiche umfassen zum einen die Gegenstände und zum anderen die Adressaten. „Schaut man auf die Adressaten, so lassen sich eine Kindergarten-,eine Vorschul-, eine Grundschuldidaktik, eine Didaktik für die Sekundarstufe I, für die Sekundarstufe II, aber auch für die Hochschule und Einrichtungen der Erwachsenenbildung ausmachen“'' <ref>ebd</ref>.  
''„Jenseits dieser grundlegenden Zweckbestimmung stehen sich unterschiedliche didaktische Anwendungsbereiche und Zielsetzungen gegenüber“ <ref>ebd.</ref> Die Anwendungsbereiche umfassen zum einen die Gegenstände und zum anderen die Adressaten. „Schaut man auf die Adressaten, so lassen sich eine Kindergarten-,eine Vorschul-, eine Grundschuldidaktik, eine Didaktik für die Sekundarstufe I, für die Sekundarstufe II, aber auch für die Hochschule und Einrichtungen der Erwachsenenbildung ausmachen“'' <ref>ebd</ref>.  
Diese unterschiedlichen Didaktiken beschäftigen sich mit den jeweiligen Lernvoraussetzungen, Lernbedürfnisse und den Lernmöglichkeiten, da das Niveau und das Alter der jeweiligen Gruppen ausschlaggebend ist für die Umsetzung im Unterricht.  
Diese unterschiedlichen Didaktiken beschäftigen sich mit den jeweiligen Lernvoraussetzungen, Lernbedürfnisse und den Lernmöglichkeiten, da das Niveau und das Alter der jeweiligen Gruppen ausschlaggebend ist für die Umsetzung im Unterricht.  
„Was die didaktische Grund- und Zielfragen angeht, so sind für die [[Einführung in die Grundlagen der Fachdidaktik| Geschichtsdidaktik]] heute vornehmlich vier allgemeindidaktische Ansätze wichtig: der bildungstheoretische, der lerntheoretische, der fachwissenschaftsorientierte, der kommunikative“ <ref>Rohlfes 2005: 98</ref>.
„Was die didaktische Grund- und Zielfragen angeht, so sind für die Geschichtsdidaktik heute vornehmlich vier allgemeindidaktische Ansätze wichtig: der bildungstheoretische, der lerntheoretische, der fachwissenschaftsorientierte, der kommunikative“ <ref>Rohlfes 2005: 98</ref>.
 


== Lehren und Lernen in der Sek I ==
== Lehren und Lernen in der Sek I ==
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Geschichte wird immer aus einer bestimmten Perspektive wahrgenommen und überliefert. Für Historiker ist es wichtig die unterschiedlichen Perspektiven bei ihrer Interpretation zu berücksichtigen. Es kann nie die vergangene Wirklichkeit geben, sondern stets nur verschiedene Arten von Zeugnissen, die aus unterschiedlichen Perspektiven überliefert worden sind. Die Rekonstruktion der vergangenen Geschehnisse kann demnach nie die absolut gültige Wahrheit anstreben bzw. darstellen. „Dass historische Ereignisse schon von den Zeitgenossen unterschiedlich gesehen und beurteilt worden sind und es – von unbezweifelbaren Fakten abgesehen – nicht die Geschichte „an sich“ gibt, ist eine elementare Einsicht, die der Geschichtsunterricht Schülerinnen und Schülern vermitteln muss.“ <ref>Sauer 2004: 69</ref>  
Geschichte wird immer aus einer bestimmten Perspektive wahrgenommen und überliefert. Für Historiker ist es wichtig die unterschiedlichen Perspektiven bei ihrer Interpretation zu berücksichtigen. Es kann nie die vergangene Wirklichkeit geben, sondern stets nur verschiedene Arten von Zeugnissen, die aus unterschiedlichen Perspektiven überliefert worden sind. Die Rekonstruktion der vergangenen Geschehnisse kann demnach nie die absolut gültige Wahrheit anstreben bzw. darstellen. „Dass historische Ereignisse schon von den Zeitgenossen unterschiedlich gesehen und beurteilt worden sind und es – von unbezweifelbaren Fakten abgesehen – nicht die Geschichte „an sich“ gibt, ist eine elementare Einsicht, die der Geschichtsunterricht Schülerinnen und Schülern vermitteln muss.“ <ref>Sauer 2004: 69</ref>  


''„Drei Gesichtspunkte der [[Grundlagen der Multiperspektivität| Multiperspektivität]] scheinen besonders wichtig zu sein: Erstens ist eine Erweiterung und noch stärkere Verankerung des Prinzips in der Praxis des Geschichtsunterrichts wünschenswert; zweitens scheint eine gesellschaftsgeschichtliche Verankerung dringend erforderlich; drittens sind die Möglichkeiten der Umsetzung des Prinzips zu finden und zu propagieren, die die Tatsache berücksichtigen, dass wir in den meisten historischen Epochen „stumme“ Gruppen vor uns haben, deren Perspektive nicht in Form von Primärzeugnissen im Unterricht präsentiert werden kann.“'' <ref>Bergmann 2000: 164</ref>
''„Drei Gesichtspunkte der Multiperspektivität scheinen besonders wichtig zu sein: Erstens ist eine Erweiterung und noch stärkere Verankerung des Prinzips in der Praxis des Geschichtsunterrichts wünschenswert; zweitens scheint eine gesellschaftsgeschichtliche Verankerung dringend erforderlich; drittens sind die Möglichkeiten der Umsetzung des Prinzips zu finden und zu propagieren, die die Tatsache berücksichtigen, dass wir in den meisten historischen Epochen „stumme“ Gruppen vor uns haben, deren Perspektive nicht in Form von Primärzeugnissen im Unterricht präsentiert werden kann.“'' <ref>Bergmann 2000: 164</ref>


Schülerinnen und Schüler sollten sich im Geschichtsunterricht im Umgang mit Perspektivität und Kontroversität üben, um die Fähigkeit zur Perspektivübernahme zu entwickeln. Auf diese Weise erlernen sie „generell verschiedene Ansichten der Welt und einzelner Situationen zur Geltung kommen zu lassen, andere zu erproben und [ihre] eigenen zu überprüfen.“ <ref>Sauer 2004: 72)</ref> Die multiperspektivische Darstellung von Geschichte im Unterricht bedeutet folglich, den Lernenden die historischen Sachverhalte so zu präsentieren die sie sich auch den Historikern präsentieren, nämlich in Form von Zeugnissen aus unterschiedlichen Perspektiven, die mal mehr mal weniger in ihrer  Darlegung übereinstimmen.
Schülerinnen und Schüler sollten sich im Geschichtsunterricht im Umgang mit Perspektivität und Kontroversität üben, um die Fähigkeit zur Perspektivübernahme zu entwickeln. Auf diese Weise erlernen sie „generell verschiedene Ansichten der Welt und einzelner Situationen zur Geltung kommen zu lassen, andere zu erproben und [ihre] eigenen zu überprüfen.“ <ref>Sauer 2004: 72)</ref> Die multiperspektivische Darstellung von Geschichte im Unterricht bedeutet folglich, den Lernenden die historischen Sachverhalte so zu präsentieren die sie sich auch den Historikern präsentieren, nämlich in Form von Zeugnissen aus unterschiedlichen Perspektiven, die mal mehr mal weniger in ihrer  Darlegung übereinstimmen.
   
   
''„Indem die Schülerinnen und Schüler im multiperspektivischen Geschichtsunterricht dauernd perspektivische Zeugnisse aus vergangenen Zeiten und Gesellschaften bearbeiten, untersuchen und verstehen lernen, lernen sie jenes ‚einfühlendes Denken‘ und jene ‚Empathie‘, die notwendig sind, um die in den Zeugnissen der Vergangenheit enthaltenen Sinnbezüge, Wertvorstellungen und Denkweisen zu erschließen“'' <ref>Bergmann 2000: 175</ref>
''„Indem die Schülerinnen und Schüler im multiperspektivischen Geschichtsunterricht dauernd perspektivische Zeugnisse aus vergangenen Zeiten und Gesellschaften bearbeiten, untersuchen und verstehen lernen, lernen sie jenes ‚einfühlendes Denken‘ und jene ‚Empathie‘, die notwendig sind, um die in den Zeugnissen der Vergangenheit enthaltenen Sinnbezüge, Wertvorstellungen und Denkweisen zu erschließen“'' <ref>Bergmann 2000: 175</ref>


== Strukturierung von Themen ==
== Strukturierung von Themen ==
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=== Quellenarbeit ===
=== Quellenarbeit ===


Die [[Quellenarbeit im Geschichtsunterricht (Sek.I)| Quellenarbeit]] sollte im Mittelpunkt des Geschichtsunterrichts stehen, um so ein Bild der Vergangenheit zu formen. Die Schülerinnen und Schüler können auf diesem Weg den Zugang zur Geschichte nachvollziehen.  
Die Quellenarbeit sollte im Mittelpunkt des Geschichtsunterrichts stehen, um so ein Bild der Vergangenheit zu formen. Die Schülerinnen und Schüler können auf diesem Weg den Zugang zur Geschichte nachvollziehen.  
„Die didaktischen Intentionen: Schülerinnen und Schüler lernen fachspezifische Voraussetzungen und Methoden der Erkenntnisgewinnung kennen (Unterscheidung von Quelle und Darstellung, Perspektivität von Quellen).“ <ref>Sauer 2004: 85</ref> Zudem sollen die Lernenden zu einer eigenen Urteilsbildung kommen, was durch Selbsttätigkeit und eignes denken forciert werden soll.  
„Die didaktischen Intentionen: Schülerinnen und Schüler lernen fachspezifische Voraussetzungen und Methoden der Erkenntnisgewinnung kennen (Unterscheidung von Quelle und Darstellung, Perspektivität von Quellen).“ <ref>Sauer 2004: 85</ref> Zudem sollen die Lernenden zu einer eigenen Urteilsbildung kommen, was durch Selbsttätigkeit und eignes denken forciert werden soll.  
Man sollte die Quellenarbeit allerdings nicht verabsolutieren, da für diese Methode immer ein Vorwissen nötig ist und der Unterricht schließlich nicht nur aus Informationsaufnahme bestehen kann. Es könnte zudem auch vorkommen, dass die Lernenden mit der ihnen vorgelegten Quelle überfordert sind „sowohl von der Sprachgestalt wie von den geistigen Operationen her.“ <ref>Sauer 2004: 86</ref>  
Man sollte die Quellenarbeit allerdings nicht verabsolutieren, da für diese Methode immer ein Vorwissen nötig ist und der Unterricht schließlich nicht nur aus Informationsaufnahme bestehen kann. Es könnte zudem auch vorkommen, dass die Lernenden mit der ihnen vorgelegten Quelle überfordert sind „sowohl von der Sprachgestalt wie von den geistigen Operationen her.“ <ref>Sauer 2004: 86</ref>  
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* Quellen müssen authentisch sein (…).
* Quellen müssen authentisch sein (…).
* Quellen sollten Vorstellungsbildung ermöglichen.
* Quellen sollten Vorstellungsbildung ermöglichen.
* Quellen sollten Alteritätserfahrung und – bei entsprechenden Themen- Fremdverstehen ermöglichen.“ <ref>Sauer 2004: 86</ref>
* Quellen sollten Alteritätserfahrung und – bei entsprechenden Themen- Fremdverstehen ermöglichen.“ <ref>Sauer 2004: 86</ref>  


=== Außerschulische Lernorte ===
=== Außerschulische Lernorte ===


„Außerschulische Lernorte (…) zeichnen sich dadurch aus, dass sie ein umfassenderes Erkenntnispotential bieten, das durch genauere ortsspezifische Untersuchung erschlossen und genutzt werden kann.“ <ref>Sauer 2004: 115</ref> Dabei unterscheidet man zwischen Institutionen wie z.B. Museen oder Archive und einzelne Überreste bzw. [[Historische Orte als Lernorte|historische Stätten]].  
„Außerschulische Lernorte (…) zeichnen sich dadurch aus, dass sie ein umfassenderes Erkenntnispotential bieten, das durch genauere ortsspezifische Untersuchung erschlossen und genutzt werden kann.“ <ref>Sauer 2004: 115</ref> Dabei unterscheidet man zwischen Institutionen wie z.B. Museen oder Archive und einzelne Überreste bzw. historische Stätten.  
Der Vorteil von außerschulischen Lernorten ist, dass Schülerinnen und Schüler mit historischen Originalen konfrontiert werden, wobei man aber auch die konstruierte Situation im Museum bedenken muss. Es wird gewissermaßen nie die vergangene Wirklichkeit dargestellt, was man den Lernenden zuvor auch bewusst machen sollte.
Der Vorteil von außerschulischen Lernorten ist, dass Schülerinnen und Schüler mit historischen Originalen konfrontiert werden, wobei man aber auch die konstruierte Situation im Museum bedenken muss. Es wird gewissermaßen nie die vergangene Wirklichkeit dargestellt, was man den Lernenden zuvor auch bewusst machen sollte.
   
   
Ein Museumsbesuch ist zweifellos kein Selbstzweck und sollte deshalb auch nie isoliert neben dem Unterricht stehen. Gute Vorbereitung, was einen Vorbesuch mit beinhalten sollte, um sich klar zu werden was später mit den Schülern angeschaut wird, ist von großer Wichtigkeit. Das Übermaß von Eindrücken in einem Museum könnte die Klasse überfordern, weshalb die Lehrkraft eine geeignete Vorauswahl von den zu betrachtenden Objekten treffen sollte, um diese intensiver behandeln zu können.  
Ein Museumsbesuch ist zweifellos kein Selbstzweck und sollte deshalb auch nie isoliert neben dem Unterricht stehen. Gute Vorbereitung, was einen Vorbesuch mit beinhalten sollte, um sich klar zu werden was später mit den Schülern angeschaut wird, ist von großer Wichtigkeit. Das Übermaß von Eindrücken in einem Museum könnte die Klasse überfordern, weshalb die Lehrkraft eine geeignete Vorauswahl von den zu betrachtenden Objekten treffen sollte, um diese intensiver behandeln zu können.  
Sauer nennt in seinem Buch vier methodische Zugänge, die sich bei einem Besuch mit der Klasse in ein Museum unterscheiden lassen: Führung, Unterrichtsgespräch, Erkundung und Werkstatt <ref>2004: 117-118)</ref>
Sauer nennt in seinem Buch vier methodische Zugänge, die sich bei einem Besuch mit der Klasse in ein Museum unterscheiden lassen: Führung, Unterrichtsgespräch, Erkundung und Werkstatt <ref>2004: 117-118)</ref>  
 


== Historische Kompetenzen und Kompetenzmodelle ==
== Historische Kompetenzen und Kompetenzmodelle ==
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Dieses Modell ist nicht nur das älteste deutsche, sondern auch eines, dem die meiste Beachtung geschenkt wird. „Pandel selbst leitet die Kompetenzbereiche aus der Theorie [[Grundlagen des Historischen Denkens| Historischen Denkens ]] her und bezieht sich gleichzeitig auf die ‚Logik des historischen Erinnerns‘ Pandel 2005: 44“ <ref>Barricelli/Gautschi: 217 </ref> Er verwendet die Zeitachse als organisierendes Element, wobei die Geschichtskulturelle Kompetenz in der Zeitachse verankert ist und die anderen drei darunter angeordnet werden.  
Dieses Modell ist nicht nur das älteste deutsche, sondern auch eines, dem die meiste Beachtung geschenkt wird. „Pandel selbst leitet die Kompetenzbereiche aus der Theorie [[Grundlagen des Historischen Denkens| Historischen Denkens ]] her und bezieht sich gleichzeitig auf die ‚Logik des historischen Erinnerns‘ Pandel 2005: 44“ <ref>Barricelli/Gautschi: 217 </ref> Er verwendet die Zeitachse als organisierendes Element, wobei die Geschichtskulturelle Kompetenz in der Zeitachse verankert ist und die anderen drei darunter angeordnet werden.  


„Um [[Was ist Geschichtsbewusstsein?|Geschichtsbewusstsein]] zu fördern, bedürfe es demnach einer Gattungskompetenz, um ‚mit den verschiedenen Textgattungen umgehen zu können, die sich mit dem Themenbereich Geschichte befassen‘, der Interpretationskompetenz als Fähigkeit, aus diesen Gattungen historisches Wissen und historischen Sinn zu entnehmen, der [[Narration Grundlagen|narrativen]]  Kompetenz als Fähigkeit, ‚aus zeitdifferenten Ereignissen durch Sinnbildung eine Geschichte herzustellen‘, und der geschichtskulturellen Kompetenz, welche ‚geschichtskulturelle Sinndeutungen‘ bearbeitbar macht (Pandel 2005: 27 ff)“ <ref>Barricelli/Gautschi: 218</ref>  
„Um [[Was ist Geschichtsbewusstsein?|Geschichtsbewusstsein]] zu fördern, bedürfe es demnach einer Gattungskompetenz, um ‚mit den verschiedenen Textgattungen umgehen zu können, die sich mit dem Themenbereich Geschichte befassen‘, der Interpretationskompetenz als Fähigkeit, aus diesen Gattungen historisches Wissen und historischen Sinn zu entnehmen, der narrativen Kompetenz als Fähigkeit, ‚aus zeitdifferenten Ereignissen durch Sinnbildung eine Geschichte herzustellen‘, und der geschichtskulturellen Kompetenz, welche ‚geschichtskulturelle Sinndeutungen‘ bearbeitbar macht (Pandel 2005: 27 ff)“ <ref>Barricelli/Gautschi: 218</ref>  
Dieses Modell zeichnet sich besonders durch seine Einfachheit und Klarheit aus, die es leicht operationalisierbar erscheinen lassen.
Dieses Modell zeichnet sich besonders durch seine Einfachheit und Klarheit aus, die es leicht operationalisierbar erscheinen lassen.


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=== Vermittlung von Geschichtsbewusstsein===
=== Vermittlung von Geschichtsbewusstsein===


Der Kontakt mit Geschichte geschieht an unterschiedlichen Orten und durch unterschiedliche Gelegenheiten. Geschichte wird nicht nur in der Schule vermittelt. [[Grundlagen Medien im Geschichtsunterricht| Medien]] thematisieren Geschichte und präsentieren sie subjektiv. Dies beeinflusst den Menschen und das Geschichtsbewusstsein des Einzelnen. Auch durch bei einem Besuch von Museen und im alltäglichen Leben stehen die Menschen in Kontakt mit Geschichte und das Geschichtsbewusstsein bildet und entwickelt sich. Mittlerweile wird das Museum durch gezielte Museumspädagogik zum Lernort und auch dort wird Geschichtsbewusstsein vermittelt. Ein weiterer Punkt sind Romane und Spielfilme in denen Geschichte dargestellt wird. Dies geschieht oftmals durch den zusätzlichen Einfluss von Spannung und Charakteren. Dadurch gestaltet sich diese Darstellung von Geschichte oftmals fern von tatsächlichen Gegebenheiten, wird aber dennoch mit großem Interessen und Erfolg von den Menschen verfolgt.<ref>Mayer; 2005, 13</ref>
Der Kontakt mit Geschichte geschieht an unterschiedlichen Orten und durch unterschiedliche Gelegenheiten. Geschichte wird nicht nur in der Schule vermittelt. Medien thematisieren Geschichte und präsentieren sie subjektiv. Dies beeinflusst den Menschen und das Geschichtsbewusstsein des Einzelnen. Auch durch bei einem Besuch von Museen und im alltäglichen Leben stehen die Menschen in Kontakt mit Geschichte und das Geschichtsbewusstsein bildet und entwickelt sich. Mittlerweile wird das Museum durch gezielte Museumspädagogik zum Lernort und auch dort wird Geschichtsbewusstsein vermittelt. Ein weiterer Punkt sind Romane und Spielfilme in denen Geschichte dargestellt wird. Dies geschieht oftmals durch den zusätzlichen Einfluss von Spannung und Charakteren. Dadurch gestaltet sich diese Darstellung von Geschichte oftmals fern von tatsächlichen Gegebenheiten, wird aber dennoch mit großem Interessen und Erfolg von den Menschen verfolgt.<ref>Mayer; 2005, 13</ref>  
 
=== Reichweiten von Geschichtsbewusstsein ===
=== Reichweiten von Geschichtsbewusstsein ===


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Geschichtsbewusstsein hat als Thema im Geschichtsunterricht eher eine untergeordnete Rolle.  
Geschichtsbewusstsein hat als Thema im Geschichtsunterricht eher eine untergeordnete Rolle.  


„Geschichtsbewusstsein sollte nur gelegentlich und ausnahmsweise explizierter Gegenstand des Schulunterrichts sein.“ <ref>Rohlfes; 2005, 391</ref> Geschichtsbewusstsein ist ein Habitus, eine Denk- und Verhaltensgepflogenheit, auf die man pädagogisch zwar hinwirken, deren erfolgreiche Einpflanzung aber kein Lehrer garantieren kann. Hingegen sollte das Geschichtsbewusstsein aus Sicht der Lehrkraft immer präsent sein und als entscheidender Faktor im Lehr- Lernverhalten gesehen werden. Bis vor kurzem verstand man unter Geschichtsbewusstsein, einen normativen Begriff der vorgibt, was die SuS zu Geschichte und geschichtlichen Ereignissen denken sollten. Geschichtsbewusstsein galt als kollektiv und nicht als individuelles, subjektives Empfinden. Die Veränderung zum analytischen Begriff geschah im 20. Jahrhundert. <ref>Mayer; 2006, 70</ref>  Geschichtsbewusstsein ist ein Schlüsselbegriff für das Verständnis von Vergangenheit und Gegenwart. Die Gesichtsdidaktik ist nicht nur auf die Vermittlung von Lernzielen und –gegenständen beschränkt, sondern ist auch aufgefordert, das gesamte gesellschaftliche und politische, aber auch anthropologische und kulturelle Umfeld geschichtlichen Lernens einzubeziehen.<ref>Rohlfes; 2005, 19</ref> „Nach allgemeiner Auffassung erschöpft sich die Geschichtsdidaktik nicht in ihrer Ausrichtung auf den schulischen Geschichtsunterricht, sondern umfaßt das gesamte Feld der Vermittlung und Rezeption von Geschichte in der Gesellschaft, mit dem heutigen gängigen Begriff: die [[Grundlagen der Geschichtskultur|Geschichtskultur]].“<ref>Rohlfes; 2005,  385/386</ref> Waltraud Schreiber entwarf das „kategoriale Strukturmodell des Geschichtsbewusstseins“. Dessen Kernidee ist das reflektierte und selbstreflexive Geschichtsbewusstsein. Sie wird auf die Fokussierung auf Vergangenheit, Geschichte sowie Gegenwart/Zukunft gegliedert.<ref>Rohlfes; 2005, 389</ref> Rüßen definiert Geschichtsbewusstsein als „narrative“ Kompetenz.<ref>Rohlfes; 2005, 390</ref>
„Geschichtsbewusstsein sollte nur gelegentlich und ausnahmsweise explizierter Gegenstand des Schulunterrichts sein.“ <ref>Rohlfes; 2005, 391</ref> Geschichtsbewusstsein ist ein Habitus, eine Denk- und Verhaltensgepflogenheit, auf die man pädagogisch zwar hinwirken, deren erfolgreiche Einpflanzung aber kein Lehrer garantieren kann. Hingegen sollte das Geschichtsbewusstsein aus Sicht der Lehrkraft immer präsent sein und als entscheidender Faktor im Lehr- Lernverhalten gesehen werden. Bis vor kurzem verstand man unter Geschichtsbewusstsein, einen normativen Begriff der vorgibt, was die SuS zu Geschichte und geschichtlichen Ereignissen denken sollten. Geschichtsbewusstsein galt als kollektiv und nicht als individuelles, subjektives Empfinden. Die Veränderung zum analytischen Begriff geschah im 20. Jahrhundert. <ref>Mayer; 2006, 70</ref>  Geschichtsbewusstsein ist ein Schlüsselbegriff für das Verständnis von Vergangenheit und Gegenwart. Die Gesichtsdidaktik ist nicht nur auf die Vermittlung von Lernzielen und –gegenständen beschränkt, sondern ist auch aufgefordert, das gesamte gesellschaftliche und politische, aber auch anthropologische und kulturelle Umfeld geschichtlichen Lernens einzubeziehen.<ref>Rohlfes; 2005, 19</ref> „Nach allgemeiner Auffassung erschöpft sich die Geschichtsdidaktik nicht in ihrer Ausrichtung auf den schulischen Geschichtsunterricht, sondern umfaßt das gesamte Feld der Vermittlung und Rezeption von Geschichte in der Gesellschaft, mit dem heutigen gängigen Begriff: die Geschichtskultur.“<ref>Rohlfes; 2005,  385/386</ref> Waltraud Schreiber entwarf das „kategoriale Strukturmodell des Geschichtsbewusstseins“. Dessen Kernidee ist das reflektierte und selbstreflexive Geschichtsbewusstsein. Sie wird auf die Fokussierung auf Vergangenheit, Geschichte sowie Gegenwart/Zukunft gegliedert.<ref>Rohlfes; 2005, 389</ref> Rüßen definiert Geschichtsbewusstsein als „narrative“ Kompetenz.<ref>Rohlfes; 2005, 390</ref>


=== Bedeutung des Geschichtsbewusstseins ===
=== Bedeutung des Geschichtsbewusstseins ===
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Der Geschichtsunterricht unterliegt staatlichen Vorgaben und ist zudem an den Bildungsplan gebunden. Dies lenkt den Geschichtsunterricht und das Historische Lernen. Um das Historische Lernen im Geschichtsunterricht zu sichern findet dies in unterschiedliche Formen statt.
Der Geschichtsunterricht unterliegt staatlichen Vorgaben und ist zudem an den Bildungsplan gebunden. Dies lenkt den Geschichtsunterricht und das Historische Lernen. Um das Historische Lernen im Geschichtsunterricht zu sichern findet dies in unterschiedliche Formen statt.


Einen wichtigen Beitrag dazu leistet die Eingliederung nach Rüsen, der das Historische Lernen um die narrative Kompetenz erweitert hat. Zunächst gelten das Analysieren, Urteilen und Werten als Teil des historischen Lernens. Lange <ref> Lange; 2007, 105)</ref> erklärt die [[Narration Grundlagen|Narration]] im Kontext des historischen Lernens folgendermaßen: „Historisches Erzählen drückt sich in der Tätigkeit aus, die Erfahrungen der Vergangenheit in der Gegenwart zu deuten, dass Zukunft als Handlungsperspektive erschlossen wird.“ Das heißt, die Narration gilt als umfassendes Mittel, Geschichte zu erfassen und Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu verbinden.  
Einen wichtigen Beitrag dazu leistet die Eingliederung nach Rüsen, der das Historische Lernen um die narrative Kompetenz erweitert hat. Zunächst gelten das Analysieren, Urteilen und Werten als Teil des historischen Lernens. Lange <ref> Lange; 2007, 105)</ref> erklärt die Narration im Kontext des historischen Lernens folgendermaßen: „Historisches Erzählen drückt sich in der Tätigkeit aus, die Erfahrungen der Vergangenheit in der Gegenwart zu deuten, dass Zukunft als Handlungsperspektive erschlossen wird.“ Das heißt, die Narration gilt als umfassendes Mittel, Geschichte zu erfassen und Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft zu verbinden.  
Desweitern teilt Rüsen das historische Lernen in vier Kategorien. Er unterscheidet den traditionellen, exemplarischen, kritischen und genetischen Lerntypus.
Desweitern teilt Rüsen das historische Lernen in vier Kategorien. Er unterscheidet den traditionellen, exemplarischen, kritischen und genetischen Lerntypus.


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Die oben genannten Komponenten, '''Erfahrung''', '''Deutung''' und '''Orientierung''' sollen nun erarbeitet werden:
Die oben genannten Komponenten, '''Erfahrung''', '''Deutung''' und '''Orientierung''' sollen nun erarbeitet werden:
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'''"Historisches Lernen ist der Zuwachs an Erfahrung und Erfahrungskompetenz aus der menschlichen Vergangenheit"''' <ref>Rüsen; 2008, S.65</ref>
"Historisches Lernen ist der Zuwachs an Erfahrung und Erfahrungskompetenz aus der menschlichen Vergangenheit" <ref>Rüsen; 2008, S.65</ref>
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In dieser Ebene wird die Operation des Geschichtsbewusstseins als Lernprozess erst dann angesprochen, wenn das Wissen über die Vergangenheit vermehrt wird. Dies geschieht  wenn das Subjekt sich auf neue Erfahrungen einlässt. Daraus folgt, dass das Subjekt die Intention besitzen muss, sich einen Sachverhalt anzueignen, der einen historischen Charakter besitzt. Dieser historische Charakter muss deutlich hervorheben, dass es sich bei dem Gedachten um eine andere Zeitform als die Jetzige handelt. In der Umwelt vorkommende Kontraste stoßen gewisse Reize aus, die zu den wichtigsten Anstößen des historischen Lernens gehört." <ref>vgl. Rüsen; 2008, S65</ref>
In dieser Ebene wird die Operation des Geschichtsbewusstseins als Lernprozess erst dann angesprochen, wenn das Wissen über die Vergangenheit vermehrt wird. Dies geschieht  wenn das Subjekt sich auf neue Erfahrungen einlässt. Daraus folgt, dass das Subjekt die Intention besitzen muss, sich einen Sachverhalt anzueignen, der einen historischen Charakter besitzt. Dieser historische Charakter muss deutlich hervorheben, dass es sich bei dem Gedachten um eine andere Zeitform als die Jetzige handelt. In der Umwelt vorkommende Kontraste stoßen gewisse Reize aus, die zu den wichtigsten Anstößen des historischen Lernens gehört." <ref>vgl. Rüsen; 2008, S65</ref>
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'''"Historisches Lernen ist Zuwachs an Deutung und Deutungskompetenz"'''<ref>Rüsen; 2008, S.66 </ref>
''Historisches Lernen ist Zuwachs an Deutung und Deutungskompetenz'' <ref>Rüsen; 2008, S.66 </ref>
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Diese Dimension baut auf den Zuwachs an Erfahrung auf. Die in der vorherigen Dimension entstandene Steigerung von Wissen, schlägt sich nun in eine "produktive Veränderung der Deutungsmuster, in die sie hinein verarbeitet werden, nieder“<ref> ebd.</ref>. <br>
Diese Dimension baut auf den Zuwachs an Erfahrung auf. Die in der vorherigen Dimension entstandene Steigerung von Wissen, schlägt sich nun in eine "produktive Veränderung der Deutungsmuster, in die sie hinein verarbeitet werden, nieder“<ref> ebd.</ref>. <br>
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'''"Historisches Lernen ist Zuwachs an Orientierung und Orientierungskompetenz"''' <ref>Rüsen; 2008, S.67</ref>
''Historisches Lernen ist Zuwachs an Orientierung und Orientierungskompetenz'' <ref>Rüsen; 2008, S.67</ref>


Diese Kompetenz wird als eine praktische Funktion ausgeübt. Sie ordnet die gedeutete historische Erfahrung und "den Gebrauch historischen Wissens, das in umgreifenden Deutungsmustern geordnet ist"<ref>ebd.</ref>. <br>
Diese Kompetenz wird als eine praktische Funktion ausgeübt. Sie ordnet die gedeutete historische Erfahrung und "den Gebrauch historischen Wissens, das in umgreifenden Deutungsmustern geordnet ist"<ref>ebd.</ref>. <br>
Außerdem sollte jeder Mensch die Fähigkeit, Zeit objektiv zu beurteilen, erlangen. Unter der Inneren Zeitorientierung versteht man die Formung eines Instinkts.Dieser Instinkt bezieht sich auf die Vergangenheit und Gegenwart und verdeutlicht den aktuellen Stand des eigenen Seins in der Umwelt.  Die äußere Zeitorientierung meint eine "Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft umgreifende Sinnbestimmung zeitlicher Veränderungen, in den Umständen, Bedingungen und Verhältnissen des menschlichen Lebens." <ref>ebd.</ref>
Außerdem sollte jeder Mensch die Fähigkeit, Zeit objektiv zu beurteilen, erlangen. Unter der Inneren Zeitorientierung versteht man die Formung eines Instinkts.Dieser Instinkt bezieht sich auf die Vergangenheit und Gegenwart und verdeutlicht den aktuellen Stand des eigenen Seins in der Umwelt.  Die äußere Zeitorientierung meint eine "Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft umgreifende Sinnbestimmung zeitlicher Veränderungen, in den Umständen, Bedingungen und Verhältnissen des menschlichen Lebens." <ref>ebd.</ref>
Die hier als nötig bezeichnete Fähigkeit, wurde schon bereits in der Deutungskompetenz begonnen. Denn in dieser Kompetenz enthalten die Deutungsmuster schon "kategoriale (sinn-) Bestimmungen von Zeitverläufen, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft umgreifen"<ref>ebd.</ref>.<br>
Die hier als nötig bezeichnete Fähigkeit, wurde schon bereits in der Deutungskompetenz begonnen. Denn in dieser Kompetenz enthalten die Deutungsmuster schon "kategoriale (sinn-) Bestimmungen von Zeitverläufen, die Vergangenheit, Gegenwart und Zukunft umgreifen"<ref>ebd.</ref>.<br>
Unter dem Begriff der [[Grundlagen der historischen Kompetenzorientierung#Die Historische Orientierungskompetenz|historischen Orientierungskompetenz]] versteht man die Fähigkeit, "die mit Wissen und Erfahrung gefüllten Deutungsmuster auf die eigenen Lebenssituationen zu beziehen und anzuwenden, um den eigenen Standpunkt im Lebenszusammenhang der Gegenwart zu finden und bewusst zu reflektieren. Der  objektiv vorhandene Standpunkt enthält dadurch eine subjektive, intentionale aufgeladene temporale Richtung“<ref>ebd.</ref>.<ref>vgl. Rüsen; 2008, S.67 </ref><br><br>
Unter dem Begriff der historischen Orientierungskompetenz versteht man die Fähigkeit, "die mit Wissen und Erfahrung gefüllten Deutungsmuster auf die eigenen Lebenssituationen zu beziehen und anzuwenden, um den eigenen Standpunkt im Lebenszusammenhang der Gegenwart zu finden und bewusst zu reflektieren. Der  objektiv vorhandene Standpunkt enthält dadurch eine subjektive, intentionale aufgeladene temporale Richtung“<ref>ebd.</ref>.<ref>vgl. Rüsen; 2008, S.67 </ref><br><br>
Durch den Prozess des historischen Lernens verändert sich der Orientierungsrahmen der Lebenspraxis. Der Orientierungsrahmen wird historisiert und mit "Sinn für Wirklichkeit angereichert".<ref>Rüsen; 2008; S.68</ref> Das Subjekt bekommt somit die "Fähigkeit, die Historizität der eigenen Welt und des eigenen Selbst wahrzunehmen und Handlungs- und Bildungschancen zu erkennen"<ref>ebd.</ref>. <ref>vgl. Rüsen; 2008; S.68</ref><br>
Durch den Prozess des historischen Lernens verändert sich der Orientierungsrahmen der Lebenspraxis. Der Orientierungsrahmen wird historisiert und mit "Sinn für Wirklichkeit angereichert".<ref>Rüsen; 2008; S.68</ref> Das Subjekt bekommt somit die "Fähigkeit, die Historizität der eigenen Welt und des eigenen Selbst wahrzunehmen und Handlungs- und Bildungschancen zu erkennen"<ref>ebd.</ref>. <ref>vgl. Rüsen; 2008; S.68</ref><br>
Zusammenfassend kann man sagen, dass die drei Operationen des Geschichtsbewusstseins und die drei Dimensionen des historischen Lernens zusammenhängend sind. Dieser zeigt eine Komplexität in der Begrifflichkeit des historischen Lernens. Außerdem wird deutlich, dass das historische Lernen eine „Doppelpoligkeit“<ref>Rüsen; 2008, S.68</ref> besitzt. Diese bewegt sich zwischen der Erfahrungsaneignung und der Selbstgewinnung „in den mentalen Bewegungen des Geschichtsbewusstseins“.<ref>Rüsen; 2008, S.68</ref> <ref>vgl. Rüsen; 2008, S.68</ref><br>
Zusammenfassend kann man sagen, dass die drei Operationen des Geschichtsbewusstseins und die drei Dimensionen des historischen Lernens zusammenhängend sind. Dieser zeigt eine Komplexität in der Begrifflichkeit des historischen Lernens. Außerdem wird deutlich, dass das historische Lernen eine „Doppelpoligkeit“<ref>Rüsen; 2008, S.68</ref> besitzt. Diese bewegt sich zwischen der Erfahrungsaneignung und der Selbstgewinnung „in den mentalen Bewegungen des Geschichtsbewusstseins“.<ref>Rüsen; 2008, S.68</ref> <ref>vgl. Rüsen; 2008, S.68</ref><br>
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In dem Punkt Fragen und Bezugsrahmen wird deutlich, dass jede Wissenschaft mit Fragen beginnt. Das Ziel dieses Verfahrens liegt darin, die gegenwärtige und vergangene Wirklichkeit zu erfassen und zu erklären. In dem oben genannten Beispiel wird das anhand des Bildes, mit welchem die Schülerinnen und Schüler konfrontiert werden, erarbeitet. Dadurch können Fremdartigkeiten für die Schülerinnen und  Schüler auftreten. Diese können Fragen und Vermutungen provozieren.<ref>ebd.</ref> Auch die Tatsache, dass Schülerinnen und Schüler von den eigenen Erfahrungen und Informationen ausgehen, führt zu Fragen und Vermutungen. <ref>vgl. Huhn; 1994, S.34</ref><br>
In dem Punkt Fragen und Bezugsrahmen wird deutlich, dass jede Wissenschaft mit Fragen beginnt. Das Ziel dieses Verfahrens liegt darin, die gegenwärtige und vergangene Wirklichkeit zu erfassen und zu erklären. In dem oben genannten Beispiel wird das anhand des Bildes, mit welchem die Schülerinnen und Schüler konfrontiert werden, erarbeitet. Dadurch können Fremdartigkeiten für die Schülerinnen und  Schüler auftreten. Diese können Fragen und Vermutungen provozieren.<ref>ebd.</ref> Auch die Tatsache, dass Schülerinnen und Schüler von den eigenen Erfahrungen und Informationen ausgehen, führt zu Fragen und Vermutungen. <ref>vgl. Huhn; 1994, S.34</ref><br>
Heutzutage entscheiden meist die Lehrer was im Unterricht behandelt werden soll, jedoch haben, bei größeren [[Projektarbeit|Projekten]], auch die Schülerinnen und  Schüler das Recht ihre Interessen einzubringen. Gleichzeitig existieren verschiedene Faktoren, die deren  Interesse beeinflussen. Dazu zählen Fragen, die am Anfang eines Projekts gestellt werden oder das Interesse der Schülerinnen und  Schüler etwas selber ausprobieren zu wollen. In dem oben genannten Beispiel wäre es zudem möglich den Lehrnenden zu zeigen, wie die Menschen in der Vergangenheit gewaschen haben. Diese gesamten Faktoren bilden den Bezugsrahmen, der die Fragen der Schülerinnen und Schüler beeinflussen kann. <ref>vgl. Huhn; 1994, S.35</ref>
Heutzutage entscheiden meist die Lehrer was im Unterricht behandelt werden soll, jedoch haben, bei größeren Projekten, auch die Schülerinnen und  Schüler das Recht ihre Interessen einzubringen. Gleichzeitig existieren verschiedene Faktoren, die deren  Interesse beeinflussen. Dazu zählen Fragen, die am Anfang eines Projekts gestellt werden oder das Interesse der Schülerinnen und  Schüler etwas selber ausprobieren zu wollen. In dem oben genannten Beispiel wäre es zudem möglich den Lehrnenden zu zeigen, wie die Menschen in der Vergangenheit gewaschen haben. Diese gesamten Faktoren bilden den Bezugsrahmen, der die Fragen der Schülerinnen und Schüler beeinflussen kann. <ref>vgl. Huhn; 1994, S.35</ref>


Zusammenfassend wird deutlich, dass dieser aus lebensweltlichen Erfahrungen, Vorabinformationen, individuellen Vorlieben oder gegenwärtigen Problemen entsteht und zu Fragen und Vermutungen der Schülerinnen und  Schüler führen kann.<ref>vgl. Huhn; 1994, S.36</ref><br>
Zusammenfassend wird deutlich, dass dieser aus lebensweltlichen Erfahrungen, Vorabinformationen, individuellen Vorlieben oder gegenwärtigen Problemen entsteht und zu Fragen und Vermutungen der Schülerinnen und  Schüler führen kann.<ref>vgl. Huhn; 1994, S.36</ref><br>
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In der Erinnerungsarbeit des Geschichtsbewusstseins ist der Selbstbehauptungs- und Selbstdurchsetzungswillen eines jeden Individuums wichtig. Er wird durch die Aneignung der Vergangeheit bestimmt,  um dadurch seine Gegenwart und Zukunft zu meistern. Mit dem Blick auf die Gegenwart und die Erwartung der Zukunft fördern auch andere Tatsachen, wie der Interessenkonflikt jedes Einzelnen, die Deutung der Vergangenheit und Begründungspflicht. <ref>vgl. Rüsen; 2008, S.62 </ref>
In der Erinnerungsarbeit des Geschichtsbewusstseins ist der Selbstbehauptungs- und Selbstdurchsetzungswillen eines jeden Individuums wichtig. Er wird durch die Aneignung der Vergangeheit bestimmt,  um dadurch seine Gegenwart und Zukunft zu meistern. Mit dem Blick auf die Gegenwart und die Erwartung der Zukunft fördern auch andere Tatsachen, wie der Interessenkonflikt jedes Einzelnen, die Deutung der Vergangenheit und Begründungspflicht. <ref>vgl. Rüsen; 2008, S.62 </ref>


Das historische Lernen, als Aufbau und Umbau von historischen Wissensbeständen im Gedächtnis, steht in der deutschen [[Einführung in die Grundlagen der Fachdidaktik| Geschichtsdidaktik]] hinter der Klärung von Funktionen des Geschichtsbewusstseins. Sein Ziel ist es, zu einem reflektierenden Geschichtsbewusstsein zu gelangen. .<ref>vgl. Günther- Arndt; 2003, S.25</ref>
Das historische Lernen, als Aufbau und Umbau von historischen Wissensbeständen im Gedächtnis, steht in der deutschen Geschichtsdidaktik hinter der Klärung von Funktionen des Geschichtsbewusstseins. Sein Ziel ist es, zu einem reflektierenden Geschichtsbewusstsein zu gelangen. .<ref>vgl. Günther- Arndt; 2003, S.25</ref>


Historisches Lernen stellt die Frage wie eigenständig gelernt wird, gelernt werden kann und gelernt werden soll. In dieser Hinsicht wird das Geschichtsbewusstsein als ein Lernprozess gesehen, indem „die Fähigkeit zur [[Narration Grundlagen|narrativen]] Sinnbildung über Zeiterfahrung selber erst gelernt werden soll“<ref>Rüsen; 2008, S.79</ref>. Dieses Bewusstsein erscheint „als Lernen des Lernens“<ref>ebd.</ref>, oder anders formuliert, als ein „selbstreflexiver Prozess“<ref>ebd.</ref>.  <br>
Historisches Lernen stellt die Frage wie eigenständig gelernt wird, gelernt werden kann und gelernt werden soll. In dieser Hinsicht wird das Geschichtsbewusstsein als ein Lernprozess gesehen, indem „die Fähigkeit zur narrativen Sinnbildung über Zeiterfahrung selber erst gelernt werden soll“<ref>Rüsen; 2008, S.79</ref>. Dieses Bewusstsein erscheint „als Lernen des Lernens“<ref>ebd.</ref>, oder anders formuliert, als ein „selbstreflexiver Prozess“<ref>ebd.</ref>.  <br>


Der Begriff selbstreflexiv, beschreibt die „innere Dynamik des historischen Lernens“<ref>ebd.</ref>. Darin wird der Lernprozess des Geschichtsbewusstseins als eine Entwickelung eines Subjekts gesehen, „in der es die Kompetenz zur narrativen Sinnbildung über die Zeiterfahrung erwirbt“<ref>ebd.</ref>. Also das historische Lernen erlernt.<br>
Der Begriff selbstreflexiv, beschreibt die „innere Dynamik des historischen Lernens“<ref>ebd.</ref>. Darin wird der Lernprozess des Geschichtsbewusstseins als eine Entwickelung eines Subjekts gesehen, „in der es die Kompetenz zur narrativen Sinnbildung über die Zeiterfahrung erwirbt“<ref>ebd.</ref>. Also das historische Lernen erlernt.<br>
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=== Definition und Entwicklung ===
=== Definition und Entwicklung ===


Der Begriff der [[Grundlagen der Geschichtskultur|Geschichtskultur]] unterliegt seit seiner Erscheinung einem Wandel und wird von Wissenschaftlern sehr unterschiedlich definiert. Lange Zeit nahmen Historiker an, dass die Geschichtskultur das Geschichtsbewusstsein als didaktische Kategorie überflüssig machen würde. Seinen Ursprung hatte die Geschichtskultur in den fachtheoretischen Diskussionen der 80er Jahre. Damals bezeichnete die Geschichtskultur die Art und Weise wie öffentliche [[Grundlagen Medien im Geschichtsunterricht| Medien]] mit historischen Sachverhalten umgingen. Dabei wurde die Geschichtskultur noch nicht mit dem schulischen Geschichtsunterricht in Beziehung gebracht. Geschichtskultur sollte deshalb vor allem auf die gegenwärtige Geschichtlichkeit einer Gesellschaft, unabhängig von schulischen und wissenschaftlichen Institutionen, verweisen <ref>vgl. Pandel, 2012, S. 147f.</ref>
Der Begriff der Geschichtskultur unterliegt seit seiner Erscheinung einem Wandel und wird von Wissenschaftlern sehr unterschiedlich definiert. Lange Zeit nahmen Historiker an, dass die Geschichtskultur das Geschichtsbewusstsein als didaktische Kategorie überflüssig machen würde. Seinen Ursprung hatte die Geschichtskultur in den fachtheoretischen Diskussionen der 80er Jahre. Damals bezeichnete die Geschichtskultur die Art und Weise wie öffentliche Medien mit historischen Sachverhalten umgingen. Dabei wurde die Geschichtskultur noch nicht mit dem schulischen Geschichtsunterricht in Beziehung gebracht. Geschichtskultur sollte deshalb vor allem auf die gegenwärtige Geschichtlichkeit einer Gesellschaft, unabhängig von schulischen und wissenschaftlichen Institutionen, verweisen <ref>vgl. Pandel, 2012, S. 147f.</ref>


Heutzutage  werden Geschichtskultur und [[Was ist Geschichtsbewusstsein?|Geschichtsbewusstsein]] nicht getrennt oder in Konkurrenz miteinander, sondern  als zwei Seiten eines gemeinsamen Sachverhalts betrachtet.<ref>vgl. Rohlfes, 2005, S. 391</ref> Der Historiker und Kulturwissenschaftler Jörn Rüsen hat sich intensiv mit der Geschichtskultur auseinandergesetzt und umschreibt diese als die „ praktisch wirksame Artikulation von Geschichtsbewusstsein im Leben einer Gesellschaft.“<ref>Rüsen, 1999, S. 9</ref>  Geschichtskultur zeigt sich demnach im Umgang einer Gesellschaft mit der Vergangenheit und Geschichte an sich. In der Geschichtskultur manifestiert sich  das Geschichtsbewusstsein der einzelnen Teilhabenden einer Gesellschaft. Demnach werden „Universität, Museum, Schule Verwaltung, Massenmedien und andere kulturelle Einrichtungen zum Ensemble von Orten der kollektiven Erinnerung.“<ref>Rüsen,  1999, S. 9</ref>
Heutzutage  werden Geschichtskultur und [[Was ist Geschichtsbewusstsein?|Geschichtsbewusstsein]] nicht getrennt oder in Konkurrenz miteinander, sondern  als zwei Seiten eines gemeinsamen Sachverhalts betrachtet.<ref>vgl. Rohlfes, 2005, S. 391</ref> Der Historiker und Kulturwissenschaftler Jörn Rüsen hat sich intensiv mit der Geschichtskultur auseinandergesetzt und umschreibt diese als die „ praktisch wirksame Artikulation von Geschichtsbewusstsein im Leben einer Gesellschaft.“<ref>Rüsen, 1999, S. 9</ref>  Geschichtskultur zeigt sich demnach im Umgang einer Gesellschaft mit der Vergangenheit und Geschichte an sich. In der Geschichtskultur manifestiert sich  das Geschichtsbewusstsein der einzelnen Teilhabenden einer Gesellschaft. Demnach werden „Universität, Museum, Schule Verwaltung, Massenmedien und andere kulturelle Einrichtungen zum Ensemble von Orten der kollektiven Erinnerung.“<ref>Rüsen,  1999, S. 9</ref>

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