Bearbeiten von „Ziele und Absichten der Geschichtsdidaktik

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#die Konstruktion von Analogien (Argumentum ab analogia)
#die Konstruktion von Analogien (Argumentum ab analogia)
#die Darstellung von Trend und Entwicklungen, die zur Genese aktueller Wirklichkeit gehören (Argumentum a progressione)
#die Darstellung von Trend und Entwicklungen, die zur Genese aktueller Wirklichkeit gehören (Argumentum a progressione)
#die Inanspruchnahme von „Wirkungs-“ und „Sinnzusammenhängen“, die Geschichte als Prozess konstituieren (Argumentum a processe)
#die Inanspruchnahme von „Wirkungs-“ und „Sinnzusammenhängen“, die Geschichte als Prozess konstituieren (Argumentum s processu)
<ref> (Jörg Calließ, S.73) </ref>
<ref> (Jörg Calließ, S.73) </ref>




Geschichte als Argument hat in letzter Konsequenz immer den Auftrag Menschen in ihrer Sichtweise auf geschichtliche Ereignisse zu beeinflussen. Durch die Beeinflussung verändern sich natürlich auch die Geschichtsbilder der einzelnen Menschen oder der Gesellschaft im Ganzen.
Geschichte als Argument hat in letzter Konsequenz immer den Auftrag Menschen in ihrer Sichtweise auf geschichtliche Ereignisse zu beeinflussen. Durch die Beeinflussung verändern sich natürlich auch die Geschichtsbilder der einzelnen Menschen oder der Gesellschaft im Ganzen.


==Geschichtsbild (Gerhard Schneider)==
==Geschichtsbild (Gerhard Schneider)==
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* kein Zugang zu öffentlichen Medien
* kein Zugang zu öffentlichen Medien
* keine [[Grundlagen der Multiperspektivität|Multiperspektivität]]
* keine Multiperspektivität
* es ein in der Gesellschaft vorgegebenes Geschichtsbild gab, das gegenüber anderen überlegen war
* es ein in der Gesellschaft vorgegebenes Geschichtsbild gab, das gegenüber anderen überlegen war
* kein politischer Pluralismus
* kein politischer Pluralismus
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* die Ausbildung eines Problembewusstseins
* die Ausbildung eines Problembewusstseins
* Kritikfähigkeit
* Kritikfähigkeit
* [[Grundlagen der Multiperspektivität|Multiperspektivität]]
* Multiperspektivität
 
Gerade durch Schaffung eines Problembewusstseins, Kritikfähigkeit und Multiperspektivität werden Menschen zu verantwortungsvollen Bürgerinnen und Bürgern erzogen, die nicht Gefahr laufen sich einer Ideologie anzuschließen und/oder radikal zu werden. Ihre Identität wird so geprägt, dass sie die Menschenwürde und die Diversität jedes Menschen achten lernen.


Gerade durch Schaffung eines Problembewusstseins, Kritikfähigkeit und Multiperspektivität werden Menschen zu verantwortungsvollen Bürgerinnen und Bürgern erzogen, die nicht Gefahr laufen sich einer Ideologie anzuschließen und/oder radikal zu werden. Ihre Identität wird so geprägt, dass sie die Menschenwürde und die Diversität jedes Menschen achten lernen.


==Identitätsbildung (Klaus Bergmann)==
==Identitätsbildung (Klaus Bergmann)==
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Das Ziel des Geschichtsunterrichts muss folglich sein, dass die SuS eine bewusste, kritische und reflektierte Identitätsbildung durchlaufen zu lassen, die historischen Ich-Identitäten sollen durch den Geschichtsunterricht erweitert, reflektiert und in Frage gestellt werden.
Das Ziel des Geschichtsunterrichts muss folglich sein, dass die SuS eine bewusste, kritische und reflektierte Identitätsbildung durchlaufen zu lassen, die historischen Ich-Identitäten sollen durch den Geschichtsunterricht erweitert, reflektiert und in Frage gestellt werden.


Identitäten bilden sich in und durch Interaktionen. Der Geschichtsunterricht führt eine doppelte Interaktion an, da eine Interaktion mit Primärerzeugnissen stattfindet (mit [[Quelleninterpretation#Was ist eine Quelle?|Quellen]]) und außerdem eine Interaktion mit dem Lehrer und den anderen SuS, die Kritik und Meinungen austauschen. Folglich ist der Geschichtsunterricht immer auch ein [[Grundlagen der Multiperspektivität|multiperspektivischer]], da Interaktion und soziales Handeln immer erforderlich sind.
Identitäten bilden sich in und durch Interaktionen. Der Geschichtsunterricht führt eine doppelte Interaktion an, da eine Interaktion mit Primärerzeugnissen stattfindet (mit Quellen) und außerdem eine Interaktion mit dem Lehrer und den anderen SuS, die Kritik und Meinungen austauschen. Folglich ist der Geschichtsunterricht immer auch ein multiperspektivischer, da Interaktion und soziales Handeln immer erforderlich sind.
In einem solchen Geschichtsunterricht werden zum Beispiel ständig folgende Operationen geübt:
In einem solchen Geschichtsunterricht werden zum Beispiel ständig folgende Operationen geübt:


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Da Handlungen immer im Zusammenhang mit einzelnen Personen oder Gruppen stehen, die eine ganz spezifische Sicht auf die Welt haben, muss auch die Frage gestellt werden, was denn nun richtig ist. Diese Frage kann leider nicht beantwortet werden, aber die Geschichtswissenschaft versucht die verschiedenen Motive und Perspektiven aufzuschlüsseln, um einen Überblick zu schaffen, den man als „objektiv“ oder auch nicht bezeichnen kann.
Da Handlungen immer im Zusammenhang mit einzelnen Personen oder Gruppen stehen, die eine ganz spezifische Sicht auf die Welt haben, muss auch die Frage gestellt werden, was denn nun richtig ist. Diese Frage kann leider nicht beantwortet werden, aber die Geschichtswissenschaft versucht die verschiedenen Motive und Perspektiven aufzuschlüsseln, um einen Überblick zu schaffen, den man als „objektiv“ oder auch nicht bezeichnen kann.


==Objektivität (Jörn Rüsen)==
==Objektivität (Jörn Rüsen)==
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-Die Geltung der historischen Erkenntnis ist von der begründeten Wahl des Standpunktes her zu sehen (z.B. im Historismus)
-Die Geltung der historischen Erkenntnis ist von der begründeten Wahl des Standpunktes her zu sehen (z.B. im Historismus)


„Die durch die Geschichte als Wissenschaft eröffnete Objektivitätschancen des [[Grundlagen des Historischen Denkens| Historischen Denkens ]] bestehen darin, dass die Orientierung handelnder und leidender Menschen in der Zeit durch Geschichten erfolgt, die immer anders erzählt werden müssen- im Sinne einer Steigerung ihres Erfahrungs-, Bedeutungs- und Sinngehaltes. Durch Geschichte, die diesem objektivitätsbildenden Diskurs verpflichtet sind, erfahren ihre Adressaten nicht nur, wer sie sind, sondern werden auch fähig, sich in ihrer Unterschiedlichkeit gegenseitig anzuerkennen“
„Die durch die Geschichte als Wissenschaft eröffnete Objektivitätschancen des historischen Denkens bestehen darin, dass die Orientierung handelnder und leidender Menschen in der Zeit durch Geschichten erfolgt, die immer anders erzählt werden müssen- im Sinne einer Steigerung ihres Erfahrungs-, Bedeutungs- und Sinngehaltes. Durch Geschichte, die diesem objektivitätsbildenden Diskurs verpflichtet sind, erfahren ihre Adressaten nicht nur, wer sie sind, sondern werden auch fähig, sich in ihrer Unterschiedlichkeit gegenseitig anzuerkennen“


Da folglich keine reine Objektivität gewährleistet werden kann, gibt es ebenfalls keine Zeit- und Kontextungebundenen Werte und Normen, welche die Kinder lernen könnten. Um dennoch Werturteile im Unterricht fällen zu können, benötigt der Unterricht bestimmte Vorgehensweisen.
Da folglich keine reine Objektivität gewährleistet werden kann, gibt es ebenfalls keine Zeit- und Kontextungebundenen Werte und Normen, welche die Kinder lernen könnten. Um dennoch Werturteile im Unterricht fällen zu können, benötigt der Unterricht bestimmte Vorgehensweisen.
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Der Geschichtsunterricht soll ein Lernprozess sein, der Form und Inhalt wertender Urteile der Geschichte aufzeigt/behandelt
Der Geschichtsunterricht soll ein Lernprozess sein, der Form und Inhalt wertender Urteile der Geschichte aufzeigt/behandelt


Die dreifache Rolle von Werturteilen/normativen Aussagen hat einen großen Einfluss auf die [[Einführung in die Grundlagen der Fachdidaktik|Geschichtsdidaktik]], da die Legitimationsfunktionen der Geschichte im Diskurs sowie die Subjektivität (Einstellungen, Werte, Interessen,… ) der SuS/Lehrer mit berücksichtigt werden müssen.
Die dreifache Rolle von Werturteilen/normativen Aussagen hat einen großen Einfluss auf die Geschichtsdidaktik, da die Legitimationsfunktionen der Geschichte im Diskurs sowie die Subjektivität (Einstellungen, Werte, Interessen,… ) der SuS/Lehrer mit berücksichtigt werden müssen.


Die Legitimation des Staates und der Geltungsanspruch des Individuums sind im historischen Werturteil verschiedene Aspekte, da unterschiedliche Ziele verfolgt werden. Die historische Identität der Gesellschaft und des Individuums, die im [[ Was ist Geschichtsbewusstsein? | Geschichtsbewusstsein ]] entsteht, ist eine andere.
Die Legitimation des Staates und der Geltungsanspruch des Individuums sind im historischen Werturteil verschiedene Aspekte, da unterschiedliche Ziele verfolgt werden. Die historische Identität der Gesellschaft und des Individuums, die im Geschichtsbewusstsein entsteht, ist eine andere.


Werturteile sind im Verlauf der Sozialisation/ der Individuation dafür verantwortlich, wem wir uns sozial zugehörig fühlen und vom wem wir uns, bewusst oder unbewusst, abgrenzen. So haben Menschen mit verschiedenen Vergangenheiten eine andere Sicht auf Geschichte, da sie unterschiedlich geprägt wurden und somit Fakten unterschiedlich interpretieren und somit werten. Ebenfalls sind die Schlussfolgerungen die sie daraus ziehen andere, die dadurch auch ein anderes Gegenwarts- und Zukunftsbild entwerfen.
Werturteile sind im Verlauf der Sozialisation/ der Individuation dafür verantwortlich, wem wir uns sozial zugehörig fühlen und vom wem wir uns, bewusst oder unbewusst, abgrenzen. So haben Menschen mit verschiedenen Vergangenheiten eine andere Sicht auf Geschichte, da sie unterschiedlich geprägt wurden und somit Fakten unterschiedlich interpretieren und somit werten. Ebenfalls sind die Schlussfolgerungen die sie daraus ziehen andere, die dadurch auch ein anderes Gegenwarts- und Zukunftsbild entwerfen.
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Der Geschichtsunterricht behandelt dem zu Folge auch immer die Subjektivität des Lehrers und der SuS mit. Der didaktische Knackpunkt ist somit der Subjektivitätseinschlag, da er zu Konflikten führt, wenn die politische Legitimation und der Selbstverwirklichungsanspruch der Individuen gegenübergestellt werden. Folglich prallen Werte und Vorstellungen aufeinander, die im Unterricht behandelt werden müssen.
Der Geschichtsunterricht behandelt dem zu Folge auch immer die Subjektivität des Lehrers und der SuS mit. Der didaktische Knackpunkt ist somit der Subjektivitätseinschlag, da er zu Konflikten führt, wenn die politische Legitimation und der Selbstverwirklichungsanspruch der Individuen gegenübergestellt werden. Folglich prallen Werte und Vorstellungen aufeinander, die im Unterricht behandelt werden müssen.


Der Geschichtsunterricht unternimmt den Versuch den Werturteilen zu entgehen, in dem er sich auf wissenschaftlich gesichertes, historisches Wissen beschränken versucht. Des Weiteren soll der Geschichtsunterricht [[Grundlagen der Wissenschaftsorientierung im Geschichtsunterricht|Verfahren der wissenschaftlichen Objektivitätssicherung lehren]]. Die Folge daraus ist, dass subjektive Interessen und das Orientierungsbedürfnis der SuS/des Lehrers scheinbar ausgeschlossen werden und somit geht dem Geschichtsunterricht eine große Motivationshilfe für die SuS verloren.
Der Geschichtsunterricht unternimmt den Versuch den Werturteilen zu entgehen, in dem er sich auf wissenschaftlich gesichertes, historisches Wissen beschränken versucht. Des Weiteren soll der Geschichtsunterricht Verfahren der wissenschaftlichen Objektivitätssicherung lehren. Die Folge daraus ist, dass subjektive Interessen und das Orientierungsbedürfnis der SuS/des Lehrers scheinbar ausgeschlossen werden und somit geht dem Geschichtsunterricht eine große Motivationshilfe für die SuS verloren.


In der [[Einführung in die Grundlagen der Fachdidaktik|Geschichtsdidaktik]] ist anerkannt, dass die SuS zu wertenden Urteilen befähigt werden sollen, die Frage  nach der Art der Urteilsbildung und wie Werturteile angesprochen werden sollen, bleibt offen. Ebenfalls ist strittig, auf welcher gemeinsamen Grundlage die Wertungen basieren sollen.
In der Geschichtsdidaktik ist anerkannt, dass die SuS zu wertenden Urteilen befähigt werden sollen, die Frage  nach der Art der Urteilsbildung und wie Werturteile angesprochen werden sollen, bleibt offen. Ebenfalls ist strittig, auf welcher gemeinsamen Grundlage die Wertungen basieren sollen.


===Rationalisierung des historischen Wertens===
===Rationalisierung des historischen Wertens===


Laut Jeissmann (1987) muss eine Grundunterscheidung der [[Sinnbildung und Triftigkeit|historischen Sinnbildung]] vorausgesetzt werden. Er unterscheidet zwischen der (1) Analyse, dem (2) Sachurteil und der (3)Wertung. Rüsen (1994, 64ff) erweitert diese Aspekte durch (1) Erfahrung und Wahrnehmung, (2) Deutung und Interpretation sowie (3) Praxisorientierung und Identitätsbildung
Laut Jeissmann (1987) muss eine Grundunterscheidung der historischen Sinnbildung vorausgesetzt werden. Er unterscheidet zwischen der (1) Analyse, dem (2) Sachurteil und der (3)Wertung. Rüsen (1994, 64ff) erweitert diese Aspekte durch (1) Erfahrung und Wahrnehmung, (2) Deutung und Interpretation sowie (3) Praxisorientierung und Identitätsbildung


Dem zu Folge sollen die SuS diese Operationen erlernen sowie diese wechselseitig aufeinander beziehen können. Das Resultat ist dann eine qualitative Umstrukturierung des [[Was ist Geschichtsbewusstsein?|Geschichtsbewusstseins]], das heißt das Erkennen von apologetischen und legitimatorischen Strukturen und Sachverhalten in ihrer  Lebenswelt, im kurzen- Sinn und Inhalt von gesellschaftlichen Strukturen erkennen.
Dem zu Folge sollen die SuS diese Operationen erlernen sowie diese wechselseitig aufeinander beziehen können. Das Resultat ist dann eine qualitative Umstrukturierung des Geschichtsbewusstseins, das heißt das Erkennen von apologetischen und legitimatorischen Strukturen und Sachverhalten in ihrer  Lebenswelt, im kurzen- Sinn und Inhalt von gesellschaftlichen Strukturen erkennen.


Das Ziel des Unterrichts ist dann, dass SuS normative Dimensionen von empirischen unterscheiden können, was zur Folge hat, dass sie kritisch-diskursiv und ideologiekritisch denken und handeln können.
Das Ziel des Unterrichts ist dann, dass SuS normative Dimensionen von empirischen unterscheiden können, was zur Folge hat, dass sie kritisch-diskursiv und ideologiekritisch denken und handeln können.
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===Formen und Entwicklungsstufen historischer Wertungen===
===Formen und Entwicklungsstufen historischer Wertungen===


Das [[Was ist Geschichtsbewusstsein?|Geschichtsbewusstsein]] ergibt sich aus der Lebenspraxis, der Verbindung aus Tradition, Erfahrungs- und Normbezug.
Das Geschichtsbewusstsein ergibt sich aus der Lebenspraxis, der Verbindung aus Tradition, Erfahrungs- und Normbezug.
Jeder Lernprozess muss an dieses Grundgerüst Anschluss nehmen um erfolgreich zu sein. Daraus folgt ein Erfahrungszuwachs, der zu einer Weiterentwicklung einer moralischen Regelkompetenz führt und letztlich zu exemplarischer Regelbildung über historische Erfahrung.
Jeder Lernprozess muss an dieses Grundgerüst Anschluss nehmen um erfolgreich zu sein. Daraus folgt ein Erfahrungszuwachs, der zu einer Weiterentwicklung einer moralischen Regelkompetenz führt und letztlich zu exemplarischer Regelbildung über historische Erfahrung.


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Sie SuS sollen befähigt werden historische Urteile bilden zu können. Deshalb ist es wichtig, dass sie bei ihrem individuellen historischen Kompetenzniveau abgeholt werden, um daran anzuknüpfen.
Sie SuS sollen befähigt werden historische Urteile bilden zu können. Deshalb ist es wichtig, dass sie bei ihrem individuellen historischen Kompetenzniveau abgeholt werden, um daran anzuknüpfen.


„Zugleich sollte die Objektivität des [[Grundlagen des Historischen Denkens| Historischen Denkens ]] durch seinen Erfahrungsbezug und seine Subjektivität durch seinen Bezug auf die Orientierungsbedürfnisse der Lernenden jeweils gezielt so angesprochen oder gefördert werden, dass sich den Lernenden neue Formen und Stufen der historischen Wertung erschließen“ <ref> (Rüsen, S. 307) </ref>
„Zugleich sollte die Objektivität des historischen Denkens durch seinen Erfahrungsbezug und seine Subjektivität durch seinen Bezug auf die Orientierungsbedürfnisse der Lernenden jeweils gezielt so angesprochen oder gefördert werden, dass sich den Lernenden neue Formen und Stufen der historischen Wertung erschließen“ <ref> (Rüsen, S. 307) </ref>




Empirisch gesichertes historisches Wissen und die Methoden der Geschichtswissenschaft sollen gleichzeitig vermittelt werden, da somit die Eingliederung in das [[ Was ist Geschichtsbewusstsein? | Geschichtsbewusstsein ]] ermöglicht und das selbe gefestigt sowie erweitert wird.
Empirisch gesichertes historisches Wissen und die Methoden der Geschichtswissenschaft sollen gleichzeitig vermittelt werden, da somit die Eingliederung in das Geschichtsbewusstsein ermöglicht und das selbe gefestigt sowie erweitert wird.
Dies führt zu Bildung der individuellen historischen Identität, die hilft sich in der eigenen Lebenswelt besser orientieren zu können.
Dies führt zu Bildung der individuellen historischen Identität, die hilft sich in der eigenen Lebenswelt besser orientieren zu können.


Der Doppelaspekt (Fakten und Methoden gleichzeitig zu vermitteln) des Kompetenzerwerbs zur Urteilsbildung ist die Multiperspektivität von enormer Wichtigkeit.
Der Doppelaspekt (Fakten und Methoden gleichzeitig zu vermitteln) des Kompetenzerwerbs zur Urteilsbildung ist die Multiperspektivität von enormer Wichtigkeit.
SuS erweitern ihre historischen Erfahrungen durch eine große Quellenauswahl. Somit wird ein breites Spektrum von Sichtweisen zum gleichen Thema eingebracht, welche die SuS in ihr subjektives Geschichtsbewusstsein aufnehmen können. Zeitgleich wird damit verhindert, dass die SuS sich nur auf eine Sichtweise auf ein historisches Thema einlassen und somit Gefahr laufen würden, ähnliche Themen immer nur aus einem bestimmten Blickwinkel her zu betrachten. Darüber hinaus werden die SuS die Hintergründe viel leichter in Erfahrung bringen, da sie durch die verschiedenen Deutungen ein und des selben Themas, mehr darüber erfahren möchten. Dem zu Folge ist die [[Grundlagen der Multiperspektivität|Multiperspektivität]] ein Mittel zur Motivation der SuS.
SuS erweitern ihre historischen Erfahrungen durch eine große Quellenauswahl. Somit wird ein breites Spektrum von Sichtweisen zum gleichen Thema eingebracht, welche die SuS in ihr subjektives Geschichtsbewusstsein aufnehmen können. Zeitgleich wird damit verhindert, dass die SuS sich nur auf eine Sichtweise auf ein historisches Thema einlassen und somit Gefahr laufen würden, ähnliche Themen immer nur aus einem bestimmten Blickwinkel her zu betrachten. Darüber hinaus werden die SuS die Hintergründe viel leichter in Erfahrung bringen, da sie durch die verschiedenen Deutungen ein und des selben Themas, mehr darüber erfahren möchten. Dem zu Folge ist die Multiperspektivität ein Mittel zur Motivation der SuS.


Um Verunsicherungen durch Standpunktreflexion zu vermeiden, werden diese erst im Unterricht an Objekten geübt und damit der Dogmatismus werthafter Einstellungen in Frage gestellt und erst danach in komplexeren Zusammenhängen ins Spiel gebracht.
Um Verunsicherungen durch Standpunktreflexion zu vermeiden, werden diese erst im Unterricht an Objekten geübt und damit der Dogmatismus werthafter Einstellungen in Frage gestellt und erst danach in komplexeren Zusammenhängen ins Spiel gebracht.


„Erst in einem zweiten und späteren Lernschritt kann dann die [[Grundlagen der Multiperspektivität|Multiperspektivität]] des historischen Wissens auf der Ebene der lernenden Subjekte zum methodischen Gesichtspunkt des historischen Lernens werden:
„Erst in einem zweiten und späteren Lernschritt kann dann die Multiperspektivität des historischen Wissens auf der Ebene der lernenden Subjekte zum methodischen Gesichtspunkt des historischen Lernens werden:
Dann reflektieren die Lernenden die Voraussetzungen und Bedingungen, unter denen verschiedene Identifikationen mit Vergangenem und Bedeutungszumessung an Vergangenes erfolgen. Die Standpunktreflexion, die als methodische geregelte Erkenntnisoperation des historischen Denkens die historische Wertung rationalisiert, trägt dann, wenn sie so im Lernprozess platziert wird, nicht zur Verunsicherung der historischen Urteilsbildung bei, sondern vollzieht sich als Schritt zur Klärung und argumentativen Stärkung des eigenen historischen Urteils, wenn schon vorher bei der Betrachtung historischer Sachverhalte eine argumentative Kompetenz erworben wurde die verschiedene Standpunkte (auf Objektebene) umgreift und vermittelt“ <ref> (Rüsen, S.307f) </ref>
Dann reflektieren die Lernenden die Voraussetzungen und Bedingungen, unter denen verschiedene Identifikationen mit Vergangenem und Bedeutungszumessung an Vergangenes erfolgen. Die Standpunktreflexion, die als methodische geregelte Erkenntnisoperation des historischen Denkens die historische Wertung rationalisiert, trägt dann, wenn sie so im Lernprozess platziert wird, nicht zur Verunsicherung der historischen Urteilsbildung bei, sondern vollzieht sich als Schritt zur Klärung und argumentativen Stärkung des eigenen historischen Urteils, wenn schon vorher bei der Betrachtung historischer Sachverhalte eine argumentative Kompetenz erworben wurde die verschiedene Standpunkte (auf Objektebene) umgreift und vermittelt“ <ref> (Rüsen, S.307f) </ref>


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Durch Rollenspiele und psychologische Experimente soll den Schülern gezeigt werden, dass sie selbst mit Vorurteilen behaftet und gleichzeitig auch Opfer sind.  
Durch Rollenspiele und psychologische Experimente soll den Schülern gezeigt werden, dass sie selbst mit Vorurteilen behaftet und gleichzeitig auch Opfer sind.  
In der Vergangenheit war der Geschichtsunterricht für die Tradierung von Vorurteilen und Feinbildern maßgeblich verantwortlich. Bei den Veränderungen der [[Das Schulbuch|Schulbücher]] wurde darauf Wert gelegt, sie von Vorurteilen frei zu machen, was nur an der Oberfläche gelang. So finden sich in den Büchern immer noch wertgebundene Informationen mit hohem Maß stereotyper Vereinfachungen. Erst in den 1980er Jahren wurden neue Prinzipien erstellt, welche die eben genannten verbessern oder ersetzen sollen.
In der Vergangenheit war der Geschichtsunterricht für die Tradierung von Vorurteilen und Feinbildern maßgeblich verantwortlich. Bei den Veränderungen der Schulbücher wurde darauf Wert gelegt, sie von Vorurteilen frei zu machen, was nur an der Oberfläche gelang. So finden sich in den Büchern immer noch wertgebundene Informationen mit hohem Maß stereotyper Vereinfachungen. Erst in den 1980er Jahren wurden neue Prinzipien erstellt, welche die eben genannten verbessern oder ersetzen sollen.


-Es sollen nicht mehr einzelne Stereotypen widerlegt, sondern Strukturen in  der Geschichte offengelegt werden, wie einzelne (Rand-)Gruppen die Opfer von Diskriminierung wurden
-Es sollen nicht mehr einzelne Stereotypen widerlegt, sondern Strukturen in  der Geschichte offengelegt werden, wie einzelne (Rand-)Gruppen die Opfer von Diskriminierung wurden
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-Multiperspektivität, Perspektivwechsel und Fremderfahrung müssen Teil des Geschichtsunterrichts werden
-Multiperspektivität, Perspektivwechsel und Fremderfahrung müssen Teil des Geschichtsunterrichts werden


== Literatur ==
<references />
 
==Literatur==
*Calließ, Jörg (1997): Geschichte als Argument. In Bergmann, Fröhlich, Kuhn, Rüsen, Schneider (Hrsg.), Handbuch der Geschichtsdidaktik;  
*Calließ, Jörg (1997): Geschichte als Argument. In Bergmann, Fröhlich, Kuhn, Rüsen, Schneider (Hrsg.), Handbuch der Geschichtsdidaktik;  
Hannover: Kallmayer’sche Verlagsbuchhandlung,(S.72ff)
Hannover: Kallmayer’sche Verlagsbuchhandlung,(S.72ff)
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*Schmid, Hans-Dieter (1997): Vorurteile und Feinbilder. In Bergmann, Fröhlich, Kuhn, Rüsen, Schneider (Hrsg.), Handbuch der Geschichtsdidaktik;  
*Schmid, Hans-Dieter (1997): Vorurteile und Feinbilder. In Bergmann, Fröhlich, Kuhn, Rüsen, Schneider (Hrsg.), Handbuch der Geschichtsdidaktik;  
Hannover: Kallmayer’sche Verlagsbuchhandlung, (S.308ff)
Hannover: Kallmayer’sche Verlagsbuchhandlung, (S.308ff)
== Einzelnachweise ==
<references />

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